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BVerfG 01.03.2016 - 2 BvB 1/13
BVerfG 01.03.2016 - 2 BvB 1/13 - Zurückweisung eines Richterablehnungsgesuchs im Parteiverbotsverfahren als unbegründet - hier: Ablehnung des Richters Huber
Normen
Art 21 Abs 1 GG, Art 94 Abs 1 GG, §§ 3ff BVerfGG, § 3 BVerfGG, § 19 Abs 1 BVerfGG
Vorinstanz
vorgehend BVerfG, 28. Januar 2014, Az: 2 BvB 1/13, Ablehnung einstweilige Anordnung
vorgehend BVerfG, 19. März 2015, Az: 2 BvB 1/13, Beschluss
vorgehend BVerfG, 2. Dezember 2015, Az: 2 BvB 1/13, Beschluss
nachgehend BVerfG, 17. Januar 2017, Az: 2 BvB 1/13, Urteil
Tenor
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Die Ablehnung des Richters Huber wird als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe
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I.
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Die Antragsgegnerin hat mit vor Beginn der mündlichen Verhandlung vorgelegtem Schriftsatz vom 1. März 2016 den Richter Huber wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
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1. Die Antragsgegnerin begründet ihr Ablehnungsgesuch zum einen mit Äußerungen des abgelehnten Richters, die verschiedenen Medienberichten und einer Broschüre des Thüringer Innenministeriums entnommen sind (a), zum anderen mit seiner angeblichen Kenntnis vom Inhalt der die Antragsgegnerin betreffenden Akten des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz (b).
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a) aa) In einem Beitrag auf publikative.org vom 12. Januar 2010 mit dem Titel "CDU-Innenminister fordert NPD-Verbot" heiße es:
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Auch in Thüringen fordern CDU-Politiker mittlerweile ein Verbot der neonazistischen NPD. Angestoßen wurde die Debatte von Innenminister Peter Huber, der einen zweiten Anlauf für ein NPD-Verbotsverfahren befürwortete. Der NPD müsse "die Vorteile des Parteiengesetzes genommen werden", begründete der CDU-Innenminister laut MDR seinen Vorstoß. […]
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In einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) mit dem Titel "NPD-Verbot? Kein Staatsgeld für Extremisten" vom 6. Mai 2010 schreibe Richter Huber außerdem:
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Muss der freiheitliche Verfassungsstaat extremistische Parteien also finanziell unterstützen, die seine Grundordnung bekämpfen? Muss er den Verstößen gegen Straf- und Ordnungsvorschriften durch Anmelder und Teilnehmer extremistischer Demonstrationen zusehen und sich auf wiederholte Veranstaltungsverbote sowie auf die Bestrafung von Einzelpersonen beschränken? Wohl nicht. […]
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Anders ausgedrückt: Wenn Meinungsäußerungen und Versammlungen, die den öffentlichen Frieden gefährden, diskriminiert werden dürfen, weshalb nicht auch Parteiaktivitäten?
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Zudem habe Richter Huber während seiner Amtszeit als Thüringer Innenminister eine Broschüre mit einem von ihm verfassten Vorwort unter dem Titel "Geistige Brandstifter - nicht in unseren Reihen!" herausgegeben, in der Handlungsempfehlungen für die Thüringer Feuerwehren im Umgang mit "Rechtsextremisten" gegeben würden. Der Sache nach handele es sich um eine "Anti-NPD-Schrift", weil als einzige "rechtsextreme" Gruppierung immer nur die Antragsgegnerin erwähnt werde. Unter anderem heiße es in der Broschüre:
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[…] Eine nicht-verbotene Partei ist deshalb nicht per se demokratisch. Das trifft heute besonders für die NPD zu. Die NPD ist nicht verboten, sie kann sich an Wahlen beteiligen. Aber sie ist als Anti-Partei - antidemokratisch, antipluralistisch, antikonstitutionell - auch keine Partei wie alle anderen. […]
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2. Fall: Ein Mitglied der NPD, das sich im Dienst politisch unauffällig verhält, aber in der Partei Funktionen ausübt oder sich als Wahlkandidat zur Verfügung stellt. Jemand, der diese Parteitätigkeiten ausübt oder an rechtsextremen Demonstrationen teilnimmt, ist z.B. als Jugendwart in der örtlichen Feuerwehr nicht geeignet. […] Wer auf die Frage: "Wie hältst Du es mit der Demokratie und ihren zentralen Werten?" keine plausible Antwort gibt, der ist nicht im Einklang mit dem Grundgesetz, mit der Landesverfassung und ggf. mit der Satzung der Feuerwehr. Derartiges Verhalten kann - sofern die Satzung ein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung vorsieht - als Satzungsverstoß sanktioniert werden.
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Nun könnte einer sagen, die NPD ist keine wegen ihrer Verfassungsfeindlichkeit verbotene Partei. […] Also könne auch die Aufnahme eines NPD-Mitglieds erfolgen. Dagegen hat die Satzung einen Riegel vorgeschoben. In § 3 Absatz 2 erfolgt eine Klarstellung. Die Aufnahme in die Feuerwehr ist auch dann verwehrt, wenn der Bewerber einer Vereinigung angehört, die mit der demokratischen Grundordnung unvereinbare Ziele verfolgt. Welche Parteien und Organisationen dies aus Sicht der Verfassungsschutzämter sind, kann man den jährlichen Berichten dieser Behörden entnehmen.
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[…] Die "Saubermänner" der NPD wollen mit einem vielfach vorbestraften Führungspersonal die angeblich verrotteten "Blockparteien" ablösen. Eine Partei mit diesem Programm und diesen Funktionären ist kein Vorbild für Ehrlichkeit und Sauberkeit in öffentlichen Angelegenheiten.
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Weiterhin habe der Richter Huber bei der Vorstellung des Thüringer Verfassungsschutzberichts 2009 nach einem Artikel von JENAPOLIS vom 19. Mai 2010 öffentlich erklärt:
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Die gesunkene Mitgliederzahl der NPD und der Rückgang bei den Gewaltstraftaten im rechten Bereich dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Kampf gegen den Rechtsextremismus weiterhin mit großem Nachdruck betrieben werden muss.
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[…] Darüber hinaus bleibt der Kampf gegen den Rechtsextremismus eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ich bin sehr froh, dass am 1. Mai in Erfurt ein breites Bürgerbündnis aus allen demokratischen Lagern ein deutliches Zeichen gegen den Rechtsextremismus gesetzt hat, und erhoffe mir auch für die Zukunft solch eindrucksvollen friedlichen Protest.
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In demselben Artikel werde Richter Huber unter Verweis auf eine Pressemitteilung des Thüringer Innenministeriums vom 9. Juli 2010 mit folgender Äußerung zitiert:
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Thüringens Innenminister Prof. Dr. Peter M. Huber begrüßt den breiten gesellschaftlichen Protest gegen die NPD-Veranstaltung am kommenden Samstag in Gera, ruft aber zu strikter Friedfertigkeit auf.
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bb) Nach Auffassung der Antragsgegnerin begründen diese Einlassungen die Besorgnis der Befangenheit. Richter Huber bringe mit seinen Äußerungen eine durchweg negative und geradezu feindselige Haltung gegenüber der Antragsgegnerin zum Ausdruck. In den zitierten Beiträgen befürworte er ein Verbot der Antragsgegnerin nicht nur, sondern fordere es sogar. Er solidarisiere sich außerdem mit Gruppierungen, welche gegen die Antragsgegnerin demonstrierten. Der in seinen Äußerungen zum Ausdruck kommende Impetus betreffe die zentrale Rechtsfrage des vorliegenden Verfahrens, nämlich die Verfassungswidrigkeit der Antragsgegnerin.
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Es lägen damit besondere Umstände vor, welche die Besorgnis der Befangenheit begründeten. Angesichts der Häufigkeit und Massivität der getätigten Äußerungen müsse ein vernünftiger Verfahrensbeteiligter eine verfestigte Voreingenommenheit des abgelehnten Richters befürchten. Es sei zu erwarten, dass er für die Argumente der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren nicht mehr zugänglich sei, sondern ergebnisorientiert eine Verbotsentscheidung treffen wolle.
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b) Des Weiteren trägt die Antragsgegnerin vor, Richter Huber sei als Innenminister des Freistaats Thüringen direkter Vorgesetzter des dortigen Landesamts für Verfassungsschutz gewesen und daher sei davon auszugehen, dass er über die in seiner Amtszeit gegen die Antragsgegnerin durchgeführten geheimdienstlichen Aktionen (Überwachung von Funktionären, Infiltration der Partei mit Spitzeln etc.) informiert gewesen sei, wenn er diese Aktionen nicht sogar in Auftrag gegeben habe. Es sei anzunehmen, dass Richter Huber der Inhalt der Geheimdienstakten, deren Beschlagnahme die Antragsgegnerin beantragt habe, bekannt sei. Demgemäß liege der Verdacht nahe, dass Richter Huber tendenziell geneigt sein werde, wenn der Inhalt dieser Akten tatsächlich geeignet sei, die fehlende Staatsfreiheit der Führungsebene der Antragsgegnerin zu belegen, eine Offenlegung zu verhindern, um eine Bloßstellung seiner ehemaligen Kollegen und Untergebenen zu vermeiden.
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2. Richter Huber hat in der mündlichen Verhandlung am 1. März 2016 eine dienstliche Äußerung abgegeben. Danach seien die Zitate zwar inhaltlich richtig wiedergegeben, er sehe sich deswegen aber nicht als befangen an. Die über die Antragsgegnerin und ihre Funktionäre durch das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz möglicherweise geführten Akten hätten ihm nicht vorgelegen; ihr Inhalt sei ihm nicht bekannt. Richter Huber hat außerdem darauf hingewiesen, dass die Forderung, ein Verbotsverfahren gegen die Antragsgegnerin einzuleiten, Teil des Koalitionsvertrags der damaligen Thüringer Landesregierung gewesen sei.
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Die Beteiligten hatten Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen.
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II.
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Der Antrag auf Ablehnung von Richter Huber gemäß § 19 Abs. 1 BVerfGG ist zulässig, aber unbegründet.
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Die Besorgnis der Befangenheit eines Richters des Bundesverfassungsgerichts nach § 19 BVerfGG setzt einen Grund voraus, der geeignet ist, Zweifel an seiner Unparteilichkeit zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 82, 30 38>; 98, 134 137>; 101, 46 51>; 102, 122 125>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 11. August 2009 - 2 BvR 343/09 -, juris, Rn. 11; stRspr). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich parteilich oder befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält. Entscheidend ist allein, ob bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass besteht, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (vgl. BVerfGE 108, 122 126>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. Mai 2007 - 1 BvR 1696/03 -, juris, Rn. 8; stRspr).
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Dies ist vorliegend nicht der Fall:
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1. Weder die Äußerungen des Richters Huber noch die Broschüre des Thüringer Innenministeriums bieten bei vernünftiger Würdigung Anlass, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln.
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a) Die Kundgabe politischer Meinungen, die ein Richter zu einer Zeit geäußert hat, als er noch nicht Mitglied des Bundesverfassungsgerichts war und daher den besonderen Anforderungen dieses Richteramts in seinem Verhalten noch nicht Rechnung zu tragen hatte, rechtfertigt grundsätzlich eine Ablehnung des Richters wegen Besorgnis der Befangenheit nicht. Den Bestimmungen über die Wahl von Richtern des Bundesverfassungsgerichts (Art. 94 Abs. 1 GG, §§ 3 ff. BVerfGG) liegt als selbstverständlich, sogar als erwünscht, zugrunde, dass auch Personen, die als Repräsentanten von Parteien politische Funktionen in den Parlamenten ausgeübt oder politische Ämter in den Regierungen bekleidet haben, zu Mitgliedern des Bundesverfassungsgerichts gewählt und ernannt werden können, um ihre politischen Erfahrungen für die Verfassungsrechtsprechung fruchtbar zu machen. Damit geht die Erwartung des Verfassungs- und Gesetzgebers einher, dass sie ihre neue Rolle als Richter unabhängig von früheren parteipolitischen Auseinandersetzungen ausüben werden (BVerfGE 99, 51 56 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 11. August 2009 - 2 BvR 343/09 -, juris, Rn. 15).
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Zweifel an der Objektivität des Richters können allerdings berechtigt sein, wenn sich aufdrängt, dass ein innerer Zusammenhang zwischen einer - mit Engagement geäußerten - politischen Überzeugung und seiner Rechtsauffassung besteht (BVerfGE 35, 246 254 f.>; 73, 330 337>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Oktober 2011 - 2 BvR 1010/10, 2 BvR 1219/10 -, juris, Rn. 22; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. Februar 2000 - 2 BvR 2352/99 -, juris). Entscheidend ist, dass sein Verhalten den Schluss zulässt, dass er einer der seinigen widersprechenden Rechtsauffassung nicht mehr frei und unvoreingenommen gegenübersteht, sondern "festgelegt" ist (Klein, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 19 Rn. 9 <August 2015>; vgl. auch BVerfGE 35, 246 251, 255>). Dabei kann der Eindruck der Vorfestlegung aus der maßgeblichen Sicht der Verfahrensbeteiligten umso eher entstehen, je enger der zeitliche Zusammenhang mit einem solchen Verfahren ist. Je länger hingegen eine politische Äußerung zurückliegt, desto weniger kann sie die Besorgnis der Befangenheit des Richters begründen. Das Zeitmoment ist allerdings für die Beurteilung im Rahmen von § 19 BVerfGG nicht allein maßgeblich. Erforderlich ist stets eine Gesamtwürdigung von Inhalt, Form und Rahmen (Ort, Adressatenkreis) der jeweiligen Äußerung sowie dem sachlichen und zeitlichen Bezug zu einem anhängigen Verfahren (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Oktober 2011 - 2 BvR 1010/10, 2 BvR 1219/10 -, juris, Rn. 23; Heusch, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, 2015, § 19 Rn. 16).
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b) aa) Die beanstandeten, mehr als fünf Jahre zurückliegenden Äußerungen des Richters Huber rechtfertigen bei der gebotenen Gesamtwürdigung keine rechtlich erheblichen Zweifel an seiner Objektivität.
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Soweit die Antragsgegnerin behauptet, Richter Huber habe als Thüringer Innenminister zu den eindeutigen Verbotsbefürwortern gehört, ist den Beiträgen auf publikative.org vom 12. Januar 2010 und in der FAZ vom 6. Mai 2010 zu entnehmen, dass der Richter in seinem früheren Amt die Gewährung staatlicher Finanzmittel für extremistische Parteien in Frage stellte und "einen zweiten Anlauf für ein NPD-Verbotsverfahren befürwortete". Dabei war die Einleitung eines neuen Verbotsverfahrens Teil des Koalitionsvertrages, der der Arbeit der Thüringer Landesregierung zugrunde lag. Eine Festlegung hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen eines Verbots der Antragsgegnerin gemäß Art. 21 Abs. 2 GG beinhaltete die Forderung nach Einleitung eines neuen Verbotsverfahrens jedoch nicht. Aus den damaligen Äußerungen des Richters Huber als Mitglied der Thüringer Landesregierung kann bei verständiger Würdigung nicht auf eine Voreingenommenheit bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Verbots der Antragsgegnerin geschlossen werden.
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Der Umstand, dass Richter Huber bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2009 den friedfertigen gesellschaftlichen Protest gegen Rechtsextremismus befürwortete, lässt ebenfalls nicht auf eine bereits vorgefasste Rechtsauffassung mit Blick auf die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 GG schließen. Dasselbe gilt, soweit er explizit auch den breiten gesellschaftlichen Protest gegen eine NPD-Veranstaltung begrüßt haben sollte, so dass es nicht darauf ankommt, dass sich ein Hinweis darauf in dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Artikel von JENAPOLIS entgegen deren Darstellung nicht findet.
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bb) Auch die Broschüre des Thüringer Innenministeriums "Geistige Brandstifter - nicht in unseren Reihen" kann eine Besorgnis der Befangenheit des Richters Huber nicht begründen. Dabei kann dahinstehen, inwieweit die einzelnen in der Broschüre enthaltenen Aussagen dem Richter Huber als ehemaligem Thüringer Innenminister überhaupt zugerechnet werden können. Sie rechtfertigen jedenfalls nicht die Annahme, dass der Richter Huber im Hinblick auf ein mögliches Verbotsverfahren gegen die Antragsgegnerin und dessen Ausgang bereits festgelegt ist. Soweit die Antragsgegnerin in der Broschüre als antidemokratisch und antikonstitutionell bezeichnet wird, beinhaltet dies nicht die Feststellung, dass die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 GG vorliegen. Dies gilt auch, soweit die Antragsgegnerin nach ihrer Auffassung in der Broschüre durch unbewiesene und böswillige Behauptungen in ein negatives Licht gerückt und durch konkrete Formulierungsvorschläge für Satzungen diskreditiert wird.
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cc) Schließlich ist zu berücksichtigen, dass Stellungnahmen in Wahrnehmung früherer politischer Ämter nur dann eine Befangenheit besorgen lassen, wenn weitere Umstände vorliegen, die befürchten lassen, dass der Richter auch in dem veränderten institutionellen Rahmen, in den er als Richter des Bundesverfassungsgerichts gestellt ist, nicht unvoreingenommen entscheiden wird. Solche Umstände sind vorliegend nicht ersichtlich.
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2. Die Tatsache, dass Richter Huber in seiner früheren Funktion als Innenminister des Freistaats Thüringen grundsätzlich Zugriff auf möglicherweise durch das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz über die Antragsgegnerin oder ihre Funktionäre geführte Akten hatte, ist bei vernünftiger Würdigung ebenfalls nicht geeignet, Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit im vorliegenden Verbotsverfahren hervorzurufen.
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Der darauf gestützte Vortrag der Antragsgegnerin beruht ausschließlich auf Vermutungen. Tatsächliche Anhaltspunkte hinsichtlich des Inhalts der Akten oder dessen Kenntnisnahme durch den Richter Huber sind nicht vorgetragen und auch in sonstiger Weise nicht ersichtlich. Die Behauptungen der Antragsgegnerin zu Akteninhalt und Kenntnisnahme erfolgen "ins Blaue hinein". Ein solcher Vortrag, der durch keinerlei tatsächliche Umstände unterlegt ist, sondern auf reinen Vermutungen beruht, ist ungeeignet, eine Besorgnis der Befangenheit eines Richters zu begründen.
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