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BFH 14.04.2021 - III R 1/20
BFH 14.04.2021 - III R 1/20 - Rückforderung von Kindergeld bei Auszahlung an das Kind
Normen
§ 31 S 3 EStG 2009, § 74 Abs 1 EStG 2009, § 74 Abs 2 EStG 2009, § 37 Abs 2 AO, § 227 AO, § 104 SGB 10, § 107 SGB 10, EStG VZ 2012, EStG VZ 2013, EStG VZ 2014, EStG VZ 2015, EStG VZ 2016, EStG VZ 2017
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 15. März 2019, Az: 2 K 65/18, Urteil
Leitsatz
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1. Zahlt die Familienkasse Kindergeld rechtsgrundlos an das Kind auf Anweisung des Kindergeldberechtigten aus, ist nur der Kindergeldberechtigte Rückforderungsschuldner.
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2. Die Erfüllungszuständigkeit für erhaltenes Kindergeld ändert sich von der Person des Kindergeldberechtigten auf einen Dritten erst nach einer Entscheidung über eine Auszahlung nach § 74 Abs. 1 EStG. Der Abzweigungsbescheid stellt einen für den Empfänger begünstigenden und einen für den Kindergeldberechtigten belastenden Verwaltungsakt mit Doppelwirkung dar (vgl. Rechtsprechung).
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3. Das bloße Bestehen einer Abzweigungslage ohne Vorliegen eines Abzweigungsbescheids lässt die Empfangsberechtigung des Kindergeldberechtigten unberührt (vgl. Rechtsprechung).
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 15.03.2019 - 2 K 65/18 aufgehoben.
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Die Klage wird abgewiesen.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) zu Recht von der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) an deren Tochter (T) ausgezahltes Kindergeld in Höhe von 10.912,29 € für den Zeitraum Januar 2012 bis März 2017 zurückfordern konnte.
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Die Betreuerin der Klägerin stellte im Namen der Klägerin im Oktober 2016 einen Kindergeldantrag für die im Jahr 1971 geborene Tochter der Klägerin. Als bezugsberechtigte Person gab sie die Tochter an, die den Antrag auch selbst unterschrieben hatte. Das Kindergeld sollte direkt an T ausgezahlt werden. Zuvor hatte T im April 2016 bei der Familienkasse selbst einen Antrag auf Auszahlung des anteiligen Kindergeldes an sich gestellt, woraufhin die Familienkasse auf das Erfordernis der Antragstellung durch die kindergeldberechtigte Klägerin hinwies.
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T erhielt von dem Beigeladenen (Jobcenter) --mit Ausnahme des Monats Januar 2012-- in Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Ehemann während des streitigen Zeitraums Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Kindergeld rechnete der Sozialleistungsträger auf die hiernach erbrachten Leistungen nicht an. Die entsprechenden Berechnungsbögen über Sozialleistungsbezüge übermittelte das Jobcenter der Familienkasse per E-Mail am 19.12.2016.
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Mit Bescheid vom 13.03.2017 setzte die Familienkasse --aufgrund einer unstreitig vor dem 25. Lebensjahr bei T vorliegenden Behinderung-- gegenüber der Klägerin Kindergeld rückwirkend für den Zeitraum Januar 2012 bis März 2017 in Höhe von 11.736 € fest. Der Betrag wurde wunschgemäß auf ein Konto der T überwiesen.
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Mit Fax vom 15.03.2017 wies die Betreuerin der Klägerin die Familienkasse und das Jobcenter darauf hin, dass das festgesetzte Kindergeld offenbar an das Jobcenter zu erstatten sei. Die Betreuerin bat daher die Familienkasse, das für den Streitzeitraum festgesetzte Kindergeld nicht an T auszuzahlen. Die Kassenanordnung der Familienkasse für die Auszahlung an T datierte jedoch bereits vom 06.03.2017.
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Mit Schreiben vom 19.09.2017 machte das Jobcenter einen Erstattungsanspruch in Höhe von 10.912,29 € gegenüber der Familienkasse geltend. Der im Vergleich zu dem festgesetzten Kindergeld von 11.736 € geringere Erstattungsanspruch ergab sich daraus, dass das Jobcenter im Monat Januar 2012 keine und für einige Monate geringere Sozialleistungen als das festgesetzte Kindergeld erbracht hatte. Im Hinblick hierauf zahlte die Familienkasse an das Jobcenter den geforderten Betrag aus dem Erstattungsanspruch aus.
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Mit Bescheid vom 21.11.2017 forderte die Familienkasse den an das Jobcenter erstatteten Betrag in Höhe von 10.912,29 € gemäß § 218 Abs. 2 i.V.m. § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) von der Klägerin zurück. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 19.02.2018 zurück.
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Die anschließend erhobene Klage unter Beiladung des Jobcenters hatte aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2020, 1482 genannten Gründen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Ansicht, dass die Klägerin nicht die Leistungsempfängerin gemäß § 37 Abs. 2 AO sei.
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Mit der Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.
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Die Familienkasse beantragt,
das Urteil des Niedersächsischen FG vom 15.03.2019 - 2 K 65/18 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Das Jobcenter hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision der Familienkasse ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung des FG war die Klägerin verpflichtet, das an T für die Zeit von Januar 2012 bis März 2017 gezahlte Kindergeld in Höhe von 10.912,29 € zurückzuzahlen. Die Familienkasse hat zu Recht einen Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 Satz 2 AO erlassen und diesen auf § 37 Abs. 2 AO gestützt.
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1. Der Rückzahlungsanspruch der Familienkasse ergibt sich aus § 37 Abs. 2 AO.
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Ist eine Steuervergütung wie das Kindergeld (§ 31 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nach § 37 Abs. 2 AO gegenüber dem Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrags. Diese Rechtsfolge tritt auch ein, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO).
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a) Im Streitfall ist das Kindergeld für den Streitzeitraum ohne Rechtsgrund gezahlt worden. Zwar hatte die Klägerin für den Streitzeitraum unstreitig einen Anspruch auf Kindergeld für ihre Tochter gemäß § 62 Abs. 1, § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG. Der Anspruch war jedoch im Zeitpunkt der Zahlung bereits durch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die das Jobcenter nach dem SGB II an die Tochter der Klägerin erbracht hatte, erfüllt worden und damit erloschen (§ 47 AO).
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aa) Dies ergibt sich --wie das FG zutreffend unter Punkt I.3. ausgeführt hat-- aus § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. den § 104 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 107 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
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bb) Entgegen der Ansicht der Familienkasse im Revisionsverfahren war der Erstattungsanspruch des nachrangig verpflichteten Jobcenters gegenüber der Familienkasse auch nicht nach § 104 Abs. 1 SGB X ausgeschlossen. Die Familienkasse ist dem Jobcenter aus § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X zur Erstattung verpflichtet. Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, ist gemäß § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Im vorliegenden Fall hatte die Familienkasse zum Zeitpunkt der Zahlung des Kindergeldes ausreichende Kenntnis davon, dass der Anspruch der Klägerin auf Kindergeld bereits in Höhe der SGB II-Leistungen an T für den Streitzeitraum erloschen war. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat deshalb bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hatte das Jobcenter der Familienkasse mit E-Mail vom 19.12.2016 die für den Streitzeitraum maßgeblichen Berechnungsbögen für die an T geleisteten Sozialleistungen übermittelt. Im Klageverfahren hatte die Familienkasse zudem mit Schreiben vom 07.01.2019 auf Nachfrage des Gerichts zur Kenntnis gleichartiger Leistungen durch das Jobcenter mitgeteilt, dass durch die übersandten Berechnungsbögen über Arbeitslosengeld II (ALG II) der Zeitraum und die Höhe der monatlichen Leistungen des ALG II-Trägers ohne Anrechnung des Kindergeldes bekannt waren. Die Schlussfolgerung des FG, die Familienkasse habe im Zeitpunkt ihrer Kindergeldzahlung ausreichende Kenntnis über die Erbringung nachrangiger Sozialleistungen gehabt, ist daher nachvollziehbar. Für die erforderliche Kenntnis von Leistungen des nachrangig verpflichteten Leistungsträgers reicht es aus, wenn Umstände, die im Einzelfall für die Entscheidung über den Erstattungsanspruch maßgeblich sind, und der Zeitraum, für den die Sozialleistung erbracht wurde, hinreichend konkret mitgeteilt werden (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 05.06.2014 - VI R 15/12, BFHE 246, 298, BStBl II 2015, 145, Rz 22, m.w.N.). Mit der Übersendung der ALG II-Berechnungsbögen wusste die Familienkasse, welche Leistungen des Jobcenters für welche Zeiträume und in welcher Höhe erbracht wurden und dass eine Anrechnung von Kindergeld nicht erfolgt ist. Soweit die Familienkasse auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.03.1992 - 7 RAr 26/91 (BSGE 70, 186) hinweist, ergibt sich hieraus nichts anderes. In dieser Entscheidung hat das BSG ausgeführt, dass die Tatsache allein, dass es sich beim Leistungsempfänger um einen "Sozialhilfefall" handelt, für die Kenntnis nicht ausreichend sei. Wenn hingegen die einzelnen Sozialleistungen für jeden Monat des maßgeblichen Zeitraums mitgeteilt werden, ist der erstattungsverpflichtete Leistungsträger ohne weitere Nachforschungen in der Lage zu entscheiden, welche Teile zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs einzubehalten und welche an den Kindergeldberechtigten auszuzahlen sind.
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b) Entgegen der Ansicht des FG ist die Klägerin auch Leistungsempfängerin des ohne Rechtsgrund gezahlten Kindergeldes.
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aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO derjenige, demgegenüber die Finanzbehörde oder Familienkasse ihre --vermeintlich oder tatsächlich bestehende-- abgabenrechtliche Verpflichtung erfüllen will (BFH-Urteile vom 23.10.2012 - VII R 63/11, BFH/NV 2013, 689; vom 18.09.2012 - VII R 53/11, BFHE 239, 292, BStBl II 2013, 270, Rz 13, m.w.N.). Demnach ist ein Dritter als tatsächlicher Empfänger einer Zahlung dann nicht Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO, wenn die Behörde u.a. aufgrund einer Zahlungsanweisung des Erstattungs- bzw. Vergütungsberechtigten an einen Dritten zahlt (vgl. Senatsbeschluss vom 28.01.2010 - III B 112/08, BFH/NV 2010, 836; BFH-Urteile vom 29.01.2003 - VIII R 64/01, BFH/NV 2003, 905, und vom 25.03.2003 - VIII R 84/98, BFH/NV 2003, 1404). Denn auch in einem derartigen Fall erbringt die Finanzbehörde ihre Leistung mit dem Willen, eine Forderung gegenüber dem tatsächlichen Rechtsinhaber zu erfüllen. Da der durch die Anweisung begünstigte Zahlungsempfänger den Zahlungsanspruch nicht aus eigenem Recht geltend machen kann und die Leistung mit dem Willen erbracht wird, eine Forderung gegenüber dem tatsächlichen Rechtsinhaber mit befreiender Wirkung zu erfüllen, ist nicht der Empfänger der Zahlung, sondern der nach materiellem Steuerrecht Erstattungs- bzw. Vergütungsberechtigte als Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO anzusehen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 905).
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Diese Grundsätze gelten auch für das Kindergeld, da es nach § 31 Satz 3 EStG als Steuervergütung gezahlt wird (BFH-Urteile in BFH/NV 2003, 905, und vom 16.03.2004 - VIII R 48/03, BFH/NV 2004, 1218). Demnach ist nicht das Kind, sondern der Kindergeldberechtigte Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO, wenn die Familienkasse das Kindergeld aufgrund einer Zahlungsanweisung des Kindergeldberechtigten dem Kind zahlt (Senatsbeschluss in BFH/NV 2010, 836, Rz 3, m.w.N.).
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bb) Mit der Angabe des Kontos der T im Kindergeldantrag hat die Klägerin der Familienkasse die Anweisung erteilt, das Kindergeld auf dieses Konto zu überweisen. Damit hat sie den Zahlungsweg veranlasst. Zudem erbrachte die Familienkasse mit der Befolgung der Anweisung ihre Leistung mit dem Willen, den Zahlungsanspruch der Klägerin als Kindergeldberechtigte zu erfüllen.
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cc) Entgegen der Ansicht des FG steht diesem Ergebnis auch nicht entgegen, dass die Voraussetzungen einer Abzweigung i.S. des § 74 Abs. 1 EStG vorlagen. Ohne eine entsprechende Feststellung der Familienkasse durch einen Verwaltungsakt wird der Zahlungsempfänger nicht zum Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO.
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(1) Es ist zwar richtig, dass in Abzweigungsfällen der Dritte (Abzweigungsempfänger) und nicht der Kindergeldberechtigte gemäß § 37 Abs. 2 AO zur Erstattung verpflichtet ist (BFH-Urteil vom 24.08.2001 - VI R 83/99, BFHE 196, 278, BStBl II 2002, 47; Senatsurteil vom 10.03.2016 - III R 29/15, BFH/NV 2016, 1278, Rz 26). Bei einer Abzweigung nach § 74 Abs. 1 EStG zahlt die Familienkasse willentlich an den Abzweigungsempfänger, und zwar zur Erfüllung des diesem zustehenden Auszahlungsanspruchs. Die Entscheidung über eine Auszahlung nach § 74 Abs. 1 EStG erfolgt durch einen Verwaltungsakt nach § 118 AO (Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach, § 74 EStG Rz 14; BFH-Urteil in BFHE 196, 278, BStBl II 2002, 47). Mit der Entscheidung über die Abzweigung stellt die Familienkasse fest, dass sich der Kindergeldberechtigte die abgezweigte Leistung als Erfüllung seines weiter bestehenden Kindergeldanspruchs zurechnen lassen muss und dass der Abzweigungsempfänger die Leistung gleichzeitig mit Erfüllungswirkung des ihm aufgrund der Abzweigung zustehenden Anspruchs auf Auszahlung in Empfang nehmen darf. Die Erfüllungszuständigkeit für erhaltenes Kindergeld ändert sich von der Person des Kindergeldberechtigten auf einen Dritten aber erst dann und soweit, wie ein (bestandskräftiger) Abzweigungsbescheid der Familienkasse ergangen ist, bei dem es sich für den Empfänger um einen begünstigenden und für den bisher Kindergeldberechtigten um einen belastenden Verwaltungsakt mit Doppelwirkung handelt (BFH-Urteil vom 17.12.2015 - V R 18/15, BFHE 252, 155, BStBl II 2016, 960, Rz 11, m.w.N.).
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(2) Hingegen lässt das bloße Bestehen einer Abzweigungslage ohne Vorliegen eines Abzweigungsbescheids die Empfangsberechtigung des Kindergeldberechtigten im Auszahlungsverfahren (Erhebungsverfahren) unberührt (vgl. Senatsurteil vom 27.10.2011 - III R 16/09, BFH/NV 2012, 720, unter II.2.c; Senatsbeschluss vom 19.06.2013 - III B 79/12, BFH/NV 2013, 1422, Rz 11).
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2. Einer Rückforderung steht auch nicht der Gesichtspunkt von Treu und Glauben oder der Verwirkungsgedanke als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben entgegen (vgl. Senatsbeschluss vom 27.02.2007 - III B 1/06, BFH/NV 2007, 1120).
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a) Nach der Rechtsprechung des BFH steht der Grundsatz von Treu und Glauben der Rückforderung gezahlten Kindergeldes selbst dann nicht entgegen, wenn die Behörde trotz Kenntnis von Umständen, die zum Wegfall des Kindergeldanspruchs führen, zunächst weiterhin Leistungen erbringt (vgl. BFH-Beschluss vom 13.03.2013 - V B 133/11, BFH/NV 2013, 933). Erforderlich sind vielmehr besondere Umstände, die die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs als illoyale Rechtsausübung erscheinen lassen (BFH-Urteil vom 14.10.2003 - VIII R 56/01, BFHE 203, 472, BStBl II 2004, 123, m.w.N.). Hinzukommen muss ein Verhalten des Berechtigten, aus dem der Verpflichtete bei objektiver Beurteilung den Schluss ziehen darf, dass er nicht mehr in Anspruch genommen werden soll (Umstandsmoment oder Vertrauenstatbestand, vgl. BFH-Urteile vom 21.07.1988 - V R 97/83, BFH/NV 1989, 356, 359, und vom 15.06.2004 - VIII R 93/03, BFH/NV 2005, 153). Bei einem Massenverfahren wie dem Kindergeldrecht ist ein besonders eindeutiges Verhalten der Familienkasse zu fordern, dem entnommen werden kann, dass sie auch unter Berücksichtigung veränderter Umstände von einem Fortbestehen des Kindergeldanspruchs ausgeht und ein anderer Eindruck bei dem Kindergeldempfänger ausgeschlossen ist (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2007, 1120).
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b) Hiernach liegen im Streitfall die Voraussetzungen einer Verwirkung nicht vor. Es fehlt an einem Verhalten der Familienkasse, aus dem die Klägerin bei objektiver Betrachtung den Schluss ziehen durfte, das zu Unrecht ausgezahlte Kindergeld werde ihr bzw. ihrer Tochter belassen. Selbst wenn die Familienkasse bereits wusste, dass Sozialleistungen ohne Anrechnung von Kindergeld gezahlt wurden, reicht die Auszahlung des Kindergeldes trotz Wegfalls der Anspruchsvoraussetzungen nicht aus (vgl. BFH-Urteile vom 26.07.2001 - VI R 163/00, BFHE 196, 274, BStBl II 2002, 174, und in BFH/NV 2005, 153). Es fehlen besondere zusätzliche Umstände, die die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs als illoyale Rechtsausübung erscheinen lassen.
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c) Da es sich bei dem Rückforderungsanspruch auch nicht um einen Schadensersatzanspruch handelt, kommt unter diesem Gesichtspunkt auch der Gedanke des mitwirkenden Verschuldens der Familienkasse nicht zum Tragen. Das Verhalten der Behörde kann ggf. lediglich bei der Frage einer Billigkeitsentscheidung gemäß § 227 AO (vgl. Senatsurteil vom 27.05.2020 - III R 45/19, BFH/NV 2020, 1283) berücksichtigt werden. Auch etwaige persönliche Billigkeitsgründe sind für die Beurteilung des Abrechnungsbescheids (§ 218 Abs. 2 i.V.m. § 37 Abs. 2 AO) unerheblich und können dementsprechend in dem die Rechtmäßigkeit der Rückforderung betreffenden Revisionsverfahren nicht geklärt werden.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 1 FGO. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen waren nicht zu erstatten, weil der Beigeladene keine Anträge gestellt und das Verfahren nicht mit eigenen Beiträgen gefördert hat (§ 139 Abs. 4 FGO).
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