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BFH 03.09.2019 - IX R 12/18
BFH 03.09.2019 - IX R 12/18 - Einziehung einer Forderung stellt keine Veräußerung dar
Normen
§ 23 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2002, EStG VZ 2008, § 362 BGB, § 372 S 1 BGB, § 378 BGB
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 14. März 2018, Az: 3 K 407/16, Urteil
Leitsatz
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Die Einziehung einer Forderung, die von einem Dritten unter Nennwert entgeltlich erworben wurde, stellt keine "Veräußerung" i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar .
Tenor
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Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 14.03.2018 - 3 K 407/16 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 26.10.2016 aufgehoben.
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Der Einkommensteuerbescheid für 2008, zuletzt geändert unter dem 13.08.2014, wird mit der Maßgabe geändert, dass keine Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 200.000 € berücksichtigt werden.
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Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Streitig ist, ob die Einziehung einer Forderung das Tatbestandsmerkmal der "Veräußerung" i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) erfüllt.
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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte im Streitjahr (2008) --neben weiteren Einkünften-- Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus einer Tätigkeit als Geschäftsführer der H-KG. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ unter dem 12.05.2010 einen gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in dem es in verschiedenen --vorliegend nicht im Streit stehenden-- Punkten von den Angaben des Klägers in seiner am 28.12.2009 eingegangenen Einkommensteuererklärung abwich.
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Im November 2013 erhielt das FA über eine --im Zuge einer Betriebsprüfung bei der H-KG gefertigte-- Kontrollmitteilung von folgendem Sachverhalt Kenntnis:
Im Juni 2008 hatte der Kläger von der H-KG eine Forderung gegen die C-GmbH in Höhe von 410.540,94 € zzgl. 45.643,34 € Zinsen zum Kaufpreis von 200.000 € erworben. In der zwischen den Beteiligten getroffenen schriftlichen Vereinbarung wurde auszugsweise Folgendes vereinbart:
1. Die H-KG benötigt auf Grund der notwendigen Zwischenfinanzierung für das laufende Investitionsvorhaben … dringend Liquidität. Die H-KG hat gegenüber der C-GmbH eine Forderung aus 2003 in Höhe von 410.540,94 € zzgl. 45.643,34 € Zinsen. Diese Forderung kann derzeit auch auf Grund der aktuellen Expansionsphase der C-GmbH nicht ausgeglichen werden.
2. Es wird vereinbart, dass der alleinige Gesellschafter der C-GmbH [d.h. der Kläger] diese Forderungen zu einem Betrag von 200.000,00 Euro erwirbt. Im Gegenzug verzichtet die H-KG auf die Zinsen i.H.v. 45.643,34 €.
3. (…) Mit Zahlung des vorgenannten Betrages geht der Gesamtanspruch i.H.v. 410.540,94 € von der H-KG an … [den Kläger] über.
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Der Kläger war im Streitjahr mit 40 % am Kommanditkapital der H-KG beteiligt. Neben dem Kläger waren im Streitjahr mit 20 % Frau X, die im Jahr 2010 die Ehefrau des Klägers wurde, sowie mit 40 % eine weitere natürliche Person an der H-KG beteiligt. Am Stammkapital der C-GmbH war der Kläger zu 100 % beteiligt.
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Unter dem 22.12.2008 bezahlte die C-GmbH 400.000 € zur (teilweisen) Begleichung der Forderung an den Kläger.
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Aufgrund der Kontrollmitteilung erließ das FA am 30.01.2014 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in dem es sonstige Einkünfte des Klägers in Höhe von 200.000 € ansetzte. Das FA ging davon aus, dass der Kläger mit der Einziehung der Forderung den Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäftes i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfüllt und einen Gewinn in Höhe der Differenz zwischen dem Kaufpreis der Forderung (200.000 €) und dem eingezogenen Betrag (400.000 €) erzielt habe. Der Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg; das FA vertrat insoweit die Ansicht, dass die Einziehung einer Forderung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13.12.1961 – VI 133/60 U, BFHE 74, 331, BStBl III 1962, 127) wirtschaftlich einer Veräußerung gleichstehe.
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Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage des Klägers mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2018, 1187 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab. Das FG ging in seiner Entscheidung davon aus, dass das Tatbestandsmerkmal der "Veräußerung" i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG durch die Einziehung der Forderung erfüllt werde. Der Begriff der Veräußerung i.S. der genannten Vorschrift sei weit auszulegen. Zwar fehle es unstreitig bei der Einziehung einer Forderung an dem für eine Veräußerung im engeren Sinne notwendigen Rechtsträgerwechsel; die Einziehung sei indes eine Verwertung der Forderung, die einer Veräußerung gleichstehe.
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Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Er vertritt die Auffassung, eine "Veräußerung" setze begriffsnotwendig die Existenz von zumindest zwei Rechtsträgern voraus; im Falle der Einziehung der Forderung finde ein derartiger Rechtsträgerwechsel indes nicht statt. Überdies fehle es bei der Einziehung einer Forderung --anders als bei deren Veräußerung-- an der Notwendigkeit einer aktiven Mitwirkung des Forderungsinhabers bei der Zession des Rechts. Ein Schuldner könne seine Verbindlichkeit --notfalls auch gegen den Willen des Forderungsinhabers-- durch schlichte Überweisung oder --bei Annahmeverweigerung-- durch Hinterlegung (§ 372 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--) tilgen; verzichte der Schuldner auf das Recht der Rücknahme, werde der Schuldner durch die Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit in gleicher Weise befreit, wie wenn er zur Zeit der Hinterlegung an den Gläubiger geleistet hätte (§ 378 BGB). Wolle man in der Tilgung einer Verbindlichkeit eine Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erblicken, habe es der Schuldner überdies in der Hand, dem Gläubiger eine eventuelle Steuerlast aufzuzwingen; eine dahin gehende, weite Auslegung des Tatbestandsmerkmals der "Veräußerung" sei indes nicht zulässig. Vielmehr stehe es nur dem Gesetzgeber zu, derartige Sachverhalte innerhalb einer Steuernorm zu erfassen; dies sei jedoch bei § 23 EStG --trotz entsprechender Hinweise der Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 10.11.2015 – IX R 3/15, BFHE 252, 341, BStBl II 2016, 351, Rz 21, a.E.)-- nicht geschehen. Vor diesem Hintergrund könne die Einziehung einer Forderung nicht als "Veräußerung" i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG angesehen werden.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil des FG vom 14.03.2018 - 3 K 407/16 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, zuletzt geändert unter dem 13.08.2014, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.10.2016 mit der Maßgabe zu ändern, dass keine Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 200.000 € berücksichtigt werden.
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Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erweiternd dahin auszulegen, dass die Einziehung einer Forderung --namentlich einer solchen unter Nennwert-- das Tatbestandsmerkmal der "Veräußerung" i.S. dieser Vorschrift erfülle. Denn auch in anderen Bereichen des Rechts werde der Begriff der Veräußerung nicht eng, sondern --unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten-- weiter ausgelegt. Durch die Einziehung der Forderung habe der Kläger im konkreten Fall eine Werterhöhung im Privatvermögen realisiert, da er im Zeitpunkt der Anschaffung lediglich eine Forderung im (Buch-)Wert von 200.000 € erworben, im Zeitpunkt der Einziehung jedoch 400.000 € erhalten habe.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet. Sie führt nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Stattgabe der Klage. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger durch Einziehung der von ihm erworbenen Forderung gegen die C-GmbH den Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäftes i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfüllt hat.
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1. Nach § 22 Nr. 2 EStG zählen zu den sonstigen Einkünften (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG) auch solche aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 EStG. Diese umfassen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG u.a. Veräußerungsgeschäfte bei "anderen Wirtschaftsgütern", bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.
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a) Mit den Bestimmungen in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfasst das Einkommensteuergesetz --abweichend von dem sonst im Einkommensteuerrecht bestehenden Grundsatz, wonach Einkünfte aus der Veräußerung privater, nicht zu einem Betriebsvermögen gehörender Wirtschaftsgüter nicht steuerbar sind-- innerhalb der Veräußerungsfrist von einem Jahr realisierte Wertänderungen von beweglichen Wirtschaftsgütern jedweder Art im Privatvermögen (vgl. BFH-Beschluss vom 16.07.2002 -IX R 62/99, BFHE 199, 451, BStBl II 2003, 74, unter B.III.1., Rz 47, m.w.N.).
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b) Die in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verwendeten Begriffe "Anschaffung" und "Veräußerung" erschließen sich aus den Regelungen des § 6 EStG, des § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) und der §§ 135, 136 BGB. Unter Anschaffung bzw. Veräußerung i.S. des § 23 EStG ist danach der entgeltliche Erwerb und die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf einen Dritten --d.h. auf eine andere Person-- zu verstehen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 23.07.2019 - IX R 28/18, BFHE 265, 258, www.bundesfinanzhof.de; vom 06.02.2018 – IX R 33/17, BFHE 260, 485, BStBl II 2018, 525; vom 08.11.2017 - IX R 25/15, BFHE 260, 202, BStBl II 2018, 518; vom 08.04.2003 – IX R 1/01, BFH/NV 2003, 1171). Eine "Veräußerung" i.S. der genannten Vorschrift setzt daher nicht nur die Entgeltlichkeit des Übertragungsvorgangs voraus, sondern auch, dass sich aufgrund der zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vereinbarungen ein Rechtsträgerwechsel an dem veräußerten Wirtschaftsgut vollzieht (s. etwa BFH-Urteil vom 23.08.2011 – IX R 66/10, BFHE 234, 335, BStBl II 2013, 1002).
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2. Die bloße Erfüllung eines schuldrechtlichen Anspruchs stellt keinen entgeltlichen, mit einem Rechtsträger verbundenen Übertragungsvorgang dar.
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a) Der Gläubiger erhält im Fall der Erfüllung nicht mehr, als seinem Leistungsanspruch entspricht (Wernsmann, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 23 Rz B 202 "Forderungen"). Damit realisiert der Gläubiger insbesondere auch keine Wertänderung hinsichtlich des maßgeblichen (nämlichen) Wirtschaftsguts --im Streitfall einer Geldforderung-- zumal er weiterhin die Preisgefahr trägt (Blümich/Ratschow, § 23 EStG Rz 125). Der Normzweck des § 23 EStG, innerhalb der Haltefrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 01.10.2014 – IX R 55/13, BFHE 247, 397, BStBl II 2015, 265, und in BFHE 260, 485, BStBl II 2018, 525, jeweils m.w.N.), ist in solchen Fällen mithin nicht erfüllt. Zudem fehlt es im Fall der Erfüllung einer schuldrechtlichen Forderung an einem Rechtsträgerwechsel, da der Gläubiger bei Tilgung lediglich etwas erhält, was er zivilrechtlich bereits im Zeitpunkt der Abtretung der Forderung erworben hatte (Blümich/Ratschow, § 23 EStG Rz 125).
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b) Unbeschadet dieses (zivil-)rechtlichen Befunds hat die frühere höchstrichterliche Rechtsprechung --und ihr folgend die finanzgerichtliche Rechtsprechung-- in der Einziehung einer (unter dem Nennwert) entgeltlich erworbenen Forderung innerhalb der nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F. bzw. nach § 42 Abs. 1 EStG 1925 maßgeblichen Veräußerungsfrist ein "Spekulationsgeschäft" gesehen, da die Verwertung einer Kapitalforderung durch Einziehung einer Veräußerung gleichstehe (so schon Urteil des Reichsfinanzhofs vom 14.03.1934 - VI A 1125/33, RStBl 1934, 711, zu § 42 Abs. 1 EStG 1925, betreffend die Einziehung einer Hypothekenforderung; s. ferner BFH-Urteile vom 17.07.1959 – VI 67/58 U, BFHE 69, 222, BStBl III 1959, 346; in BFHE 74, 331, BStBl III 1962, 127, und vom 01.12.1967 – VI R 202/66, BFHE 91, 90, BStBl II 1968, 267, jeweils zur Einziehung von angeschafften Sperrmarkguthaben; s. auch FG Hamburg vom 10.08.1984 - VII 14/84, EFG 1985, 125, und FG München vom 18.07.1996 - 10 K 843/92, EFG 1997, 343, jeweils zur Einziehung von Fremdwährungsforderungen; vgl. auch Niedersächsisches FG vom 29.04.2009 - 9 K 242/06, EFG 2009, 1379, zur Abgrenzung der Einziehung von Forderungen und Zinsen). Die frühe höchstrichterliche Rechtsprechung hat diese, über den engen bürgerlich-rechtlichen Begriff der Veräußerung hinausgehende Auslegung u.a. damit gerechtfertigt, dass innerhalb der Norm des § 23 EStG auch im Übrigen --so etwa bei der Bestimmung des Beginns und des Endes der Veräußerungsfrist, welche nicht beim dinglichen Geschäft der Eigentumsübertragung oder Forderungsabtretung, sondern beim obligatorischen Geschäft ansetze-- ein normspezifisches Verständnis des Veräußerungstatbestandes vorherrsche (s. etwa BFH-Urteil in BFHE 74, 331, BStBl III 1962, 127). Das FG ist in seiner angefochtenen Vorentscheidung dieser Rechtsprechung gefolgt.
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Im Schrifttum ist diese Rechtsprechung auf Zustimmung (s. etwa Kube in Kirchhof, EStG, 18. Aufl., § 23 Rz 14; Schlotter in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 20 Rz 1360), aber auch auf Kritik gestoßen (Wernsmann, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 23 Rz B 202 "Forderungen"; Musil in Herrmann/Heuer/ Raupach --HHR--, § 23 EStG Rz 142; Blümich/Ratschow, § 23 EStG Rz 125; Schmidt/ Weber-Grellet, EStG, 38. Aufl., § 23 Rz 54; KKB/Bäuml, § 23 EStG, 4. Aufl., Rz 255; vgl. auch HHR/Buge, § 20 EStG Rz 422).
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c) Die jüngere höchstrichterliche Rechtsprechung hat die Frage, ob die Einziehung angeschaffter Forderungen innerhalb der Veräußerungsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F. bzw. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG eine "Veräußerung" darstellt, bislang offengelassen (BFH-Urteile vom 30.11.2010 – VIII R 58/07, BFHE 232, 337, BStBl II 2011, 491, zur Aufnahme und Tilgung von Fremdwährungsdarlehen; vom 02.05.2000 – IX R 73/98, BFHE 192, 435, BStBl II 2000, 614, zur Anschaffung und Veräußerung von Festgeldern und Darlehensforderungen; vom 18.10.2006 – IX R 7/04, BFHE 215, 193, BStBl II 2007, 258, zur Vereinnahmung eines Auseinandersetzungsguthabens nach § 235 HGB), im Übrigen aber den Veräußerungsbegriff des § 23 EStG weiter konkretisiert und dabei insbesondere die Rückgabe und Einlösung von Wertpapieren nicht als Veräußerungstatbestände gewertet (BFH-Urteile in BFHE 252, 341, BStBl II 2016, 351, und in BFHE 260, 485, BStBl II 2018, 525).
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Aus den genannten Entscheidungen wurde im Schrifttum eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung gesehen und hieraus gefolgert, dass ein bloßer Kapitalrückfluss --sei es als Einziehung einer Forderung oder als Vereinnahmung eines Auseinandersetzungsguthabens-- keine Veräußerung und auch kein veräußerungsähnliches Geschäft i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG darstellen könne (Nöcker, jurisPR-SteuerR 7/2007 Anm. 4; Heuermann, Die steuerliche Betriebsprüfung 2007, 61; ders., Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2007, 122 f.). Dieser Auffassung ist die finanzgerichtliche Rechtsprechung teilweise gefolgt (FG Hamburg vom 20.01.2004 - III 362/01, EFG 2004, 805, bestätigt durch BFH-Urteil in BFHE 215, 193, BStBl II 2007, 258; Hessisches FG vom 01.10.2014 - 10 K 2040/13, EFG 2015, 128).
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d) Der erkennende Senat folgt der Auffassung, dass die Einziehung einer Forderung, die von einem Dritten unter Nennwert entgeltlich erworben wurde, keine "Veräußerung" i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG darstellt, da sie weder einen entgeltlichen Vorgang beinhaltet noch zu einem Rechtsträgerwechsel führt. Soweit der BFH in früheren Entscheidungen eine abweichende Auffassung vertreten hat, hält der erkennende Senat hieran nicht länger fest.
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Das bislang in der Rechtsprechung für eine steuerrechtliche Gleichbehandlung der Einziehung und der Veräußerung von Forderungen bemühte Argument einer "wirtschaftlichen Vergleichbarkeit" der beiden Vorgänge (z.B. BFH-Urteil in BFHE 74, 331, BStBl III 1962, 127, Rz 14, a.E.) vermag nicht zu überzeugen. Zwar wird in beiden Fällen der Forderungsinhaber den in der Forderung verkörperten Wert realisieren können, jedoch kann dieser Umstand nicht den Schluss rechtfertigen, dass in beiden Fällen auch der in der maßgeblichen Vorschrift geregelte Steuertatbestand, welcher ein "Veräußerungsgeschäft" voraussetzt, erfüllt ist. Denn anders als im Fall der Weiterveräußerung einer zuvor angeschafften Forderung vollzieht sich die Einziehung derselben durch eine freiwillige Leistung des Schuldners, der hierdurch die Forderung zum Erlöschen bringt (§ 362 Abs. 1 BGB); die Leistung des Schuldners ist folglich nicht auf eine Übertragung der Forderung (und mithin auch nicht auf einen Rechtsträgerwechsel) gerichtet. Überdies setzt die Einziehung keine Mitwirkung des Forderungsinhabers voraus; vielmehr kann --wie der Kläger in seiner Revisionsbegründung zutreffend vorträgt-- der Schuldner die gegen ihn gerichtete Forderung ggf. auch gegen den Willen des Forderungsinhabers zum Erlöschen bringen (§§ 372 Satz 1, 378 BGB; in diesem Sinne auch Wernsmann, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 23 Rz B 202 "Forderungen"; Blümich/Ratschow, § 23 EStG Rz 125).
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3. Die Sache ist spruchreif. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger durch Einziehung seiner Forderung gegen die C-GmbH den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfüllt hat. Das angefochtene Urteil des FG ist daher aufzuheben und der Klage stattzugeben.
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Einer Anfrage nach § 11 Abs. 3 FGO bedarf es nicht, da der erkennende Senat die alleinige sachliche Zuständigkeit für Streitigkeiten betreffend die Einkommensteuer auf sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 2 bis 4 EStG besitzt (s. den Geschäftsverteilungsplan des BFH für das Jahr 2019, Abschnitt A. Sachliche Zuständigkeit der Senate, IX. Senat, Nr. 2, BStBl II 2019, 3 [6]).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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