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BFH 20.02.2019 - X R 32/17
BFH 20.02.2019 - X R 32/17 - (Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 20. Februar 2019 X R 28/17 - Vereinbarkeit des Verspätungsgeldes mit höherrangigem Recht; Finanzrechtsweg gegeben)
Normen
§ 22a EStG 2009, § 50f EStG 2009, Art 20 Abs 3 GG, Art 103 Abs 3 GG, Art 6 Abs 2 MRK, § 33 FGO, EStG VZ 2013, § 17a Abs 3 S 2 GVG, § 17a Abs 5 GVG, § 5 Abs 1 Nr 18 S 2 FVG, Art 50 EUGrdRCh
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 22. Juni 2017, Az: 5 K 5043/16, Urteil
Leitsatz
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1. Für Klagen, die sich gegen das Verspätungsgeld richten, ist der Finanzrechtsweg eröffnet .
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2. § 22a Abs. 5 Satz 3 EStG verstößt nicht gegen die Unschuldsvermutung .
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3. Eine Doppelbestrafung liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn gegen einen Mitteilungspflichtigen ausschließlich ein Verspätungsgeld gemäß § 22a Abs. 5 EStG, nicht aber eine Geldbuße nach § 50f EStG erhoben wird .
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4. Die Regelungen des § 22a Abs. 1 und Abs. 5 EStG sind mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar .
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. Juni 2017 5 K 5043/16 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
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A.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein berufsständisches Versorgungswerk in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Prüfung nach § 22a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) stellte die Beklagte und Revisionsbeklagte (Deutsche Rentenversicherung Bund --DRV Bund--, Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen --ZfA--) fest, dass die Klägerin für den Veranlagungszeitraum 2013 bestimmte Rentenbezugsmitteilungen nicht fristgerecht übermittelt hatte, und setzte dementsprechend letztendlich ein Verspätungsgeld in Höhe von 1.440 € gemäß § 22a Abs. 5 EStG fest. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die ZfA zurück, da die Klägerin die verspätete Übermittlung der Rentenbezugsmitteilungen zu vertreten habe. In ihrer Klagebegründung rügte die Klägerin zunächst die Zuständigkeit des Finanzgerichts (FG). Bei dem Verspätungsgeld handele es sich weder um eine Steuer noch um eine Gebühr, so dass es nur noch als Bußgeld eingeordnet werden könne. Damit sei das Verfahren gemäß § 33 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) den Strafgerichten zugewiesen. Zudem sei § 22a Abs. 5 EStG nicht verfassungsgemäß. Es habe der ZfA oblegen, hinsichtlich jeder Verspätung zu überprüfen und nachzuweisen, dass diese auf dem Verschulden der Klägerin beruht habe. Dies sei unterblieben. Der Bescheid sei auch in materieller Hinsicht fehlerhaft. Die Anforderungen der ZfA seien überspannt und könnten nicht unter den notwendigen Verschuldensmaßstab subsumiert werden.
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Das FG hat der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 1669 veröffentlichten Urteil nur in Bezug auf einen --im Revisionsverfahren nicht mehr streitigen-- Teilbetrag stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
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Zur Begründung ihrer Revision führt die Klägerin aus, das FG habe zu Unrecht angenommen, dass der Finanzrechtsweg gemäß § 33 Abs. 1 FGO gegeben sei, und fehlerhaft ohne Zwischenverfahren gemäß § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 17a Abs. 2 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) entschieden. Materiell-rechtlich sei darauf hinzuweisen, dass das Verspätungsgeld gemäß § 22a EStG mit Blick auf das Bußgeld des § 50f EStG die Grenze des Art. 103 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) überschreite, der im Hinblick auf die strafrechtlichen Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) völkerrechtsfreundlich auszulegen sei. Auch verstoße der Normaufbau des § 22a Abs. 5 Satz 3 EStG, wonach die Behörde von der Erhebung des Verspätungsgeldes abzusehen habe, wenn die Fristüberschreitung auf Gründen beruhe, die die mitteilungspflichtige Stelle nicht zu vertreten habe, gegen die Unschuldsvermutung. Diese sei eine besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips und habe damit Verfassungsrang. Art. 6 Abs. 2 EMRK, der Bestandteil des positiven Rechts im Range eines Bundesgesetzes sei, lege zudem die Beweislast für ein schuldhaftes Verhalten der staatlichen Stelle auf, die die Sanktion verhängen wolle. Dies habe das FG verkannt. Es habe lediglich ausgeführt, die Klägerin habe nicht alles getan, um die Identifikationsnummern zu ermitteln. Sie habe es u.a. versäumt, eine Anfrage nach § 22a Abs. 2 Satz 2 EStG beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) durchzuführen. Aus der FG-Akte ergebe sich jedoch, dass die Klägerin in diesen Fällen bereits am 10. Februar 2014, somit vor Ablauf der Frist des § 22a Abs. 1 Satz 1 EStG, eine Anfrage an das BZSt im maschinellen Antragsverfahren zur Abfrage der Identifikationsnummer (MAV) übersandt habe, um von diesem die Identifikationsnummer zu erhalten. Hierbei handele es sich um ein Verfahren, das zu wählen sei, wenn der mitteilungspflichtigen Stelle die Identifikationsnummer des Leistungsempfängers nicht bekannt sei. Am 20. Februar 2014 habe die Klägerin die Antwort erhalten, die Nummer sei selbständig bei den Leistungsempfängern zu erfragen (Returncode 1). Dieser Aufforderung sei die Klägerin nachgekommen. Ihre an die Rentenberechtigten gerichtete Bitte um Mitteilung der Identifikationsnummer sei aber erfolglos geblieben, was das FG in seinem Urteil auch festgestellt habe. Damit habe die Klägerin bereits vor Fristablauf alles Erforderliche getan, um eine rechtzeitige Mitteilung der Rentenbezüge zu ermöglichen. Dass sie weder durch das BZSt noch durch die Leistungsempfänger rechtzeitig Mitteilung erhalten habe, sei nicht von ihr zu vertreten.
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Außerdem genüge die Norm des § 22a Abs. 5 Satz 1 EStG nicht den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Selbst wenn es sich bei dem Verspätungsgeld um keine Strafe handelte, wären die Regelungen jedenfalls unverhältnismäßig. Das Verspätungsgeld verstoße gegen das Übermaßverbot, da ein grobes Missverhältnis zwischen dessen Höhe und den durch die Verzögerung zu erwartenden Mehrkosten im Bereich der Finanzverwaltung bestehe. Dieses Missverhältnis werde umso deutlicher, als § 22a EStG Dritte in Dienst nehme.
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Die Klägerin beantragt,
das auf die mündliche Verhandlung vom 2. April 2017 ergangene Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 22. Juni 2017 5 K 5043/16, soweit der Klage nicht stattgegeben wurde, sowie den Bescheid der ZfA zur Erhebung von Verspätungsgeld für den Veranlagungszeitraum 2013 vom 4. März 2015 in Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 14. Dezember 2015 und die Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2016 aufzuheben.
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Die ZfA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Der Finanzrechtsweg sei eröffnet, da es sich beim Verspätungsgeld um kein Bußgeld handele. Allein § 50f EStG sei ein Bußgeldtatbestand. Aus den Gesetzesmaterialien folge, dass die Regelung über das Verspätungsgeld in erster Linie einen präventiven Zweck verfolge (Anreiz zur rechtzeitigen Erfüllung der gesetzlichen Mitteilungspflicht) und ersatzweise --in Fällen der nicht rechtzeitigen Pflichterfüllung-- einen finanziellen Ausgleich für den dann entstehenden Verwaltungsmehraufwand bewirken solle. Eine Doppelbestrafung sei vorliegend schon in tatsächlicher Hinsicht ausgeschlossen, weil gegen die Klägerin kein Bußgeld verhängt worden sei. Ohnehin habe die ZfA von der Regelung des § 50f EStG bisher noch nie Gebrauch gemacht. Die Unschuldsvermutung greife bei dem Verspätungsgeld ebenfalls nicht ein, da § 22a Abs. 5 EStG keine Strafnorm sei.
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Die Vorschrift sei zudem verhältnismäßig. Der Grundsatz einer möglichst effizienten Verwaltung habe nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Verfassungsrang. Dies rechtfertige bei einem Massenverfahren mit über 30 Mio. Rentenbezugsmitteilungen jährlich die vom Gesetzgeber vorgenommenen Pauschalierungen. Darüber hinaus sei für die Klägerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts schon der persönliche Schutzbereich derjenigen Grundrechtsnormen, die im Streitfall Grundlage für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung sein könnten, nicht eröffnet.
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Im Streitfall habe die Klägerin die verspäteten Rentenbezugsmitteilungen in den Fällen zu vertreten, in denen eine Übermittlung aufgrund fehlender Identifikationsnummern unterblieben sei, da sie die gesetzlichen Regularien des MAV nicht beachtet habe.
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Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Revisionsverfahren beigetreten. Es hat keinen Antrag gestellt, unterstützt aber in der Sache die Auffassung der ZfA. Insbesondere weist es darauf hin, dass das Verbot der Doppelbestrafung nicht in der EMRK selbst, sondern in Art. 4 Abs. 1 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK geregelt worden sei, das die Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) bisher aber nicht ratifiziert habe. Die Eignung und Erforderlichkeit der präventiven Regelung über das Verspätungsgeld zeige sich schon daran, dass die Quote fristgerecht übermittelter Rentenbezugsmitteilungen von 72,25 % im Jahr des Inkrafttretens des § 22a Abs. 5 EStG (2010) kontinuierlich bis auf 97,8 % im Jahr 2016 gestiegen sei.
Entscheidungsgründe
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B.
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Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
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Der Finanzrechtsweg ist eröffnet (unten I.). Die Klägerin ist keiner unzulässigen Doppelbestrafung ausgesetzt (unten II.). Die gesetzliche Regelung des Verspätungsgeldes verstößt weder gegen die Unschuldsvermutung (unten III.) noch verletzt sie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (unten IV.). Die Auffassung des FG, der Klägerin sei ein Verschulden an der Fristversäumnis anzulasten, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung indes nicht stand. Der festgestellte Sachverhalt reicht dem erkennenden Senat nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob die Voraussetzungen des § 22a Abs. 5 Satz 3 EStG gegeben sind (unten V.).
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I.
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Der Finanzrechtsweg ist eröffnet.
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1. Ungeachtet der Vorschrift des § 17a Abs. 5 GVG muss der Senat im Streitfall eine eigene inhaltliche Entscheidung über die Eröffnung des Finanzrechtswegs treffen.
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Zwar ordnet die genannte Regelung an, dass das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Das FG hat jedoch nicht beachtet, dass es gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG über die Zulässigkeit des Rechtswegs aufgrund der entsprechenden ausdrücklichen Rüge der Klägerin vorab --durch einen gesonderten Beschluss-- hätte entscheiden müssen. In derartigen Fällen ist § 17a Abs. 5 GVG nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht anzuwenden, da den Beteiligten sonst jeder Rechtsbehelf, mit dem sie eine Nachprüfung der Entscheidung über die Zulässigkeitsfrage erreichen könnten, versagt bliebe (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 25. Februar 1993 III ZR 9/92, BGHZ 121, 367, unter II.1.b; Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 28. Januar 1994 7 B 198/93, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1994, 956; Senatsbeschluss vom 24. Juni 2014 X B 216/13, BFH/NV 2014, 1888, Rz 9).
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2. Der Senat darf als Revisionsgericht über die Zulässigkeit des Finanzrechtswegs im vorliegenden Endurteil entscheiden, ohne seinerseits den in § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG vorgesehenen Weg der Vorabentscheidung durch gesonderten Beschluss einhalten zu müssen.
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Nach der Rechtsprechung des BGH kann selbst ein Berufungsgericht von der Durchführung des Vorabverfahrens absehen, wenn es im Fall der Wahl dieses Verfahrens keinen Anlass gesehen hätte, gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG die Beschwerde zuzulassen (Urteil vom 11. Juli 1997 V ZR 313/95, BGHZ 136, 228, unter II.; ebenso die --allerdings jeweils nicht tragenden-- Äußerungen in den Entscheidungen vom 9. November 1995 V ZB 27/94, BGHZ 131, 169, unter II.; vom 29. März 1996 V ZR 326/94, BGHZ 132, 245, unter II.1., und vom 18. November 1998 VIII ZR 269/97, NJW 1999, 651, unter I.2.). Dies muss erst recht für ein Revisionsgericht gelten, gegen dessen Entscheidungen niemals die Möglichkeit einer Beschwerde eröffnet ist. Auch der BGH entscheidet, wenn er wegen Nichtbeachtung des § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG durch die Vorinstanz eine eigene Prüfung der Rechtswegzuständigkeit vornimmt, hierüber im Endurteil (vgl. z.B. BGH-Urteil in BGHZ 132, 245, unter II.2.).
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3. Vorliegend ergibt sich die Zulässigkeit des Finanzrechtswegs aus § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO (gleicher Ansicht Braun in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 33 FGO Rz 172a). Danach ist der Finanzrechtsweg in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten (dazu unten a) über Abgabenangelegenheiten (unten b) gegeben, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen (unten c) und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden (unten d). Diese positiven Voraussetzungen sind hier erfüllt; die u.a. für Bußgeldverfahren geltende anderweitige Sonderzuweisung des § 33 Abs. 3 FGO ist nicht einschlägig (unten e).
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a) Die Klage gegen die Festsetzung eines Verspätungsgeldes ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Vorliegend hat die ZfA als Verwaltungseinheit der DRV Bund ihr Handeln auf § 22a Abs. 5 EStG gestützt. Diese Norm gilt für sie allein in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger, so dass sie unstreitig dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist.
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b) Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich um eine Abgabenangelegenheit i.S. des § 33 Abs. 2 FGO. Der Senat kann es dabei dahinstehen lassen, ob es sich bei dem Verspätungsgeld, das in § 3 Abs. 4 Nr. 9 der Abgabenordnung (AO) als steuerliche Nebenleistung definiert wird, um eine "Abgabe" handelt, jedenfalls stellt § 22a Abs. 5 EStG eine "abgabenrechtliche Vorschrift" i.S. der zweiten Alternative des § 33 Abs. 2 FGO dar. Das Verspätungsgeld ist im EStG geregelt und bezweckt die geordnete und möglichst vollständige Festsetzung und Erhebung der Einkommensteuer --bei der es sich unstreitig um eine Abgabe handelt-- auf Renteneinkünfte (vgl. dazu auch BTDrucks 17/3549, S. 19). Die Vorschriften über das Verspätungsgeld werden --wie von § 33 Abs. 2 FGO vorausgesetzt-- auch durch eine Finanzbehörde angewendet, da die DRV Bund, die für die Festsetzung und Erhebung von Verspätungsgeldern zuständig ist, in ihrer Eigenschaft als zentrale Stelle i.S. des § 81 EStG zu den Finanzbehörden gehört (§ 6 Abs. 2 Nr. 7 AO).
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c) Das Verspätungsgeld unterliegt der Gesetzgebung des Bundes. Dies zeigt sich einfachgesetzlich bereits daran, dass es sich bei § 22a Abs. 5 EStG um eine Norm des Bundesrechts handelt. Dem Bund steht aber auch verfassungsrechtlich die entsprechende Gesetzgebungskompetenz zu, die aus Art. 108 Abs. 5 Satz 1 GG folgt. Nach dieser Vorschrift wird das von den Bundesfinanzbehörden anzuwendende Verfahren durch Bundesgesetz geregelt. Bei der DRV Bund bzw. der ZfA, die für die Anwendung des § 22a Abs. 5 EStG zuständig ist, handelt es sich um eine Bundesfinanzbehörde (dazu noch ausführlich unten d). Die gesamte Norm des § 22a EStG enthält Verfahrensregelungen (Mitteilungspflichten), die eine vollständige Festsetzung und Erhebung der Einkommensteuer auf Renten gewährleisten sollen. Das in diesem Zusammenhang vorgesehene Verspätungsgeld nach § 22a Abs. 5 EStG soll wiederum sicherstellen, dass die Mitteilungspflichten von den Normadressaten auch beachtet werden, ist also Teil einer Verfahrensregelung.
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d) Das Verspätungsgeld wird auch durch eine Bundesfinanzbehörde verwaltet. Zu den Aufgaben des BZSt, einer Bundesfinanzbehörde (§ 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Finanzverwaltung --FVG--), gehört u.a. die Erhebung des Verspätungsgeldes nach § 22a Abs. 5 EStG (§ 5 Abs. 1 Nr. 18 Satz 1 Buchst. d FVG). Das BZSt bedient sich zur Durchführung dieser Aufgabe der DRV Bund, soweit diese zentrale Stelle i.S. des § 81 EStG ist, im Wege der Organleihe; die DRV Bund unterliegt insoweit der Fachaufsicht des BZSt (§ 5 Abs. 1 Nr. 18 Sätze 2 und 3 FVG). Gegen diese Organleihe bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (s. dazu ausführlich das Senatsurteil vom 20. Februar 2019 X R 28/17, BFHE 264, 165 --www.bundesfinanzhof.de, Entscheidungen online-- unter B.I.2.; ebenso zur Zulässigkeit der Organleihe in Bezug auf die Zuständigkeit der DRV Bund für die Altersvorsorgezulage bereits Senatsurteil vom 8. Juli 2015 X R 41/13, BFHE 250, 397, BStBl II 2016, 525, Rz 37). Aufgrund dieser gesetzlichen Anordnung der Organleihe ist das Handeln der DRV Bund dem BZSt zuzurechnen.
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e) Die Regelung des § 33 Abs. 3 FGO, wonach die FGO auf das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung findet, ist vorliegend nicht einschlägig, da es sich beim Verspätungsgeld nicht um eine Geldbuße handelt, mit der eine Ordnungswidrigkeit in einem Bußgeldverfahren geahndet werden könnte.
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aa) Nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) ist eine Ordnungswidrigkeit eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt. Dementsprechend bestimmt § 377 Abs. 1 AO, dass Steuerordnungswidrigkeiten Zuwiderhandlungen sind, die nach der AO oder den Steuergesetzen mit einer Geldbuße geahndet werden können.
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bb) Dies ist bei § 22a Abs. 5 EStG nicht der Fall. Dort ist ausdrücklich keine Geldbuße, sondern ein Verspätungsgeld vorgesehen. Dass diese Differenzierung sowohl in der Terminologie als auch in der Systematik auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers beruht, zeigt bereits die Norm des § 50f EStG, die ausdrücklich einen Bußgeldtatbestand für bestimmte Handlungen bzw. Unterlassungen im Zusammenhang mit Rentenbezugsmitteilungen enthält. Auch aus den Gesetzesmaterialien geht die Differenzierung zwischen dem Bußgeldtatbestand des § 50f EStG und dem Verspätungsgeld nach § 22a Abs. 5 EStG hervor: Während im Zusammenhang mit § 50f EStG ausdrücklich von der "Ahndung" einer Pflichtverletzung die Rede ist (BTDrucks 17/3549, S. 21) und insoweit die Terminologie des OWiG aufgenommen wird, betonen die Gesetzesmaterialien zu § 22a Abs. 5 EStG ausschließlich den Präventiv- und Ausgleichszweck des Verspätungsgeldes (vgl. BTDrucks 17/3549, S. 19).
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cc) Dies entspricht der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur rechtlichen Einordnung des Verspätungszuschlags nach § 152 AO: Obwohl dieser an ein in der Vergangenheit liegendes schuldhaftes Verhalten des Steuerpflichtigen anknüpft, handelt es sich nicht etwa um einen Straf- oder Bußgeldtatbestand, sondern um ein besonderes Druckmittel der Steuerverwaltung zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Veranlagungsverfahrens, das präventiven Charakter hat (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. August 1988 V R 19/83, BFHE 154, 23, BStBl II 1988, 929, unter B.1.; vom 22. Januar 1993 III R 92/89, BFH/NV 1993, 455, unter 2.d, und vom 30. November 2001 IV B 30/01, BFH/NV 2002, 475).
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dd) Die Überlegung der Klägerin, das Verspätungsgeld stehe möglicherweise inhaltlich einem Bußgeld gleich, kann --unabhängig davon, ob der Senat dem folgen könnte oder nicht-- zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn die Klarheit und Bestimmtheit von Vorschriften über den Rechtsweg ist unabdingbare Anforderung an eine rechtsstaatliche Ordnung, die dem Bürger die eigenmächtig-gewaltsame Durchsetzung behaupteter Rechtspositionen grundsätzlich verwehrt und ihn statt dessen auf den Rechtsweg verweist (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 25. März 1981 2 BvR 1258/79, BVerfGE 57, 9, unter B.II.3.a). Die danach erforderliche Rechtsklarheit gebietet es, jedenfalls vorrangig auf formale Merkmale abzustellen, was vorliegend die Annahme, bei § 22a Abs. 5 EStG könnte es sich um einen Bußgeldtatbestand handeln, ausschließt.
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II.
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Die Klägerin ist weder einer Doppelbestrafung im verfassungs-, noch menschen- oder unionsrechtlichen Sinne ausgesetzt.
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1. Der angefochtene Bescheid verstößt nicht gegen Art. 103 Abs. 3 GG, wonach niemand wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden darf. Der Senat kann offenlassen, ob die Klägerin als Anstalt des öffentlichen Rechts überhaupt Trägerin des grundrechtsgleichen Rechts nach Art. 103 Abs. 3 GG sein kann. Selbst wenn ihr der persönliche Schutzbereich eröffnet wäre, wäre jedenfalls der sachliche Schutzbereich der Norm nicht betroffen, denn gegen die Klägerin ist im Zusammenhang mit der von der ZfA angenommenen verspäteten Übermittlung von Rentenbezugsmitteilungen für 2013 niemals ein zweites Verfahren --insbesondere kein Bußgeldverfahren nach § 50f EStG-- eingeleitet worden. Die ZfA hat sogar erklärt, von § 50f EStG bisher noch in keinem Fall Gebrauch gemacht zu haben. Darüber hinaus liegen im Streitfall keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen dieses Bußgeldtatbestands --insbesondere die im subjektiven Bereich geforderte Leichtfertigkeit-- überhaupt erfüllt sein könnten.
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2. Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine verbürgte Garantie der EMRK berufen, weil eine dem Art. 103 Abs. 3 GG entsprechende Regelung nicht in der EMRK selbst, sondern lediglich in Art. 4 Abs. 1 ihres 7. Zusatzprotokolls enthalten ist. Dieses 7. Zusatzprotokoll ist von Deutschland zwar am 22. November 1984 unterzeichnet, bislang aber nicht ratifiziert worden.
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3. Dem angefochtenen Bescheid steht die Gewährleistung des Art. 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EUGrdRCh) ebenfalls nicht entgegen, wonach niemand wegen einer Straftat, deretwegen er bereits in der Union nach dem Gesetz rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren erneut verfolgt oder bestraft werden darf. Vorliegend wendet sich die Klägerin nicht gegen eine erneute Verfolgung oder Bestrafung, sondern bereits gegen die erste --und in ihrem Fall auch einzige-- Verwaltungssanktion. Der Schutzbereich des Art. 50 EUGrdRCh ist damit von vornherein nicht berührt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das Senatsurteil vom 20. Februar 2019 X R 28/17, BFHE 264, 165 (--www.bundesfinanzhof.de, Entscheidungen online-- unter B.II.) verwiesen.
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III.
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Die Regelung des § 22a Abs. 5 Satz 3 EStG, wonach den Mitteilungspflichtigen die Darlegungslast für ein fehlendes Vertretenmüssen trifft, verstößt nicht gegen die Unschuldsvermutung, und zwar weder in deren Gewährleistung durch das nationale Verfassungsrecht (dazu unten 1.) noch durch die EMRK (unten 2.). Da bereits der sachliche Schutzbereich der Unschuldsvermutung nicht betroffen ist, kann offenbleiben, ob sich die Klägerin als Anstalt des öffentlichen Rechts überhaupt auf die Unschuldsvermutung berufen könnte.
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1. Die Unschuldsvermutung ist nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG eine besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips und hat damit Verfassungsrang. Sie verbietet zum einen, in einem konkreten Strafverfahren ohne prozessordnungsgemäßen --nicht notwendigerweise rechtskräftigen-- Schuldnachweis Maßnahmen gegen den Beschuldigten zu verhängen, die in ihrer Wirkung einer Strafe gleichkommen, und ihn verfahrensbezogen als schuldig zu behandeln; zum anderen verlangt sie den rechtskräftigen Nachweis der Schuld, bevor diese dem Verurteilten im Rechtsverkehr allgemein vorgehalten werden darf (umfassend zum Ganzen BVerfG-Beschluss vom 26. März 1987 2 BvR 589/79, 2 BvR 740/81, 2 BvR 284/85, BVerfGE 74, 358, unter C.I.1.a, m.w.N.). Dem Betroffenen müssen Tat und Schuld nachgewiesen werden (BVerfG-Beschluss vom 19. Dezember 2012 1 BvL 18/11, BVerfGE 133, 1, Rz 90); ihm darf nicht umgekehrt die Notwendigkeit eines Entlastungsbeweises auferlegt werden.
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Nach dieser Definition beschränkt sich die Unschuldsvermutung aber grundsätzlich auf strafrechtliche Vorwürfe im engeren Sinne. Das BVerfG hat den Anwendungsbereich zwar auch auf das Recht der Ordnungswidrigkeiten erstreckt, hierfür aber gleichzeitig erweiterte Möglichkeiten zur Rechtfertigung von Eingriffen in den Schutzbereich benannt; dort steht die Unschuldsvermutung einer Regelung, die dem Betroffenen --ähnlich wie § 22a Abs. 5 Satz 3 EStG-- den Entlastungsbeweis hinsichtlich der Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfaltsanforderungen auferlegt, jedenfalls nicht entgegen (ausführlich BVerfG-Beschluss vom 4. Februar 1959 1 BvR 197/53, BVerfGE 9, 167, unter III.3.a, auf den im BVerfG-Beschluss in BVerfGE 133, 1, Rz 90 nochmals Bezug genommen wird). Das BVerwG (Urteil vom 24. November 1999 1 D 68/98, BVerwGE 111, 43, unter 1.a) wendet die Unschuldsvermutung auch in beamtenrechtlichen Disziplinarverfahren an.
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Demgegenüber wird --soweit ersichtlich-- von niemandem vertreten, dass rein verwaltungsrechtliche Regelungen, nach denen ein Vertretenmüssen widerlegbar vermutet wird, ebenfalls in den Anwendungsbereich der Unschuldsvermutung fielen. Auch die Klägerin hat insoweit keine Nachweise aus Rechtsprechung oder Literatur anführen können.
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2. Soweit die Unschuldsvermutung durch Art. 6 Abs. 2 EMRK gewährleistet wird, steht sie ebenfalls der Regelung des § 22a Abs. 5 Satz 3 EStG nicht entgegen. Die EMRK ist im Streitfall grundsätzlich zu beachten (dazu unten a). Allerdings kann die verspätete Übermittlung von Rentenbezugsmitteilungen auch bei Zugrundelegung der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vorgenommenen weiten Auslegung nicht als "Straftat" i.S. des Art. 6 Abs. 2 EMRK angesehen werden (unten b). Selbst wenn dies aber der Fall sein sollte, wäre die Beweislastregelung des § 22a Abs. 5 Satz 3 EStG auf der Grundlage der Rechtsprechung des EGMR mit der genannten Konventionsbestimmung vereinbar (unten c).
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a) Im Gegensatz zum Recht der Europäischen Union kann die EMRK keinen Anwendungsvorrang vor nationalem Recht beanspruchen, da die EMRK und ihre Zusatzprotokolle als völkerrechtliche Verträge zunächst nur im Range eines einfachen Bundesgesetzes stehen. Dennoch besitzt die EMRK mittelbar verfassungsrechtliche Bedeutung, indem sie die Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des GG beeinflusst (ausführlich zum Ganzen zuletzt BVerfG-Urteil vom 12. Juni 2018 2 BvR 1738/12, 2 BvR 1395/13, 2 BvR 1068/14, 2 BvR 646/15, NJW 2018, 2695, Rz 126 ff., mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
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Nach Art. 6 Abs. 2 EMRK gilt jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.
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Der EGMR sieht den in Art. 6 Abs. 2 EMRK verwendeten Begriff der "Straftat" als autonom --und daher nicht durch das innerstaatliche Recht der Vertragsstaaten determiniert-- an und legt ihn sehr weit aus. Grund hierfür ist, dass die Geltung der fundamentalen Bestimmungen der Art. 6, 7 EMRK dem freien Willen der Vertragsstaaten unterläge, wenn diese nach Gutdünken eine Verfehlung als nichtstrafrechtlichen Verstoß definieren könnten (EGMR-Urteile vom 8. Juni 1976 5100/71 --Engel u.a./Niederlande--, Rz 81, und vom 21. Februar 1984 8544/79 --Öztürk/Deutschland--, NJW 1985, 1273, Rz 49).
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Vor diesem Hintergrund hat der EGMR drei --auch als "Engel-Kriterien" bezeichnete-- Merkmale entwickelt, nach denen zu prüfen ist, ob eine Sanktion strafrechtlicher Natur ist (im Urteil Engel u.a./Niederlande, Rz 82 zunächst unter ausdrücklicher Beschränkung auf den Bereich des Wehrdisziplinarrechts, später aber auf alle anderen Rechtsgebiete erweitert, vgl. EGMR-Urteile Öztürk/Deutschland in NJW 1985, 1273, Rz 48, und vom 3. Mai 2001 31827/96 --J.B./Schweiz--, NJW 2002, 499, Rz 44): die Einordnung der maßgebenden Normen nach der Rechtstechnik des betroffenen Staates (dazu unten aa), die Art die Zuwiderhandlung (unten bb) sowie Art und Schwere der angedrohten Sanktion (unten cc).
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aa) Das erste Kriterium --die Einordnung im nationalen Recht-- hat allerdings nur "formellen und relativen Wert" (so EGMR-Urteil Engel u.a./Niederlande, Rz 82); es ist in der bisherigen Rechtsprechung des EGMR nur insoweit von Bedeutung gewesen, als eine Norm, die schon nach nationalem Recht dem Strafrecht angehört, stets auch strafrechtlicher Natur im Sinne der EMRK ist. Im umgekehrten Fall ist die vom nationalen Recht vorgenommene Einordnung hingegen bedeutungslos.
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bb) Die Art der Zuwiderhandlung spricht vor allem dann für einen strafrechtlichen Charakter der sie sanktionierenden Norm, wenn die betreffende Tat ihrer Natur nach als strafbar angesehen wird (EGMR-Urteil vom 23. November 2006 73053/01 --Jussila/Finnland--, Rz 31).
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Ein wesentliches Indiz ist darin zu sehen, dass die Norm allgemein gilt und nicht nur für eine einzelne Personengruppe (EGMR-Urteile Öztürk/Deutschland in NJW 1985, 1273, Rz 53, und vom 24. Februar 1994 12547/86 --Bendenoun/Frankreich--, Rz 47). In diesem Zusammenhang hat der EGMR einen Steuerzuschlag, dessen Anwendungsbereich sich auf umsatzsteuerpflichtige Unternehmer beschränkte, noch als hinreichend allgemein angesehen (Urteil Jussila/Finnland, Rz 38). Verstößt hingegen ein Soldat gegen eine Rechtsnorm, die den Betrieb der Streitkräfte regelt, handelt es sich nicht um eine allgemeine Norm (EGMR-Urteil Engel u.a./Niederlande, Rz 82). Auch berufsrechtliche Disziplinarverfahren, die sich nur an die Angehörigen dieser Berufsgruppe richten, betreffen nicht die Allgemeinheit (EGMR-Urteil vom 19. Februar 2013 47195/06 --Müller-Hartburg/ Österreich--, NJW 2014, 1791, Rz 44). Daneben spricht für den strafrechtlichen Charakter einer Norm, wenn sie nicht in erster Linie einen finanziellen Ausgleich für einen Schaden gewähren soll, sondern sowohl abschreckende (präventive) als auch bestrafende (repressive) Zwecke verfolgt, weil dies die üblichen Merkmale strafrechtlicher Sanktionen sind (EGMR-Urteile Öztürk/Deutschland in NJW 1985, 1273, Rz 53; Bendenoun/ Frankreich, Rz 47; J.B./Schweiz in NJW 2002, 499, Rz 48, und vom 23. Juli 2002 34619/97 --Janosevic/Schweden--, Rz 68).
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cc) Das dritte Engel-Kriterium ist erfüllt, wenn die Tat eine Sanktion nach sich zieht, die aufgrund ihrer Art und Schwere in den strafrechtlichen Bereich fällt (EGMR-Urteil Jussila/ Finnland, Rz 31). Dabei ist weniger auf die im konkreten Einzelfall verhängte Sanktion abzustellen, sondern auf die im Gesetz angedrohte Höchstsanktion (EGMR-Urteil Müller-Hartburg/ Österreich in NJW 2014, 1791, Rz 46).
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Dabei zählen nach der Rechtsprechung des EGMR zum Strafrecht --unabhängig von ihrer Einordnung im nationalen Recht-- zwingend alle Freiheitsentziehungen, die über unwesentliche Nachteile hinausgehen (EGMR-Urteil Engel u.a./Niederlande, Rz 82); ebenso Geldzahlungen, die sehr hoch ausfallen und bei Nichtzahlung zu einer Ersatzhaft führen können (EGMR-Urteil Bendenoun/Frankreich, Rz 47). Umgekehrt ist zu einem berufsgerichtlichen Disziplinarverfahren, in dem eine Geldbuße von maximal 36.000 € (im Jahr 1995) verhängt werden konnte, entschieden worden, dass allein die Schwere dieser Sanktion sie noch nicht in den Bereich des Strafrechts bringt (EGMR-Urteil Müller-Hartburg/Österreich in NJW 2014, 1791, Rz 47).
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dd) Für die Zuordnung einer Norm zum Strafrecht i.S. des Art. 6 EMRK genügt es bereits, wenn entweder das zweite oder das dritte Kriterium erfüllt ist; diese stehen daher grundsätzlich in einem Alternativverhältnis. Wenn allerdings die Einzelbetrachtung der Kriterien noch keine eindeutigen Schlussfolgerungen zulässt, ist auch eine kumulative Würdigung möglich (EGMR-Urteile Janosevic/Schweden, Rz 67, und Jussila/ Finnland, Rz 31).
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b) Unter Zugrundlegung dieser Rechtsprechung ist das in § 22a Abs. 5 EStG vorgesehene Verspätungsgeld nicht dem Bereich des Strafrechts zuzurechnen. Zwar ist dafür die im deutschen Recht vorgenommene Einordnung als verwaltungsrechtliche Geldleistung nicht maßgebend. Weder die Art der Zuwiderhandlung (dazu unten aa) noch die Art und Schwere der Sanktion (unten bb) lassen aber --sowohl bei alternativer als auch bei kumulativer Prüfung-- eine Zuordnung zum Strafrecht zu.
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aa) Die bloße nicht fristgerechte Übermittlung von Rentenbezugsmitteilungen durch eine rentenzahlende Stelle, die in diesem Zusammenhang nicht selbst steuerpflichtig ist, stellt keine Tat dar, die schon ihrer Natur nach als strafbar angesehen werden könnte. Vielmehr sanktioniert § 22a Abs. 5 EStG lediglich eine Erschwerung des Verwaltungsverfahrens; mit der verspäteten Datenübermittlung ist aber weder ein soziales Unwerturteil noch eine Stigmatisierung verbunden.
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Vor allem aber gilt die Norm nicht allgemein, sondern betrifft nur eine sehr kleine Personengruppe, zu der natürliche Personen von vornherein nicht zählen können. In § 22a Abs. 1 EStG wird lediglich den Rentenversicherungsträgern und den anderen Anbietern von Altersvorsorgeleistungen eine besondere Pflicht --die Übermittlung bestimmter Daten-- auferlegt; die Allgemeinheit der Steuerpflichtigen ist hiervon hingegen nicht betroffen.
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Vor diesem Hintergrund erweist sich das weitere in der Rechtsprechung des EGMR genannte Indiz --der Zweck der Norm-- als neutral, kann aber jedenfalls nicht alleine den strafrechtlichen Charakter des Verspätungsgeldes begründen. Das Verspätungsgeld will bei Zugrundelegung der Sichtweise des nationalen Gesetzgebers sowohl eine Prävention als auch einen finanziellen Ausgleich für entstehenden Verwaltungsmehraufwand bewirken (vgl. BTDrucks 17/3549, S. 19). Selbst wenn man dem Verspätungsgeld in Anwendung der --insoweit strengeren-- Rechtsprechung des EGMR auch einen gewissen repressiven Charakter nicht absprechen wollte, bleibt doch der Ausgleichszweck bestehen, so dass das Kriterium der Prävention und Repression jedenfalls nicht eindeutig für eine strafrechtliche Funktion der Norm spricht.
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bb) Auch die Art und Schwere der in § 22a Abs. 5 EStG angedrohten Höchstsanktion steht einer Zuordnung zum Strafrecht entgegen. Typische strafrechtliche Sanktionen (Freiheitsentziehung, auch in Form von Ersatzhaft; Eintragung in ein Strafregister; vgl. dazu auch EGMR-Urteil vom 7. Oktober 1988 10519/83 --Salabiaku/Frankreich--, EGMR-E 4, 139, Rz 24) sind von vornherein nicht vorgesehen. Die Höhe der --einzig möglichen-- finanziellen Sanktion lässt auch unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des EGMR keinen strafrechtlichen Charakter erkennen. Das Gericht hat zwar im nationalen Steuerrecht geregelte pauschale Steuerzuschläge in Fällen falscher oder unterbliebener Angaben in Steuererklärungen dem Bereich des Strafrechts zugerechnet (für einen französischen Zuschlag von 30 bis 100 % der hinterzogenen Steuer, bei dessen Nichtzahlung Ersatzhaft möglich ist, EGMR-Urteile Bendenoun/ Frankreich, Rz 47, und vom 16. Dezember 2003 69825/01 --Faivre/Frankreich--, Rz 21; für einen schwedischen Zuschlag von 20 bis 40 % der Mehrsteuern, auch wenn keine Ersatzhaft vorgesehen ist, EGMR-Urteil Janosevic/Schweden, Rz 69; für einen finnischen Zuschlag von 20 % --in Ausnahmefällen 200 %-- der Mehrsteuern EGMR-Urteile Jussila/Finnland, Rz 31 ff., und vom 20. Mai 2014 11828/11 --Nykänen/Finnland--, Rz 40; für einen norwegischen Steuerzuschlag von 30 % EGMR-Urteil vom 15. November 2016 24130, 29758/11 --A und B/Norwegen--, Neue Juristische Online-Zeitschrift --NJOZ-- 2018, 1462); hierbei handelte es sich jedoch um derart schwerwiegende, in der Höhe nicht begrenzte Zuschläge, die nicht mit der Höhe des Verspätungsgeldes des § 22a Abs. 5 EStG vergleichbar sind.
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In Bezug auf die einzelne Rentenbezugsmitteilung beträgt das Verspätungsgeld 10 € je Monat der Verspätung; das Verspätungsgeld für alle Verfehlungen eines Mitteilungspflichtigen in Bezug auf einen Veranlagungszeitraum darf 50.000 € nicht übersteigen. Dieser Betrag liegt noch innerhalb des Rahmens, den der EGMR im Urteil Müller-Hartburg/Österreich in NJW 2014, 1791 (Rz 47) als nichtstrafrechtlich angesehen hat. Wenn in dieser Entscheidung für die Verhältnisse des Jahres 1995 ein Höchstbetrag von 36.000 € als zulässig angesehen wurde, kann für die Verhältnisse des Jahres 2014 und einen Höchstbetrag von 50.000 € nichts anderes gelten.
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c) Selbst wenn das Verspätungsgeld --entgegen der Auffassung des Senats-- als strafrechtliche Sanktion i.S. des Art. 6 Abs. 2 EMRK anzusehen sein sollte, wäre die Beweislastregelung des § 22a Abs. 5 Satz 3 EStG auf der Grundlage der Rechtsprechung des EGMR mit der konventionsrechtlichen Unschuldsvermutung vereinbar.
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aa) Der EGMR hat in seiner jüngeren Rechtsprechung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die autonome Auslegung des Begriffs "Strafrecht" unter Zugrundelegung der Engel-Kriterien eine allmähliche Erweiterung des Anwendungsbereichs der --nach dem Wortlaut der Konvention auf das Strafrecht beschränkten-- Gewährleistungen auf Fälle mit sich gebracht hat, die nicht zu den traditionellen Kategorien des Strafrechts gehören. Da insbesondere Steuerzuschläge sich vom Kernbestand des Strafrechts unterscheiden, gelten die Garantien des Art. 6 EMRK hier nicht notwendig mit ihrer vollen Konsequenz (EGMR-Urteile Jussila/ Finnland, Rz 43, und A und B/Norwegen in NJOZ 2018, 1462, Rz 133).
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bb) Dies vorausgeschickt, hat der EGMR in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass Tatsachen- und Rechtsvermutungen durch Art. 6 Abs. 2 EMRK selbst im Strafrecht im Grundsatz nicht verboten werden (ausführlich, auch zum Folgenden, EGMR-Urteile Salabiaku/Frankreich, Rz 28; Janosevic/Schweden, Rz 101, und vom 18. März 2010 13201/05 --Krumpholz/Österreich--, Rz 34). Allerdings dürfen derartige Vermutungen im Strafrecht nur in angemessenen Grenzen unter Berücksichtigung der betroffenen Rechtsgüter vorgesehen werden und müssen die Verteidigungsrechte sicherstellen. Dies bedeutet, dass die eingesetzten Mittel in angemessenem Verhältnis zu dem angestrebten legitimen Ziel stehen müssen. Vor allem darf der gerichtlichen Tatsacheninstanz nicht jede Befugnis zur Bewertung der Beweise genommen werden, weil die Unschuldsvermutung dann ihres Sinns entleert würde.
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cc) Die unter Berücksichtigung dieser EGMR-Rechtsprechung vorzunehmende Prüfung führt zu dem Ergebnis, dass die Beweislastregelung des § 22a Abs. 5 Satz 3 EStG hinreichend gerechtfertigt ist.
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Abgesehen davon, dass Art. 6 Abs. 2 EMRK --wenn denn der sachliche Schutzbereich dieser Gewährleistung überhaupt eröffnet sein sollte-- außerhalb des Kernstrafrechts ohnehin nicht mit voller Konsequenz anzuwenden ist, dient die gesetzliche Beweislastverteilung auch einem legitimen Ziel. Gerade zum Steuerrecht hat der EGMR bereits ausgeführt, dass ein Steuersystem, das hauptsächlich auf Informationen beruht, die der Steuerpflichtige --hier: ein im sachlichen Zusammenhang mit dem Gegenstand der Besteuerung stehender Dritter-- liefern muss, angesichts der großen Zahl der Steuerfälle ohne irgendeine Form der Sanktion gegen unterbleibende oder fehlerhafte Angaben nicht funktionieren würde. Die einheitliche Anwendung derartiger Sanktionen verlangt aber, dass sie nach einheitlichen Regeln verhängt werden (insgesamt zum Vorstehenden EGMR-Urteil Janosevic/Schweden, Rz 103). Für die Erforderlichkeit und Angemessenheit der gesetzlichen Beweislastverteilung in § 22a Abs. 5 Satz 3 EStG spricht entscheidend, dass die Tatsachen, die zu einer verspäteten Datenübermittlung geführt haben, regelmäßig der Sphäre des Mitteilungspflichtigen entstammen. Dies hat zur Folge, dass die ZfA kaum die Möglichkeit zur Führung eines Verschuldensnachweises hätte, sofern dieser ihr obliegen würde. Umgekehrt stehen dem Mitteilungspflichtigen aber aufgrund seiner vollständigen Sachverhaltskenntnis trotz der gesetzlichen Beweislastregelung alle Möglichkeiten offen, den Entlastungsbeweis zu führen.
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Das innerstaatliche Gericht hat diese Vorgaben im Einzelfall im Rahmen einer Einzelfallprüfung zu würdigen, eine lediglich schematische Anwendung der gesetzlichen Tatsachen- und Rechtsvermutung reicht nicht aus. Vorliegend ist --trotz der Mängel in der Urteilsbegründung (vgl. dazu unter B.V.)-- erkennbar, dass das FG auf das Vorbringen der Klägerin --jedenfalls zum Teil-- eingegangen ist und die konkreten Umstände des Streitfalls gewürdigt hat, so dass auch insoweit eine Verletzung der Unschuldsvermutung ausscheidet.
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IV.
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Soweit die Klägerin den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durch die Erhebung des Verspätungsgeldes als verletzt ansieht, kann der erkennende Senat dem nicht zustimmen.
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1. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genießt Verfassungsrang und ergibt sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) sowie aus dem Wesen der Grundrechte selbst, die als Ausdruck des allgemeinen Freiheitsanspruchs des Bürgers gegenüber dem Staat von der öffentlichen Gewalt jeweils nur so weit beschränkt werden dürfen, als es zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich ist (s. BVerfG-Beschlüsse vom 15. Dezember 1965 1 BvR 513/65, BVerfGE 19, 342, unter III.2., und vom 12. Mai 1987 2 BvR 1226/83, 2 BvR 101/84, 2 BvR 313/84, BVerfGE 76, 1, unter C.I.5.b aa).
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2. Abgesehen von der Frage, inwieweit sich die Klägerin als Anstalt des öffentlichen Rechts überhaupt auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz berufen kann (vgl. dazu u.a. BVerfG-Urteil vom 7. November 2017 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50, Rz 239, m.w.N.), wurden in § 22a Abs. 1 und Abs. 5 EStG dessen Grenzen beachtet. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Klägerin als Dritter die Pflicht zur Übermittlung der Rentenbezugsmitteilungen auferlegt worden ist. Der Senat verkennt zwar nicht, dass diese gesetzlich normierte Übermittlungspflicht bei den meldepflichtigen Stellen zusätzlichen zeitlichen, personellen und finanziellen Aufwand verursacht. Er sieht diese Belastung im Hinblick auf das verfassungsrechtlich gebotene Ziel der gleichmäßigen Besteuerung der Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a und Nr. 5 EStG indes als noch angemessen an. Auch ist der Senat nach Abwägung der vom Gesetzgeber mit dem Verspätungsgeld letztendlich verfolgten Ziele, eine effektive und möglichst einfache Verwaltung zu gewährleisten, mit der hierdurch eintretenden Belastung des jeweiligen Mitteilungspflichtigen nicht der Auffassung, dass die Regelung des § 22a Abs. 5 EStG unangemessen ist. Zur näheren Begründung wird auf das Senatsurteil X R 28/17 vom 20. Februar 2019, BFHE 264, 165 (www.bundesfinanzhof.de, Entscheidungen online) unter B.III. verwiesen.
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V.
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Der Senat vermag nicht zu beurteilen, ob die Erhebung des Verspätungsgeldes im Streitfall rechtmäßig ist, da er den Feststellungen des FG nicht entnehmen kann, welche konkreten Gründe für die Fristüberschreitung im Hinblick auf die noch im Streit stehenden Meldungen maßgeblich waren und ob diese ggf. von der Klägerin nicht zu vertreten gewesen sein könnten.
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1. Es ist grundsätzlich die Aufgabe des FG zu würdigen, ob die einfachgesetzlichen Voraussetzungen des § 22a Abs. 5 EStG im Streitfall erfüllt sind, insbesondere ob die Fristüberschreitung auf Gründen beruht, die der Mitteilungspflichtige (oder sein Erfüllungsgehilfe) gemäß § 22a Abs. 5 Sätze 3 und 4 EStG nicht zu vertreten hat. Diese Würdigung bindet das Revisionsgericht gemäß § 118 Abs. 2 FGO, wenn sie frei von Verfahrensfehlern ist und weder Widersprüche noch einen Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze enthält (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 14. Mai 2014 XI R 13/11, BFHE 245, 424, BStBl II 2014, 734, Rz 26; vom 24. April 2013 XI R 7/11, BFHE 241, 459, BStBl II 2013, 648, Rz 34, jeweils m.w.N.).
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2. Eine dieser Ausnahmen von der Bindung ist im Streitfall gegeben, da die Klägerin inzidenter einen Verfahrensfehler geltend macht. Sie wendet sich u.a. dagegen, dass sie die verspätete Übermittlung der einzeln bezeichneten Rentenbezugsmitteilungen zu vertreten habe. Der Senat versteht ihr Vorbringen in der Revisionsbegründung dabei so, dass sie meint, das FG habe die von ihr im finanzgerichtlichen Verfahren konkret beschriebenen Aktivitäten in Bezug auf die einzelnen Rentenbezugsmitteilungen (insbesondere die konkreten Aufzeichnungen auf Blatt 50 der FG-Akte) fehlerhaft nicht bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt.
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a) Das FG ist gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO verpflichtet, sich bei seiner Entscheidung auf das Gesamtergebnis des Verfahrens zu stützen. Dazu hat das FG den Inhalt der ihm vorliegenden Akten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen. Dabei gehört zum Akteninhalt u.a. das Vorbringen der Beteiligten. Das FG muss in seinem Urteil zwar nicht auf jede Einzelheit des Sachverhalts und des Beteiligtenvortrags ausdrücklich eingehen, es verletzt jedoch seine Pflicht zur vollständigen Berücksichtigung des Streitstoffs, wenn es einen bestimmten Tatsachenvortrag erkennbar unberücksichtigt lässt, obwohl dieser auf der Basis seiner materiell-rechtlichen Auffassung entscheidungserheblich sein kann (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss vom 2. November 2010 II B 61/10, BFH/NV 2011, 307, Rz 6, m.w.N.).
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b) Dem FG-Urteil fehlt eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Klägerin zu ihren einzelnen Aktivitäten in Bezug auf die noch im Streit befindlichen Rentenbezugsmitteilungen. Die Vorinstanz hat lediglich ausgeführt, die Klägerin habe von der Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, dass der Mitteilungspflichtige die Identifikationsnummern beim BZSt erfragen könne, wenn der Leistungsempfänger ihm diese trotz Aufforderung nicht mitteile. Demgegenüber hat die Klägerin erstinstanzlich ausgeführt, sie habe vor Ablauf der Frist des § 22a Abs. 1 Satz 1 EStG eine Anfrage an das BZSt im maschinellen Antragsverfahren zur Abfrage der Identifikationsnummern übersandt, um von diesem die Identifikationsnummern zu erhalten. Sie habe die Antwort erhalten, die Nummern seien selbständig bei den Leistungsempfängern zu erfragen (Returncode 1). Dieser Aufforderung sei sie nachgekommen, ihre an die Rentenberechtigten gerichtete Bitte um Mitteilung der Identifikationsnummern sei aber erfolglos geblieben.
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Eine Würdigung dieses Vorbringens der Klägerin hat das FG fehlerhaft unterlassen. Es hätte darauf eingehen und die angeführten Aktivitäten (MAV-Abfrage, Anschreiben der Leistungsempfänger, ggf. weitere Anfrage) in Bezug auf die streitgegenständlichen Rentenbezugsmitteilungen unter dem Aspekt würdigen müssen, ob das Verhalten der Klägerin nicht nur nach ihren persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten, sondern insbesondere auch nach einem auf die allgemeinen Verkehrsbedürfnisse ausgerichteten objektiven Sorgfaltsmaßstab als fahrlässig anzusehen ist (zu dem der Prüfung des § 22a Abs. 5 Satz 3 EStG zugrunde zu legenden objektiven Sorgfaltsmaßstab vgl. das Senatsurteil vom 20. Februar 2019 X R 29/16, BFHE 264, 154 --www.bundesfinanzhof.de, Entscheidungen online-- unter B.IV.1.).
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Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die Klägerin in den noch streitgegenständlichen Einzelfällen von dem in § 52 Abs. 38a EStG für bestimmte Übergangskonstellationen zugelassenen Ausnahmeverfahren Gebrauch machen durfte. Sollte die Klägerin diesen Weg zu Recht beschritten haben, hätte überprüft werden müssen, ob ein Vertretenmüssen darin liegen könnte, dass es die Klägerin trotz der Ergebnislosigkeit ihrer Abfrage und dem Erhalt des "Returncodes 1" unterlassen hat, zeitnah in das Regel-Abfrageverfahren nach § 22a Abs. 2 EStG überzugehen bzw. ob dieses Verhalten auf Gründen beruhen könnte, die sie nicht zu vertreten hat (§ 22a Abs. 5 Satz 3 EStG). Sollten demgegenüber die Voraussetzungen für eine Abfrage nach § 52 Abs. 38a EStG von vornherein nicht gegeben gewesen sein, hätte es einer Prüfung bedurft, ob dies für die Klägerin erkennbar war und ob die "Returncodes", die die Klägerin erhalten hatte, hinreichend deutlich auf die Wahl eines nicht eröffneten Übermittlungsverfahrens hinwiesen.
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3. Die Streitsache wird daher an das FG zurückverwiesen, damit dieses die Würdigung nachholen kann.
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VI.
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Die Kostenentscheidung wird dem FG übertragen (§ 143 Abs. 2 FGO).
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