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BFH 02.08.2018 - V R 33/17
BFH 02.08.2018 - V R 33/17 - EuGH-Vorlage zur Steuersatzermäßigung für die Vermietung von Bootsliegeplätzen
Normen
Art 3 Abs 1 GG, § 4 Nr 12 Buchst a UStG 2005, § 12 Abs 2 Nr 11 S 1 UStG 2005, § 121 S 1 FGO, § 74 FGO, Art 20 EUGrdRCh, Art 52 Abs 1 EUGrdRCh, Art 98 Abs 1 EGRL 112/2006, Art 2 Anh 3 Nr 12 EGRL 112/2006, Art 267 AEUV, UStG VZ 2010, UStG VZ 2011, UStG VZ 2012
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 15. Juni 2017, Az: 5 K 210/15, Urteil
nachgehend EuGH, 19. Dezember 2019, Az: C-715/18, Urteil
nachgehend BFH, 24. Juni 2020, Az: V R 47/19 (V R 33/17), Urteil
Leitsatz
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Umfasst die Steuersatzermäßigung für die Vermietung von Campingplätzen und Plätzen für das Abstellen von Wohnwagen nach Art. 98 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) in Verbindung mit Anhang III Nr. 12 MwStSystRL auch die Vermietung von Bootsliegeplätzen?
Tenor
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A. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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Umfasst die Steuersatzermäßigung für die Vermietung von Campingplätzen und Plätzen für das Abstellen von Wohnwagen nach Art. 98 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) in Verbindung mit Anhang III Nr. 12 MwStSystRL auch die Vermietung von Bootsliegeplätzen?
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B. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgesetzt.
Tatbestand
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I.
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Streitig ist, ob die Umsätze aus der Vereinnahmung von Hafengeldern dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliegen.
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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein eingetragener, gemeinnütziger Verein, dessen Zweck die Förderung des Segel- und Motorwassersports ist.
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Er unterhält in seinem Hafen etwa 300 Liegeplätze, die in den Streitjahren zu ca. 50 Prozent fest an Mitglieder vergeben wurden. Die Mitglieder sind verpflichtet, bei Abwesenheit die Nutzung ihrer Liegeplätze durch Gäste zu dulden. Die übrigen 50 Prozent der Liegeplätze stehen den Gästen uneingeschränkt zur Verfügung.
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Die Entgelte aus der Überlassung der Liegeplätze an Gäste unterwarf der Kläger in den Streitjahren (2010 bis 2012) dem ermäßigten Steuersatz. Im Anschluss an eine beim Kläger durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung änderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt) die Umsatzsteuerbescheide für 2010 bis 2012 und unterwarf die streitigen Umsätze dem Regelsteuersatz.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 1481 veröffentlichten Urteil ab. Die kurzfristige Überlassung von Bootsliegeplätzen könne nicht unter die Formulierung "kurzfristige Vermietung von Campingflächen" nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG subsumiert werden. Ein Boot sei in erster Linie ein Beförderungsmittel. Dem stehe nicht entgegen, dass viele Boote auch Einrichtungen zum Übernachten (Kajüten) hätten und diese auf den Gastliegeplätzen entsprechend genutzt werden könnten.
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Vielmehr werde die kurzfristige Überlassung von Bootsliegeplätzen von der Formulierung "Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen" des auf Art. 135 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) beruhenden § 4 Nr. 12 Satz 2 Alternative 2 UStG umfasst. Dieses anhand der grammatikalischen und systematischen Auslegung gewonnene Ergebnis werde zudem durch die Entstehungsgeschichte des § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG sowie dessen Sinn und Zweck gestützt. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) stehe diesem Ergebnis nicht entgegen.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts geltend macht. Die Besteuerung mit dem Regelsteuersatz verletze den allgemeinen Gleichheitssatz, weil die Überlassung von Flächen für Wohnmobile und Wohnwagen dem ermäßigten Steuersatz unterläge. Damit werde ein vergleichbarer wirtschaftlicher Vorgang begünstigt.
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Nach der Argumentation des FG, dass es bei einer Überlassung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen keine Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG geben könne, dürfe es auch keinen ermäßigten Steuersatz für die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Wohnmobilen geben. Das stehe offenkundig im Widerspruch zu den gesetzlichen Regelungen und zum Willen des Gesetzgebers, der grundsätzlich alle kurzfristigen Beherbergungen in wie auch immer gearteten Einrichtungen mit dem ermäßigten Steuersatz habe besteuern wollen. Zudem stelle er, der Kläger, keine Plätze für das Abstellen von Fahrzeugen zur Verfügung, sondern führe Beherbergungsleistungen aus. Der Schwerpunkt der von ihm ausgeführten Leistungen sei die Überlassung von Liegeplätzen für Zwecke der Beherbergung von Seglern. Voraussetzung für das Entstehen eines Umsatzes sei nicht das Abstellen eines Fahrzeugs, sondern das längere Verweilen mit mindestens einer Übernachtung; das sogenannte Hafengeld falle ausschließlich bei Übernachtungen an. Die Möglichkeit das Fahrzeug abzustellen, sei von untergeordneter Bedeutung.
Entscheidungsgründe
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II.
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Der Senat legt dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die im Tenor unter A. bezeichnete Frage zur Auslegung der MwStSystRL vor und setzt das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus.
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1. Rechtlicher Rahmen
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a) Unionsrecht
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aa) Gemäß Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EUGrdRCh) sind alle Personen vor dem Gesetz gleich.
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bb) Nach Art. 52 Abs. 1 EUGrdRCh ist garantiert, dass jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein muss und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achtet. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.
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cc) Gemäß Art. 98 Abs. 1 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden. Die ermäßigten Steuersätze sind gemäß Art. 98 Abs. 1 MwStSystRL nur auf die Lieferungen und Dienstleistungen der in Anhang III genannten Kategorien anwendbar.
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dd) Anhang III Nr. 12 MwStSystRL sieht unter anderem die Möglichkeit einer Steuerermäßigung für die Vermietung von Campingplätzen und Plätzen für das Abstellen von Wohnwagen vor.
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b) Nationales Recht
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aa) Gemäß Art. 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich.
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bb) Nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG ist steuerfrei die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen. Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind.
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cc) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG ermäßigt sich die Steuer auf sieben Prozent für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen.
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2. Zur Rechtslage nach Unionsrecht
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a) Gemäß Art. 98 Abs. 1 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden. Die ermäßigten Steuersätze sind gemäß Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL nur auf die Lieferungen und Dienstleistungen der in Anhang III genannten Kategorien anwendbar (vgl. auch EuGH-Urteil Kommission/ Frankreich vom 6. Mai 2010 C-94/09 EU:C:2010:253, Randziffer --Rz-- 22). Anhang III Nr. 12 MwStSystRL sieht unter anderem die Möglichkeit einer Steuerermäßigung für die Vermietung von Campingplätzen und Plätzen für das Abstellen von Wohnwagen vor.
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b) Diese unionsrechtlichen Regelungen geben Anlass zu Zweifeln, ob von einer Ermächtigung der Mitgliedstaaten zur Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes auf die Überlassung von Bootsliegeplätzen ausgegangen werden kann. Denn es ist fraglich, ob die Begriffe "Campingplätze" und "Plätze für das Abstellen von Wohnwagen" auch Bootsliegeplätze umfassen können.
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Hinzu kommt, dass Bestimmungen, die --wie Steuerermäßigungen-- Ausnahmen von einem allgemeinen Grundsatz darstellen, eng, das heißt (d.h.) nach ihrer gewöhnlichen Bedeutung, auszulegen sind (EuGH-Urteile, Erotic Center vom 18. März 2010 C-3/09, EU:C:2010:149, Rz 15 und 16; Kommission/Spanien vom 18. Januar 2001 C-83/99, EU:C:2001:31, Rz 19; Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. August 2016 V R 11/15, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFHE-- 255, 293, Bundessteuerblatt, Teil II --BStBl-- II 2018, 113, Rz 22). Danach stellen Bootsliegeplätze weder Campingplätze dar noch Plätze für das Abstellen von Wohnwagen. Denn der Ursprung von "Camping" (Kampieren) liegt im lateinischen "campus"-Feld. Ferner könnte zu berücksichtigen sein, dass einem Hafen gegenüber einem Campingplatz im Allgemeinen zusätzliche Funktionen zukommen, zum Beispiel (z.B.) die Eigenschaft als Umschlagplatz für Wirtschaftsgüter.
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c) Andererseits gehört der in Art. 20 EUGrdRCh verankerte allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz zu den Grundprinzipien des Unionsrechts.
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aa) Er verlangt --ebenso wie im nationalen Recht Art. 3 GG--, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (EuGH-Urteile Ruckdeschel und Hansa-Lagerhaus Ströh und Co. vom 19. Oktober 1977 117/76 und 16/77, EU:C:1977:160, Rz 7; Jetair und BTWE Travel4you vom 13. März 2014 C-599/12, EU:C:2014:144, Rz 53; bpost vom 11. Februar 2015 C-340/13, EU:C:2015:77, Rz 27).
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bb) Im Mehrwertsteuerrecht kommt der Grundsatz der Gleichbehandlung zudem im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum Ausdruck (EuGH-Urteile Zimmermann vom 15. November 2012 C-174/11, EU:C:2012:716, Rz 46 fortfolgende; Jetair und BTWE Travel4you, EU:C:2014:144, Rz 53). Auch dieser Grundsatz lässt es nicht zu, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze ausführen, bei der Erhebung der Umsatzsteuer unterschiedlich behandelt werden (EuGH-Urteile JP Morgan u.a. vom 28. Juni 2007 C-363/05, EU:C:2007:391, Rz 29; A vom 19. Juli 2012 C-33/11, EU:C:2012:482, Rz 32; EuGH-Vorlage des BFH vom 22. Juni 2016 V R 42/15, BFHE 254, 264, Rz 36).
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cc) Der Senat hält es deshalb für denkbar, dass die funktionale und wirtschaftliche Identität der Leistungen zur Vermeidung einer gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und das Neutralitätsprinzip verstoßenden Ungleichbehandlung eine Gleichbehandlung beider Sachverhalte bei der Steuerermäßigung gebietet.
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Denn einem reinen Freizeithafen kann im Gegensatz zu einem Industriehafen dieselbe Funktion zukommen wie einem Campingplatz. Diese funktionale und wirtschaftliche Identität kommt zum Ausdruck, wenn man auch bei Flächen für Wohnmobile von "Wohnmobilhäfen" spricht. Sowohl der Wohnmobilist als auch der Bootsführer nutzen mit ihren auch zur Übernachtung ausgelegten Fahrzeugen einen "Wohnmobilhafen" oder einen (Boots-)Hafen, der zur Versorgung der Passagiere und Fahrzeuge Strom, Wasser, Entsorgungseinrichtungen und Sanitäranlagen zur Verfügung stellt. Nicht der Untergrund, auf dem das Fahrzeug steht oder schwimmt, kennzeichnet die ausgeführte Leistung, sondern die Infrastruktur. Im Kern gewährt der Kläger ebenso wie der Betreiber eines Wohnmobilhafens seinen Kunden eine Beherbergung mit Übernachtungsmöglichkeit im eigenen Fahrzeug. Dass der Wohnmobilist sein Ziel über das öffentliche Straßennetz erreicht, der Bootsführer demgegenüber hierzu Wasserstraßen nutzt, ist für die Qualifizierung der Leistung ohne Bedeutung. Das erschließt sich schon daraus, dass Camping nicht durch die Form der Anreise, sondern durch das Verhalten am Zielort gekennzeichnet ist. Ein Unterschied zwischen beiden Leistungen besteht allerdings darin, dass sich das Fahrzeug in einem Fall auf einer Wasserfläche befindet und im anderen Fall auf einem wie auch immer gearteten festen Untergrund.
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3. Zur Rechtslage nach nationalem Recht
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Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG ermäßigt sich die Steuer auf sieben Prozent für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie für die kurzfristige Vermietung von Campingflächen.
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a) Die Auslegung nach dem Wortlaut ermöglicht die Einbeziehung von Bootsliegeplätzen in den Begriff "Campingfläche". Zwar mögen Bootsliegeplätze von dem bundesrechtlich nicht definierten Begriff des Campingplatzes (vergleiche --vgl.-- hierzu Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Januar 2014 4 B 48/13, nicht veröffentlicht, Rz 3) nicht umfasst sein. Denn in Anlehnung an die Campingplatzverordnungen der meisten Bundesländer (vgl. z.B. jeweils § 1 Abs. 1 der Campingplatzverordnungen --CPlVO-- für Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, § 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1, Abs. 2 CPlVO Baden-Württemberg) kann als Campingplatz ein Platz definiert werden, der --zumindest während bestimmter Zeiten des Jahres-- zum Aufstellen von mehr als drei Wohnwagen oder Zelten bestimmt ist, wobei als Wohnwagen auch ein Wohnmobil gilt (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 7. Juni 2016 3 S 250/16, Baurecht --BauR-- 2016, 1744, Rz 42; Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 24. Juli 2013 1 LB 245/10, BauR 2014, 229, Rz 26).
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Der Gesetzgeber hat die Steuerermäßigung in § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG aber nicht auf Campingplätze beschränkt, sondern, obwohl er in § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG eine Regelung über die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen vorsieht, auf die kurzfristige Vermietung von Campingflächen erweitert. Damit eröffnet der Gesetzgeber die Möglichkeit, auch andere Flächen in die Steuerermäßigung einzubeziehen. Denn der Begriff Fläche umfasst auch Wasserflächen. Demgegenüber tritt der Wortursprung "campus" --das Feld-- zurück. So wie es für den Begriff des Grundstückes unerheblich ist, ob das Grundstück von Wasser überspült ist oder nicht (BFH-Urteil vom 8. Oktober 1991 V R 46/88, BFHE 167, 200, BStBl II 1992, 368), ist es für den Begriff der Campingfläche unerheblich, ob diese aus Rasen, Beton oder eben aus Wasser besteht.
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b) Die Einbeziehung der Vermietung von Bootsliegeplätzen in die Steuerermäßigung steht auch im Einklang mit dem gesetzgeberischen Willen und wird zudem dem Zweck der Vorschrift gerecht.
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aa) § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG ist durch das Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 22. Dezember 2009 (Bundesgesetzblatt --BGBl-- I 2009, 3950) in das UStG eingefügt worden. Mit der Regelung sollten neben den Umsätzen des klassischen Hotelgewerbes auch die kurzfristigen Beherbergungen in Pensionen, Fremdenzimmern und vergleichbaren Einrichtungen begünstigt werden (Bericht des Finanzausschusses, Drucksachen des Deutschen Bundestages --BTDrucks-- 17/147, Seite 9, 10 zu Art. 5 zu Nr. 1). Die "vergleichbaren Einrichtungen" sind dann im Gesetz durch den Begriff der "Campingflächen" definiert worden. Darunter versteht der Gesetzgeber "z.B. Flächen zum Aufstellen von Zelten, und Flächen zum Abstellen von Wohnwagen und Caravans" (BTDrucks 17/147, Seite 9, 10). Mit dieser beispielhaften Aufzählung verdeutlicht der Gesetzgeber, dass die Aufzählung nicht abschließend sondern offen sein soll für alle vergleichbaren Formen der kurzfristigen Beherbergung.
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bb) Auch der Zweck der Vorschrift, kurzfristige Beherbergungsleistungen zu begünstigen, gebietet die Einbeziehung der vom Kläger ausgeführten Umsätze. Denn wenn der Gesetzgeber Wohnmobilhäfen als "vergleichbare Einrichtungen" ansieht, gibt es keinen sachlich rechtfertigenden Grund, Bootsliegeplätze nicht als "vergleichbare Einrichtung" anzusehen. Denn entscheidend ist nicht der Aggregatzustand der überlassenen Fläche sondern ihre Funktion, d.h. es kommt darauf an, ob die Fläche zum Camping vorgesehen ist und überlassen wird. Der Begriff Camping aber umfasst eine breite Spanne von Aktivitäten, denen gemeinsam ist, dass nicht in Gebäuden übernachtet, sondern die Zeit in der freien Natur oder auf für das Campen vorgesehenen Einrichtungen verbracht wird. Das trifft auf den Bootsführer und den Wohnmobilisten gleichermaßen zu.
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c) Die an sich gebotene, an Art. 3 Abs. 1 GG orientierte verfassungskonforme Auslegung kommt vorliegend nicht in Betracht. Denn unionsrechtlich determinierte Bestimmungen des nationalen Rechts werden grundsätzlich nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes überprüft, solange die Europäische Union einen wirksamen Schutz der Grundrechte, der dem vom Grundgesetz gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, generell gewährleistet (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 19. Juli 2011 1 BvR 1916/09, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts --BVerfGE-- 129, 78, 90; vom 7. Juni 2000 2 BvL 1/97, BVerfGE 102, 147 folgende; vom 22. Oktober 1986 2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339; BVerfG-Urteil vom 2. März 2010 1 BvR 256, 263, 586/08, BVerfGE 125, 260; BFH-Urteile vom 21. September 2016 V R 43/15, BFHE 255, 449, BStBl II 2017, 1203, Rz 34; vom 22. Juli 2015 V R 23/14, BFHE 250, 559, BStBl II 2015, 914, Rz 25). Das ist im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz in Art. 20 EUGrdRCh der Fall.
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4. Zur Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage
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Das Unionsrecht ist bei der Auslegung von § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG zu beachten (BFH-Urteil in BFHE 255, 293, BStBl II 2018, 113, Rz 18 zu § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG). Die Vorlagefrage ist entscheidungserheblich für die Frage, ob Art. 98 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III Nr. 12 MwStSystRL der Auslegung einer nationalen Vorschrift entgegensteht, die zur Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes auf die Vermietung von Bootsliegeplätzen führen würde.
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5. Zur Rechtsgrundlage der Vorlage
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Die Einleitung des Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH beruht auf Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
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6. Zur Verfahrensaussetzung
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Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf § 121 Satz 1 in Verbindung mit § 74 FGO.
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