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BFH 26.02.2014 - VII B 115/13
BFH 26.02.2014 - VII B 115/13 - Rechtskraftwirkung eines Urteils
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 110 Abs 1 FGO, § 19 S 1 TabStG, § 71 AO, § 191 Abs 1 AO
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 22. Mai 2013, Az: 4 K 851/12 Z,EU,H, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Die Rechtskraft eines Urteils, das einen Steuerbescheid bestätigt, mit dem ein wegen Steuerhehlerei verurteilter Täter nach § 19 Satz 1 TabStG a.F. für eine bestimmte Teilmenge an von ihm eingelagerte und von ihm nachweislich gegen ein Entgelt abgegebene Zigaretten als Tabaksteuerschuldner in Anspruch genommen worden ist, steht einer späteren haftungsrechtlichen Inanspruchnahme nach § 71 AO wegen Hilfeleistung beim Absatz der Restmenge nicht entgegen.
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2. NV: Für die Bindungswirkung nach § 110 Abs. 1 Satz 1 FGO ist maßgebend, in welchem Umfang die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts aufgrund des Vorbringens des Klägers vom Gericht tatsächlich überprüft worden ist.
Tatbestand
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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) stellte einem Herrn X gegen Entgelt eine Lagerhalle für die Lagerung unversteuerter Zigaretten zur Verfügung. Nach den Feststellungen der Zollfahndung waren in diese Halle 3 000 Stangen unversteuerter Zigaretten eingelagert worden, die zuvor aus Tschechien in das deutsche Steuergebiet verbracht worden waren. Mit der Begründung, er habe Hilfe beim Absatz der unversteuerten Zigaretten geleistet, wurde der Kläger vom Amtsgericht wegen Steuerhehlerei zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. In dem Urteil, mit dem X wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei verurteilt worden ist, wurde diesem vorgeworfen, dem Kläger für 500 Stangen Zigaretten insgesamt 7.000 € gezahlt zu haben.
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Mit Bescheid vom 3. September 2008 setzte das Hauptzollamt Bremen gegen den Kläger 68.700 € Tabaksteuer fest, wobei es davon ausging, dass aufgrund der Anwendung des Art. 202 Abs. 2 und 3 des Zollkodex eine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner nach § 71 der Abgabenordnung (AO) nicht in Betracht komme. In dem nach erfolglosem Einspruch angestrengten Klageverfahren änderte das Hauptzollamt Bremen den Bescheid dahingehend ab, dass die Festsetzung der Steuer lediglich für die 500 Stangen Zigaretten aufrechterhalten wurde, für die X dem Kläger 7.000 € bezahlt hat. Mit dem Hinweis, dass die Tabaksteuer nach § 19 Satz 1 des Tabaksteuergesetzes a.F. entstanden sei, wies das Finanzgericht (FG) Bremen die Klage ab.
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Nach Beendigung des Verfahrens übertrug das Hauptzollamt Bremen die weitere Bearbeitung dem Beklagten und Beschwerdegegner (HZA). Mit Haftungsbescheid vom 10. Januar 2012 nahm das HZA den Kläger hinsichtlich der restlichen Menge von 2 500 Stangen Zigaretten auf Zahlung von 57.240 € Tabaksteuer in Anspruch.
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Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das FG Düsseldorf urteilte, der Kläger sei nach § 191 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 71 AO aufgrund seiner Hilfeleistung beim Absatz der Zigaretten, die eine Steuerhehlerei nach § 374 Abs. 1 AO sei, zu Recht als Haftungsschuldner in Anspruch genommen worden. Aufgrund der teilweisen Aufhebung des Einfuhrabgabenbescheids des Hauptzollamts Bremen sei das HZA an einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme des Klägers nicht gehindert gewesen, denn die Rechtskraft dieses Urteils erstrecke sich nicht auf die streitgegenständlichen 2 500 Stangen Zigaretten.
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Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Es sei schlicht unzutreffend, dass die Rechtskraft des Urteils des FG Bremen der erneuten Inanspruchnahme des Klägers nicht entgegenstehe. Denn die weiteren 2 500 Stangen unversteuerter Zigaretten seien sehr wohl Gegenstand des vom Hauptzollamt Bremen erlassenen Einfuhrabgabenbescheids gewesen. Tatsächlich habe das Hauptzollamt Bremen dem Einspruch des Klägers stattgegeben, worauf ein anderes Hauptzollamt gemeint habe, über denselben Sachverhalt eine neue Entscheidung treffen zu müssen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil der vom Kläger behauptete Verfahrensmangel ungeachtet der Mängel in seiner nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Darlegung jedenfalls nicht vorliegt.
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Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, war nach der Abänderung der Steuerfestsetzung nur noch der Steuerbescheid vom 13. April 2011 nach § 68 Abs. 1 FGO Gegenstand des Klageverfahrens vor dem FG Bremen. Nach dieser Vorschrift wird im Fall der Änderung eines angefochtenen Verwaltungsakts nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Der neue Verwaltungsakt betraf jedoch lediglich die Inanspruchnahme des Klägers als Steuerschuldner für eine bestimmte Menge an Zigaretten, die Teil einer eingelagerten Menge von insgesamt 3 000 Stangen Zigaretten waren und für die der Kläger ausweislich eines Strafurteils von X eine finanzielle Gegenleistung erhalten hatte. Im Änderungsbescheid hat das HZA ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Bescheid nur noch hinsichtlich dieser Menge Bestand habe. Deshalb konnte das FG Bremen über die Restmenge von 2 500 Stangen Zigaretten keine Entscheidung treffen. Dagegen wurde der Kläger mit dem streitgegenständlichen, vom HZA erlassenen Bescheid nicht als Steuerschuldner, sondern aufgrund einer anderen Rechtsgrundlage als Haftungsschuldner nach § 71 AO für die Menge an Zigaretten in Anspruch genommen, auf die sich der Steueränderungsbescheid ausdrücklich nicht bezogen hat. Deshalb ist die Ansicht des FG Düsseldorf zutreffend, dass sich die Rechtskraft des Urteils des FG Bremen nicht auf den Streitgegenstand "haftungsrechtliche Inanspruchnahme wegen einer Menge von 2.500 Stangen unversteuerter Zigaretten" erstrecken konnte (§ 110 Abs. 1 Satz 1 FGO), denn entscheidend für die Bindungswirkung ist die Frage, inwieweit die Rechtsfolgebehauptung des Klägers, der angefochtene Verwaltungsakt sei rechtswidrig, tatsächlich vom Gericht überprüft worden ist (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 110 FGO Rz 60).
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