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BFH 13.12.2013 - X B 46/13
BFH 13.12.2013 - X B 46/13 - Keine Revisionszulassung wegen Einwänden gegen die Richtigkeit der Schätzung von gewerblichen Einkünften einer Prostituierten - Anforderungen an die Darlegung einer Gehörsverletzung bei Bezugnahme des FG auf Parallelverfahren
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 15 EStG 2002, § 162 AO, § 15 EStG 2009, EStG VZ 2008, EStG VZ 2009, EStG VZ 2010, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 96 Abs 2 FGO, Art 103 Abs 1 GG, § 2 Abs 1 GewStG 2002
Vorinstanz
vorgehend FG Hamburg, 20. Februar 2013, Az: 2 K 169/11, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Die Frage, ob selbständig tätige Prostituierte Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, ist durch die Rechtsprechung des BFH geklärt und deshalb nicht grundsätzlich bedeutsam .
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2. NV: Mit Einwänden gegen die Richtigkeit der vom FG geschätzten Einkünfte kann die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht begründet werden .
Gründe
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemachten Zulassungsgründe liegen entweder nicht vor oder sind nicht den Darlegungsvoraussetzungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechend vorgetragen worden.
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1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen.
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a) Die Rechtsfrage, ob Einkünfte einer selbständig tätigen Prostituierten zu gewerblichen Einkünften i.S. des § 15 des Einkommensteuergesetzes führen und demzufolge auch der Gewerbesteuer unterliegen, ist nicht mehr klärungsbedürftig, da sie durch die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. Februar 2013 GrS 1/12 (BFHE 140, 282, BStBl II 2013, 441) und vom 13. Juni 2013 III R 30/10 (BFH/NV 2013, 1577) geklärt ist.
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b) Soweit die Klägerin sinngemäß der Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung beimisst, ob Erlöse aus solchen Betrugsdelikten, bei denen eine Person Geld für angebotene sexuelle Dienstleistungen erhält, diese Leistungen aber nicht erbringt, zu Einkünften aus Prostitution führen oder als Einnahmen aus Straftaten weder gewerbe- noch umsatzsteuerpflichtig sind, könnte diese in einem künftigen Revisionsverfahren nicht geklärt werden.
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Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) war die Klägerin in den Streitjahren tatsächlich als Prostituierte selbständig tätig. Nur die aus dieser Tätigkeit resultierenden Einnahmen und Ausgaben hat das FG geschätzt. Die Bejahung von Prostitutionseinkünften entsprach dabei sowohl dem eigenen Vortrag der Klägerin während des Klageverfahrens, nach dem sie lediglich geringere als die von dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) bislang geschätzten Gewinne erzielt haben wollte, als auch der Aussage des Zeugen X, der ihr zu diesem Zweck ein Zimmer im A-Haus vermietet hatte.
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Zwar hat das FG im Tatbestand auch eine Verurteilung der Klägerin wegen von ihr als Prostituierter begangener Betrugstaten festgestellt. Nach den ebenfalls dargestellten Ermittlungen des Landeskriminalamtes sowie den Feststellungen in dem in Bezug genommenen Urteil des Landgerichts liefen diese aber dergestalt ab, dass sich die jeweilige Prostituierte die EC- oder Kreditkarte einschließlich PIN eines Freiers habe aushändigen lassen, wenn dessen Bargeld nicht für die vereinbarten sexuellen Leistungen reichte, um an einem Geldautomaten abredewidrig einen höheren als den ausstehenden Betrag abzuheben. Der Umstand, dass die Klägerin derartige Betrugstaten begangen hat, schließt Einkünfte aus Eigenprostitution gerade nicht aus. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage geht letztlich von einem anderen Sachverhalt aus und ist deshalb nicht entscheidungserheblich.
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2. Die Revision ist auch nicht im Hinblick auf die geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen.
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a) Soweit die Klägerin geltend macht, bei zutreffender rechtlicher Würdigung des Sachverhalts hätte das FG zu dem Ergebnis kommen müssen, es habe sich bei ihrer Tätigkeit nicht um eine gewerbliche Tätigkeit gehandelt, wendet sie sich gegen die materielle Richtigkeit des Urteils. Hiermit kann jedoch die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht begründet werden (z.B. BFH-Beschluss vom 4. November 2010 VII B 60/10, BFH/NV 2011, 869). Im Übrigen steht die Würdigung des FG im Einklang mit der unter 1.a dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung.
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Wenn die Klägerin weiter beanstandet, das FG sei in Bezug auf ihre Arbeitszeit und Preise von ihren Angaben abgewichen und habe sich auf die --ihrer Meinung nach widersprüchlichen-- Zeugenaussagen gestützt, ist das eine Frage der Sachverhalts- und Beweiswürdigung, die dem materiellen Recht zuzuordnen ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 76) und außerhalb der greifbaren Gesetzeswidrigkeit keinen Revisionszulassungsgrund darstellt.
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b) Soweit die Klägerin die angeblich mangelnde Sachaufklärung des FG rügt, genügt diese nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
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Hierzu hätte es der Darlegung der ermittlungsbedürftigen Tatsachen, der angebotenen Beweismittel und der dazugehörigen Beweisthemen, der genauen Fundstellen, in denen die Beweismittel oder Beweisthemen angeführt worden sind und des voraussichtlichen Ergebnisses der Beweisaufnahme bedurft (BFH-Beschluss vom 25. Mai 2000 V B 55/00, BFH/NV 2000, 1482). Ferner wäre aufzuführen gewesen, inwiefern das Urteil des FG aufgrund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme bzw. Anhörung beruhen kann und dass die Nichterhebung von Beweisen vor dem FG rechtzeitig gerügt wurde oder aufgrund des Verhaltens des FG nicht mehr gerügt werden konnte (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Beschluss vom 29. Oktober 1997 II B 117/96, BFH/NV 1998, 597), bzw. weshalb das FG von sich aus den Sachverhalt weiter hätte ermitteln müssen. Daran fehlt es im Streitfall.
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c) Den Verfahrensmangel der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO) hat die Klägerin nicht schlüssig gerügt.
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aa) Die Klägerin sieht sich zum einen in ihrem rechtlichen Gehör verletzt, weil das FG in seinem Urteil auf eine Aussage einer anderen Klägerin in einem Parallelverfahren Bezug genommen hat, nach der diese angegeben hatte, mal drei, mal fünf oder auch sechs Freier an einem Abend, manchmal aber auch keinen gehabt zu haben.
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Gemäß dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung verhandelte das FG in dem Termin neben dem Verfahren der Klägerin auch zwei Streitfälle anderer Klägerinnen, die ebenfalls vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin vertreten wurden. Ausweislich des Protokolls haben sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt, die Beweisaufnahme gemeinsam durchzuführen und ein einheitliches Protokoll zu führen. Entsprechend wurde bereits zuvor in einem gemeinsamen Beweisaufnahme- und Erörterungstermin verfahren. Insoweit hätte es der Darlegung erfordert, dass es sich bei dem in Bezug genommenen Parallelverfahren nicht um eines der beiden mitverhandelten und -er örterten Verfahren handeln kann.
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Die Rüge geht aber auch deshalb ins Leere, weil nicht ersichtlich ist, dass die Entscheidung auf der geltend gemachten Gehörsverletzung beruhen kann. Ausgehend von den sich aus den Notizzetteln, den Angaben der Klägerin und den Zeugenaussagen ergebenden Preisen ging das FG von durchschnittlichen Tageseinnahmen in Höhe von 500 € aus. Diese seien --so das FG-- bereits bei einer Zahl von ein bis drei Freiern erzielbar. Mit den in Bezug genommenen Angaben der Aussage aus "einem Parallelverfahren" machte das FG lediglich deutlich, dass diese Durchschnittsannahme aus seiner Sicht realistisch war. Insofern beruht das Urteil hinsichtlich der der Schätzung zugrunde gelegten Arbeitstage und Tageseinnahmen nicht auf Angaben aus einem Parallelverfahren.
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bb) Zum anderen macht die Klägerin geltend, eine beantragte Akteneinsicht (§ 78 Abs. 1 FGO) vom 7. Februar 2011 sei ihr mit dem Hinweis auf die fehlende Anspruchsgrundlage verweigert worden. Abgesehen davon, dass ihr Vortrag widersprüchlich ist, weil bereits im nächsten Satz von "der eingesehenen Akte" die Rede ist, kann es sich --da die Klage erst am 19. September 2011 erhoben wurde-- nicht um eine von dem FG verweigerte Einsichtnahme handeln, die allein einen die Revisionszulassung begründenden Verfahrensfehler darstellen könnte.
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3. Einwände gegen die Richtigkeit von Steuerschätzungen (§ 162 der Abgabenordnung) vermögen im Verfahren gegen die Nichtzulassung der Revision deren Zulassung regelmäßig nicht zu begründen (Senatsbeschluss vom 19. Januar 2011 X B 68/10, BFH/NV 2011, 818, m.w.N.).
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a) Die Rüge der falschen Rechtsanwendung und tatsächlichen Würdigung des Streitfalles durch das FG im Rahmen einer Schätzung ist im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren grundsätzlich unbeachtlich. Dies gilt insbesondere für Einwände gegen die Richtigkeit von Steuerschätzungen (Verstöße gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und Erfahrungssätze sowie materielle Rechtsfehler, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2008 X B 167/08, Zeitschrift für Steuern und Recht --ZSteu-- 2008, R1180).
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b) Nur ausnahmsweise kann eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dann erforderlich sein, wenn dem FG ein Rechtsanwendungsfehler von einigem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung unterlaufen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. März 2006 V B 15/05, BFH/NV 2006, 1366, unter II.3.b, m.w.N., und vom 16. Juni 2009 V B 131/08, BFH/NV 2009, 1678, unter II.3.). Dies kann auch bei einer Entscheidung des FG zur Rechtmäßigkeit einer Schätzung der Fall sein, wenn das Schätzungsergebnis schlechthin unvertretbar ist, weil es wirtschaftlich unmöglich ist und sich als offensichtlich realitätsfremd darstellt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25; in BFH/NV 2006, 1366, und in ZSteu 2008, R1180).
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Ein solcher schwerer Rechtsanwendungsfehler liegt zunächst nicht darin, dass --wie die Klägerin geltend macht-- die Voraussetzungen für eine Schätzung nicht vorgelegen hätten, weil sie nachträglich Steuererklärungen abgegeben habe und auch nicht buchführungspflichtig sei. Insoweit ist ihr entgegenzuhalten, dass die nachträglich eingereichten Steuererklärungen nach den Ausführungen des FG nur die im gerichtlichen Verfahren bereits zuvor mitgeteilten Einkünfte aus Sicht der Klägerin wiedergaben, ohne diese Beträge durch Aufzeichnungen zu substantiieren. Die Schätzungsbefugnis hing damit auch nach der zutreffenden Ansicht des FG nicht vom Bestehen einer gesetzlichen Aufzeichnungspflicht ab, sondern davon, dass das FA die Besteuerungsgrundlagen nach den Angaben der Klägerin nicht ermitteln konnte (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 15. April 1999 IV R 68/98, BFHE 188, 291, BStBl II 1999, 481; BFH-Beschluss vom 31. Juli 2009 VIII B 28/09, BFH/NV 2009, 1967).
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Eine offensichtlich realitätsfremde Schätzung hat die Klägerin aber auch ansonsten nicht dargelegt. Sie wendet sich in ihren Ausführungen zwar gegen die verschiedenen Annahmen --wie die wöchentliche und jährliche Arbeitszeit, die erzielbaren Preise und die Zahl der Freier--, die das FG seiner Schätzung zugrunde gelegt hat. Bei diesen Annahmen hat sich das FG jedoch --wie aus den Entscheidungsgründen ersichtlich-- soweit wie möglich auf Kenntnisse gestützt, die es von der Klägerin selbst und den vernommenen Zeugen, insbesondere dem als Vermieter von Zimmern im A-Haus zu den dortigen Verhältnissen vernommenen Zeugen X sowie dem seit vielen Jahren für das Rotlichtmilieu zuständigen Polizeibeamten P, gewonnen hat.
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Entgegen der Ansicht der Klägerin gilt dies zunächst für die angenommene Arbeitszeit von fünf Tagen in der Woche und --unter Berücksichtigung von Urlaub und Krankheit-- 240 Tagen im Jahr. Hierzu hat das FG in seinen Entscheidungsgründen ausführlich ausgeführt und sich dabei auf die Aussage des Zeugen P sowie die Modalitäten der Zimmervermietung im A-Haus gestützt. Weiter gilt dies für die dort üblichen Preise. Die auf den im A-Haus aufgefundenen Notizzetteln notierten Preise wurden von dem Zeugen P als üblich beurteilt und insbesondere teilweise sowohl von der Klägerin selbst als auch von dem Zeugen X bestätigt. X gab bei seiner Vernehmung u.a. an, der durchschnittliche "nicht zu sparsame Gast" zahle üblicherweise 150 € bis 250 €. Auf die beschlagnahmten Quittungen hat sich das FG nur insoweit gestützt als auch diese die Preise auf den Notizzetteln häufig bestätigten. Dagegen hat es seine Schätzung --anders als das FA-- gerade nicht auf die --in der Wohnung der Klägerin sowie in dem ihr zugeordneten Zimmer im A-Haus gefundenen-- aufaddierten Quittungen bzw. die auf dieser Grundlage ermittelten durchschnittlichen Tageseinnahmen gestützt, weil es gerade nicht davon überzeugt war, dass diese sämtlich der Klägerin zuzurechnen seien. Auf die gerügten fehlenden Feststellungen zur Zuordnung der Quittungen und der durchsuchten Zimmer im A-Haus kam es nach der maßgebenden Auffassung des FG deshalb ersichtlich nicht an.
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