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BFH 15.12.2011 - XI B 50/11
BFH 15.12.2011 - XI B 50/11 - Keine grundsätzliche Bedeutung der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung der Umsätze von Prostituierten
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, Art 3 Abs 1 GG, § 2 UStG 1999, § 2 UStG 2005, § 1 UStG 2005, § 1 UStG 1999
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 6. Mai 2011, Az: 16 K 56/11, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Es ist geklärt, dass bei der Besteuerung der Umsätze aus sexuellen Dienstleistungen von Prostituierten keine durch Vollzugsmängel hervorgerufene Belastungsungleichheit besteht, die zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung führt .
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2. NV: Bei der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung der Umsätze von Prostituierten - namentlich deren Unternehmereigenschaft - sowie der Umsätze des Betreibers eines "bordellähnlichen Betriebs" sind stets die Umstände des Einzelfalls maßgeblich .
Gründe
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Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat keinen Erfolg.
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1. Soweit der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) oder wegen des Erfordernisses einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) begehrt, ist die Beschwerde unzulässig. Denn ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
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a) Um gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts darzulegen, muss in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen dargetan werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Dazu muss auch dargelegt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 24. Juni 2010 XI B 105/09, BFH/NV 2010, 2086, m.w.N.).
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b) Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers nicht.
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aa) Der Kläger führt aus, es gebe bislang keine einheitliche steuerrechtliche Behandlung von "Prostituiertenumsätzen", die Frage der Besteuerung von "Prostituiertenumsätzen" gewinne immer mehr an Bedeutung und es häuften sich die Steuerfahndungen in den sog. Bordellbetrieben bzw. bordellähnlichen Betrieben in den letzten Jahren. Bereits daraus ergebe sich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
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Diesem Vorbringen des Klägers lässt sich schon nicht entnehmen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage nach der Behandlung von "Prostituiertenumsätzen" zweifelhaft und streitig ist.
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Abgesehen davon ist bereits geklärt, dass bei der Besteuerung der Umsätze aus sexuellen Dienstleistungen von Prostituierten keine durch Vollzugsmängel hervorgerufene Belastungsungleichheit besteht, die zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung führt (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Juni 2011 XI B 120/10, BFH/NV 2011, 1740).
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bb) Auch der Hinweis des Klägers darauf, wie der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Nachfolger des Unternehmens umsatzsteuerrechtlich "veranlagt", ist nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzutun. Denn bei der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung der Umsätze von Prostituierten --namentlich deren Unternehmereigenschaft-- sowie der Umsätze des Betreibers eines --nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) hier vorliegenden-- "bordellähnlichen Betriebs" sind stets die Umstände des Einzelfalls maßgeblich (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 4. Juni 1987 V R 9/79, BFHE 150, 192, BStBl II 1987, 653, unter II.1.c; BFH-Beschluss vom 31. März 2006 V B 181/05, BFH/NV 2006, 2138). Eine nach Meinung des Klägers fehlerhafte Einordnung und Würdigung dieser Umstände durch das FA im Streitfall und anschließend durch das FG vermag die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Rechtsfortbildung nicht zu rechtfertigen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 28. Dezember 2010 XI B 109/09, BFH/NV 2011, 858).
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cc) Soweit der Kläger bereits ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zitiert (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2006, 2138, und vom 29. Januar 2008 V B 201/06, BFH/NV 2008, 827), und die seines Erachtens unzutreffende Anwendung dieser Rechtsgrundsätze durch das FG im Streitfall beanstandet, rügt er die Verletzung materiellen Rechts. Dies hat aber grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision zur Folge (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 16. Oktober 2009 IV B 7/09, BFH/NV 2010, 903).
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2. Die Voraussetzungen des vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgrundes der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) liegen gleichfalls nicht vor oder sind nicht dargetan.
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a) Zwar kann eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch dann erforderlich sein, wenn dem FG ein Rechtsanwendungsfehler von einigem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung unterlaufen ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 16. Juni 2009 V B 131/08, BFH/NV 2009, 1678, unter II.3.). Der Kläger wendet sich aber im Streitfall lediglich gegen die seines Erachtens unzutreffende Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze des BFH in BFH/NV 2006, 2138 und in BFH/NV 2008, 827 durch das FG im Streitfall. Anhaltspunkte für eine willkürliche oder gesetzeswidrige Entscheidung sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.
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b) Der Kläger hat ferner die Voraussetzungen einer Divergenz nicht dargetan.
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Er bezieht sich zwar auf mit Datum und Aktenzeichen zitierte Divergenzentscheidungen und rügt, das FG habe diese Grundsätze falsch angewendet und widerspräche damit der einheitlichen Rechtsprechung, ohne jedoch mit seinem Vorbringen rechtserhebliche abweichende Rechtssätze bei vergleichbaren Sachverhalten derart darzutun, dass die Nichtübereinstimmung verschiedener Gerichte im Grundsätzlichen erkennbar wäre (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 18. November 2010 XI B 56/10, BFH/NV 2011, 199, m.w.N.).
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3. Der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) in Gestalt der Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) ist ebenfalls nicht gegeben.
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a) Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verlangt von dem erkennenden Gericht vornehmlich, dass es die Beteiligten über den Verfahrensstoff informiert, ihnen Gelegenheit zur Äußerung gibt, ihre Ausführungen sowie Anträge zur Kenntnis nimmt, und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 16. August 2005 III S 23/05, BFH/NV 2005, 2234, m.w.N.). Das rechtliche Gehör ist verletzt, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der alle oder einzelne Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen mussten (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. April 2008 X S 3/08, Zeitschrift für Steuern und Recht 2008, R608, m.w.N.).
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b) Danach liegt im Streitfall keine Verletzung rechtlichen Gehörs vor. Denn das FG hat entgegen der Behauptung des Klägers nicht sein Vorbringen übergangen, wonach ihm zum "gesamten Bereich der Schätzung" kein rechtliches Gehör gewährt worden sei und er zudem nachgewiesen habe, dass zumindest eine der Prostituierten eine eigene Umsatzsteuererklärung abgegeben habe.
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Entsprechend den Ausführungen des FG im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen seines Urteils hat es das Vorbringen des Klägers in diesem Zusammenhang nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern sich ausdrücklich mit den von ihm insoweit im Klageverfahren vorgetragenen Argumenten auseinandergesetzt (vgl. Seiten 3 und 6 des FG-Urteils - jeweils a.E.). So hat das FG ausgeführt, dass dem Kläger vor der Durchführung der Schätzung die Berichte der Außen- und Umsatzsteuersonderprüfung zur Verfügung gestanden hätten. Ihm sei insoweit rechtliches Gehör gewährt worden. Die von den Prostituierten im eigenen Namen abgegebenen Umsatzsteuererklärungen hätten nur die von diesen ausgeführten Umsätze enthalten, die keine Grundlage für die vom Kläger erbrachten Umsätze gewesen seien.
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