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BFH 22.09.2011 - III R 82/08
BFH 22.09.2011 - III R 82/08 - Zum Einwand der Weiterleitung beim Berechtigtenwechsel - Rückforderung von Kindergeld nach Aufhebung der Kindergeldfestsetzung - Bindung der Gerichte an Gesetz und Recht bei Vereinfachungsregelungen der Verwaltung - Keine Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben bei nicht rechtstreuem Verhalten - Auferlegung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen
Normen
§ 226 BGB, § 242 BGB, § 37 Abs 2 AO, § 64 Abs 2 S 1 EStG 2002, § 70 Abs 2 EStG 2002, Abschn 64.4 Abs 3 DA-FamEStG, Abschn 64.4 Abs 4 DA-FamEStG 2002, Abschn 64.4 Abs 5 DA-FamEStG 2002, Abschn 64.4 Abs 6 DA-FamEStG 2002, Abschn 64.4 Abs 7 DA-FamEStG 2002, Abschn 64.4 Abs 8 DA-FamEStG 2002, Abschn 64.4 Abs 4 DA-FamEStG 2004, Abschn 64.4 Abs 5 DA-FamEStG 2004, Abschn 64.4 Abs 6 DA-FamEStG 2004, Abschn 64.4 Abs 7 DA-FamEStG 2004, Abschn 64.4 Abs 8 DA-FamEStG 2004, Art 20 Abs 3 GG, § 68 Abs 1 S 1 EStG 2002, § 143 Abs 1 FGO, § 139 Abs 4 FGO, § 135 Abs 1 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Nürnberg, 25. September 2008, Az: IV 267/2006, Urteil
Leitsatz
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Der Einwand, das Kindergeld sei auf ein allein der Verfügungsmacht des Berechtigten unterliegendes Konto überwiesen worden, ist unbeachtlich, solange der Berechtigte nicht nach der in der Verwaltungsanweisung dafür vorgesehenen Form bestätigt, seinen Anspruch auf Auszahlung von Kindergeld als erfüllt anzusehen (vgl. Abschn. 64.4 Abs. 3 DA-FamEStG; früher Abschn. 64.4 Abs. 4 bis 8 DA-FamEStG 2002/2004) .
Tatbestand
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I. Am 2. Februar 1995 beantragte der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) Kindergeld für seinen und der Beigeladenen --im Juni 1988 geborenen-- Sohn. Mit Antrag auf Kindergeld vom 31. Dezember 1999 teilte der Kläger der Beklagten und Revisionsklägerin (Familienkasse) die Geburt seines zweiten im Dezember 1999 geborenen Sohnes sowie eine neue Bankverbindung (Kontonummer und Bankleitzahl) bei einer Sparkasse mit. Die Beigeladene erklärte sich mit ihrer Unterschrift damit einverstanden, dass dem bisherigen Berechtigten --dem Kläger-- das Kindergeld auch für das weitere gemeinsame Kind gezahlt wird.
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Das Kindergeld wurde in der Folgezeit laufend auf das angegebene Konto bei der Sparkasse gezahlt. Am 25. November 2004 erhielt die Familienkasse davon Kenntnis, dass sich der Kläger zum 1. September 2003 aus der bisherigen gemeinsamen Wohnung abgemeldet hat und umgezogen ist. Die Beigeladene und die beiden Kinder sind in der bisherigen Wohnung verblieben. Mit Antrag vom 28. Februar 2005 beantragte die Beigeladene Kindergeld für die beiden Kinder. Als Konto gab sie dasselbe an, auf das zuvor das Kindergeld gezahlt worden war. Seit Februar 2005 wird das Kindergeld auf dieses Konto der Beigeladenen bei der Sparkasse gezahlt.
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Mit Bescheid vom 15. Dezember 2005 hob die Familienkasse gegenüber dem Kläger die Kindergeldfestsetzung für die beiden Kinder ab September 2003 nach § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung (EStG) auf und forderte das für die Zeit von September 2003 bis Januar 2005 in Höhe von 5.236 € ausbezahlte Kindergeld nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zurück. Der Einspruch blieb erfolglos.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, mit welcher sich der Kläger gegen die Rückforderung des Kindergeldes wehrte, statt (Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 840). Nach zutreffender Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei zwar, wenn die Behörde aufgrund einer Zahlungsanweisung des (vermeintlich) Vergütungsberechtigten --hier des Klägers-- an dessen von ihm getrennt lebende (ehemalige) Ehefrau --hier die Beigeladene-- auf deren Konto zahle, nicht die (ehemalige) Ehefrau, sondern der (vermeintlich) Vergütungsberechtigte als Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO anzusehen. Zuzustimmen sei auch der Rechtsprechung des BFH, wonach eine Rückforderung vom nachrangig Berechtigten grundsätzlich nur dann ausscheide, wenn der vorrangig Berechtigte eine Weiterleitungserklärung auf amtlichem Vordruck abgebe. Im Streitfall sei aber trotz fehlender Weiterleitungserklärung von einer Rückforderung gegenüber dem Kläger abzusehen, weil besondere Umstände vorlägen. Es sei unstreitig, dass das Kindergeld im Streitzeitraum auf ein Konto der Beigeladenen gezahlt worden sei. Der Kläger habe auch nachgewiesen, dass seit seinem Auszug aus der Familienwohnung nur noch die Beigeladene über dieses Konto habe verfügen können. Damit trete die vom Kläger erfolgte Verletzung seiner Mitwirkungspflicht, indem er die Familienkasse nicht über den Auszug unterrichtet habe, in den Hintergrund. Zudem habe die Beigeladene auf dem Kindergeldantrag vom 28. Februar 2005 unter Nr. 6 angegeben, dass sie schon zuvor das Kindergeld erhalten habe. Die Beigeladene habe auch --jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung-- keinen ausdrücklichen Kindergeldantrag für den Streitzeitraum gestellt. Wenn die Beigeladene bei dieser Sachlage die Unterschrift auf der Weiterleitungserklärung deshalb verweigere, weil sie über den Kläger verärgert sei, so geböten es der Rechtsgedanke des Schikaneverbots (§ 226 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--) und der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), trotz fehlender Weiterleitungserklärung von einer Rückforderung gegenüber dem Kläger abzusehen und den Kindergeldanspruch der Beigeladenen als erfüllt anzusehen. Zudem ginge ein zivilrechtlicher Rückzahlungsanspruch des Klägers gegen die Beigeladene wohl wegen deren Vermögenslosigkeit ins Leere. Schließlich seien die Kindergeldansprüche der Beigeladenen für den Streitzeitraum September 2003 bis Januar 2005 möglicherweise --jedenfalls zum Teil-- wegen Festsetzungsverjährung nicht mehr durchsetzbar.
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Mit der Revision rügt die Familienkasse die unzutreffende Auslegung des § 37 Abs. 2 AO. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, der Kläger sei Rückzahlungsschuldner, weil er die Anweisung erteilt habe, das Kindergeld auf das genannte Konto bei der Sparkasse zu überweisen. Die Voraussetzungen für eine Billigkeitsmaßnahme, die die Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG) in engen Grenzen zulasse, lägen nicht vor. Im Übrigen gehe der Hinweis des FG auf den Rechtsgedanken des Schikaneverbots fehl, weil die Rückabwicklung eines nicht bestehenden Kindergeldanspruchs hiergegen nicht verstoßen könne. Ebenso stehe der Grundsatz von Treu und Glauben einer Rückforderung des Kindergeldes schon deshalb nicht entgegen, weil der Kläger seine Mitwirkungspflicht (§ 68 Abs. 1 EStG) dadurch verletzt habe, dass er die Familienkasse nicht über den Auszug aus der Familienwohnung informiert habe.
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Die Familienkasse beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
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Er führt im Wesentlichen an, das FG habe im Streitfall zu Recht das Vorliegen besonderer Umstände bejaht, die zu einem Ausschluss des Rückzahlungsanspruchs gegenüber dem Kläger führten.
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Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
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Sie erläutert im Wesentlichen, warum die Revision der Familienkasse Erfolg haben müsse. Im Übrigen sei der Umstand, dass die Beigeladene die Weiterleitungserklärung nicht unterzeichnet habe, wertneutral zu akzeptieren.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass der Erstattungsanspruch der Familienkasse gegenüber dem Kläger ausgeschlossen ist.
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1. Die Familienkasse hat die Kindergeldfestsetzung zu Gunsten des Klägers infolge seines vor dem 1. September 2003 erfolgten Auszugs aus der gemeinsamen Familienwohnung zu Recht ab September 2003 aufgehoben (§ 70 Abs. 2 EStG), weil die Beigeladene hierdurch zur vorrangig Berechtigten geworden ist (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG).
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2. Der Kläger ist gemäß § 37 Abs. 2 AO verpflichtet, das an ihn für die Zeit von September 2003 bis Januar 2005 ausbezahlte Kindergeld in Höhe von 5.236 € zu erstatten.
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a) Ist eine Steuervergütung wie das Kindergeld (§ 31 Satz 3 EStG) ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nach § 37 Abs. 2 AO gegenüber dem Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages. Diese Rechtsfolge tritt auch dann ein, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO). Durch die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ist der rechtliche Grund für die Zahlung des Kindergeldes an den Kläger ab September 2003 weggefallen.
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b) Unerheblich ist, dass das Kindergeld auf ein Konto überwiesen wurde, über das im Streitzeitraum nur noch die Beigeladene verfügen konnte.
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Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der der erkennende Senat folgt, ist ein Dritter als tatsächlicher Empfänger einer Zahlung dann nicht Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO, wenn die Behörde u.a. aufgrund einer Zahlungsanweisung des Erstattungs- bzw. Vergütungsberechtigten an den Dritten zahlt (vgl. BFH-Beschluss vom 28. März 2001 VI B 256/00, BFH/NV 2001, 1117, m.w.N.; BFH-Urteil vom 16. März 2004 VIII R 48/03, BFH/NV 2004, 1218). Denn auch in einem derartigen Fall erbringt die Finanzbehörde ihre Leistung mit dem Willen, eine Forderung gegenüber dem Rechtsinhaber zu erfüllen. Da der durch die Anweisung begünstigte Zahlungsempfänger den Zahlungsanspruch --im Streitfall die Beigeladene mangels einer zu ihren Gunsten bestehenden Kindergeldfestsetzung (vgl. § 218 Abs. 1 AO)-- nicht aus eigenem Recht geltend machen kann und die Leistung mit dem Willen erbracht wird, eine Forderung gegenüber dem tatsächlichen Rechtsinhaber mit befreiender Wirkung zu erfüllen, ist nicht der Empfänger der Zahlung, sondern der nach materiellem Steuerrecht (vermeintlich) Kindergeldberechtigte als Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO anzusehen (z.B. Senatsbeschluss vom 29. Januar 2007 III B 169/05, BFH/NV 2007, 858, m.w.N.).
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Danach war im Streitfall der Kläger Leistungsempfänger des ohne Rechtsgrund gezahlten Kindergeldes. Zwar hat die Familienkasse das Kindergeld für die Zeit von September 2003 bis Januar 2005 nach den Feststellungen des FG auf ein Konto überwiesen, über das der Kläger nicht mehr verfügen konnte. Dies ist jedoch auf Anweisung des Klägers erfolgt. Zudem erbrachte die Familienkasse ihre Leistung mit dem Willen, den Zahlungsanspruch des Klägers als vermeintlich Kindergeldberechtigten zu erfüllen. Die Familienkasse konnte daher das Kindergeld mit befreiender Wirkung gegenüber dem Kläger auf das Konto der Beigeladenen bei der Sparkasse zahlen.
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3. Der Kläger kann --entgegen der Auffassung des FG-- gegenüber dem Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO nicht geltend machen, er habe das Kindergeld an die Beigeladene als vorrangig Berechtigte weitergeleitet.
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a) Gemäß Abschn. 64.4 Abs. 3 DA-FamEStG (Stand Januar 2009, BStBl I 2009, 1030, 1090, zuletzt geändert am 12. Juli 2011, BStBl I 2011, 716; vormals Abschn. 64.4 Abs. 4 bis 8 und Anhang 14 zu Abschn. 64.4 Abs. 4 Satz 2, Stand Januar 2002, BStBl I 2002, 366, 423; Stand August 2004, BStBl I 2004, 742, 796) kann der Erstattungsschuldner geltend machen, den Erstattungsanspruch durch Weiterleitung erfüllt zu haben, wenn er u.a. die schriftliche Bestätigung des vorrangig Berechtigten beibringt, dass dieser das Kindergeld erhalten hat und seinen Anspruch als erfüllt ansieht. Diesen Voraussetzungen hat der Kläger nicht Genüge getan. Er hat die erforderliche schriftliche Bestätigung der Beigeladenen als vorrangig Berechtigte auf dem vorgeschriebenen amtlichen Vordruck nicht vorgelegt. Die Entscheidung der Familienkasse ist daher nicht zu beanstanden; sie beruht darauf, dass die Weiterleitung die Rückforderung nicht von Gesetzes wegen ausschließt, sondern lediglich aus Vereinfachungsgründen von der Familienkasse als Erfüllung des Erstattungsanspruchs im verkürzten Zahlungswege berücksichtigt werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 1218, m.w.N.; Senatsbeschluss vom 12. August 2010 III B 94/09, BFH/NV 2010, 2062, m.w.N.).
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b) Abweichendes ergibt sich auch nicht daraus, dass --wie das FG meint-- im Streitfall besondere Umstände vorlägen.
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Die Steuergerichte, die nach Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes nur an Gesetz und Recht gebunden sind, können die Finanzbehörden nicht zwingen, Vereinfachungsregelungen, die durch allgemeine Verwaltungsanweisungen angeordnet werden, auch auf einen Fall anzuwenden, der nach deren Auffassung nicht von der Verwaltungsanweisung gedeckt ist (BFH-Urteil vom 27. Oktober 1978 VI R 8/76, BFHE 126, 217, BStBl II 1979, 54). Solche im Gesetz nicht selbst angeordneten Vereinfachungsregeln --wie das sog. Weiterleitungsverfahren-- sind so auszulegen, wie sie die Verwaltung verstanden wissen will (BFH-Urteil vom 1. Juli 2003 VIII R 80/00, BFH/NV 2004, 23).
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Danach können die vom FG dargestellten besonderen Umstände (vgl. I.) nicht dazu führen, dass das Weiterleitungsverfahren im Streitfall angewendet wird. Es ist auch unerheblich, warum der vorrangig Berechtigte die Abgabe einer Weiterleitungserklärung verweigert. Bei dem zwischen der Familienkasse und dem nachrangig Berechtigten bestehenden Erstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2 AO) einerseits und dem zwischen der Familienkasse und dem vorrangig Berechtigten bestehenden Auszahlungsanspruch (§ 37 Abs. 1 AO) andererseits handelt es sich um zwei eigenständige, gesetzlich nicht miteinander verbundene Steuerschuldverhältnisse, welche die Verwaltung aus Vereinfachungsgründen nur dann miteinander verbindet, wenn die in der DA-FamEStG genannten Voraussetzungen vorliegen. Hierzu gehört insbesondere das Vorliegen der auf amtlichem Vordruck abzugebenden Weiterleitungserklärung, mit welcher der vorrangig Berechtigte den dort angegebenen Inhalt bestätigt.
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4. Ebenso verstößt die Rückforderung des Kindergeldes nicht gegen den Rechtsgedanken des Schikaneverbots (§ 226 BGB).
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Nach § 226 BGB ist die Ausübung eines Rechts unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben, weil die Verwirklichung des gesetzlichen Rückforderungsanspruchs nach § 37 Abs. 2 AO, zu deren Erhebung und ggf. Vollstreckung die Familienkassen nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet sind (vgl. auch Klein/Brockmeyer, AO, 10. Aufl., § 249 Rz 1), nicht gegen das Schikaneverbot verstoßen kann.
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5. Der Erstattungsanspruch ist auch nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen.
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a) Der Grundsatz von Treu und Glauben (Verwirkung) steht nach ständiger Rechtsprechung des BFH einer Rückforderung des Kindergeldes nur dann entgegen, wenn sich der Rückzahlungsschuldner nach dem gesamten Verhalten der Familienkasse darauf verlassen durfte und verlassen hat, dass diese das Recht in Zukunft nicht geltend machen werde. Dabei reicht grundsätzlich der Zeitablauf allein (das sog. Zeitmoment) nicht aus. Hinzukommen muss ein Verhalten der Familienkasse, aus dem der Verpflichtete bei objektiver Beurteilung den Schluss ziehen darf, dass er nicht mehr in Anspruch genommen werden solle (Umstandsmoment oder Vertrauenstatbestand). Schließlich muss der Verpflichtete auch tatsächlich auf die Nichtgeltendmachung des Anspruchs vertraut und sich entsprechend eingerichtet (Vertrauensfolge) haben (vgl. zum Ganzen BFH-Urteil vom 14. Oktober 2003 VIII R 56/01, BFHE 203, 472, BStBl II 2004, 123, m.w.N.). Im Übrigen kann sich nur derjenige gegenüber der Rückforderung auf Treu und Glauben berufen, der sich selbst rechtstreu verhalten hat (Senatsbeschluss vom 28. Dezember 2009 III B 108/08, BFH/NV 2010, 641, m.w.N.).
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b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Es ist schon nicht erkennbar, durch welches Verhalten die Familienkasse einen entsprechenden Vertrauenstatbestand gegenüber dem Kläger geschaffen haben soll. Die Familienkasse hat lediglich das Kindergeld auf das ihr vom Kläger benannte Konto gezahlt. Außerdem reicht die Weiterzahlung des Kindergeldes --selbst bei Kenntnis der Behörde von Umständen, die zum Wegfall des Kindergeldes führen-- allein nicht zur Schaffung eines Vertrauenstatbestandes aus (Senatsbeschluss vom 27. Mai 2005 III B 197/04, BFH/NV 2005, 1486). Die übrigen vom FG angeführten (vermeintlich) besonderen Umstände (vgl. I.) stellen keine Gesichtspunkte dar, welche die Rückforderung als illoyale Rechtsausübung erscheinen lassen. Es handelt sich hierbei schon um keine Umstände, die ihren Ursprung in einem Verhalten der Familienkasse gegenüber dem Kläger haben und damit das zwischen diesen Beteiligten bestehende Steuerschuldverhältnis betreffen.
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Einer Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben steht auch entgegen, dass sich der Kläger selbst nicht rechtstreu verhalten hat. Der Kläger hat seine Mitwirkungspflichten gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 EStG verletzt, indem er die Familienkasse nicht unverzüglich darüber informiert hat, dass er vor dem 1. September 2003 aus der Familienwohnung ausgezogen ist.
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 1 und § 139 Abs. 4 FGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Die Beigeladene hat zwar weder im finanzgerichtlichen Verfahren noch im Revisionsverfahren förmliche Sachanträge gestellt. Sie hat aber, auch wenn sie nicht auf mündliche Verhandlung verzichtet hat (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Juni 2009 III R 2/07, BFHE 225, 438, BStBl II 2009, 968), das Verfahren durch ihren Schriftsatz vom 19. März 2009 wesentlich gefördert (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Februar 2000 X B 3/99, BFH/NV 2000, 1473).
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