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BFH 27.07.2011 - VI R 13/10
BFH 27.07.2011 - VI R 13/10 - Unterhaltszahlungen an die Schwiegermutter bei Getrenntleben - Minderung des Höchstbetrags - Gesetzliche Unterhaltsverpflichtung - Beschränkung der steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen an ausländische Familienangehörige
Normen
§ 26 Abs 1 S 1 EStG 2002, § 33a Abs 1 EStG 2002, § 1608 BGB, Art 3 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 20. Januar 2010, Az: 14 K 14112/08, Urteil
Leitsatz
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Unterhaltszahlungen an die Schwiegereltern sind während der Ehe, ungeachtet des dauernd Getrenntlebens der Ehegatten, als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar .
Tatbestand
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I. Streitig ist, ob Aufwendungen für den Unterhalt der in der Türkei lebenden Schwiegermutter als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (EStG) zu berücksichtigen sind.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) lebte im Streitjahr (2005) von ihrem Ehemann dauernd getrennt und wurde einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin Unterhaltszahlungen an ihre in der Türkei lebende, verheiratete Schwiegermutter in Höhe von 3.928 € als außergewöhnliche Belastung geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte einen Abzug der Aufwendungen ab, weil die Klägerin gegenüber der Mutter ihres getrennt lebenden Ehemannes nicht gesetzlich unterhaltsverpflichtet sei.
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Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wandte sich die Klägerin dagegen mit der Klage. Im Klageverfahren reduzierte sie ihr Klagebegehren. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 796 veröffentlichten Gründen ab.
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Mit der Revision rügt die Klägerin die unzutreffende Anwendung von § 33a EStG.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
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das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 20. Januar 2010 14 K 14112/08 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 7. August 2006 und die Einspruchsentscheidung vom 22. April 2008 dahingehend zu ändern, dass zusätzlich 2.464 € als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a EStG berücksichtigt werden.
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Das FA beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung des FG können Unterhaltszahlungen an die Schwiegermutter der Klägerin berücksichtigt werden, obwohl die Voraussetzungen einer Ehegattenveranlagung nach §§ 26 ff. EStG aufgrund Getrenntlebens der Ehegatten nicht vorliegen. Allerdings kann der Senat mangels Feststellungen nicht abschließend erkennen, ob auch die weiteren Voraussetzungen des § 33a EStG erfüllt sind.
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1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 7.680 € im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG). Bei Unterhaltszahlungen an nicht unbeschränkt steuerpflichtige Empfänger bestimmt § 33a Abs. 1 Satz 5 1. Halbsatz EStG zusätzlich, dass die Aufwendungen nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person notwendig und angemessen sind. Der Höchstbetrag von 7.680 € mindert sich danach bei Aufwendungen für den Unterhalt von in der Türkei lebenden unterhaltsberechtigten Personen auf 1/2, also auf 3.840 € pro unterhaltener Person (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs vom 2. Dezember 2004 III R 49/03, BFHE 208, 531, BStBl II 2005, 483 unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 17. November 2003 IV C 4 - S 2285 - 54/03, BStBl I 2003, 637).
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a) Ob der Steuerpflichtige zum Unterhalt gesetzlich verpflichtet ist, ist nach inländischen Maßstäben zu beurteilen (§ 33a Abs. 1 Satz 5 2. Halbsatz EStG; Senatsurteil vom 5. Mai 2010 VI R 5/09, BFHE 230, 9, BStBl II 2011, 115, m.w.N.). Dies gilt auch im Fall einer Unterhaltspflicht nach ausländischem Recht, wenn die Unterhaltspflicht nach internationalem Privatrecht (im Streitjahr Art. 18 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch) im Inland verbindlich ist. Die Beschränkung der steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen auf die Fälle, in denen Unterhaltspflichten erfüllt werden, die "inländischen Maßstäben" entsprechen, ist insbesondere aus Gründen der Praktikabilität und Missbrauchsabwehr gerechtfertigt. Ein Verstoß gegen das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit oder gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG liegt nicht vor (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 2005 2 BvR 1683/02, BFH/NV 2005, Beilage 4, 361).
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Gesetzlich unterhaltsberechtigt sind danach diejenigen Personen, denen gegenüber der Steuerpflichtige nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) unterhaltsverpflichtet ist. Dies sind insbesondere nach § 1601 BGB Verwandte in gerader Linie i.S. des § 1589 Satz 1 BGB, wie z.B. Kinder, Enkel, Eltern und Großeltern, nicht hingegen Verwandte in der Seitenlinie oder verschwägerte Personen; gesetzlich unterhaltsberechtigt sind ferner nach §§ 1360 ff. BGB Ehegatten untereinander.
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b) Die Unterhaltsberechtigung muss gegenüber "dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten" bestehen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes stellt § 33a Abs. 1 EStG damit auf den zivilrechtlichen Bestand eines Eheverhältnisses ab. Dem Wortlaut ist nicht zu entnehmen, dass darüber hinaus auch die Voraussetzungen für eine Ehegattenveranlagung nach den §§ 26 Abs. 1 Satz 1, 26a, 26b, 26c EStG gegeben sein müssen. Eine einschränkende Auslegung des § 33a Abs. 1 EStG dahingehend, dass der Normzweck der Vorschrift den Abzug von Unterhaltszahlungen an verschwägerte Personen nur bei einer intakten Ehe geböte, kommt nicht in Betracht.
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Für eine teleologische Reduktion des § 33a Abs. 1 EStG besteht nach Auffassung des erkennenden Senats keine Notwendigkeit. Denn das Abstellen auf den zivilrechtlichen Bestand eines Eheverhältnisses dient letztlich der Verwaltungsvereinfachung. So muss nicht danach differenziert werden, ob und bis zu welchem Zeitpunkt eine intakte Ehe aufgrund einer Unterhalts-, Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft bestanden hat. Eine Aufteilung der Unterhaltsleistungen nach Zahlungen während des Bestehens der Unterhalts-, Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft, und damit grundsätzlich abzugsfähigen Zahlungen, und solchen, die nicht abzugsfähig wären, da sie geleistet wurden, während die eheliche Gemeinschaft nicht mehr bestand, lässt sich so vermeiden.
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Im Übrigen ist das Veranlagungswahlrecht nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG ohnehin schon dann gegeben, wenn die Voraussetzungen für eine Ehegattenveranlagung zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des Veranlagungszeitraums für eine logische Sekunde gleichzeitig vorgelegen haben (Schneider, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 26 Rz B 90). Ein zusätzliches Abstellen auf die Voraussetzungen einer Ehegattenveranlagung gewährleistet damit nicht, dass im Zeitpunkt der Unterhaltszahlung die Unterhalts-, Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen den Ehegatten noch bestand.
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2. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Das Urteil ist daher aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif. Das FG wird im weiteren Rechtsgang auch dazu Feststellungen zu treffen haben, ob der Schwiegervater der Klägerin seiner vorrangigen Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Schwiegermutter der Klägerin nach § 1608 BGB nachkommen konnte.
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