BVerfG 22.02.2011 - 1 BvR 699/06 - Zur Grundrechtsbindung gemischtwirtschaftlicher Unternehmen in Privatrechtsform, die von der öffentlichen Hand beherrscht werden - Gewährleistung der Versammlungsfreiheit nicht nur im öffentlichen Straßenraum, sondern auch an Orten allgemeinen kommunikativen Verkehrs - hier: Versammlungs- und Meinungskundgabeverbot auf Flughafengelände verletzt Versammlungs- und Meinungsfreiheit - abweichende Meinung: nicht hinreichend tragfähige Begründung der unmittelbaren Grundrechtsbindung; extensive Ausdehnung des Schutzbereichs der Versammlungsfreiheit; unzureichende Gewichtung der Spezifika eines Großflughafens für die Veranstaltung von Versammlungen
Normen
Art 1 Abs 3 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 5 Abs 1 GG, Art 8 Abs 1 GG, Art 8 Abs 2 GG, § 1004 BGB, § 858 BGB, § 903 S 1 BGB
Vorinstanz
vorgehend BGH, 20. Januar 2006, Az: V ZR 134/05, Urteil
vorgehend LG Frankfurt, 20. Mai 2005, Az: 2/1 S 9/05, Urteil
vorgehend AG Frankfurt, 20. Dezember 2004, Az: 31 C 2799/04 - 23, Urteil
nachgehend BVerfG, 23. Mai 2011, Az: 1 BvR 699/06, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren
Leitsatz
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1. Von der öffentlichen Hand beherrschte gemischtwirtschaftliche Unternehmen in Privatrechtsform unterliegen ebenso wie im
Alleineigentum des Staates stehende öffentliche Unternehmen, die in den Formen des Privatrechts organisiert sind, einer unmittelbaren
Grundrechtsbindung.
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2. Die besondere Störanfälligkeit eines Flughafens rechtfertigt nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit weitergehende Einschränkungen
der Versammlungsfreiheit, als sie im öffentlichen Straßenraum zulässig sind.
Tenor
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1. Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Januar 2006 - V ZR 134/05 -, das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20. Mai 2005 - 2/1 S 9/05 - und das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 20. Dezember 2004 - 31 C 2799/04 - 23 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten der Meinungsfreiheit aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 und der Versammlungsfreiheit aus Artikel 8 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Urteile werden aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Frankfurt am Main zurückverwiesen.
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2. ...
Gründe
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A.
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1
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Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen zivilgerichtliche Entscheidungen, die ein Verbot
der als Aktiengesellschaft organisierten, mehrheitlich in öffentlicher Hand befindlichen Betreiberin des Flughafens Frankfurt
bestätigen, das der Beschwerdeführerin auf Dauer untersagt, den Flughafen ohne deren Erlaubnis für Meinungskundgaben und Demonstrationen
zu nutzen.
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I.
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2
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1. Der Flughafen Frankfurt wird von der Fraport Aktiengesellschaft, der Beklagten des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagte)
betrieben, in deren Eigentum auch das Flughafengelände steht. Zum Zeitpunkt des den Anlass für den Zivilrechtsstreit bildenden
"Flughafenverbots" gegenüber der Beschwerdeführerin im Jahr 2003 besaßen das Land Hessen' die Stadt Frankfurt am Main und
die Bundesrepublik Deutschland zusammen circa 70 % der Aktien, während sich der Rest in privater Hand befand. Seit dem Verkauf
der Bundesanteile halten das Land Hessen und die Stadt Frankfurt am Main, letztere über eine hundertprozentige Tochter, zusammen
nunmehr rund 52 % der Aktien. Die übrigen Anteile befinden sich in privatem Streubesitz.
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2. Bei Verhängung des Meinungskundgabe- und Demonstrationsverbots befanden sich auf dem Flughafen Frankfurt sowohl auf der
"Luftseite", dem nur mit Bordkarte zugänglichen Bereich hinter den Sicherheitskontrollen, als auch auf der "Landseite", dem
ohne Bordkarte zugänglichen Bereich vor den Sicherheitskontrollen, eine Vielzahl von Läden und Serviceeinrichtungen sowie
eine Reihe von Restaurants, Bars und Cafés. Dieses Konsum- und Freizeitangebot wurde von der Beklagten im Laufe der Zeit kontinuierlich
ausgeweitet. So bietet der Flughafen seinen Besuchern auf der Landseite ausgedehnte Einkaufsmöglichkeiten mit Läden in den
Kategorien "Bücher und Zeitschriften", "Schönheit und Wellness", "Tabakwaren und Spirituosen", "Fashion und Accessoires",
"Schuhe und Lederwaren", "Blumen und Souvenirs", "Foto und Elektronik", "Uhren und Schmuck", "Optiker und Apotheke". Auch
befinden sich zahlreiche Gastronomiebetriebe im Flughafen, die vom gehobenen Restaurant über Cafés und Bars bis hin zum Schnellimbiss
reichen. Daneben offerieren verschiedene Dienstleister ihre Angebote wie zum Beispiel ein Friseursalon, ein Wellness-Studio,
eine Bank, eine Postfiliale mit Internetzugang, zwei Textilreinigungen und eine Vielzahl von Reiseanbietern. Schließlich gibt
es eine christliche Kapelle sowie Gebetsräume für Angehörige anderer Glaubensrichtungen. Die Beklagte bewirbt dies mit dem
Slogan: "Airport Shopping für alle!", "Auf 4.000 Quadratmetern zeigt sich der neue Markplatz in neuem Gewand und freut sich
auf Ihren Besuch!".
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3. Die Benutzung des Flughafengeländes durch Flugpassagiere und andere Kunden regelte die Beklagte durch die von dem Land
Hessen genehmigte Flughafenbenutzungsordnung in der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung vom 1. Januar 1998. Diese
enthielt in Teil II (Benutzungsvorschriften) - unter anderem - folgende Bestimmung:
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4.2 Sammlungen, Werbungen, Verteilen von Druckschriften
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Sammlungen, Werbungen sowie das Verteilen von Flugblättern und sonstigen Druckschriften bedürfen der Einwilligung des Flughafenunternehmers.
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In der derzeit geltenden Fassung vom 1. Dezember 2008 erklärt die Flughafenbenutzungsordnung Versammlungen in den Gebäuden
des Flughafens ausdrücklich für unzulässig.
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4. Auf dem Gelände des Flughafens wurden in der Vergangenheit wiederholt Versammlungen durchgeführt. Für die Jahre 2000 bis
2007 gibt die Beklagte an, dass an verschiedenen Stellen, darunter auch in den Terminals 1 und 2, insgesamt fünfundvierzig
Demonstrationen und Kundgebungen stattfanden. Bei den Versammlungen handelte es sich um Aktionen verschiedener Veranstalter
unterschiedlicher Größe mit diversen Anliegen, teils bei der Versammlungsbehörde angemeldet, teils nicht, teils mit der Beklagten
abgestimmt, teils nicht. Die kleinste Versammlung umfasste drei Personen, die größte circa 2.000 Personen. Auch die Beklagte
selbst führte auf der Landseite im öffentlich zugänglichen Bereich des Flughafens wiederholt Aktionen und Werbeveranstaltungen
zur Unterhaltung des Publikums durch, wie beispielsweise Public Viewing anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 2010.
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5. Die Beschwerdeführerin betrat gemeinsam mit fünf weiteren Aktivisten der "Initiative gegen Abschiebungen" am 11. März 2003
den Terminal 1 des Flughafens, sprach an einem Abfertigungsschalter Mitarbeiter der Deutschen Lufthansa an und verteilte Flugblätter
zu einer bevorstehenden Abschiebung. Mitarbeiter der Beklagten und Einsatzkräfte des Bundesgrenzschutzes beendeten die Aktion.
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6. Mit Schreiben vom 12. März 2003 erteilte die Beklagte der Beschwerdeführerin ein "Flughafenverbot" und wies sie darauf
hin, gegen sie werde Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs gestellt, sobald sie "erneut hier unberechtigt angetroffen" werde.
Mit einem erläuternden Schreiben vom 7. November 2003 wies die Beklagte die Beschwerdeführerin unter Verweis auf ihre Flughafenbenutzungsordnung
darauf hin, sie dulde "mit uns nicht abgestimmte Demonstrationen im Terminal aus Gründen des reibungslosen Betriebsablaufes
und der Sicherheit grundsätzlich nicht".
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7. Das Amtsgericht wies die auf die Aufhebung des Meinungskundgabe- und Demonstrationsverbots zielende und gegen die Fraport
AG gerichtete Klage der Beschwerdeführerin ab. Die Beklagte könne sich als Eigentümerin auf ihr Hausrecht berufen. Einer unmittelbaren
Grundrechtsbindung unterliege sie nicht. Eine solche Grundrechtsbindung folge auch nicht aus dem Umstand, dass die öffentliche
Hand mehrheitlich an der Beklagten beteiligt sei, da sich die Beteiligung nicht auf 100 % belaufe. Anhaltspunkte dafür, dass
die Beklagte zu dem Zweck gegründet worden sei, Grundrechtsbindungen zu unterlaufen, bestünden nicht. Auch übe die Beklagte
im Zusammenhang mit den Abschiebungen keine hoheitlichen Befugnisse aus. Sie unterliege wie sämtliche Privatrechtssubjekte
nur einer mittelbaren Grundrechtsbindung, wonach die anzuwendenden Gesetze, aus denen sich ihre Rechte und Pflichten ergäben,
unter Berücksichtigung der Grundrechte auszulegen seien. Nach Abwägung zwischen dem Eigentumsrecht der Beklagten und dem Recht
der Beschwerdeführerin auf Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit ergebe sich, dass die Beklagte es nicht hinnehmen müsse,
dass auf ihrem Gelände Meinungskundgaben und Demonstrationen stattfänden. Meinungs- und Versammlungsfreiheit seien Abwehrrechte
gegenüber dem Staat, verliehen aber keine Rechte gegenüber einem Eigentümer, der auf seinem Gelände eine Versammlung nicht
dulden wolle. Im Rahmen des § 903 BGB komme es nicht darauf an, ob die konkrete Grundrechtsbetätigung den Betriebsablauf auf
dem Gelände der Beklagten tatsächlich beeinträchtige. Das Flughafenverbot sei weder willkürlich noch unverhältnismäßig, da
es nur den Aufenthalt im Flughafen betreffe, der nach Nr. 4.2 der Flughafenbenutzungsordnung unrechtmäßig sei.
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8. Das Landgericht wies die Berufung der Beschwerdeführerin unter Verweis auf die Gründe des amtsgerichtlichen Urteils als
unbegründet zurück. Ergänzend führte es aus: Entscheidend sei, dass die Beklagte im konkreten Fall keine öffentlichrechtlichen
Aufgaben wahrgenommen habe. Die von der Beklagten als Beliehene im Bereich der Luftverkehrsverwaltung wahrgenommenen öffentlichen
Aufgaben beschränkten sich auf die Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Luftverkehrs. Demgegenüber gehöre die
Zurverfügungstellung der Infrastruktur bei der Abschiebung nicht zu der öffentlichen Aufgabe der Luftverkehrsverwaltung. Im
Rahmen der mittelbaren Grundrechtsbindung sei die Beklagte nur verpflichtet, den Zutritt zu Reisezwecken zu gewähren. Das
Verbot selbst verstoße weder gegen Gesetze noch sei es sittenwidrig oder diskriminierend.
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9. Der Bundesgerichtshof wies die Revision der Beschwerdeführerin als unbegründet zurück (vgl. NJW 2006, S. 1054 ff.).
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Die Befugnis der Beklagten, das Verbot auszusprechen, stütze sich auf das aus §§ 858 ff., 903, 1004 BGB folgende Hausrecht,
das es seinem Inhaber ermögliche, grundsätzlich frei darüber zu entscheiden, wem er den Zutritt zu der Örtlichkeit gestatte
und wem er ihn verwehre. Das schließe das Recht ein, den Zutritt nur zu bestimmten Zwecken zu erlauben und die Einhaltung
dieser Zwecke mittels eines Verbots durchzusetzen.
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Einschränkungen des Hausrechts ergäben sich aus dem Kontrahierungszwang für Flugpassagiere, die die öffentlichrechtlichen
Voraussetzungen zur Benutzung des Luftraums erfüllten, sowie aus der Öffnung des Flughafens für Begleitpersonen von Flugpassagieren
und sonstige Besucher und Kunden der auf dem Flughafengelände angesiedelten Restaurants und Geschäfte. Die Beklagte gestatte
hierdurch generell und unter Verzicht auf eine Prüfung im Einzelfall allen Personen den Zutritt zum Flughafen, die sich im
Rahmen des üblichen Verhaltens bewegten und den Betriebsablauf nicht störten. Daraus folge indes kein Anspruch der Beschwerdeführerin,
den Flughafen auch für Aktionen wie die am 11. März 2003 zu benutzen. Mit solchem Verhalten würden die Nutzungszwecke überschritten.
Die Beklagte stelle den Flughafen weder allgemein zur Verteilung von Flugblättern noch zur Durchführung von Protestaktionen
und sonstigen Versammlungen zur Verfügung. Eine solche Nutzung sei auch mit der Funktion eines Flughafens unvereinbar.
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Die Beklagte sei auch nicht mit Rücksicht auf die Grundrechte der Beschwerdeführerin aus Art. 5 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 GG
verpflichtet, das Hausverbot aufzuheben. Dabei könne offenbleiben, ob eine unmittelbare Grundrechtsbindung der Beklagten die
Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben voraussetze oder ob eine solche Bindung unabhängig davon bestehe. Das Verbot verletze nämlich
auch dann keine Rechte der Beschwerdeführerin, wenn eine unmittelbare Grundrechtsbindung der Beklagten unterstellt werde.
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Art. 8 Abs. 1 GG begründe kein Nutzungsrecht, das nicht schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen bestehe, sondern setze die
rechtliche Verfügungsbefugnis über den Versammlungsort voraus (unter Verweis auf BVerwGE 91, 135 138>). Die Beschwerdeführerin
könne auch nichts daraus herleiten, dass es der Beklagten möglicherweise nicht völlig freistehe, über Anträge auf Nutzung
des Flughafengeländes jenseits seines Nutzungszwecks nach Belieben zu entscheiden, sondern dass sie gehalten sein könnte,
hierbei auch das Interesse des jeweiligen Antragstellers an der Wahrnehmung seiner Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit
zu berücksichtigen. Eine Duldungspflicht könne auch insoweit nur in Betracht kommen, wenn die bestimmungsgemäße Nutzung des
Flughafens durch die Demonstration nicht oder allenfalls ganz geringfügig beeinträchtigt werde. Versammlungen, die geeignet
seien, den Flughafenbetrieb zu stören, müsse die Beklagte jedenfalls auch unter Berücksichtigung von Art. 8 Abs. 1 GG nicht
hinnehmen. Solche die Abwicklung des Flugverkehrs störende Versammlungen strebe die Beschwerdeführerin indes an.
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Die Beklagte sei auch nicht im Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verpflichtet, das Verbot aufzuheben. Das Hausrecht eines
Flughafenbetreibers schütze die Funktionsfähigkeit des Flughafens und gewährleiste so die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags,
die dem Flugverkehr dienenden Anlagen gebrauchsfähig zu erhalten und vor Störungen zu schützen. Diene die Ausübung des Hausrechts
- wie hier - der Verhinderung konkret drohender Betriebsstörungen, sei die damit verbundene Einschränkung der Meinungsfreiheit
hinzunehmen. Das Verbot sei im Lichte von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Art. 8 Abs. 1 GG verhältnismäßig. Der Beklagten habe kein
milderes Mittel als das Verbot zu Gebote gestanden, um die Beschwerdeführerin auch künftig zur Beachtung der zulässigen Nutzungszwecke
anzuhalten. Außerdem beziehe sich das Verbot nur auf mit der Beklagten nicht abgestimmte Aktionen. Die Beklagte habe damit
zu erkennen gegeben, wie sich auch aus Nr. 4.2 der Flughafenbenutzungsordnung ergebe, dass sie grundsätzlich bereit sei, im
Einzelfall über eine Erlaubnis zu entscheiden.
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10. Mit Schreiben vom 10. März 2006 informierte die Beschwerdeführerin die Beklagte, dass sie am nächsten Tag im Terminal
2 des Flughafens für einige Minuten ihre Meinung zu den derzeit stattfindenden Abschiebungen nach Afghanistan kundgeben werde,
ohne den Flugbetrieb in irgendeiner Weise stören zu wollen. Außerdem teilte sie mit, dass sie beim zuständigen Ordnungsamt
für den gleichen Tag eine halbstündige kleine Versammlung im Terminal 1 des Flughafens angemeldet habe. Für beide Aktionen
bat die Beschwerdeführerin die Beklagte um Erlaubnis. Unter Verweis auf das ausgesprochene Verbot versagte die Beklagte die
Erlaubnis für beide Aktionen. Sollte die Beschwerdeführerin trotz des Verbots die Aktionen durchführen, werde man sie sofort
aus den Terminals verweisen lassen und Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs stellen.
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II.
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Mit ihrer am 15. März 2006 eingelegten Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin unter anderem eine Verletzung ihrer
Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Art. 8 Abs. 1 GG.
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Die Beklagte müsse sich die Grundrechte der Beschwerdeführerin unmittelbar entgegenhalten lassen. Dies ergebe sich daraus,
dass die öffentliche Hand die Mehrheit ihrer Gesellschaftsanteile halte. Der Staat könne sich seiner Grundrechtsbindung durch
eine "Flucht ins Privatrecht" nicht entziehen. Hinzu komme, dass die Beklagte als Betreiberin eines Verkehrsflughafens im
Sinne von § 38 Abs. 2 Nr. 1 Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (im Folgenden: LuftVZO) öffentliche Infrastrukturleistungen anbiete
und als Beliehene im Bereich der Luftverkehrsverwaltung öffentliche Aufgaben wahrnehme. Der von ihr betriebene Flughafen sei
Teil der staatlichen Daseinsvorsorge. Unabhängig davon seien auch materiell private Rechtssubjekte unmittelbar an die Grundrechte
gebunden, wenn sie Gefährdungslagen für grundrechtlich geschützte Autonomiebereiche herbeiführten, die den Freiheitsgefährdungen
im Staat-Bürger-Verhältnis glichen.
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Doch selbst wenn man nur eine mittelbare Grundrechtsbindung annehme, genügten die angegriffenen Entscheidungen den verfassungsrechtlichen
Anforderungen von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Art. 8 Abs. 1 GG nicht.
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Das von den Zivilgerichten bestätigte Verbot verletze die Beschwerdeführerin in ihrer Versammlungsfreiheit. Stellten private
Eigentümer wie hier die Beklagte der Öffentlichkeit eine Fläche als Flanier- und Konsummeile zur Verfügung, verpflichte Art.
8 Abs. 1 GG sie zur Überlassung dieser Fläche auch zu Versammlungszwecken. Aus der Öffnung eines kommunikativen Raums ergäben
sich Duldungspflichten, denen sich die Beklagte aufgrund ihrer Aktionärsstruktur, der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, der
Sozialadäquanz des in Streit stehenden Verhaltens der Beschwerdeführerin sowie aus dem unmittelbaren örtlichen Bezug zwischen
dem Flughafen und dem Protestgegenstand nicht mit dem pauschalen Hinweis auf eine Betriebsstörung entziehen könne. Außerdem
stehe das Grundrecht der Versammlungsfreiheit in geschlossenen Räumen nicht unter dem Vorbehalt des Art. 8 Abs. 2 GG und könne
insoweit nur im Hinblick auf kollidierende Verfassungsgüter eingeschränkt werden. Das zeitlich unbefristete, strafbewehrte
Verbot mit Erlaubnisvorbehalt auf dem gesamten Flughafengelände schränke die Beschwerdeführerin in ihrer Versammlungsfreiheit
unverhältnismäßig ein, weil mildere Maßnahmen wie Anzeigepflichten, Differenzierungen nach der Größe der Versammlung oder
die Festlegung bestimmter örtlicher Verbotszonen zu Gebote stünden. Außerdem mache es Spontanversammlungen unmöglich.
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Daneben sei auch die Meinungsfreiheit der Beschwerdeführerin verletzt. Die Zivilgerichte hätten die Bedeutung des allgemein
zugänglichen Raums für die Meinungsfreiheit der Beschwerdeführerin verkannt. Die Beklagte habe mit dem Flughafen ein Areal
geschaffen, das in großem Umfang Einkaufs-, Gastronomie- und Dienstleistungsbetriebe vorhalte. Das Verteilen von Flugblättern
in diesem öffentlich zugänglichen Raum überschreite nicht den Rahmen des von der Beklagten eröffneten Allgemeinverkehrs. Die
Beklagte müsse es hinnehmen, wenn Besucher ihrer "Flug- und Erlebniswelt" auch kritische Kommunikationsinhalte austauschten,
und könne dies ebenso wenig verbieten, wie sie etwa auf den Inhalt von Tageszeitungen Einfluss nehmen könne, die in den Zeitungsläden
auf dem Flughafengelände verkauft würden. Gesteigert werde die Duldungspflicht durch den engen Zusammenhang zwischen der geäußerten
Kritik und der Örtlichkeit des Flughafens. Denn vom Flughafen aus werde ein Großteil der aus Deutschland durchgeführten Abschiebungen
abgewickelt, gegen die sich der Protest richte. Schließlich sei der Eingriff in die Meinungsfreiheit auch deshalb unverhältnismäßig,
weil das Verbot die Meinungsfreiheit zeitlich unbefristet unter einen strafbewehrten Erlaubnisvorbehalt stelle.
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III.
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Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Bundesverwaltungsgericht, die Hessische Staatskanzlei sowie die im Ausgangsverfahren
beklagte Fraport AG Stellung genommen.
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1. Das Bundesverwaltungsgericht teilt mit, dass nach seiner Rechtsprechung (vgl. BVerwGE 113, 208 211>) ein privatrechtliches
Unternehmen, das vom Staat beherrscht werde, der unmittelbaren Grundrechtsbindung unterliege. Allerdings folgten nach seiner
Rechtsprechung aus dem Abwehrrecht des Art. 8 Abs. 1 GG grundsätzlich keine Leistungsansprüche gegen den Staat und damit auch
nicht gegen einen Träger einer öffentlichen Einrichtung auf Überlassung eines Grundstücks zu Demonstrationszwecken (vgl. BVerwGE
91, 135 138 ff.>). Art. 8 Abs. 1 GG begründe kein Benutzungsrecht, das nicht schon nach allgemeinen Grundsätzen bestehe.
Der Träger einer öffentlichen Einrichtung sei allerdings nicht davon entbunden, bei der aus Anlass eines Antrags auf Erteilung
einer Sondernutzungserlaubnis zu treffenden Ermessensentscheidung das Gewicht des Interesses des Antragstellers an der Wahrnehmung
seines Grundrechts auf Versammlungsfreiheit gebührend zu berücksichtigen.
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2. Die Hessische Staatskanzlei hält die Verfassungsbeschwerde nur im Hinblick auf die Rüge der Verletzung der Meinungsfreiheit
gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG für zulässig. Im Übrigen sei sie teils mangels hinreichender Substantiierung, teils mangels
Beschwerdebefugnis unzulässig. Jedenfalls sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet.
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a) Die Beklagte sei nicht unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Sie falle als Gesellschaft des Privatrechts nicht unter
Art. 1 Abs. 3 GG. Der Umstand, dass die Anteile an der Beklagten mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand stünden, mache
sie selbst nicht zu einer Hoheitsträgerin. Die Beklagte sei vielmehr als Betreiberin eines Verkehrsflughafens Adressatin zahlreicher
luftverkehrsrechtlicher Pflichten (§ 19a, § 27d Abs. 2, § 29a Luftverkehrsgesetz und § 45 Abs. 1 Satz 1 LuftVZO). Eine behördenähnliche
Eingliederung in den staatlichen Verwaltungsaufbau, die die Beklagte als "verlängerten Arm" des Staates erscheinen lasse,
sei hieraus nicht abzuleiten. Auch die im Luftverkehrsgesetz vorgesehene Möglichkeit, hoheitliche Befugnisse auf Privatpersonen
zu übertragen, ändere hieran nichts. Bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen wie der Beklagten seien allein die öffentlichen
Anteilseigner grundrechtsgebunden. Die Beteiligung der öffentlichen Hand dürfe nicht zur Folge haben, dass die ihrerseits
grundrechtlich geschützte Beteiligung der privaten Anteilseigner wegen Grundrechten Dritter Begrenzungen über das übliche
Maß hinaus erfahre. Außerdem seien öffentliche Anteilseigner nach dem Aktienrecht nicht imstande, einen bestimmenden Einfluss
auf Einzelfallentscheidungen des Vorstandes auszuüben. Auch die von der Beklagten erbrachten öffentlichen Infrastrukturleistungen
bewirkten eine unmittelbare Grundrechtsbindung nicht. Aus der Aufgabenwahrnehmung könne nicht geschlossen werden, dass sie
auch dort an die Grundrechte gebunden sei, wo es gerade um die Verhinderung einer bestimmungswidrigen Inanspruchnahme ihrer
Einrichtungen gehe.
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b) Auch eine mittelbare Grundrechtsbindung der Beklagten begründe nicht die Verpflichtung, privates Eigentum für die Ausübung
von Grundrechten Dritter zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte sei nur verpflichtet, jedem Nutzer diskriminierungsfrei die
Teilnahme am Luftverkehr zu ermöglichen. Soweit in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung im Einzelfall aus einer Drittwirkung
der Grundrechte Kontrahierungszwänge hergeleitet worden seien, könne daraus für den hier vorliegenden Fall nichts hergeleitet
werden, denn dort sei es anders als hier stets um eine begehrte Nutzung im Rahmen des jeweiligen Widmungszwecks gegangen.
Auch die Werbung der Beklagten führe zu keiner Ausdehnung des Widmungszwecks hin zu einem unspezifischen Allgemeinverkehr.
Bei einem Großflughafen wie dem Flughafen Frankfurt entsprächen Einkaufsmöglichkeiten jedenfalls mittelbar dem Widmungszweck.
Ungeachtet dessen folge aus der Einrichtung von Geschäften kein allgemeines, durch das Hausrecht unbeschränkbares Zutrittsrecht
für jedermann. Vielmehr seien die Flächen zu Konsumzwecken nicht anders zu beurteilen als Flächen im Eigentum eines sonstigen
Privaten, also wie Kaufhäuser oder Einkaufszentren. Sie seien nicht mit Fußgängerzonen oder öffentlichen Plätzen vergleichbar,
die straßenrechtlich dem öffentlichen Verkehr gewidmet seien.
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c) Selbst wenn man eine unmittelbare Grundrechtsbindung der Beklagten unterstelle, seien die angegriffenen Entscheidungen
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte müsse Versammlungen, die - wie die Aktionen der Beschwerdeführerin
- geeignet seien, den Flughafenbetrieb zu stören, nicht hinnehmen. Abgesehen davon laufe eine allgemeine Öffnung der Terminalflächen
für die von der Beschwerdeführerin verfolgten Zwecke der öffentlichrechtlichen Betriebssicherungspflicht nach § 45 Abs. 1
Satz 1 LuftVZO zuwider. Diese könne die Beklagte nur gewährleisten, wenn sie Personen, die nicht am Flugverkehr teilnehmen
wollten, den Zugang verwehren könne. Der Flughafen stelle für eine Vielzahl von gesellschaftlichen Gruppen ein attraktives
Kommunikationsforum dar. Hätte die Beklagte daher die Aktionen der Beschwerdeführerin zu dulden, so wäre sie im Hinblick auf
Art. 3 Abs. 1 GG auch gegenüber anderen Gruppen gehalten, derartige Aktionen hinzunehmen, was zu einer konfliktträchtigen,
kaum mehr kontrollierbaren Politisierung des sicherheitssensiblen Bereichs der Terminals führen würde.
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3.Die Beklagte hält die Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf die Rügen der Verletzung der Meinungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit
für unbegründet.
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a) Sie selbst sei nicht unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Auf die Aktionärsstruktur könne nicht abgestellt werden,
weil die Frage der Grundrechtsbindung sonst von Zufälligkeiten des Börsenhandels abhängig gemacht und der Verkauf einer geringen
Beteiligung eine völlige Änderung des grundrechtlichen Status bewirken würde. Der Annahme einer umfassenden Grundrechtsbindung
eines gemischtwirtschaftlichen Unternehmens wie der Beklagten stehe das Grundrecht auf Eigentum der privaten Anteilseigner
entgegen, die nicht zugleich Grundrechtsberechtigte und Grundrechtsadressaten sein könnten.
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Aus der öffentlichen Aufgabe der Beklagten, die Sicherheit und Leichtigkeit des Luftverkehrs zu garantieren, könne nicht geschlossen
werden, dass sie auch dort grundrechtsgebunden sei, wo es gerade nicht um den Zweck der Beförderung von Passagieren, sondern
um eine darüber hinausgehende Nutzung gehe. Der öffentliche Charakter der Aufgabe führe schließlich auch nicht dazu, dass
die Rechtsverhältnisse der Beklagten zu den Passagieren und Kunden des Flughafens öffentlichrechtlicher Natur seien. Ebenso
wenig könne sich die Beschwerdeführerin auf die thematische Nähe des Versammlungsortes "Flughafen" zu dem Protestgegenstand
berufen. Für diesen rein örtlichen Bezug sei die Beklagte nicht verantwortlich. Die Beförderung zum Zweck der Abschiebung
werde durch die dafür zuständigen Behörden veranlasst, die hierfür einen regulären Passagierplatz bei einer Fluggesellschaft
buchten. Dabei sei die Beklagte verpflichtet, den zuständigen Behörden die Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu ermöglichen. Sie
sei insoweit selbst Adressatin, nicht Akteurin hoheitlicher Maßnahmen. Gebunden sei die Beklagte mithin nur nach den für den
gesamten Privatrechtsverkehr geltenden Grundsätzen der mittelbaren Grundrechtsbindung. Hieraus ergebe sich kein Anspruch eines
Dritten auf Nutzung des in ihrem Eigentum stehenden Geländes.
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b) Auch die Meinungsfreiheit der Beschwerdeführerin sei nicht verletzt. Meinungsäußerungen in Form des Verteilens von Flugblättern
im Flughafen seien nicht von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Zwar umfasse die Meinungsfreiheit grundsätzlich auch die Wahl
der Mittel und des Ortes einer Äußerung. Vorausgesetzt sei aber, dass der gewählte Ort für den Grundrechtsträger grundsätzlich
frei verfügbar sei. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG enthalte dagegen kein Teilhaberecht auf Zurverfügungstellung eines ansonsten nicht
verfügbaren Ortes. Die grundrechtlich geschützte freie kommunikative Entfaltung gelte für den Bereich öffentlicher Straßen
und Plätze, nicht aber uneingeschränkt für private oder öffentliche Einrichtungen über deren jeweilige Aufgabe und Widmung
hinaus. Auch der öffentliche Eigentumsanteil und die Eröffnung des Verkehrs machten das Flughafengebäude nicht zum öffentlichen
Raum, der jeder Ausübung kommunikativer Grundrechte offen zu stehen habe.
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Wäre der von der Beklagten betriebene Flughafen ein Eigenbetrieb der öffentlichen Hand, so stünde er nicht im Gemein-, sondern
lediglich im Anstaltsgebrauch. Das erlaubte Verhalten wäre von vornherein auf den der Widmung entsprechenden Anstaltszweck
des Flughafens begrenzt. Selbst wenn man einen Flughafen als öffentliche Einrichtung im Gemeingebrauch qualifizieren wollte,
wäre der zulässige Gebrauch auf den Widmungszweck begrenzt. Eine darüber hinausgehende Sondernutzung wäre in jedem Fall erlaubnispflichtig.
Dies müsse erst recht für private Einrichtungen mit nur partiellen öffentlichen Aufgaben gelten. Auch auf öffentlichen Straßen
sei das Verbreiten von Meinungen nicht als Gemeingebrauch, sondern als Sondernutzung zu bewerten, wenn es den Gemeingebrauch
anderer beeinträchtigen könne. Hierbei komme es auf die örtlichen Verhältnisse an. Was auf Straßen noch Gemeingebrauch sei,
könne unter den beengten Verhältnissen und angesichts der vielfältigen Nutzungsansprüche im Fall eines großen Flughafens schon
Sondernutzung sein. Hier könnten schon kleinere Gruppen und eine an den Warteschlangen Flugblätter verteilende Person die
Aufmerksamkeit für Durchsagen beeinträchtigen oder Flugpassagieren den Zugang versperren. Dem Ermessen des Trägers einer öffentlichen
Einrichtung bei der Erlaubnis von Sondernutzungen entspreche bei einem privaten Träger der Erlaubnisvorbehalt für alle nicht
der Widmung entsprechenden Nutzungen.
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Auch das Angebot von "Kauflandschaften" und "Erlebniswelten" führe zu keiner Erweiterung des Widmungszwecks. Hierbei handele
es sich um Einrichtungen, die lediglich den Zweck hätten, den Flugpassagieren die Zeit vor und nach dem Flug unterhaltsam
zu gestalten. Faktisch sei hiermit keine entscheidende Widmungserweiterung verbunden. So stünden den rund 52 Millionen Passagieren
und 6 Millionen Begleitpersonen im Jahr 2006 nur circa 4 Millionen Kunden gegenüber, die den Flughafen allein zu Einkaufs-
oder Besichtigungszwecken aufgesucht hätten. Eine Erweiterung des Widmungszwecks und damit des Schutzbereichs der Meinungsfreiheit
ergebe sich auch nicht durch die räumliche Beziehung zwischen dem Flughafen und der kritisierten Abschiebungspraxis.
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Selbst wenn das Verteilen von Flugblättern in dem Flughafengebäude grundsätzlich unter die Meinungsfreiheit falle, sei hiervon
eine Anstiftung zu Straftaten, wie bei einer Aktion der Beschwerdeführerin im Juni 2004, bei der sie die Fluggäste dazu aufgefordert
habe, zur Verhinderung einer Abschiebung das Handy im Flugzeug nicht abzuschalten, nicht umfasst. Der Eingriff in die Meinungsfreiheit
sei insoweit jedenfalls gerechtfertigt. Der Betreiber eines Flughafens müsse bestimmte Formen von Meinungsäußerungen, insbesondere
Flugblattaktionen, kontrollieren dürfen, wenn diese geeignet seien, Betriebsstörungen herbeizuführen. Ebendies sei der Sinn
der Erlaubnispflicht. Gesetzliche Grundlage und allgemeines Gesetz im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG sei das Hausrecht aus §§
858, 903 BGB. Mindestens für die privaten Anteilseigner sei dieses Recht durch Art. 14 GG auch verfassungsrechtlich abgesichert.
Dieses Hausrecht habe die Beklagte im Einklang mit Art. 5 GG ausgeübt. Selbst wenn das Eigentum durch die öffentliche Aufgabe
und eine erweiterte Grundrechtsbindung im Sinne eines öffentlichen Kommunikationsraums überlagert sei, sei die durch das Verbot
vorgenommene Beschränkung der Meinungsfreiheit als Zuordnung unterschiedlicher Grundrechte im Sinne einer Konfliktlösung zur
Gefahrenabwehr gerechtfertigt.
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Das Verbot des Flugblattverteilens ohne ausdrückliche Erlaubnis sei auch verhältnismäßig. Insoweit sei zu berücksichtigen,
dass der Beschwerdeführerin die Möglichkeit bleibe, im öffentlichen Raum im unmittelbaren Umfeld des Flughafens, wie etwa
am Charterbusbahnhof vor Terminal 1, auf ihre Meinung aufmerksam zu machen. Demgegenüber würde die Öffnung des Flughafens
für vielfältige Meinungskundgaben zu einer Politisierung von Verkehrseinrichtungen führen. Konflikte wären vorprogrammiert
und tendenziell unkontrollierbar. Flugpassagiere könnten sich für bestimmte Meinungen vereinnahmt fühlen, ohne - wie im öffentlichen
Verkehrsraum - ausweichen zu können. All dies sei mit den Sicherheitspflichten für Flughafenbetreiber nicht vereinbar.
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c) Ebenso wenig sei das Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 8 Abs. 1 GG verletzt. Weder die öffentliche Aufgabe noch
die öffentliche Zugänglichkeit verschafften der Beschwerdeführerin einen Anspruch auf die Abhaltung einer Demonstration auf
einem dafür nicht zur Verfügung gestellten Gelände. Das vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit geschützte örtliche Selbstbestimmungsrecht
beziehe sich nicht auf in fremdem Eigentum stehende Grundstücke und Einrichtungen. Wie die Vorschriften des Versammlungsgesetzes
sei das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit allein auf den öffentlichen Straßenraum zugeschnitten. Etwas anderes gelte nur
für Versammlungen in geschlossenen Räumen, um die es aber wegen der freien Zugänglichkeit der Terminals nicht gehe.
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Würde man die Terminals dem öffentlichen Straßenraum gleichstellen, hätte dies schwere Folgen für die Funktionsfähigkeit des
Flughafens. Nach allgemeinem Versammlungsrecht müsste zunächst jede angemeldete Versammlung und jede Spontanversammlung hingenommen
werden. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung könnten einen Eingriff nicht rechtfertigen. Behinderungen Dritter müssten bis
zur Grenze der Unfriedlichkeit hingenommen werden. Einzelne Straftaten würden die ganze Versammlung nicht unfriedlich werden
lassen. Das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland und Empfindlichkeiten von Staatsgästen dürften keine Rolle spielen. Die
Versammlungsfreiheit würde sich grundsätzlich auch auf die Verwendung von Megafonen und Transparenten erstrecken. Die Kosten
der Reinigung müssten von dem Träger der Baulast übernommen werden. Bei einem solchen Szenario müssten die Zuständigkeiten
zwischen der Beklagten, der Stadt Frankfurt am Main und der Landespolizei neu verteilt werden. Eine solche Zuständigkeitsverteilung
könne allein der Gesetzgeber regeln. Jedenfalls aber sei eine drastisch erhöhte Präsenz der Landespolizei vonnöten.
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Selbst wenn die Versammlungsfreiheit grundsätzlich auch Demonstrationen in den Terminals umfasse, sei das hier in Rede stehende
Verbot zur Gefahrenabwehr gerechtfertigt. Der Flughafen sei eine besonders störungssensible Einrichtung, die nur bei hoher
Disziplin aller Beteiligter funktioniere: Der Lärm der Versammlungsteilnehmer, insbesondere durch Trillerpfeifen, könne die
Vernehmbarkeit und Verständlichkeit von Lautsprecherdurchsagen erschweren. Durch herumstehende Gruppen könnten Fluchtwege
und Notausgänge verstellt, der Brandschutz erschwert und Rettungseinsätze behindert werden. Bei unübersichtlichen Menschenmengen
könne der Raum nicht mehr auf stehengelassene Gepäckstücke kontrolliert werden. Aus der Menschenmenge heraus könnten leichter
Terroranschläge verübt werden. Es bestehe kaum die Möglichkeit, Flugpassagiere von einem Terminalbereich in einen anderen
umzuleiten. Außerdem sei mit Konfrontationen zwischen Versammlungsteilnehmern und Flugpassagieren zu rechnen, die befürchteten,
ihren Flug zu verpassen. Der Flughafen sei insoweit mit einer städtischen Fußgängerzone nicht zu vergleichen.
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42
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Ein generelles Demonstrationsverbot im Flughafen sei auch verhältnismäßig. Mildere Mittel wie etwa die Verweisung auf den
Außenbereich des Flughafens würden bereits regelmäßig ergriffen. Die Folgen des Verbots für die Beschwerdeführerin seien im
Hinblick auf die räumlichen Alternativen gering. Wären Versammlungen in den Terminals des Flughafens zulässig, stünde zu befürchten,
dass sich diese zu einer der "Haupt-Demonstrationsarenen" der Republik entwickeln würden. Sicherheit und die ordnungsgemäße
Abwicklung des Verkehrs wären nicht mehr oder nur noch unter Inkaufnahme einer unzumutbaren Aufrüstung und eines Umbaus des
gesamten Terminalbereichs zu gewährleisten. So habe die Beklagte in Absprache mit der Polizei für den Fall von Demonstrationen,
die unbeherrschbar zu werden drohten, entschieden, den betreffenden Terminal zu schließen und nur noch Passagiere mit Flugtickets
hineinzulassen. Ein solches Vorgehen ziehe indes regelmäßig eine Flut von Beschwerden und Schadensersatzforderungen nach sich
und bedeute letztlich, dass die Beklagte ihre betrieblichen Prozesse selbst blockiere.
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IV.
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43
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In der mündlichen Verhandlung haben sich die Beschwerdeführerin und die Beklagte als Äußerungsberechtigte sowie als sachkundige
Auskunftspersonen Vertreter von Amnesty International - Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V. -, des Bundesverbandes
Öffentliche Dienstleistungen - Deutsche Sektion des CEEP e.V. -, des Deutschen Gewerkschaftsbundes - Bezirk Hessen-Thüringen
- sowie der Bundespolizeidirektion Flughafen Frankfurt/Main und der Polizeidirektion Flughafen des Polizeipräsidiums Frankfurt
am Main geäußert.
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B.
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44
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Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die angegriffenen Entscheidungen der Zivilgerichte verletzen die Beschwerdeführerin
in ihren Grundrechten aus Art. 8 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
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I.
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Die Beklagte ist gegenüber der Beschwerdeführerin unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Entsprechend kann sie sich zur
Rechtfertigung des von ihr ausgesprochenen Flughafenverbots nicht ihrerseits auf eigene Grundrechte berufen.
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1. Die Nutzung zivilrechtlicher Formen enthebt die staatliche Gewalt nicht von ihrer Bindung an die Grundrechte gemäß Art.
1 Abs. 3 GG. Dies gilt sowohl für die Verwendung von zivilrechtlichen Handlungsformen als auch für den Einsatz privatrechtlicher
Organisations- und Gesellschaftsformen. Von der öffentlichen Hand beherrschte gemischtwirtschaftliche Unternehmen unterliegen
ebenso wie im Alleineigentum des Staates stehende öffentliche Unternehmen, die in den Formen des Privatrechts organisiert
sind, einer unmittelbaren Grundrechtsbindung.
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a) Gemäß Art. 1 Abs. 3 GG binden die Grundrechte Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes
Recht. Sie gelten nicht nur für bestimmte Bereiche, Funktionen oder Handlungsformen staatlicher Aufgabenwahrnehmung, sondern
binden die staatliche Gewalt umfassend und insgesamt. Der Begriff der staatlichen Gewalt ist dabei weit zu verstehen und erstreckt
sich nicht nur auf imperative Maßnahmen. Entscheidungen, Äußerungen und Handlungen, die - auf den jeweiligen staatlichen Entscheidungsebenen
- den Anspruch erheben können, autorisiert im Namen aller Bürger getroffen zu werden, sind von der Grundrechtsbindung erfasst.
Grundrechtsgebundene staatliche Gewalt im Sinne des Art. 1 Abs. 3 GG ist danach jedes Handeln staatlicher Organe oder Organisationen,
weil es in Wahrnehmung ihres dem Gemeinwohl verpflichteten Auftrags erfolgt.
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Art. 1 Abs. 3 GG liegt dabei eine elementare Unterscheidung zugrunde: Während der Bürger prinzipiell frei ist, ist der Staat
prinzipiell gebunden. Der Bürger findet durch die Grundrechte Anerkennung als freie Person, die in der Entfaltung ihrer Individualität
selbstverantwortlich ist. Er und die von ihm gegründeten Vereinigungen und Einrichtungen können ihr Handeln nach subjektiven
Präferenzen in privater Freiheit gestalten, ohne hierfür grundsätzlich rechenschaftspflichtig zu sein. Ihre Inpflichtnahme
durch die Rechtsordnung ist von vornherein relativ und - insbesondere nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit - prinzipiell begrenzt.
Demgegenüber handelt der Staat in treuhänderischer Aufgabenwahrnehmung für die Bürger und ist ihnen rechenschaftspflichtig.
Seine Aktivitäten verstehen sich nicht als Ausdruck freier subjektiver Überzeugungen in Verwirklichung persönlicher Individualität,
sondern bleiben in distanziertem Respekt vor den verschiedenen Überzeugungen der Staatsbürger und werden dementsprechend von
der Verfassung umfassend an die Grundrechte gebunden. Diese Bindung steht nicht unter einem Nützlichkeits- oder Funktionsvorbehalt.
Sobald der Staat eine Aufgabe an sich zieht, ist er bei deren Wahrnehmung auch an die Grundrechte gebunden, unabhängig davon,
in welcher Rechtsform er handelt. Dies gilt auch, wenn er für seine Aufgabenwahrnehmung auf das Zivilrecht zurückgreift. Eine
Flucht aus der Grundrechtsbindung in das Privatrecht mit der Folge, dass der Staat unter Freistellung von Art. 1 Abs. 3 GG
als Privatrechtssubjekt zu begreifen wäre, ist ihm verstellt.
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b) Die unmittelbare Grundrechtsbindung betrifft nicht nur öffentliche Unternehmen, die vollständig im Eigentum der öffentlichen
Hand stehen, sondern auch gemischtwirtschaftliche Unternehmen, wenn diese von der öffentlichen Hand beherrscht werden.
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aa) Für öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, die vollständig im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, ist anerkannt,
dass die Grundrechtsbindung nicht nur den oder die Träger des jeweiligen Unternehmens trifft, sondern das Unternehmen selbst
(vgl. BVerwGE 113, 208 211>; Rüfner, in: Isensee/Kirchhof, HStR V, 2. Aufl. 2000, § 117 Rn. 49; Ehlers, Gutachten E für den
64. DJT 2002>, S. E 39; Dreier, in: Dreier, GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 1 Abs. 3 Rn. 69 f.; Pieroth/Schlink, Grundrechte
Staatsrecht II, 25. Aufl. 2009, Rn. 187; Höfling, in: Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 1 Rn. 104). Dies entspricht dem Charakter
eines solchen Unternehmens als verselbständigter Handlungseinheit und stellt eine effektive Grundrechtsbindung unabhängig
davon sicher, ob, wieweit und in welcher Form der oder die Eigentümer gesellschaftsrechtlich auf die Leitung der Geschäfte
Einfluss nehmen können und wie - bei Unternehmen mit verschiedenen öffentlichen Anteilseignern - eine Koordination der Einflussrechte
verschiedener öffentlicher Eigentümer zu gewährleisten wäre. Aktivitäten öffentlicher Unternehmen bleiben unabhängig von der
Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Einflussrechte eine Form staatlicher Aufgabenwahrnehmung, bei der die Unternehmen
selbst unmittelbar an die Grundrechte gebunden sind.
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bb) Nichts anderes hat für gemischtwirtschaftliche Unternehmen, an denen sowohl private wie öffentliche Anteilseigner beteiligt
sind, zu gelten, wenn diese von der öffentlichen Hand beherrscht werden.
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(1) Auch bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen erfasst die Frage der Grundrechtsbindung das jeweilige Unternehmen insgesamt
und kann nur einheitlich beantwortet werden. Sie sind gleichfalls als verselbständigte Handlungseinheiten tätig. Die Grundrechtsbindung
der hinter den Unternehmen stehenden öffentlichen Eigentümer und ihre gesellschaftsrechtlichen Einwirkungsbefugnisse allein
sind ungeeignet, die Grundrechtsbindung solcher Unternehmen zu ersetzen und machen sie insbesondere nicht überflüssig. Schon
grundsätzlich kann eine Grundrechtsbindung nicht quotenweise realisiert werden. Auch sind die Einwirkungsrechte der Anteilseigner
auf die laufende Geschäftsführung gesellschaftsrechtlich vielfach beschränkt, so dass - insbesondere im Aktienrecht (vgl.
etwa § 119 Abs. 2 AktG), und unter Berücksichtigung des Mitbestimmungsrechts - eine Grundrechtsbindung selbst durch die Mehrheit
der Eigentümer vielfach nicht durchsetzbar ist. Überdies wäre die Geltendmachung von Grundrechten über den Umweg der Einwirkungsrechte,
zumal wenn an einem Unternehmen mehrere öffentliche Anteilseigner beteiligt sind, vom Verfahren und Zeitaufwand her zu schwerfällig,
um einen effektiven Grundrechtsschutz sicherzustellen.
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(2) Ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen unterliegt dann der unmittelbaren Grundrechtsbindung, wenn es von den öffentlichen
Anteilseignern beherrscht wird. Dies ist in der Regel der Fall, wenn mehr als die Hälfte der Anteile im Eigentum der öffentlichen
Hand stehen. Insoweit kann grundsätzlich an entsprechende zivilrechtliche Wertungen angeknüpft werden (vgl. §§ 16, 17 AktG,
Art. 2 Abs. 1 Buchstabe f Richtlinie 2004/109/EG). Ob in besonderen Fällen dieses Kriterium zu ergänzen ist, bedarf hier keiner
Entscheidung.
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Das Kriterium der Beherrschung mit seiner Anknüpfung an die eigentumsrechtlichen Mehrheitsverhältnisse stellt danach nicht
auf konkrete Einwirkungsbefugnisse hinsichtlich der Geschäftsführung ab, sondern auf die Gesamtverantwortung für das jeweilige
Unternehmen: Anders als in Fällen, in denen die öffentliche Hand nur einen untergeordneten Anteil an einem privaten Unternehmen
hält, handelt es sich dann grundsätzlich nicht um private Aktivitäten unter Beteiligung des Staates, sondern um staatliche
Aktivitäten unter Beteiligung von Privaten. Für sie gelten unabhängig von ihrem Zweck oder Inhalt die allgemeinen Bindungen
staatlicher Aufgabenwahrnehmung. Bei der Entfaltung dieser Aktivitäten sind die öffentlich beherrschten Unternehmen unmittelbar
durch die Grundrechte gebunden und können sich umgekehrt gegenüber Bürgern nicht auf eigene Grundrechte stützen.
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(3) Die Rechte der privaten Anteilseigner erfahren hierdurch keine ungerechtfertigte Einbuße: Ob diese sich an einem öffentlich
beherrschten Unternehmen beteiligen oder nicht, liegt in ihrer freien Entscheidung, und auch wenn sich die Mehrheitsverhältnisse
erst nachträglich ändern, steht es ihnen - wie bei der Änderung von Mehrheitsverhältnissen sonst - frei, hierauf zu reagieren.
Sofern sich Private indes an solchen Unternehmen beteiligen, haben sie an den Chancen und Risiken, die sich aus den Handlungsbedingungen
der öffentlichen Hand ergeben, gleichermaßen teil. Ohnehin unberührt bleibt ihre Rechtsstellung als Grundrechtsträger insbesondere
des Eigentumsgrundrechts unmittelbar gegenüber den öffentlichen Anteilseignern oder sonst gegenüber der öffentlichen Gewalt.
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c) Mit der unmittelbaren Grundrechtsbindung und der damit fehlenden Berechtigung, sich in einem Zivilrechtsstreit gegenüber
Privaten auf eigene Grundrechte zu berufen, unterliegen öffentlich beherrschte Unternehmen spezifischen Beschränkungen, denen
materiell private beziehungsweise privat beherrschte Unternehmen nicht unterliegen. Die Auswirkungen dieser Grundrechtsbindung
sind, da im Rahmen des Zivilrechts verbleibend, jedoch begrenzt. Insbesondere wird die öffentliche Hand hierdurch nicht grundsätzlich
daran gehindert, in adäquater und weithin gleichberechtigter Weise wie Private die Handlungsinstrumente des Zivilrechts für
ihre Aufgabenwahrnehmung zu nutzen und auch sonst am privaten Wirtschaftsverkehr teilzunehmen. Dies schließt umgekehrt allerdings
nicht aus, dass möglicherweise Private - etwa im Wege der mittelbaren Drittwirkung - unbeschadet ihrer eigenen Grundrechte
ähnlich oder auch genauso weit durch die Grundrechte in Pflicht genommen werden, insbesondere wenn sie in tatsächlicher Hinsicht
in eine vergleichbare Pflichten- oder Garantenstellung hineinwachsen wie traditionell der Staat.
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aa) Viele typische Gefährdungslagen für den Grundrechtsschutz entstehen im Privatrecht von vornherein nicht, da dort dem Staat
keine spezifischen Eingriffsbefugnisse zu Gebote stehen. Einseitig verbindliches Handeln ist ihm im Privatrecht nur sehr begrenzt
- etwa wie vorliegend unter Rückgriff auf die zivilrechtlichen Eigentümerbefugnisse, insbesondere das Hausrecht - eröffnet.
Sofern hingegen Grundrechte im Rahmen von Vertragsbeziehungen in Frage stehen, ist es möglich, dass mangels einseitiger Entscheidungsgewalt
der öffentlichen Hand schon kein Eingriff in Grundrechte stattfindet oder bei einer Grundrechtsbeschränkung die Freiwilligkeit
des Vertragsschlusses seitens des Bürgers im konkreten Fall mit in Rechnung zu stellen ist. Auch hindert die unmittelbare
Grundrechtsbindung öffentlich beherrschte Unternehmen nicht, sich erwerbswirtschaftlich am Wirtschaftsverkehr zu beteiligen.
Insbesondere verbietet auch Art. 3 Abs. 1 GG Differenzierungen nicht, die an marktrelevante Kriterien wie Produktqualität,
Zuverlässigkeit und Zahlungsfähigkeit anknüpfen, um ein wettbewerbliches Wirtschaften des Unternehmens zu ermöglichen.
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bb) Allerdings sind die Grundrechtsbindung und die ihr entsprechende fehlende Grundrechtsberechtigung nicht ohne Bedeutung.
Sie verwehren öffentlich beherrschten Unternehmen insbesondere, sich auf die Subjektivität gewillkürter Freiheit zu berufen.
So kann die öffentliche Hand zwar die zivilrechtlichen Eigentümerbefugnisse - wie vorliegend das Hausrecht - nutzen, jedoch
entheben diese nicht davon, insbesondere einseitig verbindliche Entscheidungen durch legitime Gemeinwohlzwecke am Maßstab
der Grundrechte und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu rechtfertigen. Praktische Bedeutung erlangt die Grundrechtsbindung
vor allem als Verpflichtung zu rechtsstaatlicher Neutralität bei der Gestaltung ihrer Vertragsbeziehungen. Öffentliche einschließlich
der öffentlich beherrschten Unternehmen können zwar ihre Kundenbeziehungen nach der Logik des Marktes gestalten, jedoch steht
es ihnen nicht frei, ihre wirtschaftliche Tätigkeit nach Belieben mit subjektiv weltanschaulichen Präferenzen oder Zielsetzungen
und hierauf beruhenden Differenzierungen zu verbinden.
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cc) Die unmittelbare Grundrechtsbindung öffentlich beherrschter Unternehmen unterscheidet sich somit grundsätzlich von der
in der Regel nur mittelbaren Grundrechtsbindung, der auch Private und Privatunternehmen - insbesondere nach den Grundsätzen
der mittelbaren Drittwirkung und auf der Grundlage von staatlichen Schutzpflichten - unterworfen sind. Während diese auf einer
prinzipiellen Rechenschaftspflicht gegenüber dem Bürger beruht, dient jene dem Ausgleich bürgerlicher Freiheitssphären untereinander
und ist damit von vornherein relativ. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Wirkung der Grundrechte und damit die - sei es mittelbare,
sei es unmittelbare - Inpflichtnahme Privater in jedem Fall weniger weit reicht. Je nach Gewährleistungsinhalt und Fallgestaltung
kann die mittelbare Grundrechtsbindung Privater einer Grundrechtsbindung des Staates vielmehr nahe oder auch gleich kommen.
Für den Schutz der Kommunikation kommt das insbesondere dann in Betracht, wenn private Unternehmen die Bereitstellung schon
der Rahmenbedingungen öffentlicher Kommunikation selbst übernehmen und damit in Funktionen eintreten, die - wie die Sicherstellung
der Post- und Telekommunikationsdienstleistungen - früher dem Staat als Aufgabe der Daseinsvorsorge zugewiesen waren. Wieweit
dieses heute in Bezug auf die Versammlungsfreiheit oder die Freiheit der Meinungsäußerung auch für materiell private Unternehmen
gilt, die einen öffentlichen Verkehr eröffnen und damit Orte der allgemeinen Kommunikation schaffen, bedarf vorliegend keiner
Entscheidung.
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2. Die Beklagte ist als Aktiengesellschaft, deren Anteile zu mehr als 50 % von öffentlichen Anteilseignern gehalten werden,
folglich unmittelbar an die Grundrechte des Grundgesetzes gebunden.
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II.
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Die angegriffenen Entscheidungen der Zivilgerichte verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1
GG.
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1. Das durch die angegriffenen Entscheidungen bestätigte Verbot, im Frankfurter Flughafen ohne Erlaubnis der Beklagten Versammlungen
durchzuführen, greift in den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 Abs. 1 GG ein.
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a) aa) Art. 8 Abs. 1 GG schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an
der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammen zu kommen (vgl. BVerfGE 104, 92 104>;
111, 147 154 f.>). Als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe ist die Versammlungsfreiheit für eine freiheitlich demokratische
Staatsordnung konstituierend (vgl. BVerfGE 69, 315 344 f.>). In ihrer idealtypischen Ausformung sind Demonstrationen die
gemeinsame körperliche Sichtbarmachung von Überzeugungen, bei der die Teilnehmer in der Gemeinschaft mit anderen eine Vergewisserung
dieser Überzeugungen erfahren und andererseits nach außen - schon durch die bloße Anwesenheit, die Art des Auftretens und
die Wahl des Ortes - im eigentlichen Sinne des Wortes Stellung nehmen und ihren Standpunkt bezeugen (vgl. BVerfGE 69, 315
345>).
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bb) Art. 8 Abs. 1 GG gewährleistet auch das Recht, selbst zu bestimmen, wann, wo und unter welchen Modalitäten eine Versammlung
stattfinden soll. Als Abwehrrecht, das auch und vor allem andersdenkenden Minderheiten zugute kommt, gewährleistet das Grundrecht
den Grundrechtsträgern so nicht nur die Freiheit, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fern zu bleiben,
sondern zugleich ein Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Veranstaltung (vgl. BVerfGE 69, 315 343>).
Die Bürger sollen damit selbst entscheiden können, wo sie ihr Anliegen - gegebenenfalls auch in Blick auf Bezüge zu bestimmten
Orten oder Einrichtungen - am wirksamsten zur Geltung bringen können.
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(1) Die Versammlungsfreiheit verschafft damit allerdings kein Zutrittsrecht zu beliebigen Orten. Insbesondere gewährt es dem
Bürger keinen Zutritt zu Orten, die der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich sind oder zu denen schon den äußeren Umständen
nach nur zu bestimmten Zwecken Zugang gewährt wird. Die Durchführung von Versammlungen etwa in Verwaltungsgebäuden oder in
eingefriedeten, der Allgemeinheit nicht geöffneten Anlagen ist durch Art. 8 Abs. 1 GG ebenso wenig geschützt wie etwa in einem
öffentlichen Schwimmbad oder Krankenhaus.
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(2) Demgegenüber verbürgt die Versammlungsfreiheit die Durchführung von Versammlungen dort, wo ein allgemeiner öffentlicher
Verkehr eröffnet ist.
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Dies betrifft - unabhängig von einfachrechtlichen Bestimmungen des Straßenrechts - zunächst den öffentlichen Straßenraum.
Dieser ist das natürliche und geschichtlich leitbildprägende Forum, auf dem Bürger ihre Anliegen besonders wirksam in die
Öffentlichkeit tragen und hierüber die Kommunikation anstoßen können. Vor allem innerörtliche Straßen und Plätze werden heute
als Stätten des Informations- und Meinungsaustausches sowie der Pflege menschlicher Kontakte angesehen. In verstärktem Maß
gilt dies für Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche; die Ermöglichung des kommunikativen Verkehrs ist ein wesentliches
Anliegen, das mit solchen Einrichtungen verfolgt wird (vgl. Stahlhut, in: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, S. 730). Das
Versammlungsrecht knüpft an diese Funktion an. Dabei beachtet es die allgemeinen straßen- und straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen,
die es jedoch partiell überlagert, sofern dies für eine effektive Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit erforderlich ist. Öffentliche
Versammlungen und Aufzüge finden hier die Bedingungen, um Forderungen einem allgemeinen Publikum zu Gehör zu bringen und Protest
oder Unmut sinnbildlich "auf die Straße zu tragen".
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Entsprechendes gilt aber auch für Stätten außerhalb des öffentlichen Straßenraums, an denen in ähnlicher Weise ein öffentlicher
Verkehr eröffnet ist und Orte der allgemeinen Kommunikation entstehen. Wenn heute die Kommunikationsfunktion der öffentlichen
Straßen, Wege und Plätze zunehmend durch weitere Foren wie Einkaufszentren, Ladenpassagen oder sonstige Begegnungsstätten
ergänzt wird, kann die Versammlungsfreiheit für die Verkehrsflächen solcher Einrichtungen nicht ausgenommen werden, soweit
eine unmittelbare Grundrechtsbindung besteht oder Private im Wege der mittelbaren Drittwirkung in Anspruch genommen werden
können. Dies gilt unabhängig davon, ob die Flächen sich in eigenen Anlagen befinden oder in Verbindung mit Infrastruktureinrichtungen
stehen, überdacht oder im Freien angesiedelt sind. Grundrechtlich ist auch unerheblich, ob ein solcher Kommunikationsraum
mit den Mitteln des öffentlichen Straßen- und Wegerechts oder des Zivilrechts geschaffen wird. Ein Verbot von Versammlungen
kann auch nicht als Minus zu der Nichtöffnung des Geländes und damit als bloße Versagung einer freiwilligen Leistung angesehen
werden. Vielmehr besteht zwischen der Eröffnung eines Verkehrs zur öffentlichen Kommunikation und der Versammlungsfreiheit
ein unaufhebbarer Zusammenhang: Dort wo öffentliche Kommunikationsräume eröffnet werden, kann der unmittelbar grundrechtsverpflichtete
Staat nicht unter Rückgriff auf frei gesetzte Zweckbestimmungen oder Widmungsentscheidungen den Gebrauch der Kommunikationsfreiheiten
aus den zulässigen Nutzungen ausnehmen: Er würde sich damit in Widerspruch zu der eigenen Öffnungsentscheidung setzen.
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(3) Orte allgemeinen kommunikativen Verkehrs, die neben dem öffentlichen Straßenraum für die Durchführung von Versammlungen
in Anspruch genommen werden können, sind zunächst nur solche, die der Öffentlichkeit allgemein geöffnet und zugänglich sind.
Ausgeschlossen sind demgegenüber zum einen Orte, zu denen der Zugang individuell kontrolliert und nur für einzelne, begrenzte
Zwecke gestattet wird. Wenn eine individuelle Eingangskontrolle wie an der Sicherheitsschleuse zum Abflugbereich für eine
Einrichtung sicherstellt, dass nur bestimmte Personen - die Flugpassagiere, um ihre Reise anzutreten - Zutritt haben, ist
dort kein allgemeiner Verkehr eröffnet. Die Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit kann an solchen Orten nicht beansprucht werden.
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Zum anderen beantwortet sich die Frage, ob ein solcher außerhalb öffentlicher Straßen, Wege und Plätze liegender Ort als ein
öffentlicher Kommunikationsraum zu beurteilen ist, nach dem Leitbild des öffentlichen Forums (vgl. zu ähnlichen Kriterien:
Supreme Court of Canada, Committee for the Commonwealth of Canada v. Canada, 1991> 1 S. C. R. 139; Supreme Court of the United
States, International Society for Krishna Consciousness <ISKCON> v. Lee, 505 U.S. 672 1992>). Dieses ist dadurch charakterisiert,
dass auf ihm eine Vielzahl von verschiedenen Tätigkeiten und Anliegen verfolgt werden kann und hierdurch ein vielseitiges
und offenes Kommunikationsgeflecht entsteht. Abzugrenzen ist dies von Stätten, die der Allgemeinheit ihren äußeren Umständen
nach nur zu ganz bestimmten Zwecken zur Verfügung stehen und entsprechend ausgestaltet sind. Wenn Orte in tatsächlicher Hinsicht
ausschließlich oder ganz überwiegend nur einer bestimmten Funktion dienen, kann in ihnen - außerhalb privater Nutzungsrechte
- die Durchführung von Versammlungen nach Art. 8 Abs. 1 GG nicht begehrt werden. Anders ist dies indes dort, wo die Verbindung
von Ladengeschäften, Dienstleistungsanbietern, Restaurationsbetrieben und Erholungsflächen einen Raum des Flanierens schafft
und so Orte des Verweilens und der Begegnung entstehen. Werden Räume in dieser Weise für ein Nebeneinander verschiedener,
auch kommunikativer Nutzungen geöffnet und zum öffentlichen Forum, kann aus ihnen gemäß Art. 8 Abs. 1 GG auch die politische
Auseinandersetzung in Form von kollektiven Meinungskundgaben durch Versammlungen nicht herausgehalten werden. Art. 8 Abs.
1 GG gewährleistet den Bürgern für die Verkehrsflächen solcher Orte das Recht, das Publikum mit politischen Auseinandersetzungen,
gesellschaftlichen Konflikten oder sonstigen Themen zu konfrontieren. Solche Möglichkeiten, Aufmerksamkeit zu erzielen, sind
als Grundlage der demokratischen Willensbildung mit der Versammlungsfreiheit gewollt und bilden ein konstituierendes Element
der demokratischen Staatsordnung.
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b) Hiervon ausgehend greift die Bestätigung des von der Beklagten ausgesprochenen Flughafenverbots durch die angegriffenen
Entscheidungen in die Versammlungsfreiheit der Beschwerdeführerin ein.
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Das Begehren der Beschwerdeführerin, im Frankfurter Flughafen Versammlungen durchzuführen, fällt nicht schon aus dem Schutzbereich
der Versammlungsfreiheit heraus. Der Frankfurter Flughafen ist in wesentlichen Bereichen als Ort allgemeinen kommunikativen
Verkehrs ausgestaltet. Zwar gilt dies nicht für den gesamten Flughafen. So ist eine Berufung auf die Versammlungsfreiheit
für die Sicherheitsbereiche, die nicht allgemein zugänglich sind, ebenso ausgeschlossen wie für solche Bereiche, die nur bestimmten
Funktionen (zum Beispiel der Gepäckausgabe) dienen. Jedoch umfasst der Flughafen auch große Bereiche, die als Orte des Flanierens
und des Gesprächs, als Wege zum Einkaufen und zu Gastronomiebetrieben ausgestaltet sind und hierfür einen allgemeinen Verkehr
eröffnen. Unter der Rubrik "Einkaufen und Erleben" wirbt die Beklagte, die sich als "City in the City" versteht, im Internet:
"Airport Shopping für alle!", "Auf 4.000 Quadratmetern zeigt sich der neue Marktplatz in neuem Gewand und freut sich auf Ihren
Besuch!". Hier sind ersichtlich Orte als allgemein zugängliche öffentliche Foren ausgestaltet, deren Verkehrsflächen Versammlungen
damit grundsätzlich offenstehen.
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Die Beklagte untersagt der Beschwerdeführerin demgegenüber für die Zukunft zeitlich unbegrenzt - und damit ohne Ansehung der
durch eine bestimmte Versammlung konkret drohenden Beeinträchtigungen des Betriebsablaufs - die Durchführung von Versammlungen
ohne ihre Erlaubnis für den gesamten Bereich des Flughafens. Indem die angegriffenen Entscheidungen dieses Verbot bestätigen,
greifen sie in die Versammlungsfreiheit der Beschwerdeführerin ein.
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2. Der Eingriff unterliegt im Hinblick auf die formelle Verfassungsmäßigkeit der das Grundrecht der Versammlungsfreiheit einschränkenden
Ermächtigungsgrundlage keinen Bedenken. Die Beklagte kann sich für die Beschränkung von Versammlungen im Frankfurter Flughafen
grundsätzlich auf die Eigentümerbefugnisse des Bürgerlichen Gesetzesbuches stützen. Sie hat deren Ausübung allerdings am Grundrecht
der Versammlungsfreiheit auszurichten.
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a) Die Versammlungsfreiheit ist nicht vorbehaltlos gewährleistet. Vielmehr können Versammlungen unter freiem Himmel gemäß
Art. 8 Abs. 2 GG durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden. Diesem Gesetzesvorbehalt unterfallen auch Versammlungen
im Innern des Frankfurter Flughafens.
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aa) Versammlungen an Orten allgemeinen kommunikativen Verkehrs sind Versammlungen unter freiem Himmel im Sinne des Art. 8
Abs. 2 GG und unterliegen dem Gesetzesvorbehalt. Dies gilt unabhängig davon, ob die der Allgemeinheit geöffneten Orte als
solche in der freien Natur oder in geschlossenen Gebäuden liegen. Maßgeblich ist, dass Versammlungen an solchen Orten ihrerseits
in einem öffentlichen Raum, das heißt inmitten eines allgemeinen Publikumsverkehrs stattfinden und von diesem nicht räumlich
getrennt sind.
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Der Begriff der "Versammlung unter freiem Himmel" des Art. 8 Abs. 2 GG darf nicht in einem engen Sinne als Verweis auf einen
nicht überdachten Veranstaltungsort verstanden werden. Sein Sinn erschließt sich vielmehr zutreffend erst in der Gegenüberstellung
der ihm unterliegenden versammlungsrechtlichen Leitbilder: Während "Versammlungen unter freiem Himmel" idealtypisch solche
auf öffentlichen Straßen und Plätzen sind, steht dem als Gegenbild die Versammlung in von der Öffentlichkeit abgeschiedenen
Räumen wie etwa in Hinterzimmern von Gaststätten gegenüber. Dort bleiben die Versammlungsteilnehmer unter sich und sind von
der Allgemeinheit abgeschirmt, so dass Konflikte, die eine Regelung erforderten, weniger vorgezeichnet sind. Demgegenüber
finden Versammlungen "unter freiem Himmel" in der unmittelbaren Auseinandersetzung mit einer unbeteiligten Öffentlichkeit
statt (vgl. Arbeitskreis Versammlungsrecht, Musterentwurf eines Versammlungsgesetzes, Enders/Hoffmann-Riem/Kniesel/Poscher/Schulze-Fielitz
<Hrsg.>, 2011, Begründung zu § 10, S. 34). Hier besteht im Aufeinandertreffen der Versammlungsteilnehmer mit Dritten ein höheres,
weniger beherrschbares Gefahrenpotential: Emotionalisierungen der durch eine Versammlung herausgeforderten Auseinandersetzung
können sich im Gegenüber zu einem allgemeinen Publikum schneller zuspitzen und eventuell Gegenreaktionen provozieren. Die
Versammlung kann hier leichter Zulauf finden, sie bewegt sich als Kollektiv im öffentlichen Raum. Art. 8 Abs. 2 GG ermöglicht
es dem Gesetzgeber, solche Konflikte abzufangen und auszugleichen. Er trägt dem Umstand Rechnung, dass in solcher Berührung
mit der Außenwelt ein besonderer, namentlich organisations- und verfahrensrechtlicher Regelungsbedarf besteht, um einerseits
die realen Voraussetzungen für die Ausübung des Versammlungsrechts zu schaffen, anderseits kollidierende Interessen anderer
hinreichend zu wahren (vgl. BVerfGE 69, 315 348>).
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bb) Hiervon ausgehend unterliegen die von der Beschwerdeführerin erstrebten Versammlungen im Frankfurter Flughafen dem Gesetzesvorbehalt
des Art. 8 Abs. 2 GG. Zwar liegen die Orte, für die die Beschwerdeführerin die Versammlungsfreiheit in Anspruch nimmt, hauptsächlich
im Innern des Flughafens und sind damit überdacht und seitlich begrenzt. Die beabsichtigten Versammlungen sollen jedoch nicht
in eigenen, von den anderen Flughafengästen abgeschirmten Räumlichkeiten durchgeführt werden, sondern inmitten des allgemeinen
Flughafenpublikums, an das sich die kollektiven Meinungskundgaben richten. Im Sinne des Art. 8 Abs. 2 GG gelten deshalb Versammlungen
in derartigen Räumlichkeiten als "Versammlungen unter freiem Himmel", die nach allgemeinen Grundsätzen gesetzlich beschränkt
werden können.
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b) Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches können als ein die Versammlungsfreiheit beschränkendes Gesetz im Sinne des
Art. 8 Abs. 2 GG herangezogen werden. Das zivilrechtliche Hausrecht gemäß § 903 Satz 1, § 1004 BGB ist dementsprechend grundsätzlich
geeignet, Eingriffe in die Versammlungsfreiheit zu rechtfertigen. Unberührt bleiben hiervon die Versammlungsgesetze als maßgebliche
Rechtsgrundlage der Befugnisse der Versammlungsbehörden für alle Orte allgemeinen kommunikativen Verkehrs.
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aa) Der Gesetzesvorbehalt des Art. 8 Abs. 2 GG erlaubt es dem Gesetzgeber, Ermächtigungsgrundlagen zu schaffen, aufgrund derer
die Versammlungsfreiheit beschränkt werden kann. Der Gesetzgeber kann staatlichen Behörden die Befugnis einräumen, Versammlungen
unter bestimmten Bedingungen mit beschränkenden Verfügungen zu versehen oder sie erforderlichenfalls auch zu untersagen. Soweit
in dieser Weise spezifische hoheitliche Entscheidungsbefugnisse geschaffen werden und entsprechende Entscheidungen einseitig
durchsetzbar sind, verlangt Art. 8 Abs. 2 GG eine bewusste und ausdrücklich auf die Versammlungsfreiheit der Bürger bezogene
Regelung durch den Gesetzgeber. Die Eingriffsvoraussetzungen müssen in hinreichend bestimmter und normenklarer Weise zumindest
in den Grundzügen vom Gesetzgeber selbst festgelegt werden. Dem entspricht, dass für entsprechende Regelungen auch das Zitiergebot
des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG gilt und die in ihm liegende Warnfunktion entfaltet.
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Durch das Versammlungsgesetz des Bundes, das im Land Hessen gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG bis zur Ablösung durch ein Versammlungsgesetz
des Landes fortgilt, hat der Gesetzgeber von diesem Gesetzesvorbehalt Gebrauch gemacht. Das Versammlungsgesetz ist dabei nicht
auf Versammlungen im öffentlichen Straßenraum beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle öffentlichen Versammlungen, unabhängig
davon, ob sie auf privatem oder öffentlichem Grund stattfinden. Es findet damit auf Versammlungen im Frankfurter Flughafen
Anwendung.
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bb) Dies lässt unberührt, dass die öffentliche Hand, wenn sie in den Formen des Privatrechts handelt, Beschränkungen der Versammlungsfreiheit
zusätzlich auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, hier § 903 Satz 1, § 1004 BGB, stützen kann. Auch diese Vorschriften
füllen in diesem Fall Art. 8 Abs. 2 GG aus. Dem steht nicht entgegen, dass es sich insoweit nicht um versammlungsbezogene
Vorschriften handelt und damit deren Reichweite für Versammlungen durch den Gesetzgeber inhaltlich nicht näher präzisiert
ist. Da die öffentliche Hand hier wie jeder Private auf die allgemeinen Vorschriften des Zivilrechts zurückgreift, ihr also
keine spezifisch hoheitlichen Befugnisse eingeräumt werden und sie ihre Entscheidungen grundsätzlich auch nicht einseitig
durchsetzen kann, sind die sonst an Eingriffsgesetze zu stellenden Anforderungen zurückgenommen. Auch das Zitiergebot des
Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG kann gegenüber solchen unspezifischen Bestimmungen eine Warnfunktion nicht erfüllen und findet keine
Anwendung. Grundrechtseingriffe in Art. 8 Abs. 1 GG, die sich allein auf die allgemeinen Befugnisse des Privatrechts stützen,
sind damit nicht schon deshalb verfassungswidrig, weil es an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage fehlt. Dies ist die
Konsequenz dessen, dass der Staat überhaupt in den Formen des Privatrechts handeln darf.
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cc) Versammlungsbeschränkende Entscheidungen, die ein öffentliches beziehungsweise öffentlich beherrschtes Unternehmen allein
auf das Privatrecht stützt, vermögen die Eingriffsbefugnisse staatlicher Behörden gegenüber Versammlungen allerdings nicht
zu erweitern oder gar zu begründen. Soweit die Versammlungsbehörde in Bezug auf eine Versammlung im Flughafenbereich Entscheidungen
trifft oder die Vollzugspolizei zur Rechtsdurchsetzung einschreitet, haben diese zwar die Flughafenbetreiberin als Betroffene
grundsätzlich einzubeziehen und gegebenenfalls deren Einschätzungen - wie sie insbesondere in der Flughafenbenutzungsordnung
zum Ausdruck kommen - zu berücksichtigen, sind aber sachlich allein an die Vorgaben der für sie selbst geltenden Ermächtigungsgrundlagen
- und damit vorrangig an das Versammlungsgesetz - gebunden.
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3. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin jedoch in ihrem Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG, weil
sie ein unverhältnismäßiges Versammlungsverbot bestätigen.
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Wenn die staatlichen Organe versammlungsbeschränkende Gesetze gemäß Art. 8 Abs. 2 GG auslegen und anwenden, haben sie diese
stets im Lichte der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit im freiheitlich demokratischen Staat auszulegen und sich
bei ihren Maßnahmen auf das zu beschränken, was zum Schutz gleichwertiger Rechtsgüter notwendig ist (vgl. BVerfGE 69, 315
349>). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist hierbei strikt zu beachten. Die angegriffenen Entscheidungen halten diesen
Anforderungen nicht stand.
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a) Eingriffe in die Versammlungsfreiheit bedürfen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eines legitimen Zwecks. Ein Verbot,
sich auf dem Flughafengelände zu versammeln, kann nicht schlichtweg auf ein dem Belieben der Beklagten unterliegendes privatautonomes
Bestimmungsrecht über die Nutzung ihres Privateigentums gestützt werden. Die Grundrechtsbindung der Beklagten und die ihr
fehlende Befugnis, sich im Verhältnis zu anderen Privaten auf ihr Eigentumsgrundrecht zu berufen, bedingen, dass § 903 Satz
1 BGB hier nicht wie zwischen Privaten als Ausdruck einer privatautonomen, grundsätzlich im Gutdünken stehenden Entscheidungsfreiheit
des Eigentümers Anwendung findet, sondern als Ermächtigungsnorm zur Verfolgung legitimer Zwecke des gemeinen Wohls in Ausfüllung
der Schranken der Versammlungsfreiheit. Der Rückgriff auf § 903 Satz 1 BGB bedarf deshalb einer auf solche Aufgaben bezogenen
funktionalen Einbindung und ist nur dann gerechtfertigt, wenn er zum Schutz individueller Rechtsgüter oder zur Verfolgung
legitimer, hinreichend gewichtiger öffentlicher Zwecke des gemeinen Wohls dient.
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Bei Versammlungen, die im Bereich eines Flughafens durchgeführt werden, gehören hierzu vor allem die Sicherheit und Funktionsfähigkeit
des Flughafenbetriebs. Ein Flughafen ist ein Verkehrsknotenpunkt für Güter- und Personenströme, er ist in ein komplexes System
globaler Netzwerke eingebunden und baut auf die einwandfreie Funktionstüchtigkeit sensibler technischer Vorrichtungen und
den reibungslosen Ablauf logistischer Prozesse, die im Falle der Störung oder gar des Versagens zum Verlust von unter Umständen
elementaren Rechtsgütern führen können. Beeinträchtigungen im Betriebsablauf können daher eine unbestimmte Zahl von Menschen
empfindlich treffen. Angesichts der hieraus folgenden spezifischen Gefährdungslage, die sich gegebenenfalls aus der unmittelbaren
Verbindung von als Räume öffentlicher Kommunikation ausgestalteten Bereichen des Flughafens mit den der Verkehrsfunktion dienenden
Einrichtungen noch verstärken kann, gewinnen die Sicherheit und die Funktionsfähigkeit des Flughafenbetriebs erhebliches Gewicht
und können Einschränkungen der Versammlungsfreiheit rechtfertigen. Maßnahmen, die der Sicherheit und Leichtigkeit der Betriebsabläufe
sowie dem Schutz der Fluggäste, der Besucher oder der Einrichtungen des Flughafens dienen, können folglich grundsätzlich auf
das Hausrecht gestützt werden.
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b) Versammlungsbeschränkungen müssen zur Erreichung dieser Zwecke nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit weiterhin geeignet,
erforderlich und angemessen sein. Dabei haben die auf der Grundlage des Hausrechts ergehenden Maßnahmen der grundlegenden
Bedeutung der Versammlungsfreiheit im freiheitlich demokratischen Staat Rechnung zu tragen. Es gelten grundsätzlich die für
die Schranken der Versammlungsfreiheit auch sonst geltenden verfassungsrechtlichen Maßgaben. Diese ermöglichen es, der besonderen
Gefährdungslage eines Flughafens wirksam Rechnung zu tragen. Versammlungsbeschränkende Maßnahmen können zur Gewährleistung
der Funktionsfähigkeit des komplexen logistischen Systems eines Flughafens im Einzelfall unter weniger strengen Bedingungen
erlassen werden, als dies für entsprechende Versammlungen im öffentlichen Straßenraum möglich wäre.
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aa) Gemäß Art. 8 Abs. 1 GG ist die Durchführung von Versammlungen grundsätzlich ohne Anmeldung oder Erlaubnis gewährleistet.
Versammlungen können danach nicht unter einen generellen Erlaubnisvorbehalt gestellt werden. Jedenfalls gegenüber einem unmittelbar
grundrechtsgebundenen Rechtsträger scheidet damit eine allgemeine Erlaubnispflicht von Versammlungen für die dem allgemeinen
kommunikativen Verkehr eröffneten Flächen in einem Flughafen auch auf der Grundlage des Hausrechts aus. Demgegenüber unterliegt
eine Anzeigepflicht - auch bei dem Flughafenbetreiber - grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, zumal sie hier
auch kurzfristig vor Ort erfolgen kann. Verhältnismäßig ist diese jedoch nur, sofern sie nicht ausnahmslos gilt, sondern Spontan-
oder Eilversammlungen zulässt, und ein Verstoß gegen die Anmeldepflicht nicht automatisch das Verbot der Versammlung zur Folge
hat (vgl. BVerfGE 69, 315 350 f.>; 85, 69 74 f.>).
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Eine Untersagung einer Versammlung kommt nur in Betracht, wenn eine unmittelbare, aus erkennbaren Umständen herleitbare Gefahr
für mit der Versammlungsfreiheit gleichwertige, elementare Rechtsgüter vorliegt. Für das Vorliegen der "unmittelbaren" Gefährdung
bedarf es einer konkreten Gefahrenprognose. Bloße Belästigungen Dritter, die sich aus der Gruppenbezogenheit der Grundrechtsausübung
ergeben und sich ohne Nachteile für den Versammlungszweck nicht vermeiden lassen, reichen hierfür nicht. Sie müssen in der
Regel hingenommen werden. Sind unmittelbare Gefährdungen von Rechtsgütern zu befürchten, ist diesen primär durch Auflagen
entgegenzuwirken. Die Untersagung einer Versammlung kommt als ultima ratio nur in Betracht, wenn die Beeinträchtigungen anders
nicht verhindert werden können (vgl. BVerfGE 69, 315 353>).
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Diese Grundsätze hindern nicht, dass dem besonderen Gefahrenpotential von Versammlungen in einem Flughafen in spezifischer
Weise begegnet und die Rechte anderer Grundrechtsträger berücksichtigt werden können. Insbesondere erlaubt es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
ohne Weiteres, etwa die räumliche Beengtheit der Terminals auf den jeweiligen Stufen der Abwägung in Rechnung zu stellen.
Deshalb kann in einem Flughafen eine die dortigen räumlichen Verhältnisse sprengende Großdemonstration untersagt beziehungsweise
auf andere Stätten verwiesen werden - ebenso wie das etwa in einer engen Fußgängerzone oder einer dicht bebauten historischen
Altstadt möglich wäre; dabei kann die Teilnehmerzahl in einer den örtlichen Gegebenheiten gerecht werdenden Weise begrenzt
werden. Auch liegt auf der Hand, dass in einem Flughafen bestimmte Formen, Mittel oder Geräuschpegel von Versammlungen eher
Gefährdungen auslösen und damit leichter begrenzt werden können als bei entsprechenden Versammlungen auf einem Marktplatz
oder einer öffentlichen Festwiese. Ebenso rechtfertigt die besondere Störanfälligkeit eines Flughafens in seiner primären
Funktion als Stätte zur Abwicklung des Luftverkehrs Einschränkungen, die nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit im öffentlichen
Straßenraum nicht hingenommen werden müssten. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen, die die Beachtung der besonderen Sicherheitsanforderungen
des Flughafens sicherstellen. Außerdem können Blockadewirkungen zur Gewährleistung der Sicherheit und Funktionsfähigkeit des
Flughafens in weitergehendem Umfang verhindert werden als auf öffentlichen Straßen. So können zum Beispiel unüberschaubare,
über eine begrenzte Zahl hinausgehende Spontanversammlungen unterbunden werden, wenn sie mangels hinreichender Möglichkeit
zu sachgerechten Vorkehrungen des Flughafenbetreibers unbeherrschbar zu werden drohen. Freilich sind demgegenüber auch in
einem Flughafen Belästigungen des Publikums durch Versammlungen in gewissem Umfang grundsätzlich hinzunehmen.
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bb) Inhaltlich nähern sich damit die Handlungsmöglichkeiten, die der Beklagten als unmittelbar an die Grundrechte gebundenem
Rechtsträger auf der Grundlage des Hausrechts zur Verfügung stehen, der Reichweite der Befugnisse der Versammlungsbehörden.
Jedenfalls können ihre zivilrechtlichen Befugnisse grundsätzlich nicht so ausgelegt werden, dass sie über die den Versammlungsbehörden
verfassungsrechtlich gesetzten Grenzen hinausreichen. Dies hindert die Beklagte allerdings nicht, Beschränkungen der Versammlungsfreiheit,
die den dargelegten verfassungsrechtlichen Maßgaben entsprechen, für den Flughafen näher zu konkretisieren und generalisierend
auf der Grundlage ihres Hausrechts in einer Flughafenbenutzungsordnung niederzulegen. Sie kann so für die Wahrnehmung des
Versammlungsrechts im Flughafen transparente Regeln schaffen, die an die räumlichen Gegebenheiten und insbesondere an die
spezifischen Funktionsbedingungen wie Gefahrenlagen angepasst sind. In Betracht kommen etwa an die tatsächlichen Verhältnisse
anknüpfende, klarstellende Abgrenzungen zwischen multifunktionalen Verkehrsflächen und speziellen Funktionsbereichen, die
Bezeichnung von Zonen, in denen Versammlungen grundsätzlich die Sicherheit des Flugbetriebs unmittelbar gefährden, oder auch
ein Verbot des Mitführens von Gegenständen wie etwa Trillerpfeifen, Trommeln oder Megafonen, sofern diese erhebliche Beeinträchtigungen
der Sicherheit oder Funktionsfähigkeit des Flughafenbetriebs besorgen lassen. Auch kann sie etwa eine - die Anmeldepflicht
bei den Versammlungsbehörden ergänzende - Anzeigepflicht beim Flughafenbetreiber vorsehen.
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Solche allein auf dem Hausrecht beruhenden Regeln bleiben freilich auf privatrechtliche Wirkungen beschränkt. Sie lassen die
hoheitlichen Befugnisse der Versammlungsbehörden und der Einsatzkräfte der Vollzugspolizei vor Ort ebenso unberührt wie deren
Verantwortung für die Auslegung dieser Befugnisse. Allerdings können die Behörden die Bestimmungen einer solchen Benutzungsordnung
im Rahmen ihrer versammlungsrechtlichen Befugnisse als Regelvermutungen für die Erfordernisse der Sicherheit und Funktionsfähigkeit
des Flughafens typisierend zugrunde legen; sie müssen hierbei jedoch prüfen, ob diese den verfassungsrechtlichen Anforderungen
genügen oder ob im Einzelfall eine Situation vorliegt, die eine Abweichung hiervon erfordert.
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c) Die angegriffenen Entscheidungen genügen diesen Anforderungen nicht. Die umfassende Bestätigung des der Beschwerdeführerin
erteilten Flughafenverbots durch die Zivilgerichte ist - jedenfalls angesichts der unmittelbaren Grundrechtsbindung der Beklagten
- mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht vereinbar.
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Das von der Beklagten ausgesprochene Flughafenverbot untersagt der Beschwerdeführerin die Durchführung jeglicher Versammlungen
in allen Bereichen des Flughafens, sofern diese nicht vorher nach Maßgabe einer grundsätzlich freien Entscheidung von der
Beklagten erlaubt werden. Es beschränkt sich folglich nicht auf die Abwehr konkret drohender Gefahren für mit der Versammlungsfreiheit
gleichwertige, elementare Rechtsgüter, sondern versteht sich als generelles Demonstrationsverbot gegenüber der Beschwerdeführerin.
Ein solches Verständnis legt auch der Bundesgerichtshof dem Flughafenverbot zugrunde. Zwar bezieht er sich zur Begründung
seiner Entscheidung auch auf konkrete, früher von der Beschwerdeführerin durchgeführte Versammlungen und stellt darauf ab,
dass die Beklagte als Flughafenbetreiberin "vergleichbare Aktionen" (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2006 - V ZR 134/05 -,
NJW 2006, S. 1054 1056>) nicht dulden müsse. Er leitet hieraus jedoch das berechtigte Interesse der Flughafenbetreiberin
her, das Verbot insgesamt und ohne weitere Begrenzungen zu erlassen. Dieses erstreckt sich generell auf jede Art von Versammlung,
auf alle Bereiche des Flughafens und auf unbegrenzte Zeit. Die Beschwerdeführerin muss danach für künftige Versammlungen in
allen Bereichen des Flughafens um eine Erlaubnis nachsuchen. Dabei ist nicht erkennbar, unter welchen Bedingungen diese erteilt
würde; vielmehr wird hierbei der Beklagten ein im Grundsatz freies Entscheidungsrecht zuerkannt. Die gerichtliche Bestätigung
eines solch generellen Versammlungsverbots in dem zu weiten Teilen als öffentliches Forum ausgestalteten Flughafen genügt
den Verhältnismäßigkeitsanforderungen nicht.
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III.
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Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin zudem in ihrem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
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1. a) Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG schützt das Äußern einer Meinung nicht nur hinsichtlich ihres Inhalts, sondern auch hinsichtlich
der Form ihrer Verbreitung (vgl. BVerfGE 54, 129 138 f.>; 60, 234 241>; 76, 171 192>). Hierzu gehört namentlich das Verteilen
von Flugblättern, die Meinungsäußerungen enthalten. Geschützt ist darüber hinaus auch die Wahl des Ortes und der Zeit einer
Äußerung. Der sich Äußernde hat nicht nur das Recht, überhaupt seine Meinung kundzutun, sondern er darf hierfür auch die Umstände
wählen, von denen er sich die größte Verbreitung oder die stärkste Wirkung seiner Meinungskundgabe verspricht (vgl. BVerfGE
93, 266 289>).
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98
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Allerdings verschafft auch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG dem Einzelnen keinen Anspruch auf Zutritt zu ihm sonst nicht zugänglichen
Orten. Die Meinungsäußerungsfreiheit ist dem Bürger nur dort gewährleistet, wo er tatsächlich Zugang findet. Anders als im
Fall des Art. 8 Abs. 1 GG ist dabei die Meinungskundgabe aber nicht schon ihrem Schutzbereich nach auf öffentliche, der Kommunikation
dienende Foren begrenzt. Denn im Gegensatz zur kollektiv ausgeübten Versammlungsfreiheit impliziert die Ausübung der Meinungsfreiheit
als Recht des Einzelnen in der Regel keinen besonderen Raumbedarf und eröffnet auch nicht einen eigenen Verkehr, der typischerweise
mit Belästigungen verbunden ist. Vielmehr haben die Meinungsäußerungsfreiheit und das aus ihr folgende Recht der Verbreitung
von Meinungen keinen spezifischen Raumbezug. Als Individualrecht steht sie dem Bürger vom Grundsatz her überall dort zu, wo
er sich jeweils befindet.
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b) Die angegriffenen Entscheidungen bestätigen das von der Beklagten erteilte Flughafenverbot und legen dieses dahingehend
aus, dass der Beschwerdeführerin ein Betreten und eine Nutzung des Flughafens nur nach Maßgabe der Flughafenbenutzungsordnung
erlaubt sind, die ihrerseits das Verteilen von Flugblättern und sonstigen Druckschriften von einer vorab einzuholenden Erlaubnis
abhängig macht. Der Beschwerdeführerin wird damit der Zutritt zu dem - der Öffentlichkeit sonst allgemein zugänglichen - Flughafen
dann verwehrt, wenn sie dort Flugblätter verteilen will. Hierin liegt seitens der - unmittelbar grundrechtsgebundenen - Beklagten
ein Eingriff in die Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
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2. Die Meinungsfreiheit ist - wie die Versammlungsfreiheit - nicht unbeschränkt gewährleistet. Vielmehr findet sie ihre Schranken
in den allgemeinen Gesetzen. Zu diesen zählen insbesondere auch die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches einschließlich
des aus § 903 Satz 1 und § 1004 BGB abzuleitenden Hausrechts. Grundsätzlich kann damit die Beklagte Beschränkungen der Meinungskundgabe
im Bereich des Flughafens auf ihr Hausrecht stützen.
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101
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3. Gesetze, auf deren Grundlage die Meinungsfreiheit beschränkt wird, sind jedoch - wie für die Versammlungsfreiheit dargelegt
- ihrerseits im Lichte des eingeschränkten Grundrechts auszulegen. Hierbei ist der für eine freiheitlich demokratische Ordnung
konstituierenden Bedeutung der Meinungsfreiheit Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 7, 198 208 f.>; 101, 361 388>; stRspr).
Insbesondere sind die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu beachten.
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a) aa) Eingriffe in die Freiheit der Meinungskundgabe bedürfen zunächst eines legitimen Zwecks. Es gilt Entsprechendes wie
zur Versammlungsfreiheit: Auch für die Einschränkung der Meinungsfreiheit ist die Beklagte angesichts ihrer unmittelbaren
Grundrechtsbindung und der damit korrelierenden fehlenden Möglichkeit, sich im Verhältnis zur Beschwerdeführerin auf eigene
Grundrechte zu berufen, in der Ausübung ihres Hausrechts grundsätzlich begrenzt. Sie darf dieses nicht wie private Bürger
prinzipiell nach Gutdünken zur Durchsetzung ihrer Interessen verwenden. Vielmehr darf sie es nur insofern zur Unterbindung
von Meinungskundgaben ausüben, als dieses öffentlichen Interessen dient.
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Deshalb kann das Verbot des Verteilens von Flugblättern insbesondere auch nicht auf den Wunsch gestützt werden, eine "Wohlfühlatmosphäre"
in einer reinen Welt des Konsums zu schaffen, die von politischen Diskussionen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen
frei bleibt. Ein vom Elend der Welt unbeschwertes Gemüt des Bürgers ist kein Belang, zu dessen Schutz der Staat Grundrechtspositionen
einschränken darf (vgl. BVerfGE 102, 347 364>). Unerheblich sind folglich Belästigungen Dritter, die darin liegen, dass diese
mit ihnen unliebsamen Themen konfrontiert werden. Erst recht ausgeschlossen sind Verbote zu dem Zweck, bestimmte Meinungsäußerungen
allein deshalb zu unterbinden, weil sie von der Beklagten nicht geteilt, inhaltlich missbilligt oder wegen kritischer Aussagen
gegenüber dem betreffenden Unternehmen als geschäftsschädigend beurteilt werden.
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Nicht verwehrt ist es der Beklagten demgegenüber, kraft ihres Hausrechts das Verteilen von Flugblättern und sonstigen Formen
von Meinungsäußerungen insoweit einzuschränken, als dies zur Gewährleistung der Sicherheit und Funktionsfähigkeit des Flugbetriebs
erforderlich ist. Wie für die Versammlungsfreiheit liegt hierin auch im Hinblick auf die Meinungsäußerungsfreiheit ein gewichtiges
Gemeingut, das Grundrechtseingriffe rechtfertigen kann.
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bb) Die Einschränkungen der Meinungskundgabe müssen zur Erreichung des Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen sein.
Dies schließt es jedenfalls aus, das Verteilen von Flugblättern im Flughafen generell zu verbieten oder von einer Erlaubnis
abhängig zu machen. Demgegenüber sind Beschränkungen, die sich auf bestimmte Orte, Arten oder Zeitpunkte der Meinungskundgabe
beziehen, zur Verhinderung von Störungen nicht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Supreme Court of Canada, Committee for the
Commonwealth of Canada v. Canada, 1991> 1 S. C. R. 139, S. 86 ff.; Supreme Court of the United States, International Society
for Krishna Consciousness <ISKCON> v. Lee, 505 U.S. 672 1992>, S. 699 ff.). Wie im öffentlichen Straßenrecht kann die Nutzung
der Flughafenflächen zur Verbreitung von Meinungen nach Maßgabe funktionaler Gesichtspunkte begrenzt und geordnet werden.
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verbietet insoweit nicht, dass die Verbreitung von Meinungen partiell oder für bestimmte Formen untersagt
oder beschränkt wird. Es kommt hierbei nicht anders als im öffentlichen Straßenraum auf die räumlichen Verhältnisse und die
Beeinträchtigung der verschiedenen Nutzungszwecke, insbesondere auf die Abläufe in Bezug auf die Luftverkehrsfunktion des
Flughafens, an.
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Nach diesen Maßstäben ist die Beklagte nicht generell daran gehindert, zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Flughafenbetriebs
in bestimmten Bereichen wie beispielsweise auf der Luftseite hinter den Sicherheitskontrollen oder im Bereich von Rollbändern
das Verteilen von Flugblättern erlaubnispflichtig zu machen oder gegebenenfalls auch ganz zu untersagen. Demgegenüber ist
ein Verbot von Meinungskundgaben überhaupt oder auch eine umfassende Erlaubnispflicht, die das bloße Verteilen von Flugblättern
einschließt, jedenfalls in den Bereichen, die als Räume öffentlicher Kommunikation ausgestaltet sind, unverhältnismäßig. Hier
gelten für die unmittelbar an die Grundrechte gebundene Beklagte dieselben Grundsätze wie in Fußgängerzonen im öffentlichen
Straßenraum. Das Grundgesetz gewährleistet die Möglichkeit der öffentlichen Auseinandersetzung prinzipiell an allen Orten
allgemeinen kommunikativen Verkehrs. Werden solche Räume dem allgemeinen Zugang eröffnet, muss in ihnen auch den Kommunikationsgrundrechten
Rechnung getragen werden. Im Übrigen kommt es darauf an, wieweit die Meinungskundgabe die Funktionsabläufe nachhaltig zu stören
geeignet ist. Untersagt werden kann das Verteilen von Flugblättern im Einzelfall im Übrigen etwa auch dann, wenn diese ihrem
Inhalt nach darauf ausgerichtet sind, den Flughafenbetrieb zu behindern, und hierdurch ernsthafte Störungen konkret zu befürchten
sind; in Betracht kommt dieses etwa bei Aufrufen und Appellen zu Verstößen gegen die Sicherheitsbestimmungen des Flughafens
oder des Luftverkehrsrechts.
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b) Die angegriffenen Entscheidungen genügen diesen Anforderungen nicht. Sie bestätigen das Flughafenverbot auch mit Blick
auf das in ihm enthaltene generelle und unbegrenzte Verbot gegenüber der Beschwerdeführerin, künftig ohne vorherige Erlaubnis
im Frankfurter Flughafen Flugblätter zu verteilen. Unabhängig von der Rechtmäßigkeit der von der Beschwerdeführerin früher
durchgeführten Flugblattaktionen, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind, ist ein in dieser Art allgemeines
und von konkreten Störungen des Flughafenbetriebs unabhängiges Verbot unverhältnismäßig.
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IV.
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108
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Ob die angegriffenen Entscheidungen darüber hinaus weitere Grundrechte der Beschwerdeführerin verletzen, kann dahinstehen,
weil bereits die Verletzung von Art. 8 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidungen führt.
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V.
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Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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Die Entscheidung ist mit 7 : 1 Stimmen ergangen.
Abweichende Meinungen
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Ich stimme dem Urteil nicht zu. Die Verfassungsbeschwerde hätte nach meinem Erachten jedenfalls im Blick auf die geltend gemachte
Verletzung des Versammlungsgrundrechts ohne Erfolg bleiben müssen. Hierzu und zu weiteren aus meiner Sicht wesentlichen Erwägungen
des Urteils bemerke ich:
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Die unmittelbare Grundrechtsbindung der Fraport Aktiengesellschaft halte auch ich
im Ergebnis für richtig. Die von der Senatsmehrheit dafür gegebene Begründung ist jedoch nicht hinreichend differenziert, weil sie nicht
darauf abstellt, ob die verschiedenen öffentlichen Träger als Minderheitsgesellschafter die Koordinierung ihrer gesellschaftsrechtlichen
Einflusspotentiale sichergestellt haben. Die stattdessen angeführten Gründe sind nicht genügend tragfähig (I.). Die Ausdehnung
des Schutzbereichs des Grundrechts der Versammlungsfreiheit in die Abfertigungshallen des Flughafengebäudes des Frankfurter
Flughafens hinein als einem öffentlichen Forum überzeugt nicht (II.). Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu Art. 8 GG berücksichtigt
der Senat die Besonderheiten der räumlichen Enge und der Betriebsamkeit eines internationalen Großflughafens in seiner vielfältigen
Fragilität sowie das dort weitgehend unausweichliche Betroffensein einer ganz außergewöhnlich großen Zahl anderer Grundrechtsträger
nicht angemessen. Er gewichtet diese Umstände nicht realitätsgerecht (III.). Das Ergebnis, die Beanstandung der angegriffenen
zivilgerichtlichen Entscheidungen für die hier im Ausgangsverfahren in Rede stehende Kleinversammlung von nur wenigen Personen,
wäre bei insoweit zulässig erhobener Rüge auch unter Heranziehung des Gleichbehandlungsgrundsatzes begründbar gewesen, weil
die Fraport AG in der Vergangenheit auch andere kleinere und die Betriebsabläufe nicht störende Versammlungen geduldet oder
erlaubt hat (IV.).
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I.
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1. Die unmittelbare Grundrechtsbindung einer sogenannten gemischtwirtschaftlichen Aktiengesellschaft (hier: der Fraport AG)
als Folge einer Beherrschung durch verschiedene Träger staatlicher Gewalt, die je für sich jedoch - neben privaten Anteilseignern
- nur Minderheitsgesellschafter sind, lässt sich grundsätzlich nur dann begründen, wenn die öffentlichen Anteilseigentümer
ihre addierten Anteile am Grundkapital einer rechtlich verbindlichen Koordination ihrer Einflusspotentiale unterworfen haben
oder sonst ein Interessengleichlauf sichergestellt ist. Nur dann sind die Voraussetzungen einer Beherrschung (sogenannte Mehrmütterherrschaft)
erfüllt. Diese Voraussetzung, die auch in den vom Senat in Bezug genommenen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften angelegt
ist (vgl. § 17 AktG, Art. 2 Abs. 1 Buchstabe f Richtlinie 2004/109/EG), wird hier mit dem im Geschäftsbericht der Fraport
AG (im Abschnitt "Abhängigkeitsbericht") erwähnten Konsortialvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Hessen
und einer Beteiligungsgesellschaft der Stadt Frankfurt am Main erfüllt sein. Der Senat sieht indessen vom Erfordernis einer
solchen rechtsverbindlichen Vereinbarung zur Koordinierung der Einflusspotentiale ab und verlangt auch keine sonstige, in
den tatsächlichen Verhältnissen gründende ausreichend sichere Grundlage für eine Interessenkoordination, die im Gesellschaftsrecht
für die Annahme einer Beherrschung anerkannt ist (vgl. etwa Hüffer, AktG, 9. Aufl. 2010, § 17 Rn. 13 - 16). Dies wäre aber
erforderlich gewesen, um den Begriff der Beherrschung mit Substanz zu füllen.
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114
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Die Bundesrepublik Deutschland, das Land Hessen und über eine städtische Beteiligungsgesellschaft die Stadt Frankfurt am Main
waren bei Erteilung des Flughafenverbots im Jahr 2003 je für sich nur als Minderheitsgesellschafter an der Fraport AG beteiligt.
Gleiches gilt gegenwärtig noch für das Land und die mittelbar beteiligte Stadt. Es liegt auf der Hand, dass die "öffentlichen
Anteilseigentümer" - freilich je für sich grundrechtsgebunden - hinsichtlich des Flughafens divergierende, möglicherweise
sogar gegenläufige Interessen verfolgen können, zumal sie auch von politisch unterschiedlichen Mehrheiten bestimmt sein können.
Unter diesen Umständen geht es nicht an, die bloße Addition der Anteile verschiedener Träger staatlicher Gewalt unterschiedlicher
staatlicher Ebenen auf mehr als 50 % für die unmittelbare Grundrechtsbindung
der Gesellschaft selbst genügen zu lassen. Die vom Senat angenommene "Gesamtverantwortung" und "Beherrschung" läuft damit für den Ausgangsfall darauf
hinaus, allein den Entschluss zur Beteiligung an der Aktiengesellschaft als Grund für die "Gesamtverantwortung" heranzuziehen.
Das wird weder den gesellschaftsrechtlichen noch den lebenstatsächlichen Gegebenheiten gerecht.
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2. Die stattdessen vom Senat gegebene Begründung erscheint mir nicht genügend tragfähig:
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Die Senatsmehrheit erachtet die gesellschaftsrechtlichen Einwirkungsbefugnisse als vielfach beschränkt und geht ganz allgemein
davon aus, dass die Einwirkungsbefugnisse der öffentlichen Eigentümer bei von ihnen im Sinne einer summierten Anteilsmehrheit
beherrschten gemischtwirtschaftlichen Unternehmen - wohl unabhängig von der Gesellschaftsform - ungeeignet seien, die Grundrechtsbindung
solcher Unternehmen zu ersetzen. Deswegen statuiert sie die unmittelbare Grundrechtsbindung auch der Fraport AG als "vollziehende
Gewalt" im Sinne des Art. 1 Abs. 3 GG, um ein Einwirkungsdefizit auszugleichen oder von vornherein für unerheblich zu erachten.
Darin liegt ein argumentativer Bruch: Werden einerseits etwaige mangelnde Steuerungs- und Einwirkungsmöglichkeiten der staatlichen
Anteilseigner in Rechnung gestellt, leuchtet es nicht ein, andererseits gerade deshalb und auch für einen solchen Fall die
Aktiengesellschaft selbst der vollziehenden Gewalt im Sinne des Art. 1 Abs. 3 GG zuzuordnen.
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Die Senatsmehrheit erzeugt mit ihrer Begründung zugleich ein Spannungsverhältnis zu Art. 20 Abs. 2 GG. Danach ist die "vollziehende
Gewalt" als ausgeübte Staatsgewalt an die Legitimation durch das Volk gekoppelt. Mit der demokratischen Legitimation der "vollziehenden
Gewalt" verknüpft Art. 20 Abs. 2 GG das Gebot hinreichender Einflussmöglichkeiten. Ist das staatlich beherrschte gemischtwirtschaftliche
Unternehmen "vollziehende Gewalt", muss sein Handeln notwendig demokratisch hinreichend legitimiert sein (vgl. Dreier, in:
Dreier, GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 20 <Demokratie> Rn. 136 ff.). Unzureichende Einwirkungsmöglichkeiten der staatlichen
Träger gewährleisten indessen die demokratische Legitimation nicht genügend. Den Widerspruch zwischen der postulierten Grundrechtsbindung
wegen eines etwaigen Einwirkungsdefizits und einem gleichzeitig mit einem solchen Defizit verbundenen Mangel an demokratischer
Legitimation löst die Senatsmehrheit gerade bezogen auf den aktienrechtlichen Ausgangsfall nicht auf. Von ihrem Standpunkt
aus hätte sie sich aufgrund ihrer Prämisse, die öffentlichen Anteilseigentümer könnten auf die Geschäftsleitung der Fraport
AG möglicherweise nur unzureichend einwirken, überdies mit der Zulässigkeit insbesondere eines aktienrechtlichen Engagements
von Gebietskörperschaften in gemischtwirtschaftlichen Unternehmen sowie deren Voraussetzungen und näherer Ausgestaltung auseinandersetzen
müssen (vgl. dazu auch Dreier, a.a.O., Art. 20 <Demokratie> Rn. 138, 140).
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II.
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Die Ausdehnung des Schutzbereichs des Grundrechts der Versammlungsfreiheit in die Abfertigungshallen des Flughafengebäudes
des Frankfurter Flughafens hinein als einem öffentlichen Forum überzeugt nicht.
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1. Das Versammlungsgrundrecht verschafft kein Zutrittsrecht zu beliebigen Orten, gewährt insbesondere keinen Zutritt zu Orten,
die der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich sind oder zu denen schon den äußeren Umständen nach nur zu bestimmten Zwecken
Zugang gewährt wird. Von diesen Grundsätzen geht zunächst auch die Senatsmehrheit aus, erweitert jedoch das Zutrittsrecht
für Versammlungen auf sogenannte "öffentliche Foren", die der Öffentlichkeit allgemein eröffnet und zugänglich sind. Diese
will sie von Stätten abgegrenzt wissen, die der Allgemeinheit den äußeren Umständen nach nur zu ganz bestimmten Zwecken zur
Verfügung stehen oder
ganz überwiegend nur einer bestimmten Funktion dienen. Sie ordnet den landseitigen Bereich in den Abfertigungshallen eines Großflughafens der
Kategorie eines allgemein zugänglichen öffentlichen Forums zu und spricht dem Flughafenbetreiber insoweit das Recht zu einer
eingeschränkten Widmung ab, die Versammlungen ausschließt.
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120
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2. Schon auf der Grundlage dieser abstrakten Umschreibung des Schutzbereichs durch die Senatsmehrheit wären die Abfertigungshallen
eines Großflughafens vom Schutzbereich auszunehmen gewesen. Denn diese Flughafenterminals dienen
ganz überwiegend nur einer bestimmten Funktion, nämlich der Abfertigung von Flugreisenden; sie schaffen zwar auch weitere Angebote für diese,
für Abholer und Zubringer wie auch weitere Interessierte. Die dort vorhandene Gastronomie und die Ladengeschäfte dienen aber
ganz überwiegend der Versorgung der Reisenden, der Abholer und der Zubringer mit Reisebedarf nach den Standards des 21. Jahrhunderts
im internationalen Vergleich. Dass der Flughafenbetreiber die Laden- und Gastronomiebereiche auch offensiv bewirbt, ändert
angesichts des allgemeinen Eindrucks und der alle anderen Besucherzahlen in den Hintergrund drängenden Zahlen von Fluggästen
und Bring- wie Abholbegleitern eines Großflughafens nichts daran, dass die "Funktion Flughafen" absolut dominant ist. Die
Terminals stehen also
ganz überwiegend nur zu bestimmten Zwecken zur Verfügung; der beworbene "Marktplatz- und Forumscharakter" ändert daran nichts. Unter diesen
Umständen kann von einem Kommunikationsforum, das öffentlichen Straßen und Plätzen vergleichbar wäre, keine Rede sein.
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3. Überdies leuchtet nicht ein, dass der grundrechtsgebundene Flughafenbetreiber mit der grundsätzlichen Öffnung der Terminals
für die Allgemeinheit sein Recht einbüßen sollte, bestimmte Nutzungsarten auszuschließen. Das überzeugt schon deshalb nicht,
weil der Senat selbst für bestimmte Funktionsbereiche ausdrücklich eine einschränkende, willensentschließungsgestützte Zweckbestimmung
nach wie vor - auf Grundlage des zivilrechtlichen Eigentums - für statthaft erachtet.
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Der Senat führt für die Ausweitung des Schutzbereichs im Kern nur die Erwägung an, es werde "heute die Kommunikationsfunktion
der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze" zunehmend durch öffentliche Foren im Sinne der Definition der Senatsmehrheit "ergänzt".
Dies ist eine wertende Betrachtung, die gegenwärtig empirisch nicht genügend belegt ist. Seit langem sind großen Bahnhöfen
oder Flughäfen Ladenpassagen und Gastronomiebetriebe eingegliedert - vornehmlich zur Deckung von Reisebedürfnissen -, ohne
dass dies bislang als eine beachtliche "Kommunikationsraumkonkurrenz" zum öffentlichen Straßenraum als Versammlungsort angesehen
worden wäre oder gar zu einer Entwertung des öffentlichen Straßenraums als Versammlungsort geführt hätte. Gegenwärtig besteht
kein Anlass zu befürchten, die Kommunikationsfunktion der herkömmlich im Allgemeingebrauch befindlichen öffentlichen Straßenräume
werde ausgehöhlt oder gar systematisch zurückgeführt. Sollten sich in Zukunft Anhaltspunkte dafür ergeben, der Staat suche
durch eine formelle oder materielle Privatisierung des öffentlichen Raums die für Versammlungen zur Verfügung stehenden Flächen
merklich zu beschneiden, oder sollte eine Entwicklung eintreten, die die Bedeutung des öffentlichen Straßenraums als Versammlungsstätte
sonst spürbar schmälert, mag dies Anlass für eine Neubewertung sein. Derzeit rechtfertigen die tatsächlichen Gegebenheiten
die von der Senatsmehrheit vollzogene Ausdehnung des Schutzbereichs nicht.
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4. Die Urteilsgründe befördern ein Verständnis, das die Einbeziehung auch ausschließlich privat getragener Foren in den Schutzbereich
des Versammlungsgrundrechts nahelegt. Das ergibt sich schon daraus, dass sie im Zusammenhang mit der Frage der Grundrechtsbindung
wie auch der Öffnung sogenannter Foren die Inpflichtnahme (ausschließlich) privater Eigentümer erwähnen, obwohl der Ausgangsfall
- zumal nach der ausführlichen Begründung für die unmittelbare Grundrechtsbindung der Fraport AG - an sich keinen Anlass bietet,
hierauf einzugehen. Dabei wird weitgehend ausgeblendet, dass bei solcher Fallgestaltung das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 GG)
eine grundrechtliche Gegenposition verbürgt, auf die sich unmittelbar grundrechtsgebundene, "öffentlich beherrschte" Unternehmen
nicht berufen können. Dessen ungeachtet würde die Kollisionslage zwischen beiden Grundrechten durch die in Rede stehende Ausweitung
des Schutzbereichs des Art. 8 GG generell auch auf die allgemeinen Verkehrsflächen von Foren wie Einkaufszentren, Ladenpassagen
und Begegnungsstätten von vornherein auf der Schutzbereichsebene zugunsten des Versammlungsgrundrechts vorentschieden. Das
Eigentumsgrundrecht könnte bei einer solchen Sichtweise wohl allein noch auf der Rechtfertigungsebene in Bezug auf die Art
und Weise der Durchführung der Versammlung berücksichtigt werden. Da in den Urteilsgründen angedeutet wird, dass möglicherweise
auch Private einer der staatlichen Gewalt ähnlichen oder angenäherten Grundrechtsbindung unterzogen werden könnten, würde
das im Ergebnis dazu führen, den privaten Eigentümer trotz einer nur mittelbaren Drittwirkung so in die Pflicht zu nehmen,
als gelte Art. 8 GG ihm gegenüber unmittelbar mit dem von der Senatsmehrheit ausgedehnten Schutzbereich. Eine tragfähige Rechtfertigung
dafür bleibt offen.
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Die in den Urteilsgründen mit den obiter dicta zur Inpflichtnahme Privater und zu der ganz allgemeinen Einbeziehung auch von
Foren in "Einkaufszentren, Ladenpassagen und Begegnungsstätten" angelegte Erstreckung des Schutzbereichs des Versammlungsgrundrechts
auch auf Foren in ausschließlich privater Trägerschaft deutet im Übrigen darauf hin, dass die Senatsmehrheit die rechtspolitischen
Vorstellungen, die der Arbeitskreis Versammlungsrecht seinem Musterentwurf eines Versammlungsgesetzes zugrunde gelegt hat
(vgl. Arbeitskreis Versammlungsrecht, Musterentwurf eines Versammlungsgesetzes, Enders/Hoffmann-Riem/ Kniesel/Poscher/Schulze-Fielitz
<Hrsg.>, 2011, dort § 21 und S. 60 ff.), im Wege der Verfassungsinterpretation aufgreift.
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III.
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Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu Art. 8 GG berücksichtigt der Senat - auf der Grundlage seines Schutzbereichsverständnisses
- die Besonderheiten der räumlichen Enge und der Betriebsamkeit eines internationalen Großflughafens in seiner vielfältigen
Fragilität sowie das hier weitgehend unausweichliche Betroffensein einer ganz außergewöhnlich großen Zahl anderer Grundrechtsträger
nicht angemessen und gewichtet dies nicht realitätsgerecht.
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Die Senatsmehrheit erstreckt den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit auf ein "öffentliches Forum", das mangels funktional-räumlicher
Abgrenzung in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den landseitigen Funktionsflächen des größten internationalen Verkehrsflughafens
der Bundesrepublik Deutschland steht. Mit den landseitigen Bereichen der Abfertigungsterminals wird eine Versammlungsstätte
an einem Ort eröffnet, der durch eine dem Reisefieber geschuldete Betriebsamkeit auf engstem, umbautem Raum gekennzeichnet
ist und wegen seiner herausragenden Bedeutung für den Passagierflugverkehr als "Drehkreuz" weltweit Bedeutung hat. Eine bloß
geringfügige Beeinträchtigung kann schnell in eine erhebliche, weitgreifende Betriebsstörung umschlagen, die dann - zumal
beim Erforderlichwerden der Schließung eines Terminals - wegen der dichten Vernetzung des Luftverkehrs auf viele andere Flughäfen
und deren Passagiere überwirken kann (Kettenreaktion). Wegen der weitgehenden Unausweichlichkeit beeinträchtigender Folgen
für eine außergewöhnlich große Zahl von Flugreisenden und damit anderen Grundrechtsträgern, die von ihrer Freizügigkeit und
allgemeinen Handlungsfreiheit Gebrauch machen wollen, können diese durch Störungen der Funktionsabläufe und eine etwa erforderlich
werdende Schließung des Terminals eines Großflughafens nach Zahl und Intensität weit empfindlicher getroffen werden, als das
bei Versammlungen auf öffentlichen Straßen und Plätzen regelmäßig der Fall ist. Angesichts der Enge und Dichte von Menschenansammlungen,
die mit vielfach geschäftiger Betriebsamkeit einhergeht, liegt zudem auf der Hand, dass Versammlungen, die über solche von
kleinen, überschaubaren Gruppen hinausgehen, zu Abwehr- und Unmutsreaktionen sich behindert fühlender, eiliger Fluggäste führen
können. Weiter liegt nahe, dass Flucht- und Rettungswege verstellt werden und schon ein räumliches Ausweichen bei Versammlungen,
die erheblichen Zulauf erfahren, anders als unter wirklich freiem Himmel nur begrenzt möglich erscheint. Überdies scheint
mir die von der Senatsmehrheit in Betracht gezogene Auflösung einer "zu groß werdenden" Versammlung in einem Terminal unter
den Gegebenheiten besonderer Enge bei realitätsgerechter Betrachtung mit weiteren großen Risiken verbunden.
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Hinzu kommt, dass die Erweiterung des Schutzbereichs auf das Innere der Terminals gerade wegen der Fragilität des Systems
"Großflughafen" und der Vielzahl der für das Versammlungsziel erreichbaren Menschen eine besonders große Medienwirkung und
eine Vervielfachung des kund getragenen Anliegens verspricht, den Großflughafen also als Versammlungsort in spezifischer Weise
besonders "attraktiv macht". Gerade deshalb bedarf er im Blick auf die Grundrechte der ihn - im Sinne seiner eigentlichen
Bestimmung - nutzenden anderen Grundrechtsträger eines besonderen Schutzes. Diese Umstände erkennt grundsätzlich auch die
Senatsmehrheit an und erachtet versammlungsbeschränkende Maßnahmen unter weniger strengen Bedingungen als im öffentlichen
Straßenraum für möglich. Darüber hinaus hätte indes Anlass bestanden, stringentere, vor allem konkretere Hinweise zu ortsspezifischen
Einschränkungsmöglichkeiten bei der Durchführung von Versammlungen zu geben. Deshalb wäre es meines Erachtens auch vom Standpunkt
des Senats aus angezeigt gewesen, die Befugnis des Gesetzgebers zu verdeutlichen, für solche speziellen, in vielfältiger Hinsicht
fragilen "Foren" unter Beachtung des Gewichts des Grundrechts der Versammlungsfreiheit, aber im Blick auf die hier in besonderer
Weise zu beachtenden Grundrechte Dritter auch schon im Versammlungsrecht selbst ein deutlich einschränkenderes Regime einführen
zu können. Dabei sollte es dem Gesetzgeber möglich sein, ähnlich wie dem Flughafenbetreiber in seiner Flughafenbenutzungsordnung,
auch zu generalisierenden Regelungen zu greifen, die sich von einer konkreten Gefahrenprognose lösen dürfen. Darüber hinaus
wäre es geboten gewesen, die Anforderungen an die Friedlichkeit einer Versammlung im Hinblick auf den konkreten Versammlungsort
näher zu konkretisieren. Es hätte weiter der Klarstellung bedurft, dass zulässige Beschränkungen der Versammlungsfreiheit
etwa von vornherein zahlenmäßige Begrenzungen auf Kleingruppen und den Ausschluss von Umzügen in den Flughafengebäuden vorsehen
können.
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IV.
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Die in Betracht zu ziehende Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) bei der Ausübung des Hausrechts
durch die Fraport AG hätte der Verfassungsbeschwerde zum Erfolg verhelfen können, weil der Flughafenbetreiber zuvor andere
kleinere Versammlungen geduldet hatte. Eine entsprechende Rüge ist indessen mit der Verfassungsbeschwerdeschrift nicht in
zulässiger Weise erhoben worden.