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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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Ziff. 8.2.2. RS 2022/10
Ziff. 8.2.2. RS 2022/10, Ereignisse, die keine allgemeine Bindungsfrist auslösen
(1) Die Bindungswirkung des Krankenkassenwahlrechts knüpft nach einer ausdrücklichen Formulierung in der Neufassung des § 175 Absatz 4 Satz 1 SGB V an die eigenständige Wahl des Mitglieds an. Durch die Gesetzesänderung wird dem bisherigen, durch die Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 8. 10. 1998 — B 12 KR 11/98 R —, USK 9834), geprägten Verfahren, wonach auch eine wahlersetzende Anmeldung der zur Meldung verpflichteten Stelle eine Bindungsfrist auslöst, die Grundlage entzogen. Eine Anmeldung durch die zur Meldung verpflichtete Stelle im Falle einer unterlassenen Ausübung des Wahlrechts durch das Mitglied löst für sich gesehen somit keine Bindung an die Krankenkasse aus. Dieser Grundsatz gilt unabhängig davon, ob es sich um eine Anmeldung bei der letzten Krankenkasse nach § 175 Absatz 3 Satz 2 1. Halbsatz SGB V oder um eine Wahl des Arbeitgebers nach Maßgabe des § 175 Absatz 3 Satz 2 2. Halbsatz SGB V handelt.
(2) Im Übrigen findet der o. g. Grundsatz auch dann Anwendung, wenn ungeachtet der "Auffangregelung" des § 175 Absatz 3 Satz 2 1. Halbsatz SGB V sich das Mitglied bewusst für eine Mitgliedschaft bei der bisherigen Krankenkasse entscheidet. Im Interesse der Gleichbehandlung aller Versicherten gilt daher, dass auch in diesem Fall keine neue Bindungsfrist entsteht. Dies gilt unabhängig davon, ob das Mitglied bei der Krankenkasse zuletzt im Rahmen einer Mitgliedschaft oder Familienversicherung versichert war. Ebenso ist ohne Bedeutung, wie lange die letzte Versicherung bei dieser Krankenkasse zurückliegt.
(3) Im Ergebnis können alle Personen, die bei Eintritt der Versicherungspflicht, sei es durch die Anmeldung der zur Meldung verpflichteten Stelle oder durch eine Willenserklärung gegenüber der bisherigen Krankenkasse, Mitglied dieser Krankenkasse werden bzw. bleiben, sofort wieder vom Krankenkassenwahlrecht Gebrauch machen und — unter Einhaltung der allgemeinen Kündigungsfrist — die Krankenkasse wechseln. Die vorangegangenen Bindungsfristen spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle, weil sie entweder durch die Beendigung der vorangegangenen Mitgliedschaft erloschen sind oder im Falle der vorangegangenen Familienversicherung nicht gegeben waren.
Beispiel 1:
Wechsel zur Krankenkasse A bei unverändertem Versicherungsverhältnis (versicherungspflichtige Beschäftigung) | zum 1. 3. 2023 |
Aufgabe der bisherigen Beschäftigung | zum 30. 6. 2023 |
und Aufnahme einer neuen versicherungspflichtigen Beschäftigung, verbunden mit dem Verbleib bei der Krankenkasse A | zum 1. 7. 2023 |
Wahl der Krankenkasse B zum frühestmöglichen Termin | am 3. 9. 2023 |
Beurteilung:
Der Wechsel zur Krankenkasse A zum 1. 3. 2023 hat zunächst eine 12-monatige Bindungsfrist ausgelöst. Diese ist jedoch aufgrund der Beendigung der Mitgliedschaft kraft Gesetzes zum 30. 6. 2023 erloschen. Das Mitglied kann daher die Krankenkasse im Kündigungsverfahren ohne Rücksicht auf die Bindungsfrist und lediglich unter Einhaltung der Kündigungsfrist wechseln. Der Krankenkassenwechsel ist zum 1. 12. 2023 möglich.
(4) Die vorstehenden Ausführungen gelten bei einer wahlersetzenden Anmeldung durch die Meldestelle im Fall der Schließung oder Insolvenz einer Krankenkasse (vgl. Abschnitt 9.2) nach § 175 Absatz 3a Satz 2 SGB V entsprechend.
(5) Außerdem wird keine neue Bindungsfrist ausgelöst, wenn sich lediglich die Grundlage für eine freiwillige Mitgliedschaft ändert (z. B. Beendigung einer versicherungsfreien Beschäftigung und Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit).
(6) Durch den Widerruf einer Kündigung (vgl. Abschnitt 7.4) wird ebenfalls keine neue Bindungsfrist ausgelöst.
(7) Schließt sich eine freiwillige Mitgliedschaft im Rahmen der obligatorischen Anschlussversicherung unmittelbar an eine zuvor kraft Gesetzes beendete Pflichtversicherung oder Familienversicherung an, gilt der Grundsatz, dass Mitglieder, deren Mitgliedschaft sich im Rahmen der obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Absatz 4 SGB V fortsetzt, zunächst Mitglied der Krankenkasse bleiben, bei der zuvor die Versicherung bestanden hat. Da insoweit ein Krankenkassenwahlrecht nicht eingeräumt wird, beginnt mit Beginn der freiwilligen Mitgliedschaft im Rahmen der obligatorischen Anschlussversicherung auch keine erneute 12-monatige Bindungsfrist. Dies führt dazu, dass die Betroffenen ihre — nach § 188 Absatz 4 SGB V zustande gekommene — freiwillige Mitgliedschaft ohne Beachtung der Bindungsfrist sofort, jedoch unter Einhaltung der allgemeinen Kündigungsfrist, kündigen bzw. beim Eintritt der Versicherungspflicht im weiteren Verlauf der Mitgliedschaft die Krankenkasse ohne Kündigung — entsprechend den allgemein gültigen Grundsätzen (vgl. Abschnitt 3.3) — sofort wechseln können. Diese Bewertung gilt unabhängig davon, ob zuletzt vor Beginn der obligatorischen Anschlussversicherung eine Pflicht- oder Familienversicherung bestanden hat.
Beispiel 2:
Obligatorische Anschlussversicherung nach § 188 Absatz 4 SGB V bei der Krankenkasse A seit dem 1. 5. 2023. Zuvor bestand bei dieser Krankenkasse seit dem 1. 12. 2022 eine Pflichtmitgliedschaft aufgrund einer Beschäftigung. Im August 2023 wählt die betroffene Person die Krankenkasse B für die Durchführung der freiwilligen Mitgliedschaft zum schnellstmöglichen Termin.
Beurteilung:
Da die 3-monatige Frist für die Ausübung des sofortigen Krankenkassenwahlrechts aus Anlass des Beginns der Versicherungsberechtigung zum 1. 5. 2023 (die Erfüllung der Vorversicherungszeit vorausgesetzt) bereits abgelaufen ist, ist der Krankenkassenwechsel nur im Kündigungsverfahren möglich. Es besteht keine Bindungsfrist bei der Krankenkasse A. Unter Beachtung der Kündigungsfrist kann die betroffene Person zum 1. 11. 2023 Mitglied der Krankenkasse B werden. Da die betroffene Person zum Zeitpunkt des angestrebten Krankenkassenwechsels zu der Krankenkasse B bereits zum Personenkreis der freiwilligen Mitglieder gehört, ist es im Übrigen ohne Bedeutung, ob die Vorversicherungszeit erfüllt ist.
Beispiel 3:
Obligatorische Anschlussversicherung nach § 188 Absatz 4 SGB V bei der Krankenkasse A seit dem 1. 12. 2022. Zuvor bestand bei dieser Krankenkasse seit dem 1. 11. 2022 eine Pflichtmitgliedschaft aufgrund eines Arbeitslosengeldbezugs. Aus Anlass der Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zum 1. 5. 2023 möchte die betroffene Person Mitglied der Krankenkasse B werden.
Beurteilung:
Der Krankenkassenwechsel zum 1. 5. 2023 ist möglich. Es sofortiges Krankenkassenwahlrecht besteht ohne Rücksicht darauf, ob die allgemeine Bindungsfrist bei der Krankenkasse A erfüllt ist.
(8) Die vorgenannten Beurteilungsgrundsätze gelten auch für Personen, die der Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 Buchstabe a SGB V unterliegen. Für sie gilt nach § 174 Absatz 5 SGB V, dass sie zunächst Mitglieder der Krankenkasse werden, bei der zuletzt die Versicherung bestanden hat. Da zum Beginn der Mitgliedschaft insoweit ein Krankenkassenwahlrecht nicht eingeräumt wird, wird durch Beginn der Auffang-Versicherungspflicht keine 12-monatige Bindungsfrist ausgelöst. Nach der Begründung der Mitgliedschaft nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 Buchstabe a SGB V können die Betroffenen die Krankenkasse ohne Beachtung der Bindungsfrist sofort — unter Einhaltung der allgemeinen Kündigungsfrist — im Kündigungsverfahren wechseln. Dies gilt unabhängig davon, ob die Betroffenen zuletzt vor dem Eintritt der Versicherungspflicht (und ggf. vor den Zeiten der anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall außerhalb der GKV) als Mitglied oder im Rahmen einer Familienversicherung versichert waren. Durch die Ausübung des Krankenkassenwahlrechts im späteren Verlauf der Mitgliedschaft der nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V Versicherungspflichtigen wird die Bindungsfrist bei der neu gewählten Krankenkasse ausgelöst.
Beispiel 4:
Mitgliedschaft bei der Krankenkasse A aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung | vom 1. 7. 2022 bis 31. 12. 2022 |
Auslandsaufenthalt im vertragslosen Ausland und private Auslandskrankenversicherung | vom 1. 1. 2023 bis 30. 6. 2023 |
Rückkehr nach Deutschland und Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 Buchstabe a SGB V | ab 1. 7. 2023 |
Beurteilung:
Zuständig für die Durchführung der versicherungspflichtigen Mitgliedschaft ab dem 1. 7. 2023 ist die Krankenkasse A. Das Mitglied kann die Krankenkasse im Kündigungsverfahren sofort — unter Einhaltung der Kündigungsfrist — wechseln. Erfolgt der Wechsel zu einer anderen Krankenkasse, ist für die neu begründete Mitgliedschaft die Bindungsfrist von 12 Monaten wiederum zu beachten.
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