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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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Ziff. B.1.1.1. RS 2022/02
Ziff. B.1.1.1. RS 2022/02, Allgemeines
(1) Bei den einzelnen versicherungspflichtigen Personenkreisen wird — neben der den jeweiligen versicherungsrechtlichen Status prägenden Einkommensart — auch Arbeitseinkommen der Beitragspflicht unterworfen; dies allerdings nur dann, soweit es neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungsbezügen erzielt wird. Grundlage dafür bildet für versicherungspflichtig Beschäftigte § 226 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 SGB V sowie für versicherungspflichtige Rentner § 237 Satz 1 Nummer 3 SGB V. Die Vorschriften über die beitragspflichtigen Einnahmen anderer der Versicherungspflicht unterliegender Personenkreise (Ausnahme: Versicherungspflichtige nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V) verweisen auf § 226 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 SGB V. Durch die Kopplung der Beitragspflicht von Arbeitseinkommen an das Erzielen von Rente oder Versorgungsbezüge wird erreicht, dass derartige Beiträge nicht nur dann erhoben werden, wenn Versicherungspflicht in der KVdR besteht. Beitragspflicht liegt auch vor, wenn Versicherungspflicht nach anderen Vorschriften besteht, die Person jedoch partiell mit diesen Rentnern vergleichbar ist. Bei den versicherungspflichtigen Personen, insbesondere den Beschäftigten, die dem Kreis der Rentner oder Versorgungsbezieher (noch) nicht angehören, unterliegt ein erzieltes Arbeitseinkommen hingegen nicht der Beitragspflicht.
(2) Aus der Formulierung in § 226 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 SGB V, dass Arbeitseinkommen bei versicherungspflichtig Beschäftigten (nur) dann der Beitragsbemessung zugrunde gelegt wird, soweit es neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung (oder Versorgungsbezügen) "erzielt" wird, kann im Übrigen nicht geschlossen werden, dass für eine Beitragspflicht des Arbeitseinkommens der tatsächliche Bezug einer Rente vorliegen muss. Von einer Erzielung der Einnahmen "neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung" im Sinne der vorgenannten Regelung ist vielmehr auch dann auszugehen, wenn die Rente wegen Einkommensanrechnung (z. B. nach § 97 SGB VI) zwar nicht zu leisten ist und sich insofern kein zahlbarer Betrag ergibt, aber der Rentenanspruch dem Grunde nach — also das Stammrecht — erhalten bleibt. Diese Auslegung deckt sich mit der Beitragsbemessung von Arbeitseinkommen nach § 237 Satz 1 Nummer 3 SGB V, also bei in der KVdR versicherungspflichtigen Rentnern, da die Versicherungspflicht in der KVdR ebenfalls nicht an den tatsächlichen Bezug von Rente, sondern an den Anspruch auf eine Rente gekoppelt ist. Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals "Erzielung neben Versorgungsbezügen" ist hingegen — sofern sich diese Frage in Bezug auf diese Einnahme stellen sollte — auf den gleichzeitigen tatsächlichen Bezug abzustellen.
(3) Hinsichtlich der Besonderheiten bei der Beitragsbemessung von versicherungspflichtigen Studenten und der nach § 5 Absatz 1 Nummer 10 SGB V Versicherungspflichtigen, die u. a. das Arbeitseinkommen als beitragspflichtige Einnahme betreffen, wird auf die Ausführungen im Abschnitt A.1.1.14 verwiesen.
(4) Im Hinblick auf den Ausschluss der Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 5 SGB V bzw. § 2 Absatz 4a KVLG 1989 bei hauptberuflich selbständiger Tätigkeit kann es sich bei dem Arbeitseinkommen im Sinne der §§ 226 und 237 SGB V nur um ein Arbeitseinkommen aus einer nicht hauptberuflich ausgeübten selbständigen Erwerbstätigkeit handeln, da die Person ansonsten nicht zu den versicherungspflichtigen Personenkreisen (Ausnahme: Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V) gehören kann. Die Regelung des § 8 Absatz 3 SGB IV zum Vorliegen einer geringfügigen selbständigen Tätigkeit in entsprechender Anwendung des § 8 Absatz 1 und 2 SGB IV haben bei der Beitragsbemessung aus dem hier in Rede stehenden Arbeitseinkommen keine Bedeutung. Das bedeutet, dass das Vorliegen einer geringfügigen selbständigen Tätigkeit allein die Beitragspflicht des daraus erzielten Arbeitseinkommens nicht ausschließt.
(5) Arbeitseinkommen ist nach der Legaldefinition in § 15 SGB IV der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit; Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist. Hiernach zählen zum Arbeitseinkommen
- - Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
- - Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie
- - Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
(6) Die Auslegung, dass das Arbeitseinkommen nach § 15 SGB IV nicht auf Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 EStG beschränkt ist, steht in Übereinstimmung mit der seit jeher dazu in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung. Beispielhaft sei hier das Urteil des BSG vom 24. 11. 2020 — B 12 KR 31/19 R —, USK 2020-56 (vgl. RdNr. 15) erwähnt. Danach ist der sozialversicherungsrechtliche Begriff der "selbständigen Tätigkeit" weiter als derjenige des Steuerrechts. Der daraus erzielte Gewinn erfasse die Einkunftsarten des § 2 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 EStG und damit die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§§ 13 ff. EStG), Gewerbebetrieb (§§ 15 ff. EStG) sowie selbständiger Arbeit (§ 18 EStG); vgl. BSG, Urteil vom 25. 2. 2004 — 5 RJ 56/02 — RdNr. 10.
(7) Bei Landwirten, deren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach § 13a EStG ermittelt wird, ist als Arbeitseinkommen der sich aus § 32 Absatz 6 ALG ergebende Wert anzusetzen.
(8) Wird eine der vorgenannten Tätigkeiten ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt, handelt es sich im Steuerrecht um "Liebhaberei". Es liegt dann kein Einkommen, weder ein Gewinn noch ein Verlust, im steuerrechtlichen Sinne und in der Folge auch kein Arbeitseinkommen vor. So werden z. B. im Wege einer antragsgebundenen Vereinfachungsregelung Photovoltaikanlagen bei einer Leistung von bis zu 10 kW und Blockheizkraftwerke mit einer Leistung von bis zu 2,5 kW steuerlich begünstigt (Schreiben des BMF vom 2. 6. 2021 — GZ: IV C 6 S 2240/19/10006:006, DOK: 2021/0627224). Für die Beurteilung, ab welchem Zeitpunkt die ggf. bislang angenommene, zur Beitragspflicht führende Eigenschaft des Arbeitseinkommens für die Einnahmen aus dem Betrieb einer derartigen Anlage aufzuheben ist, sind für die Krankenkassen die Feststellungen der Finanzverwaltung maßgeblich (Näheres vgl. Ergebnisniederschrift zur Fachkonferenz Beiträge am 10. 11. 2021, TOP 3).
(9) Im Zusammenhang mit der Frage, ob und in welcher Höhe Arbeitseinkommen erzielt wird, stellt sich die Frage, welche Aussagekraft einer Nichtveranlagungs-Bescheinigung (NV-Bescheinigung) nach § 44a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 EStG beigemessen werden kann. Mit einer NV-Bescheinigung wird bescheinigt, dass für einen bestimmten Zeitraum (längstens 3 Jahre) keine Einkommensteuer entsteht. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass keine Einkünfte im Sinne des Steuerrechts und somit kein Arbeitseinkommen vorhanden sind. Wird in diesem Fall Arbeitseinkommen erzielt, lässt sich die Höhe nicht mit einem Einkommensteuerbescheid nachweisen. Bei der Beitragsfestsetzung ist daher auf andere glaubhafte Nachweise bzw. Erklärungen der betreffenden Person zurückzugreifen. Im Übrigen findet bei solchen Personen das 2-stufige Verfahren der Beitragsfestsetzung nach § 240 Absatz 4a SGB V regelmäßig keine Anwendung; die Festsetzung ist dann endgültig zukunftsbezogen vorzunehmen (vgl. Ergebnisniederschrift zur Fachkonferenz Beiträge am 13. 6. 2017, TOP 2).
(10) Der Begriff des Arbeitseinkommens als beitragspflichtige Einnahme im vorgenannten Sinne stellt nicht darauf ab, ob es sich um regelmäßig wiederkehrendes bzw. regelmäßiges Arbeitseinkommen handelt. Auch ein in größeren Zeitabständen als monatlich erzieltes Arbeitseinkommen muss entsprechend berücksichtigt werden.
(11) In der landwirtschaftlichen Krankenversicherung gelten grundsätzlich die gleichen Regelungen wie in der allgemeinen Krankenversicherung, allerdings mit der Besonderheit, dass sich die Beitragspflicht nicht auf Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft erstreckt (§ 39 Absatz 1 Nummer 4, § 42 Absatz 4 Satz 1 und § 45 Absatz 1 Nummer 3 KVLG 1989). Mit Blick auf den Ausschluss der Versicherungspflicht nach § 2 Absatz 4a KVLG 1989 kann es sich — wie in der allgemeinen Krankenversicherung — bei dem außerlandwirtschaftlichen Arbeitseinkommen nur um Arbeitseinkommen aus einer nicht hauptberuflich selbständigen Erwerbstätigkeit handeln. Ansonsten könnte die Person nicht zu den versicherungspflichtigen Personen (Ausnahme: § 2 Absatz 1 Nummer 7 KVLG 1989) gehören.
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