Was Führungskräfte tun können
Trotz des hohen psychischen Drucks, der offenbar auf vielen Menschen lastet, erfinden fast die Hälfte Ausreden, um nicht über ihre psychischen Probleme reden zu müssen, 39 Prozent der Betroffenen verschweigen sie komplett im Arbeitsumfeld. Das ergab eine Studie von LinkedIn, in der über 2.000 Beschäftigte befragt wurden.
Dabei ist klar: Darüber reden kann helfen, einen angemessenen Umgang mit psychischen Belastungen zu finden und sie zu reduzieren. Die Offensive Psychische Gesundheit, eine Kooperation von Politik und Präventionspartnern wie der AOK, wirbt deshalb für mehr Offenheit im Umgang mit psychischer Gesundheit. Arbeitgeber und Führungskräfte sind aufgefordert, betroffenen Mitarbeitenden Unterstützung anzubieten.
Leitfaden für Gespräche mit Mitarbeitenden
Wer spürt, dass sich ein Teammitglied über einen längeren Zeitraum auffällig anders verhält, müde und unkonzentriert wirkt, emotional angegriffen erscheint oder sich zurückzieht, sucht am besten das Gespräch, um Unterstützung anzubieten. Für den Rahmen des Gesprächs haben die Experten der Offensive Psychische Gesundheit ganz konkrete Tipps:
- Bieten Sie ein Gespräch über die Arbeit und das eigene Wohlbefinden an und überlassen Sie es dem Teammitglied, diesen Termin festzulegen. So können Mitarbeitende selbst bestimmen, ob und wann sie dieses Angebot annehmen möchten.
- Wichtig ist: Sprechen Sie nicht zwischen Tür und Angel miteinander, sondern sorgen Sie für einen geeigneten Rahmen (etwa ein Büro, in dem man nicht gestört wird, oder ein Spaziergang). Bei ständiger Arbeit im Homeoffice kann es auch ein längeres Telefonat oder eine bilaterale Webkonferenz sein. Dieses Gespräch soll aber zu einer vorher festgelegten Zeit und nicht spontan stattfinden.
- Ermöglichen Sie der betroffenen Person, auf Wunsch eine Vertrauensperson einzubinden.
- Setzen Sie für den ersten Austausch nicht länger als 30 Minuten an. Die Dauer eines möglichen Folgegesprächs, in dem Veränderungen erneut besprochen werden können, kann dann gemeinsam festgelegt werden.
Fingerspitzengefühl gefragt
Die Offensive Psychische Gesundheit liefert auch praktische Hinweise, was zu beachten ist, um das Gespräch mit viel Fingerspitzengefühl zu führen:
- Wertschätzend kommunizieren. Sprechen Sie Ihre Besorgnis offen an (zum Beispiel „Sie wirken in letzter Zeit bedrückt. Das macht mir Sorgen“). Nehmen Sie Bezug auf Ihre Beobachtungen (zum Beispiel „Ich beobachte in letzter Zeit, dass Sie …“).
- Zuhören und Fragen stellen. Stellen Sie offene Fragen wie „Was beschäftigt Sie gerade? Wie läuft es im Homeoffice, wie im Projekt …“ Wichtig ist erst mal, zuzuhören und nachzufragen, um die Situation zu verstehen und nicht gleich Ratschläge zu geben oder von eigenen Problemen zu sprechen.
- Nicht zu viel erwarten: In einem ersten Gespräch geht es erst mal darum zu verstehen, was die betroffene Person bewegt und ob man unterstützen kann. Nehmen Sie die Reaktion ernst: Wirkt es so, als würde die Person das Thema gerne vertiefen? Dann sind Sie als Führungskraft gefragt. Aber auch Zurückhaltung oder Ablehnung der Mitarbeitenden sollten Sie respektieren.
- Mitgefühl zeigen: Nehmen Sie Ihr Gegenüber in seinen Sorgen ernst und zeigen Sie das auch in Ihren Reaktionen: „Ich kann das nachvollziehen …“; „Das kann ich gut verstehen, dass …“ Verzichten Sie unbedingt auf Aussagen wie „Man muss nur wollen“ oder: „So schlimm ist es doch nicht.“
Hilfsangebote der AOK für eine starke Psyche
Ein erstes Gespräch mit Mitarbeitenden ist ein guter Anfang. Danach heißt es am Ball bleiben. Wenn die Mitarbeitenden das wünschen, können weitere Gespräche geführt und es kann auf mögliche Hilfsangebote hingewiesen werden. Eine gute, ganz praktische Möglichkeit, um Beschäftigten bei der Verbesserung ihres Wohlbefindens zu helfen, sind die kostenfreien digitalen Angebote der AOK.