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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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Ziff. A.2.5.2. RS 2023/04
Ziff. A.2.5.2. RS 2023/04, Angehörige eines Mitgliedstaates der EU/des EWR oder der Schweiz
(1) Nach der ausdrücklichen Bestimmung in § 5 Absatz 11 Satz 2 SGB V werden von der Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V solche Personen nicht erfasst, für die nach § 4 FreizügG/EU für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes verlangt wird. Hierbei knüpft diese Regelung ausschließlich an einen Krankenversicherungsschutz nach Maßgabe des Gesetzes an; auf das (tatsächliche) Bestehen eines Krankenversicherungsschutzes kommt es hier nicht an (vgl. BSG; Urteil vom 3. 7. 2013 — B 12 KR 2/11 R —, USK 2013-65).
(2) Nach diesem Maßstab werden insbesondere folgende Personengruppen vom persönlichen Anwendungsbereich der Auffang-Versicherungspflicht erfasst, weil für sie der Ausschlusstatbestand nach § 5 Absatz 11 Satz 2 SGB V irrelevant ist:
- - Arbeitnehmer (praktische Relevanz nur bei der Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit nach § 7 SGB V),
- - Arbeitsuchende ohne Bezug von Sozialleistungen,
- - selbständig Erwerbstätige und
- - Familienangehörige dieser Personengruppen.
(3) Darüber hinaus ist der Ausschlusstatbestand nach § 5 Absatz 11 Satz 2 SGB V — ungeachtet der anders lautenden Vorgaben des § 4 FreizügG/EU — dann irrelevant, wenn sich die Anwendbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften über die soziale Sicherung aus den Artikeln 23 bis 25 VO (EG) 883/04 (Stichwort: "Bezug einer deutschen Rente") ergibt (vgl. Abschnitt A.2.4.2.2.3).
(4) Fehlt eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall (wie z. B. eine Familienversicherung nach § 10 SGB V oder eine freiwillige Versicherung nach § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 2 SGB V), kommt für die vorgenannten Personen die Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V in Betracht.
(5) Bei der Prüfung der Voraussetzung "letzte Versicherung in der GKV oder in der PKV" ist aufgrund der sich aus dem Artikel 5 Buchstabe b VO (EG) 883/04 bzw. Artikel KSS.6 Abkommen über Handel und Zusammenarbeit ergebenden Sachverhaltsgleichstellung auf den letzten Krankenversicherungsschutz im bisherigen Wohnstaat abzustellen (vgl. Abschnitte A.2.2.2 und A.2.2.3.2.1).
(6) Dagegen werden nicht erwerbstätige Unionsbürger sowie ihre Familienangehörige aus dem persönlichen Anwendungsbereich der Auffang-Versicherungspflicht ausgenommen, weil das Aufenthaltsrecht für sie die eigenständige Existenzsicherung und einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz voraussetzt (vgl. § 4 FreizügG/EU sowie Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b Freizügigkeitsrichtlinie). Daher ist der Zugang zur GKV über die Auffang-Versicherungspflicht für diesen Personenkreis nach § 5 Absatz 11 Satz 2 SGB V ausgeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 18. 11. 2014 — B 8 SO 9/13 R —). Im Übrigen wirkt sich der Ausschluss nach § 5 Absatz 11 Satz 2 SGB V bereits ab Beginn des Aufenthalts der betroffenen Person in Deutschland aus, ungeachtet eines voraussetzungslosen Aufenthaltsrechts in den ersten 3 Monaten nach § 2 Absatz 5 FreizügG/EU für alle Unionsbürger. Bei einer unveränderten Personengruppenzugehörigkeit wird das Zugangsrecht zur GKV im Rahmen des § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V auch dann nicht eröffnet, wenn im Einzelfall die bei der Einreise nach Deutschland vorhandene Absicherung im Krankheitsfall später entfällt (z. B. Wegfall einer aus dem Herkunftsland "mitgebrachten" zeitlich befristeten privaten Auslandskrankenversicherung).
(7) Im Übrigen ist der Zugang zur GKV über die Regelung des § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 2 SGB V für nicht erwerbstätige Unionsbürger gleichermaßen nicht eröffnet. Voraussetzung für die Begründung einer freiwilligen Mitgliedschaft in der GKV ist in Anlehnung an § 5 Absatz 11 Satz 2 SGB V die "Rechtmäßigkeit der Wohnortnahme in Deutschland"; da diese jedoch die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes voraussetzt, bleibt für eine freiwillige Mitgliedschaft innerhalb der GKV kein Raum.
Beispiel:
Frau A. ist bulgarische Staatsangehörige und war zuletzt in Bulgarien gesetzlich als Arbeitnehmerin pflichtversichert. Nunmehr verlegt sie ihren Wohnort nach Deutschland und möchte zu ihrem Freund ziehen.
Beurteilung:
Frau A. ist eine nicht erwerbstätige Unionsbürgerin. Voraussetzung für das Aufenthaltsrecht nicht erwerbstätiger Unionsbürger ist die eigenständige Existenzsicherung sowie der Nachweis eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes. Gemäß § 5 Absatz 11 Satz 2 SGB V ist die Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V ausgeschlossen. Dies gilt auch für die freiwillige Versicherung nach § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 SGB V.
(8) Dieser Rechtsanwendung steht auch das Urteil des EuGHs vom 15. 7. 2021 in der Rechtssache C-535/19 nicht entgegen. Demnach müssen die wirtschaftlich nicht aktiven Unionsbürger, die sich freizügigkeitsberechtigt in den ersten 5 Jahren in Deutschland aufhalten, ein Beitrittsrecht zum "öffentlichen Krankenversicherungssystem" erhalten. Mit Blick darauf, dass Deutschland über ein duales Krankenversicherungssystem verfügt, wird dieses Recht bereits durch die Verpflichtung privater Versicherungsunternehmen zur Aufnahme bestimmter Personen ohne anderweitige Absicherung im Krankheitsfall in den Basistarif (§ 193 Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 VVG) realisiert. Im Übrigen setzt das Zugangsrecht zur Krankenversicherung in Deutschland nach wie vor voraus, dass sich der EU-Bürger rechtmäßig im Aufnahme-/Wohnstaat aufhält. Vor diesem Hintergrund hält der EuGH in seiner vorgenannten Rechtsprechung an dem Erfordernis eigenständiger "ausreichender Existenzmittel" zur Finanzierung des Lebensunterhalts im neuen Aufenthaltsmitgliedstaat ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b Freizügigkeitsrichtlinie für die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts der wirtschaftlich nicht aktiven Unionsbürger unverändert fest.
(9) Die Zugehörigkeit zum jeweiligen Personenkreis der Unionsbürger stellt die Krankenkasse in eigener Zuständigkeit fest, kann hierbei aber bei Bedarf die Ausländerbehörden oder Jobcenter im Rahmen der Amtshilfe nach §§ 4 ff. VwVfG (bzw. nach dem entsprechenden Landesrecht) oder nach §§ 3 ff. SGB X einbinden, um Auskünfte zur weiteren Sachverhaltsaufklärung einzuholen.
(10) Bei der Abgrenzung zwischen den Arbeitsuchenden und nicht erwerbstätigen Unionsbürgern sind folgende Grundsätze zu beachten: Für Arbeitsuchende ist die Freizügigkeitsberechtigung gegeben, wenn begründete Aussicht besteht, einen Arbeitsplatz zu finden (vgl. EuGH, Urteil vom 26. 2. 1991, Rechtssache C-292/89 — Antonissen, Artikel 14 Absatz 4, Buchstabe b Freizügigkeitsrichtlinie). Begründete Aussicht, einen Arbeitsplatz zu finden, kann angenommen werden, wenn der Arbeitsuchende aufgrund seiner Qualifikation und des aktuellen Bedarfs am Arbeitsmarkt voraussichtlich mit seinen Bewerbungen erfolgreich sein wird. Dies ist zu verneinen, wenn er keinerlei ernsthafte Absichten verfolgt, eine Beschäftigung aufzunehmen (vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum FreizügG/EU des BMI).
(11) Die Begrifflichkeit "ernsthafte Absichten zur Beschäftigungsaufnahme" ist zwar nicht mit dem Tatbestand "Eigenbemühungen" im Recht der Arbeitsförderung (vgl. § 138 Absatz 1 Nummer 2 SGB III) identisch, gleichwohl können die in diesem Rechtsgebiet entwickelten Kriterien sowie das Verfahren hilfsweise herangezogen werden. Im Einzelnen wird auf die fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu § 138 SGB III (www.arbeitsagentur.de) verwiesen. Danach gehören zu den Eigenbemühungen z. B.:
- - die Auswertung der Jobbörse,
- - die Auswertung von Stellenanzeigen in Zeitungen, Fachzeitschriften und anderen Medien (z. B. Internet),
- - gezielte Initiativbewerbungen und -vorsprachen bei Arbeitgebern,
- - Arbeitsplatzsuche per Anzeige in Zeitungen und Fachzeitschriften,
- - Besuch von Arbeitsmarktbörsen sowie
- - die Kontaktaufnahme zu privaten Vermittlern.
(12) Grundsätzlich reicht es aus, wenn der Arbeitsuchende glaubhaft darlegt, dass er Eigenbemühungen unternimmt. Ergeben sich Zweifel hierzu, ist ein Nachweis der Eigenbemühungen zu fordern.
(13) Der Begriff "Familienangehörige" ist in § 1 Absatz 2 Nummer 3 FreizügG/EU abschließend definiert. Danach genießen das abgeleitete Aufenthaltsrecht ohne Einschränkungen des § 4 FreizügG/EU insbesondere folgende Familienangehörige von Erwerbstätigen oder Arbeitsuchenden:
- - der Ehegatte,
- - der Lebenspartner (im Sinne des LPartG),
- - die Verwandten in gerader absteigender Linie, die noch nicht 21 Jahre alt sind, und
- - die Verwandten in gerader aufsteigender und in gerader absteigender Linie, solange ihnen durch Erwerbstätigen/Arbeitsuchenden/seinem Ehegatten der Unterhalt gewährt wird.
(14) Den Familienangehörigen von Unionsbürgern steht das abgeleitete Aufenthaltsrecht nur dann zu, wenn sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen. Der Begriff des Familienangehörigen schließt die drittstaatsangehörigen Familienangehörigen eines Unionsbürgers mit ein.
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