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BAG 16.03.2023 - 6 AZR 124/22
BAG 16.03.2023 - 6 AZR 124/22 - Dienstzeit iSv. § 15 Tarifvertrag für die Musiker in Konzert- und Theaterorchestern - Anrechnung von Tätigkeitszeiten als Musiker bei nicht im Deutschen Bühnenverein organisierten Konzert- und Theaterorchestern
Vorinstanz
vorgehend ArbG München, 4. August 2021, Az: 35 Ca 15754/20, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht München, 17. Februar 2022, Az: 3 Sa 613/21, Urteil
Tenor
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1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 17. Februar 2022 - 3 Sa 613/21 - wird zurückgewiesen.
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2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten zuletzt noch über die Anrechnungsfähigkeit von Tätigkeitszeiten bei einem nicht im Deutschen Bühnenverein organisierten Arbeitgeber als Dienstzeiten.
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Die Klägerin ist seit dem 1. Oktober 2013 bei dem Beklagten als Tuttistin der 1. Violine im Orchester des Staatstheaters beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme der Tarifvertrag für die Musiker in Konzert- und Theaterorchestern (TVK) Anwendung.
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Die für den Rechtsstreit obligatorischen Bestimmungen des Tarifvertrags in der Fassung vom 1. Oktober 2019 (im Folgenden TVK) lauten:
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„§ 1
Geltungsbereich
Dieser Tarifvertrag gilt für die Musiker in Konzert- und Theaterorchestern innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, deren Arbeitgeber ein Unternehmermitglied des Deutschen Bühnenvereins ist.
…
§ 15
Dienstzeit
(1)
Die Dienstzeit umfasst die bei Konzert- und Theaterorchestern als Musiker zurückgelegten und die nach den Absätzen 2 und 3 anzurechnenden Zeiten.
(2)
Zeiten einer Tätigkeit als Musiker in anderen als Konzert- und Theaterorchestern sowie Zeiten einer sonstigen musikalisch-künstlerischen oder einer musik-pädagogischen Tätigkeit können auf die Dienstzeit angerechnet werden.
(3)
Die in den Absätzen 1 und 2 aufgeführten Zeiten werden nicht angerechnet, wenn der Musiker das Arbeitsverhältnis gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat oder wenn es aus einem von ihm verschuldeten Grund beendet worden ist. Dies gilt nicht, wenn sich an das Arbeitsverhältnis unmittelbar ein anderes Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber oder ein Arbeitsverhältnis mit dem rechtlichen Träger eines anderen Konzert- oder Theaterorchesters anschließt oder wenn der Musiker das Arbeitsverhältnis wegen eines mit Sicherheit erwarteten Personalabbaus oder wegen Unfähigkeit zur Fortsetzung der Arbeit infolge einer Körperbeschädigung oder einer in Ausübung oder infolge seiner Arbeit erlittenen Gesundheitsschädigung aufgelöst hat oder wenn die Nichtanrechnung eine unbillige Härte wäre. Dies gilt ferner nicht, wenn der Musiker innerhalb einer Frist von einem Jahr, gerechnet vom Beginn seiner Elternzeit, das Arbeitsverhältnis nach § 19 Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit zum Ende der Elternzeit kündigt.
(4)
Der Musiker hat die anrechnungsfähigen Zeiten innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Aufforderung durch den Arbeitgeber nachzuweisen. Zeiten, für die der Nachweis nicht fristgemäß erbracht wird, werden nicht angerechnet. …“
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Die maßgeblichen Regelungen in der bis zum 30. September 2019 geltenden Fassung des Vorgängertarifvertrags für die Musiker in Kulturorchestern vom 31. Oktober 2009 (im Folgenden TVK aF) lauteten:
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„§ 1
Geltungsbereich
(1)
Dieser Tarifvertrag gilt für die Musiker in Kulturorchestern innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, deren Arbeitgeber ein Unternehmermitglied des Deutschen Bühnenvereins ist.
(2)
Kulturorchester sind Orchester, die regelmäßig Operndienst versehen oder Konzerte ernst zu wertender Musik spielen. Orchester, die lediglich oder überwiegend Operettendienst versehen, sind keine Kulturorchester im Sinne dieses Tarifvertrags.
…
§ 15
Dienstzeit
(1)
Die Dienstzeit umfasst die bei Kulturorchestern (§ 1 Abs. 2) als Musiker zurückgelegten und die nach den Absätzen 2 und 3 anzurechnenden Zeiten.
(2)
Zeiten einer Tätigkeit als Musiker in anderen als Kulturorchestern sowie Zeiten einer sonstigen musikalischkünstlerischen oder einer musikpädagogischen Tätigkeit können auf die Dienstzeit angerechnet werden.
(3)
Die in den Absätzen 1 und 2 aufgeführten Zeiten werden nicht angerechnet, wenn der Musiker das Arbeitsverhältnis gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat oder wenn es aus einem von ihm verschuldeten Grund beendet worden ist. Dies gilt nicht, wenn sich an das Arbeitsverhältnis unmittelbar ein anderes Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber oder ein Arbeitsverhältnis mit dem rechtlichen Träger eines anderen Kulturorchesters anschließt …
(4)
Der Musiker hat die anrechnungsfähigen Zeiten innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Aufforderung durch den Arbeitgeber nachzuweisen. …“
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Im Dezember 2013 legte die Klägerin dem Beklagten ein Zertifikat über ihre Anstellung als Violinistin im Bergen Filharmoniske Orkester (Norwegen) in der Zeit vom 3. September 2007 bis zum 21. Dezember 2007 und vom 1. September 2008 bis zum 3. Juni 2009 vor.
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Sie hat die Auffassung vertreten, Dienstzeiten iSd. § 15 TVK seien auch Tätigkeitszeiten bei Orchestern von Nichtmitgliedern des Deutschen Bühnenvereins. Anders als die Vorgängerregelung enthalte § 1 TVK keine Definition des Kulturorchesters bzw. des Konzert- und Theaterorchesters, sondern regele lediglich noch den Geltungsbereich des TVK. Mit der Anrechnung von Zeiten aus früheren Tätigkeiten auf die Dienstzeit werde die größere Erfahrung eines Musikers honoriert. Eine Nichtberücksichtigung entsprechender Tätigkeitszeiten verstoße im Übrigen gegen Art. 45 Abs. 1 AEUV.
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Die Klägerin hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - beantragt
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festzustellen, dass die von ihr im Bergen Filharmoniske Orkester im Zeitraum vom 3. September 2007 bis zum 21. Dezember 2007 sowie im Zeitraum vom 1. September 2008 bis zum 3. Juni 2009 zurückgelegten Dienstzeiten zu ihrer Dienstzeit gemäß § 15 Abs. 1 TVK gehören.
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Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, nach § 15 Abs. 1 TVK seien nur Vorbeschäftigungszeiten bei in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen und im Deutschen Bühnenverein organisierten Konzert- und Theaterorchestern als Dienstzeiten anrechenbar. Der Begriff „Konzert- und Theaterorchester“ in § 15 Abs. 1 TVK baue sprachlich und systematisch auf § 1 TVK auf. Dieses Normverständnis entspreche Sinn und Zweck der Regelung sowie dem Willen der Tarifvertragsparteien. In diesem Sinne sei das Bergen Filharmoniske Orkester kein Konzertorchester. Die Tarifregelung verstoße auch nicht gegen Art. 45 Abs. 1 AEUV.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit noch Gegenstand der Revision - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Der Beklagte verfolgt mit der für ihn vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die beim Bergen Filharmoniske Orkester verbrachten Tätigkeitszeiten der Klägerin vom Beklagten als Dienstzeiten nach § 15 TVK anzurechnen sind.
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I. Die Klage ist zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor. Der Beklagte bestreitet einen Anspruch der Klägerin auf Anerkennung der streitgegenständlichen Zeiten. Durch die Entscheidung über den darauf gerichteten Feststellungsantrag kann der Streit zwischen den Parteien beseitigt werden.
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II. Die Klage ist auch begründet.
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1. Die beim Bergen Filharmoniske Orkester verbrachten Tätigkeitszeiten der Klägerin sind Dienstzeiten iSd. § 15 Abs. 1 TVK. Das ergibt die Auslegung der Tarifnorm (zu den Auslegungsgrundsätzen für Tarifverträge vgl. BAG 13. Oktober 2021 - 4 AZR 365/20 - Rn. 21; 1. Dezember 2020 - 9 AZR 104/20 - Rn. 24 mwN; 7. Februar 2019 - 6 AZR 44/18 - Rn. 27 mwN).
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a) Die in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachprüfbare Auslegung der Tarifnorm durch das Landesarbeitsgericht (vgl. hierzu BAG 8. Dezember 2022 - 6 AZR 481/21 - Rn. 23; 20. Juli 2022 - 10 AZR 41/22 - Rn. 14 mwN) hält einer solchen Kontrolle jedenfalls im Ergebnis stand. § 15 Abs. 1 TVK sieht neben den Voraussetzungen einer Beschäftigung als Musiker bei einem Konzert- und Theaterorchester keine weiteren Tatbestandsmerkmale wie die Mitgliedschaft im Deutschen Bühnenverein und den Sitz innerhalb der Bundesrepublik Deutschland vor. Sämtliche Tätigkeitszeiten als Musiker bei einem Konzert- und Theaterorchester, unabhängig davon, ob sie im Inland bei einem nicht dem Deutschen Bühnenverein angehörigen Arbeitgeber, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Vertragsstaaten des EWR-Abkommens oder außerhalb dieser Einzugsbereiche im Ausland verbracht werden, sind darum Dienstzeiten iSv. § 15 Abs. 1 TVK.
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aa) Bereits der Wortlaut des § 15 Abs. 1 TVK spricht entscheidend dafür, dass die streitgegenständlichen Tätigkeitszeiten Dienstzeiten im Tarifsinn sind. Darin heißt es, „die Dienstzeit umfasst“ nachfolgend genannte Zeiten. „Umfasst“ bedeutet „zum Inhalt haben“, „bestehen aus“, „sich zusammensetzen aus“ (vgl. Duden Synonymwörterbuch 7. Aufl. Stichwort: umfassen). Mit diesem Begriff wird demnach im Zusammenhang mit den unmittelbar anschließenden, konkret und abschließend bezeichneten Tatbestandsvoraussetzungen der Bedeutungsgehalt des Begriffs „Dienstzeit“ bestimmt. Danach sind alle Zeiten, die bei Konzert- und Theaterorchestern als Musiker zurückgelegt wurden oder die nach den Absätzen 2 und 3 anzurechnen sind, Dienstzeiten iSd. § 15 TVK. Weitere Anforderungen wie etwa die Beschäftigung bei einem Arbeitgeber, der Mitglied im Deutschen Bühnenverein ist, sieht § 15 Abs. 1 TVK seinem Wortlaut nach nicht vor. Diesem Verständnis steht die zur Abfindungsregelung in § 51 TVK aF ergangene Entscheidung des Senats vom 18. Mai 2006 (- 6 AZR 422/05 -) nicht entgegen. Die Annahme des Senats, die für einen Abfindungsanspruch erforderlichen Beschäftigungsjahre müssten in Kulturorchestern innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt sein, deren Träger Mitglied des Deutschen Bühnenvereins sein müsse, stellte maßgeblich darauf ab, dass § 51 Abs. 1 TVK aF auf § 1 Abs. 2 TVK aF verwies und damit zugleich auch die Definition des Begriffs „Kulturorchester“ in § 1 Abs. 1 TVK aF in Bezug genommen sei (BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 422/05 - Rn. 18 f.). Entsprechende Bestimmungen enthalten die §§ 1 und 15 TVK nicht mehr. Die Rechtsprechung ist daher insoweit überholt.
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bb) Systematische Erwägungen bestätigen dieses Tarifverständnis.
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(1) Ein Rückgriff auf die Bestimmung in § 1 TVK kommt - entgegen der Auffassung des Beklagten - für das Normverständnis des § 15 Abs. 1 TVK nicht in Betracht. § 1 TVK regelt allein den räumlichen, persönlichen und betrieblichen Geltungsbereich, wobei der betriebliche Geltungsbereich grundsätzlich auch durch eine Mitgliedschaft im tarifvertragschließenden Arbeitgeberverband bestimmt werden kann (Schaub ArbR-HdB/Treber 19. Aufl. § 202 Rn. 13 unter Verweis auf BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 797/13 - BAGE 150, 304). Der Geltungsbereich entscheidet jedoch nur, ob ein Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis überhaupt Anwendung findet (Däubler/Deinert/Wenckebach TVG 5. Aufl. § 4 Rn. 195). Welche tatbestandlichen Voraussetzungen für die einzelnen Individualnormen erfüllt sein müssen, bestimmen diese, gegebenenfalls auch unter Bezugnahmen auf andere Tarifnormen, selbst. § 15 Abs. 1 TVK verweist, wie ausgeführt, anders als die Vorgängerregelung, nicht auf § 1 TVK, sondern allein auf § 15 Abs. 2 und Abs. 3 TVK, die ihrerseits ebenfalls nicht auf § 1 TVK Bezug nehmen.
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(2) Gegen den Willen der Tarifvertragsparteien, die Verbandszugehörigkeit des Arbeitgebers zur Tatbestandsvoraussetzung für die Anrechenbarkeit der Dienstzeit zu machen, spricht auch, dass sie in § 30 Abs. 4 Satz 2 TVK (Umzugskostenerstattung, Trennungsentschädigung [Trennungsgeld]), § 31a Buchst. b TVK (Übergangsregelungen für die Zahlung von Krankenbezügen), § 38 Abs. 2 Satz 1 TVK (Erholungsurlaub bei Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses im Laufe des Urlaubsjahrs) und § 51 Abs. 2 TVK (Bemessung des Übergangsgelds) als Voraussetzung für die Ansprüche ausdrücklich die Mitgliedschaft des jeweiligen Arbeitgebers im Deutschen Bühnenverein bestimmt haben. Demgegenüber ist in § 15 Abs. 1 und Abs. 3 TVK (Dienstzeit), § 18 TVK (Grundvergütung), § 23 Abs. 1 TVK (Zuwendung - Anspruchsvoraussetzung), § 35 TVK (Jubiläumszuwendungen), Protokollnotiz zu § 39 (Urlaubsabgeltung) sowie in § 53 Abs. 1 Satz 1, Abs. 7 Satz 1 Buchst. a und Abs. 8 Satz 1 Buchst. a TVK (Auflösung oder Verkleinerung des Orchesters) ein solcher Zusatz nicht aufgenommen worden. Damit haben die Tarifvertragsparteien die Tatbestandsvoraussetzungen eindeutig unterschiedlich geregelt und damit klar zum Ausdruck gebracht, dass Ansprüche nach dem TVK nicht zwingend, sondern nur in den ausdrücklich festgelegten Fällen eine Beschäftigung bei einem Arbeitgeber, der Mitglied im Deutschen Bühnenverein ist, voraussetzen sollen.
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(3) Gegen die Annahme, Dienstzeiten iSd. § 15 Abs. 1 TVK könnten nur bei einem im Deutschen Bühnenverein organisierten Arbeitgeber verbrachte Zeiten sein, spricht ferner, dass § 15 Abs. 2 TVK eine solche Mitgliedschaft ebenfalls nicht ausdrücklich voraussetzt. Da sich die in dieser Bestimmung enthaltene Anrechnungsregelung gerade auf Betätigungen außerhalb von Konzert- und Theaterorchestern bezieht und zB auch Arbeitsbereiche wie musikpädagogischen Unterricht umfasst, für deren Institutionen eine solche Mitgliedschaft nicht charakteristisch ist, hätten die Tarifvertragsparteien einen entsprechenden Willen unmissverständlich deutlich machen müssen. Dies ist nicht erfolgt. Ebenso wenig ist erkennbar, dass die Tarifvertragsparteien bei der Anrechnung von Dienstzeiten Musiker, die außerhalb von Konzert- und Theaterorchestern tätig waren, gegenüber Musikern bevorzugen wollten, die in solchen Orchestern beschäftigt waren.
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cc) Der Auslegung nach Wortlaut und Systematik stehen Sinn und Zweck des § 15 Abs. 1 TVK nicht entgegen. Diese sind nicht eindeutig. So knüpft etwa § 18 TVK, der ua. die Dienstaltersstufen regelt und damit auch Berufserfahrung honoriert, an die Dienstzeit iSv. § 15 TVK an, während zB § 35 TVK dem Musiker gestaffelt nach Dienstzeit iSd. § 15 TVK ein Jubiläumsgeld gewährt, das typischerweise Betriebstreue honoriert.
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dd) Das dargestellte Tarifverständnis entspricht auch den Grundsätzen einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung (vgl. hierzu BVerfG 21. Juni 2016 - 2 BvR 637/09 - Rn. 19 mwN, BVerfGE 142, 234; 15. Dezember 2015 - 2 BvL 1/12 - Rn. 71 mwN, BVerfGE 141, 1). Die Klägerin begehrt die Anrechnung von Tätigkeitszeiten in Norwegen. Zwar ist Norwegen nicht Mitglied der Europäischen Union, sodass Art. 45 AEUV keine Anwendung findet. Allerdings gewährleistet das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) vom 2. Mai 1992 zwischen der Europäischen Union und den EFTA-Staaten, zu denen auch Norwegen gehört und welches Deutschland durch Vertragsgesetz vom 31. März 1993 (BGBl. II S. 266) ratifiziert hat, über Art. 28 EWR eine Anwendung der Grundsätze der Arbeitnehmerfreizügigkeit und eine einheitliche Rechtsanwendung (sh. BT-Drs. 12/3202 S. 430 f.). Das gefundene Auslegungsergebnis stellt sicher, dass von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machende Musiker nicht ohne objektiven Grund schlechter gestellt werden als jene, die ihre gesamte berufliche Laufbahn ausschließlich in Deutschland zurückgelegt haben, und sie somit in ihrem Recht auf Freizügigkeit nicht behindert werden (EuGH 28. April 2022 - C-86/21 - [Gerencia Regional de Salud de la Junta de Castilla y León] Rn. 24 ff.; 12. Mai 2021 - C-27/20 - [CAF] Rn. 32 mwN; vgl. auch BAG 29. April 2021 - 6 AZR 232/17 - Rn. 21, BAGE 175, 14).
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b) Die Tätigkeit der Klägerin beim Bergen Filharmoniske Orkester erfüllt die Tatbestandsvoraussetzungen iSd. § 15 Abs. 1 TVK.
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aa) Nach der nicht mit einer Rüge angegriffenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts war die Klägerin beim Bergen Filharmoniske Orkester als Violinistin und damit als Musikerin iSd. § 15 Abs. 1 TVK tätig.
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bb) Bei dem Bergen Filharmoniske Orkester handelt es sich um ein Konzertorchester iSd. § 15 Abs. 1 TVK.
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(1) Da der TVK die Begriffe Konzert- und Theaterorchester nicht definiert, ist mangels abweichender Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien die Begriffe in dem Sinne verwenden wollten, der dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem der beteiligten Kreise entspricht (BAG 19. Oktober 2022 - 4 AZR 470/21 - Rn. 50; 16. Dezember 2020 - 4 ABR 8/20 - Rn. 25 mwN; 25. Februar 2009 - 4 AZR 41/08 - Rn. 21, BAGE 129, 355).
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(2) Danach wird unter einem Orchester ein größeres Ensemble aus Instrumentalisten verstanden, das unter der Leitung eines Dirigenten spielt (vgl. Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. Stichwort: Orchester). Als Konzertorchester werden insoweit Klangkörper bezeichnet, die überwiegend oder ausschließlich der Pflege des Konzertrepertoires verpflichtet sind (vgl. Deutsches Musikinformationszentrum - Deutscher Musikrat - Institutionen Konzertorchester unter miz.org/de/musikleben/institutionen/orchester/konzertorchester).
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(3) Diese Voraussetzungen sind nach den nicht mit Rügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts vorliegend gegeben. Zu den Projekten des Bergen Filharmoniske Orkester gehören ua. Orchesterwerke von Leos Janáček, Messiaens Turangalȋla, Strawinskys Ballette, die Gesamtausgaben von Prokofjews Symphonien und Klavierkonzerten sowie Griegs Orchesterwerke. Damit pflegt es auch ein typisches Repertoire von Konzertorchestern.
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2. Die Klägerin ist mit ihrem Anspruch auf Anrechnung der beim Bergen Filharmoniske Orkester verbrachten Zeiten als Dienstzeit iSv. § 15 Abs. 1 TVK nicht ausgeschlossen.
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a) Die streitgegenständlichen Zeiten sind nicht nach § 15 Abs. 3 Satz 1 TVK von der Anrechnung auf die tarifliche Dienstzeit ausgenommen. Nach Feststellung des Landesarbeitsgerichts hat sich der Beklagte auf diese Bestimmung nicht berufen.
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b) Die Anrechnung der streitgegenständlichen Zeiten ist entgegen der Annahme der Revision auch nicht nach § 15 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 TVK ausgeschlossen.
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aa) Unstreitig hat die Klägerin dem Beklagten im Dezember 2013 und damit innerhalb der dreimonatigen Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 TVK nach Beginn ihres Arbeitsverhältnisses am 1. Oktober 2013 ein Zertifikat über ihre beim Bergen Filharmoniske Orkester verbrachten Tätigkeitszeiten als erste Violinistin vom 3. September 2007 bis zum 21. Dezember 2007 und vom 1. September 2008 bis zum 3. Juni 2009 - ausgestellt vom Orchestermanager des Bergen Filharmoniske Orkesters - vorgelegt. Der Beklagte beruft sich nunmehr erstmals in der Revision auf inhaltliche Unzulänglichkeiten dieses Zertifikats. Ein entsprechender Vortrag in den Vorinstanzen ergibt sich weder aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch aus den in der angefochtenen Entscheidung in Bezug genommenen Schriftsätzen des Beklagten oder der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht. Damit handelt es sich um neues Tatsachenvorbringen in der Revisionsinstanz, das nach § 72 Abs. 5 ArbGG, § 559 ZPO nicht zu berücksichtigen ist (sh. etwa BAG 19. November 2020 - 6 AZR 449/19 - Rn. 41 mwN).
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bb) Unabhängig hiervon wäre die Klägerin nicht gehindert, noch einen weiteren Beleg über die streitgegenständlichen Zeiten zu erbringen. Die dreimonatige Ausschlussfrist wird nach dem eindeutigen Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 1 TVK erst in Gang gesetzt, wenn der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer einen entsprechenden Nachweis über die anrechnungsfähigen Zeiten verlangt hat (sh. auch LAG Nürnberg 14. Oktober 2021 - 5 Sa 162/21 - zu II 2 der Gründe). Eine solche Aufforderung hat der Beklagte nicht vorgetragen.
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III. Der Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
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Spelge
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