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BAG 28.04.2021 - 10 AZR 404/18
BAG 28.04.2021 - 10 AZR 404/18 - Baugewerbe - Betrieb der Werkstatt für einen angeschlossenen Baubetrieb - Beitragspflicht - Sozialkassenverfahren - betrieblicher Geltungsbereich - Zusammenschluss
Normen
§ 195 BGB, § 199 BGB, § 202 BGB, § 204 Abs 1 Nr 3 BGB, § 271 BGB, § 7 Abs 7 SokaSiG, Anl 32 SokaSiG, § 1 Abs 1 VTV-Bau vom 18.12.2009, § 1 Abs 2 Abschn IV Nr 4 VTV-Bau vom 18.12.2009, § 1 Abs 3 S 1 Nr 1 VTV-Bau vom 18.12.2009, § 18 Abs 1 S 1 VTV-Bau vom 18.12.2009, § 21 Abs 1 S 1 VTV-Bau vom 18.12.2009, § 24 Abs 1 VTV-Bau vom 18.12.2009, § 24 Abs 4 VTV-Bau vom 18.12.2009
Vorinstanz
vorgehend ArbG Berlin, 17. Dezember 2015, Az: 62 Ca 60343/15, Urteil
vorgehend LArbG Berlin-Brandenburg, 10. Juli 2018, Az: 11 Sa 197/16, Urteil
Tenor
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1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Juli 2018 - 11 Sa 197/16 - wird zurückgewiesen.
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2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft.
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Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er ist tarifvertraglich zum Einzug der Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft verpflichtet. Der Kläger verlangt von der Beklagten für drei gewerbliche Arbeitnehmer Beiträge für den Zeitraum von April bis November 2010. Er zieht die vom Statistischen Bundesamt ermittelten Durchschnittslöhne heran, um die Beitragsansprüche zu berechnen. Der Kläger stützt seine Forderungen auf den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 18. Dezember 2009 (VTV 2009). Der Senat hat die Allgemeinverbindlicherklärung des VTV 2009 für unwirksam befunden (BAG 21. September 2016 - 10 ABR 33/15 - BAGE 156, 213).
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Die Beklagte besteht seit 2005. Sie unterhält in Z eine Werkstatt. Die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (ZVK) bescheinigte der Beklagten in ihrer Funktion als frühere Einzugsstelle der Sozialkassen der Bauwirtschaft unter dem 22. November 2006, anhand der vorgelegten Geschäftsunterlagen sei nicht davon auszugehen, dass sie an den Sozialkassenverfahren der Bauwirtschaft teilnehme. Das Sozialgericht Chemnitz hob zwei Bescheide der Bundesagentur für Arbeit auf, mit denen die Beklagte zu der Winterbeschäftigungs-Umlage für den streitgegenständlichen Zeitraum herangezogen worden war.
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Die Beklagte trat im Klagezeitraum zusammen mit der R GmbH, der K GmbH und der B GmbH (B GmbH) als Unternehmensgruppe E auf. Die Unternehmensgruppe E warb für sich im Internet als „ein international tätiges, mittelständisches Unternehmen“ ua. in den Bereichen Leitungsbau, Fernmeldebau und Horizontalbohrungen. Herr P war Geschäftsführer der B GmbH und zugleich Alleingesellschafter der drei anderen Unternehmen der Unternehmensgruppe E.
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Die am 25. Februar 2010 von der K GmbH gegründete B GmbH führt horizontale und vertikale Bohrleistungen aus. Sie war im streitigen Zeitraum bei dem Kläger als Betrieb des Baugewerbes erfasst und entrichtete Beiträge zu den Sozialkassenverfahren. Die Beklagte leistete im Kalenderjahr 2010 in ihrer Werkstatt insgesamt 8.001 Arbeitsstunden. Davon entfielen 2006,5 Stunden auf Reparaturen und Servicearbeiten an Geräten der B GmbH. Am 25. November 2014 besuchte ein Arbeitnehmer des Klägers den Betrieb der Beklagten.
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Der Kläger hat die Beitragsansprüche mit einem Mahnbescheid geltend gemacht, der der Beklagten am 24. März 2015 zugestellt worden ist. Der Kläger hat angenommen, zwischen dem Werkstattbetrieb der Beklagten und dem Betrieb der B GmbH habe angesichts ihrer engen wirtschaftlichen und gesellschaftsrechtlichen Verbindung und ihrer Zugehörigkeit zu der E-Unternehmensgruppe im Klagezeitraum ein Zusammenschluss iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 VTV 2009 bestanden. In der Werkstatt sei im maßgeblichen Kalenderjahr 2010 mehr als ein Viertel der Arbeitsstunden auf Reparaturen und Serviceleistungen für die B GmbH entfallen. Der Betrieb der Beklagten falle deshalb in den Geltungsbereich des VTV 2009. Der Kläger habe von diesem Umstand erst anlässlich des Betriebsbesuchs vom 25. November 2014 Kenntnis erlangt.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.976,00 Euro zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, bei der B GmbH habe es sich nicht um einen „angeschlossenen Betrieb“ iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 VTV 2009 gehandelt. Diese Auffassung hat die Beklagte auf die Umstände gestützt, dass sie weder von der B GmbH abgespalten worden noch in anderer Weise gesellschaftsrechtlich mit ihr verbunden sei. Die Beklagte halte keine Maschinen für die B GmbH vor und vermiete auch keine Maschinen an sie. Zweck der Tarifregelung sei es, dem Ausscheiden von Arbeitnehmern aus dem Baugewerbe durch Aufspaltung und rechtliche Verselbständigung eines Betriebsteils oder einzelner Tätigkeiten vorzubeugen. Eine rein unternehmerische Zusammenarbeit reiche nicht aus. Sonst könne kein Baubetrieb bei Gesellschafteridentität einen reinen Reparaturbetrieb beauftragen, ohne Gefahr zu laufen, diesen zu „infizieren“. Die Beitragsansprüche seien zudem verjährt.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision will die Beklagte erreichen, dass das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts wiederhergestellt wird.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht dazu verurteilt, die Beiträge zu leisten. Die Klage ist begründet.
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I. Der Kläger hat die Klage nicht geändert, indem er die Beitragsforderungen im Berufungsverfahren auf § 7 Abs. 7 iVm. der Anlage 32 SokaSiG gestützt hat. Beitragsansprüche nach einem Verfahrenstarifvertrag, für dessen Geltungserstreckung sowohl eine Allgemeinverbindlicherklärung als auch § 7 SokaSiG in Betracht kommen, werden von demselben den Streitgegenstand umgrenzenden Lebenssachverhalt erfasst. Die Ansprüche stützen sich auf dasselbe Tatgeschehen. Sie sind weder in ihren materiell-rechtlichen Voraussetzungen noch in ihren Folgen oder strukturell grundlegend verschieden ausgestaltet (st. Rspr., zB BAG 16. September 2020 - 10 AZR 56/19 - Rn. 16 mwN).
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II. Die Klage ist begründet. Die Beklagte schuldet dem Kläger für den Zeitraum von April bis November 2010 Sozialkassenbeiträge iHv. 8.976,00 Euro.
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1. Die Beitragsansprüche des Klägers ergeben sich aus § 7 Abs. 7 iVm. der Anlage 32 SokaSiG. Die Anlage 32 enthält den vollständigen Text des VTV 2009 (vgl. den Anlageband zum BGBl. I Nr. 29 vom 24. Mai 2017 S. 337 bis 350). Die Beitragspflichten der Beklagten für ihre gewerblichen Arbeitnehmer folgen aus § 1 Abs. 1, Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 18 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 1 Satz 1 VTV 2009.
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a) Der im Freistaat Sachsen gelegene Betrieb der Beklagten unterfällt dem räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags (§ 1 Abs. 1 VTV 2009). Die gewerblichen Arbeitnehmer, die die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum beschäftigte, werden von seinem persönlichen Geltungsbereich erfasst (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VTV 2009).
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b) Die Beklagte unterhielt im Zeitraum von April bis November 2010 einen Betrieb des Baugewerbes iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 VTV 2009.
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aa) Die B GmbH unterhielt im Klagezeitraum einen Betrieb des Baugewerbes. Indem die Beklagte in ihrer Werkstatt Reparaturen und Servicearbeiten an den Bohrgeräten der B GmbH verrichtete, betrieb sie für einen Betrieb des Baugewerbes „die Werkstatt“ iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 VTV 2009.
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bb) Auf die Reparatur- und Servicearbeiten an den Bohrgeräten der B GmbH entfiel im Kalenderjahr 2010 mit 2006,5 Stunden mehr als ein Viertel der insgesamt 8.001 geleisteten Werkstattstunden. Die Beklagte betrieb deshalb „in nicht unerheblichem Umfang“ iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 VTV 2009 die Werkstatt für die B GmbH.
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cc) Die Beklagte betrieb die Werkstatt für die B GmbH im Rahmen eines „bestehenden Zusammenschlusses“ iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 VTV 2009.
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(1) Nach der Rechtsprechung des Senats orientiert sich die Auslegung der in den Verfahrenstarifverträgen des Baugewerbes verwendeten Begriffe „Zusammenschluss“ und „Unternehmenszusammenschluss“ nicht an betriebsverfassungs- oder wettbewerbsrechtlichen Vorschriften, sondern an ihrer allgemeinen Bedeutung und am Zweck der jeweiligen Tarifnorm (vgl. BAG 18. Oktober 2006 - 10 AZR 657/05 - Rn. 19 ff. [zu § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 der Verfahrenstarifverträge vom 12. November 1986 und 20. Dezember 1999]; 13. Juli 2005 - 10 AZR 466/04 - zu II 2 a aa der Gründe [zu § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 32 der Verfahrenstarifverträge in den Fassungen vom 1. Dezember 2000, 15. Mai 2001 und 14. Dezember 2001]; 31. Juli 2002 - 10 AZR 625/01 - zu II 2 der Gründe [zu § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 des VTV vom 20. Dezember 1999]).
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(a) Der Begriff „Zusammenschluss“ steht für „Vereinigung“ (WAHRIG Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. Stichwort „Zusammenschluss“). Wer sich mit jemandem zusammenschließt, geht diese Verbindung zu einem bestimmten Zweck ein (vgl. Duden Das Bedeutungswörterbuch 5. Aufl. Stichwort „zusammenschließen“). Schließen sich wirtschaftlich selbständige Betriebe oder Unternehmen zusammen, verfolgen sie regelmäßig das Ziel, sich durch die Koordination ihrer Geschäftstätigkeit und des Einsatzes ihrer Arbeitnehmer Vorteile am Markt zu verschaffen.
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(b) Der Zusatz „unbeschadet der gewählten Rechtsform“ in § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 VTV 2009 verdeutlicht, dass die Tarifvertragsparteien den Begriff „Zusammenschluss“ bewusst sehr weit und untechnisch gewählt haben, um möglichst alle denkbaren Formen einer Kooperation zu erfassen. Der Zusammenschluss muss insbesondere nicht vertraglich fixiert und abgesichert sein ( BAG 31. Juli 2002 - 10 AZR 625/01 - zu II 2 der Gründe).
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(c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts setzt § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes nicht voraus, dass es sich bei den zusammengeschlossenen Betrieben jeweils um „Rechtsträger mit Unternehmensqualität“ handelt. Ebenso wenig kommt es auf eine personen- oder gesellschaftsrechtliche Verbindung oder auf eine bestimmte Form des Zusammenschlusses der Betriebe an (vgl. BAG 18. Oktober 2006 - 10 AZR 657/05 - Rn. 20 [zu § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 der Verfahrenstarifverträge vom 12. November 1986 und 20. Dezember 1999]; 13. Juli 2005 - 10 AZR 466/04 - zu II 2 a aa der Gründe [zu § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 32 der Verfahrenstarifverträge in den Fassungen vom 1. Dezember 2000, 15. Mai 2001 und 14. Dezember 2001]).
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(2) Der Blick auf die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen in § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes zeigt, dass die Regelung den Zweck verfolgt, den tarifvertraglichen Schutz auf die Arbeitnehmer zu erstrecken, die ihre Arbeitskraft (mittelbar) einem ihrem Betrieb angeschlossenen Baubetrieb in nicht nur unmaßgeblichem Umfang zur Verfügung stellen (vgl. BAG 31. Juli 2002 - 10 AZR 625/01 - zu II 1 der Gründe). Die Regelung soll sicherstellen, dass ein Betrieb dem betrieblichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes auch dann unterfällt, wenn die dort beschäftigten Arbeitnehmer in nicht unerheblichem Umfang nichtbauliche Tätigkeiten für einen angeschlossenen Baubetrieb versehen, die der Baubetrieb sonst mit eigenen Arbeitnehmern erledigen müsste. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, ob der angeschlossene Baubetrieb die „nichtbaulichen“ Tätigkeiten auf den anderen Betrieb in der Absicht übertragen hat, die damit befassten Arbeitnehmer dem Schutz der Verfahrenstarifverträge zu entziehen (vgl. BAG 18. Oktober 2006 - 10 AZR 657/05 - Rn. 20; 13. Juli 2005 - 10 AZR 466/04 - zu II 2 a aa der Gründe ).
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(3) Danach bestand zwischen der Beklagten und der B GmbH ein Zusammenschluss iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 VTV 2009. Bei der B GmbH handelte es sich um einen „angeschlossenen Baubetrieb“ im Tarifsinn.
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(a) Die Beklagte und die B GmbH gehörten im Klagezeitraum zu einer größeren Wirtschaftseinheit. Das belegt ihre Zugehörigkeit zu der Unternehmensgruppe E. Der Internet-Auftritt der Unternehmensgruppe E dokumentiert, dass die vier Unternehmen die strategische Absicht verfolgten, als „ein Unternehmen“ mit ihren Arbeitnehmern Leistungen auf mehreren verwandten Geschäftsfeldern anzubieten, um mehr Marktmacht zu erlangen. Herr P vertrat die Beklagte im streitigen Zeitraum als Geschäftsführer. Er konnte auf die B GmbH als ihr Alleingesellschafter nach §§ 45 ff. GmbHG Einfluss nehmen. Daher ist von einem „Zusammenschluss“ der Werkstatt der Beklagten mit dem Baubetrieb der B GmbH auszugehen.
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(b) Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt ein Zusammenschluss iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 VTV 2009 nicht voraus, dass die Gesellschafter der verbundenen Unternehmen identisch sind. Auch „unmittelbare gesellschaftsrechtliche Verflechtungen“ sind nicht erforderlich. Die Urteile des Senats, auf die sich die Beklagte beruft, betrafen die Auslegung von § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 und Nr. 32 der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes, die - anders als § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 der Verfahrenstarifverträge - auf den Betrieb „eines beteiligten Gesellschafters“ abstellen (vgl. BAG 18. Oktober 2006 - 10 AZR 657/05 - Rn. 23 [zu § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 der Verfahrenstarifverträge vom 12. November 1986 und 20. Dezember 1999]; 13. Juli 2005 - 10 AZR 466/04 - zu II 2 a aa der Gründe [zu § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 32 der Verfahrenstarifverträge in den Fassungen vom 1. Dezember 2000, 15. Mai 2001 und 14. Dezember 2001]).
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(c) Der Betrieb der Beklagten wird nach § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 VTV 2009 vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV 2009 erfasst, obwohl die Beklagte nicht von der B GmbH abgespalten wurde. Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck der Tarifnorm verlangen, dass der angeschlossene Betrieb des Baugewerbes und der andere Betrieb vor dem Zusammenschluss ein einheitliches Unternehmen gebildet haben. Der betriebliche Geltungsbereich ist nach § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes für eine Werkstatt oder einen Bauhof eröffnet, wenn sie „in nicht unerheblichem Umfang (zumindest zu einem Viertel der betrieblichen Arbeitszeit)“ für den angeschlossenen Betrieb des Baugewerbes tätig sind. Solange dieses Volumen nicht erreicht ist, läuft ein Baubetrieb bei Gesellschafteridentität nicht Gefahr, einen Reparaturbetrieb zu „infizieren“, wenn er ihn beauftragt.
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(d) Die Einlassung der Beklagten, sie vermiete keine Maschinen an die B GmbH und halte auch keine Maschinen für sie vor, schließt den betrieblichen Geltungsbereich des VTV 2009 nicht aus. Die Ausführungen des Senats, auf die sich die Beklagte beruft, betreffen die Frage, unter welchen Umständen ein Betrieb im Rahmen eines Zusammenschlusses den Bauhof für den angeschlossenen Baubetrieb betreibt (BAG 31. Juli 2002 - 10 AZR 625/01 - zu II 3 der Gründe). Die Beklagte berücksichtigt nicht, dass nach § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes nicht nur Bauhöfe, sondern auch Werkstätten Betriebe des Baugewerbes sein können.
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dd) Die nach den allgemeinen Regeln für die Ausnahme darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat nicht vorgetragen, dass ihr Betrieb von einem spezielleren Tarifvertrag erfasst wird.
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c) Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf die Bescheinigung vom 22. November 2006 berufen. Die ZVK hat sich darin nicht für den Klagezeitraum geäußert. Die Aufhebung der Bescheide der Bundesagentur für Arbeit über die Winterbeschäftigungs-Umlage lässt ebenfalls nicht den Schluss zu, dass für die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum keine Beitragspflicht nach dem VTV 2009 besteht (vgl. BAG 27. März 2019 - 10 AZR 318/17 - Rn. 23).
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d) Revisionsrechtlich ist nicht zu beanstanden, dass der Kläger für die gewerblichen Arbeitnehmer der Beklagten Durchschnittsbeiträge iHv. jeweils 1.122,00 Euro pro Kalendermonat begehrt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Kläger berechtigt, die geschuldeten Beiträge mit einer Durchschnittsbeitragsklage geltend zu machen und dafür die vom Statistischen Bundesamt ermittelten durchschnittlichen Bruttomonatslöhne in der Bauwirtschaft heranzuziehen (BAG 16. September 2020 - 10 AZR 9/19 - Rn. 21). Die Beklagte hat nicht geltend gemacht, weniger als drei gewerbliche Arbeitnehmer beschäftigt oder ihnen eine geringere als die Durchschnittsvergütung gezahlt zu haben.
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2. Die Ansprüche sind nicht verfallen. Ihrer Durchsetzbarkeit steht auch nicht die Einrede der Verjährung entgegen.
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a) Verfall und Verjährung der Ansprüche richten sich nach § 24 Abs. 1 und 4 VTV 2009. Die Verfall- und die Verjährungsfrist betragen danach vier Jahre; § 199 BGB ist anzuwenden. Die Verlängerung der Verjährungsfrist gegenüber § 195 BGB ist nach § 202 BGB wirksam (BAG 20. Mai 2020 - 10 AZR 576/18 - Rn. 30 mwN, BAGE 170, 295). Für den Beginn der Verjährung ist auf den Zeitpunkt der Fälligkeit abzustellen, weil ein Anspruch iSv. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB regelmäßig entsteht, wenn er nach § 271 BGB fällig ist (BAG 20. Mai 2020 - 10 AZR 576/18 - Rn. 33, aaO).
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b) Der älteste Beitragsanspruch für April 2010 war nach § 21 Abs. 1 Satz 1 VTV 2009 mit dem 15. Mai 2010 fällig. Der Kläger erlangte nach seiner Darstellung im Rahmen des Betriebsbesuchs vom 25. November 2014 Kenntnis davon, dass die Beklagte ihm Sozialkassenbeiträge schuldet. Danach begannen die Verfall- und die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres 2014 zu laufen und endeten am 31. Dezember 2018 (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, § 24 Abs. 1 Satz 2 VTV 2009). Dem ist die Beklagte, die als Schuldnerin darlegungs- und beweisbelastet dafür ist, dass die Voraussetzungen der von ihr in Anspruch genommenen Verjährungsvorschrift erfüllt sind, nicht entgegengetreten (vgl. BGH 3. September 2020 - III ZR 136/18 - Rn. 55; 24. Februar 2016 - VIII ZR 38/15 - Rn. 40).
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c) Der Kläger hat die Verfall- und die Verjährungsfrist im Hinblick auf alle streitgegenständlichen Beitragsansprüche durch den der Beklagten am 24. März 2015 zugestellten Mahnbescheid gewahrt (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, § 24 Abs. 1 Satz 3 VTV 2009). Dem steht nicht entgegen, dass er als Geltungsgrund des VTV 2009 zunächst die Allgemeinverbindlicherklärung und erst in der Berufungsinstanz das SokaSiG herangezogen hat. Bei den Beitragsansprüchen handelt es sich um denselben Streitgegenstand, unabhängig davon, ob die Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes aufgrund einer Allgemeinverbindlicherklärung oder nach § 7 SokaSiG zur Anwendung kommen (BAG 22. Januar 2020 - 10 AZR 387/18 - Rn. 44 mwN, BAGE 169, 285).
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3. Es bestehen keine Bedenken daran, dass das SokaSiG als Geltungsgrund für den VTV 2009 verfassungsgemäß ist (BVerfG 11. August 2020 - 1 BvR 2654/17 - Rn. 14 ff.; 11. August 2020 - 1 BvR 1115/18 - Rn. 2; BAG 17. Juni 2020 - 10 AZR 464/18 - Rn. 58 ff.; 20. November 2018 - 10 AZR 121/18 - Rn. 42 ff., BAGE 164, 201).
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Pulz
Brune
Schumann
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