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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BAG 20.01.2021 - 4 ABR 1/20
BAG 20.01.2021 - 4 ABR 1/20 - Mitbestimmung bei Ein- und Umgruppierung - Zustimmungsersetzungsverfahren - Stufenaufstieg nach dem TVöD/VKA - einseitige Erledigungserklärung im Beschlussverfahren - Erledigung des Verfahrens
Normen
§ 95 S 4 ArbGG, § 83a ArbGG, § 99 Abs 4 BetrVG, § 16 Abs 3 TVöD, § 17 TVöD
Vorinstanz
vorgehend ArbG Frankfurt, 8. März 2018, Az: 21 BV 380/17, Beschluss
vorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht, 30. August 2019, Az: 4 TaBV 158/18, Beschluss
Tenor
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Das Verfahren wird eingestellt.
Gründe
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A. Die Arbeitgeberin hat in den Vorinstanzen die Ersetzung der Zustimmung des bei ihr gebildeten Betriebsrats zur beabsichtigten Umgruppierung von - soweit für die Rechtsbeschwerde noch von Interesse - zwölf Beschäftigten begehrt. Nunmehr streiten die Beteiligten in erster Linie darüber, ob sich das vorliegende Verfahren erledigt hat.
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Die Arbeitgeberin beschäftigt in ihrem Betrieb auf dem Gelände des Flughafens Frankfurt am Main regelmäßig mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer und bietet Betreuungsdienste für hilfsbedürftige Fluggäste an, die überwiegend von sog. Service Agents geleistet werden. Daneben werden auch sog. Service Professionals eingesetzt.
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Die Arbeitgeberin, Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Hessen e.V., beantragte - soweit vorliegend noch von Bedeutung - mit Schreiben vom 22. März 2017 und vom 1. September 2017 die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung von zwölf Arbeitnehmern zum 1. April 2017 und zum 1. November 2017 in die Funktion von Service Professionals sowie zur jeweiligen Umgruppierung in die Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (TVöD/VKA) „unter Beibehaltung der jeweiligen Erfahrungsstufe“. Der Betriebsrat stimmte den Versetzungen zu, verweigerte aber fristgemäß die Zustimmung zu den Umgruppierungen mit der Begründung, zutreffend sei die Entgeltgruppe 5, hilfsweise die Entgeltgruppe 4 TVöD/VKA. Alle von der Rechtsbeschwerde noch betroffenen Beschäftigten haben zwischenzeitlich nach § 16 Abs. 3 TVöD/VKA eine höhere Stufe in der von der Arbeitgeberin als zutreffend angesehenen Entgeltgruppe 3 TVöD/VKA erreicht.
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Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, die Service Professionals seien nach Entgeltgruppe 3 TVöD/VKA zu vergüten und in den Vorinstanzen - soweit für die Rechtsbeschwerde von Interesse - sinngemäß beantragt,
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die fehlende Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der Beschäftigten
C, M
En, H
Eng (ehem. We), A
E, S
G, Be
He, St
H, Ma
K, C
Kr, J
P, Ha
S, Mi
W, B
in die Entgeltgruppe 3 TVöD/VKA unter Beibehaltung der jeweiligen Stufe nach § 16 TVöD/VKA zu ersetzen.
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Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag der Arbeitgeberin abzuweisen.
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Das Arbeitsgericht hat den Zustimmungsersetzungsanträgen der Arbeitgeberin hinsichtlich von damals noch insgesamt 89 Beschäftigten stattgegeben, die Anträge auf Feststellung, dass die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt gilt, hingegen rechtskräftig abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat - nach teilweiser Einstellung des Verfahrens - auf die Beschwerde des Betriebsrats die noch anhängigen 42 Zustimmungsersetzungsanträge abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde hat die Arbeitgeberin zunächst die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt. Für 30 Beschäftigte ist das Verfahren zwischenzeitlich eingestellt worden. Hinsichtlich der weiteren zwölf Beschäftigten hat die Arbeitgeberin das Verfahren aufgrund der mittlerweile erreichten höheren Entgeltstufe ebenfalls für erledigt erklärt. Der Betriebsrat hat der Erledigung nicht zugestimmt. Er hat die Ansicht vertreten, ein erledigendes Ereignis sei nicht eingetreten. Die richtige Stufe und die Stufenerhöhungen ständen nicht im Streit, sondern nur die zutreffende Entgeltgruppe. Dies lasse sich auf Grundlage des ursprünglichen Antrags der Arbeitgeberin in der Sache entscheiden. Eine lediglich auf die Entgeltgruppe bezogene Ersetzung der Zustimmung sei als „Minus“ im gestellten Antrag enthalten.
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B. Das Verfahren ist auf die einseitige Erledigungserklärung der Arbeitgeberin in entsprechender Anwendung des § 83a Abs. 2 ArbGG einzustellen. Hinsichtlich der von der zulässigen Rechtsbeschwerde noch erfassten Zustimmungsersetzungsanträge zur Umgruppierung von zwölf Beschäftigten ist aufgrund erfolgter Stufenerhöhungen nach § 16 Abs. 3 TVöD/VKA eine Erledigung des Verfahrens eingetreten.
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I. Nach § 95 Satz 4, § 83a Abs. 2 ArbGG ist ein Beschlussverfahren in der Rechtsbeschwerdeinstanz einzustellen, wenn die Beteiligten es für erledigt erklärt haben. Hat der Antragsteller das Verfahren für erledigt erklärt und widersprechen andere Verfahrensbeteiligte der Erledigungserklärung, hat das Gericht zu prüfen, ob ein erledigendes Ereignis eingetreten ist. Ist das der Fall, ist das Verfahren einzustellen. Ein erledigendes Ereignis sind tatsächliche Umstände, die nach Anhängigkeit des Beschlussverfahrens eingetreten sind und dazu führen, dass das Begehren des Antragstellers jedenfalls nunmehr als unzulässig oder unbegründet abgewiesen werden müsste. Anders als im Urteilsverfahren kommt es nicht darauf an, ob der gestellte Antrag bis dahin zulässig und begründet war (st. Rspr., zuletzt zB BAG 29. Juli 2020 - 7 ABR 27/19 - Rn. 24 mwN; zum Verfahren nach § 99 BetrVG zB BAG 26. September 2018 - 7 ABR 18/16 - Rn. 16 mwN).
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II. Ein solcher Fall der Erledigung ist eingetreten. Die Beteiligten stritten im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG über die Umgruppierung von Beschäftigten im Zusammenhang mit deren Versetzung in die Funktion von Service Professionals. Das Rechtsschutzbedürfnis für die ursprünglich begehrte Zustimmungsersetzung zur Umgruppierung in die Entgeltgruppe 3 TVöD/VKA nebst einer konkreten Stufe der Entgelttabelle ist entfallen, da die Arbeitgeberin diese Maßnahmen aufgrund der Stufenerhöhungen aller betroffenen Beschäftigten nicht mehr beabsichtigt.
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1. Das Rechtsschutzbedürfnis verlangt als Sachentscheidungsvoraussetzung das Vorliegen eines berechtigten Interesses an der Inanspruchnahme der Gerichte. Fehlt es, ist ein Antrag als unzulässig abzuweisen. Bei Leistungs- und Gestaltungsklagen kann das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn der Antragsteller offensichtlich gerichtlicher Hilfe zur Erreichung seines Ziels nicht (mehr) bedarf. Der Antrag eines Arbeitgebers, die Zustimmung des Betriebsrats zu einer personellen Maßnahme nach § 99 Abs. 4 BetrVG gerichtlich zu ersetzen, setzt deshalb voraus, dass der Arbeitgeber die Durchführung dieser Maßnahme noch beabsichtigt. Dies ist bei einem auf eine Ein- oder Umgruppierung bezogenen Zustimmungsersetzungsverfahren nur so lange der Fall, wie der betroffene Arbeitnehmer im Betrieb mit unveränderter Eingruppierung beschäftigt ist (BAG 29. Januar 2020 - 4 ABR 26/19 - Rn. 14; 1. Juli 2009 - 4 ABR 18/08 - Rn. 16, BAGE 131, 197).
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2. Die Reichweite des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei der Ein- und Umgruppierung beschränkt sich nicht auf die bloße Einreihung der Tätigkeit des entsprechenden Arbeitnehmers in eine bestimmte Vergütungsgruppe. Das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG ist ein einheitliches Verfahren, das die Ein- oder Umgruppierung in allen ihren Teilen erfasst. Beinhaltet die Eingruppierungsentscheidung mehrere Fragestellungen, kann der Arbeitgeber das Mitbestimmungsverfahren nicht auf einzelne Teile beschränken. Eine Eingruppierung, hinsichtlich derer die fehlende Zustimmung des Betriebsrats ersetzt werden könnte, liegt nur dann vor, wenn alle Teilfragen zutreffend beurteilt worden sind. Eine „Teileingruppierung“ steht einer unrichtigen, unzutreffenden Eingruppierung gleich. Dementsprechend umfasst das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats alle Faktoren, die im Zusammenhang mit einer Eingruppierung zu einem unterschiedlichen Entgelt führen können (st. Rspr., zB BAG 29. Januar 2020 - 4 ABR 26/19 - Rn. 19 [auch zu den prozessualen Möglichkeiten der Fortführung eines anhängigen Zustimmungsersetzungsverfahrens Rn. 20]; 19. Oktober 2011 - 4 ABR 119/09 - Rn. 20). Das gilt beispielsweise für die Zuordnung der Anzahl der Berufsjahre zu einer bestimmten Vergütungsgruppe (vgl. dazu BAG 26. April 2017 - 4 ABR 37/14 - Rn. 10) oder die zutreffende Beschäftigungszeit in einer bestimmten Vergütungsgruppe, wenn sich daraus ein unterschiedliches Entgelt ergibt (BAG 13. November 2013 - 4 ABR 16/12 - Rn. 13). Gleiches gilt bei einer Änderung der Stufen einer Entgelttabelle, wie sie zB § 16 Abs. 3 TVöD/VKA vorsieht, weil sich daraus ein unterschiedliches Entgelt im Vergleich zur niedrigeren Stufe ergibt. Dies gilt selbst dann, wenn eine Höherstufung allein durch Zeitablauf erfolgt (BAG 6. April 2011 - 7 ABR 136/09 - Rn. 29, BAGE 137, 260). In all diesen Fällen gibt die Arbeitgeberin mit ihrem Antrag nach § 99 Abs. 1 BetrVG eine rechtliche Einschätzung über die aus ihrer Sicht zutreffende Eingruppierung nach der betrieblichen Vergütungsordnung ab, hinsichtlich derer dem Betriebsrat ein Mitbeurteilungsrecht zusteht. Erst wenn der Betriebsrat dieses Recht ausgeübt hat, ist geklärt, ob zwischen den Betriebsparteien Streit über die zutreffende, je nach Vergütungsordnung ggf. aus mehreren Elementen bestehende Eingruppierung besteht.
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3. So liegt der Fall hier. Die Arbeitgeberin hatte jeweils die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung in die Entgeltgruppe 3 TVöD/VKA unter Beibehaltung der jeweiligen Stufe iSv. § 16 TVöD/VKA begehrt. Damit hat sie zutreffend die gesamte Eingruppierung, bestehend aus Entgeltgruppe und Stufe der Entgelttabelle, zum Gegenstand des Verfahrens nach § 99 BetrVG gemacht. Die zwölf von der Rechtsbeschwerde noch erfassten Beschäftigten haben - teilweise bereits vor, teilweise nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts - jeweils nach § 16 Abs. 3 iVm. § 17 TVöD/VKA eine höhere Stufe erreicht, die zu Entgeltänderungen führte. Diese Stufenänderungen lösten ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus und stellten ihrerseits Umgruppierungen iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dar. Ab dem Zeitpunkt der Stufenerhöhung war die zuvor von der Arbeitgeberin beabsichtigte Maßnahme - die Umgruppierung unter Einstufung in eine niedrigere Stufe der Entgelttabelle - nicht mehr beabsichtigt. Die Beschäftigten wurden nicht mehr mit einer unveränderten Eingruppierung iSd. § 99 BetrVG beschäftigt. Das Festhalten an den ursprünglich beabsichtigten Maßnahmen durch die Arbeitgeberin wäre im Übrigen auch tarifwidrig gewesen. Damit ist eine Erledigung des Verfahrens eingetreten.
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4. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats ändert der Umstand, dass über die Erhöhung der Stufen der Entgelttabelle zwischen den Beteiligten kein Streit besteht, hieran nichts (vgl. hierzu schon BAG 6. April 2011 - 7 ABR 136/09 - Rn. 29, BAGE 137, 260). Maßgeblich für eine Erledigung ist alleine, ob es sich noch um die ursprünglich vom Arbeitgeber beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme handelt. Dies ist nicht der Fall. Auch scheidet im Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG - wie dargelegt - eine Entscheidung über eine „Teileingruppierung“, hier also nur über die zutreffende Entgeltgruppe, aus. Es würde sich um eine unzutreffende Eingruppierung iSd. § 99 BetrVG handeln. Schließlich ergibt sich aus dem Umstand, dass die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrats „unter Beibehaltung der jeweiligen Erfahrungsstufe“ beantragt hat, nichts Anderes. Die Formulierung bezog sich auf die ursprünglichen Zustimmungsanträge. Diese hat die Auffassung der Arbeitgeberin zu den damals für zutreffend erachteten Stufen innerhalb der Entgeltgruppe 3 TVöD/VKA zum Ausdruck gebracht. Spätere Stufenerhöhungen werden davon nicht erfasst.
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Treber
Rinck
W. Reinfelder
Plautz
Kopp
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