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BAG 30.07.2020 - 2 AZR 43/20
BAG 30.07.2020 - 2 AZR 43/20 - Verhaltensbedingte Kündigung - Nachträgliche Klagezulassung
Normen
Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 46 Abs 2 S 1 ArbGG, § 46c ArbGG, § 53 Abs 1 S 1 ArbGG, § 56 Abs 1 ArbGG, § 85 Abs 2 ZPO, § 139 Abs 1 S 1 ZPO, § 139 Abs 3 ZPO, § 253 ZPO, § 295 Abs 1 ZPO, § 1 Abs 1 KSchG, § 1 Abs 2 S 1 KSchG, § 4 S 1 KSchG, § 5 KSchG, § 7 Halbs 1 KSchG, § 241 Abs 2 BGB, § 4 ERVV
Vorinstanz
vorgehend ArbG Berlin, 5. Dezember 2018, Az: 56 Ca 4481/18, Urteil
vorgehend LArbG Berlin-Brandenburg, 7. November 2019, Az: 5 Sa 134/19, Urteil
Leitsatz
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§ 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG findet keine Anwendung, wenn das Versäumen der Frist der Sphäre des Gerichts und nicht derjenigen des Antragstellers zuzurechnen ist und der Prozessgegner kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Eintritt der Rechtssicherheit haben konnte.
Tenor
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Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. November 2019 - 5 Sa 134/19 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und die nachträgliche Zulassung der Klage.
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Die Klägerin war bei der Beklagten als Callcenteragentin beschäftigt. Im Zeitraum vom 3. August 2017 bis 23. November 2017 richtete sie 30 E-Mails an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beklagten. Wegen des Inhalts einiger von ihnen mahnte die Beklagte sie mit Schreiben vom 23. November 2017 ab. Die E-Mails hätten falsche Unterstellungen oder Hinweise mit Anweisungscharakter enthalten bzw. die Privatangelegenheit einer Kollegin betroffen. In der Zeit vom 2. Januar 2018 bis 6. Februar 2018 richtete die Klägerin an ihre Gruppenleiterin, eine Referentin und eine weitere Mitarbeiterin insgesamt 33 E-Mails.
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Nach Anhörung des Personalrats kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 15. März 2018, das der Klägerin am selben Tag zuging, „zum 30.06.2018, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin“.
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Dagegen hat sich die Klägerin mit einer am 21. März 2018 über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des Arbeitsgerichts eingereichten Klage gewandt. Die angefügte qualifizierte elektronische Signatur (qeS) ihres damaligen Prozessbevollmächtigten bezog sich auf einen elektronischen Nachrichtencontainer (sog. Container-Signatur) und nicht auf das PDF-Dokument der Klageschrift. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei ua. deshalb rechtsunwirksam, weil sie sozial ungerechtfertigt sei.
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Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 15. März 2018 beendet wurde.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Parteien am 1. August 2019 darauf hingewiesen, dass die Signatur nur an dem Nachrichtencontainer angebracht war. Auf Antrag der Klägerin vom 15. August 2019 hat es die Berufung der Beklagten unter nachträglicher Zulassung der Klage zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte weiterhin, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat ihre Berufung gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.
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I. Die Klage ist nicht mangels ordnungsgemäßer Klageerhebung unzulässig.
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1. Die Klageschrift bedarf als bestimmender Schriftsatz der Schriftform, § 253 ZPO. Auf sie sind gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG iVm. §§ 495, 253 ZPO die allgemeinen Vorschriften über vorbereitende Schriftsätze (§§ 129 ff. ZPO) anzuwenden. Mängel der Klageerhebung sind auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. MüKoZPO/Becker-Eberhard 6. Aufl. § 253 Rn. 156 mwN).
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a) Gemäß § 46c Abs. 1 ArbGG in der ab dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung können vorbereitende Schriftsätze und schriftlich einzureichende Anträge nach Maßgabe von § 46c Abs. 2 bis Abs. 6 ArbGG als elektronisches Dokument beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Sie müssen gemäß § 46c Abs. 3 ArbGG entweder mit einer qeS der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person - einfach - signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Die sicheren Übermittlungswege bestimmt § 46c Abs. 4 ArbGG. Demgemäß gestattet § 4 Abs. 1 der aufgrund von § 46c Abs. 2 Satz 2 ArbGG erlassenen und zum 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach vom 24. November 2017 (ERVV, BGBl. I S. 3803, idF der Verordnung zur Änderung der ERVV vom 9. Februar 2018, BGBl. I S. 200) die Übermittlung eines elektronischen Dokuments, das mit einer qeS der verantwortenden Person versehen ist, sowohl auf einem sicheren Übermittlungsweg (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 ERVV) als auch an ein für den Empfang elektronischer Dokumente eingerichtetes EGVP (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 ERVV).
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b) Nach § 4 Abs. 2 ERVV dürfen mehrere elektronische Dokumente nicht mit einer gemeinsamen qeS übermittelt werden. Die qeS darf aus diesem Grund nicht nur am Nachrichtencontainer angebracht sein. Durch die Einschränkung soll verhindert werden, dass nach der Trennung eines elektronischen Dokuments vom Nachrichtencontainer die Container-Signatur nicht mehr überprüft werden kann (BR-Drs. 645/17 S. 15 zu § 4 ERVV; BAG 15. August 2018 - 2 AZN 269/18 - Rn. 4, BAGE 163, 234; BGH 15. Mai 2019 - XII ZB 573/18 - Rn. 18, BGHZ 222, 105; zu § 65a SGG vgl. BSG 9. Mai 2018 - B 12 KR 26/18 B - Rn. 4). Dies gilt auch dann, wenn dem Gericht lediglich ein einziges Dokument übermittelt wird (BAG 15. August 2018 - 2 AZN 269/18 - Rn. 6, aaO; BGH 15. Mai 2019 - XII ZB 573/18 - Rn. 19, aaO).
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2. Die am 21. März 2018 beim Arbeitsgericht eingereichte Kündigungsschutzklage hat diesen Vorgaben nicht genügt. Die Klage ist als elektronisches Dokument nicht auf einem sicheren Übermittlungsweg iSd. § 4 Abs. 1 Nr. 1 ERVV iVm. § 46c Abs. 4 ArbGG übermittelt worden. Die Klageschrift war auch nicht mit einer ordnungsgemäß angebrachten qeS versehen. Es lag lediglich eine Container-Signatur vor.
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3. Der Formmangel der fehlerhaften Signatur ist nicht rückwirkend geheilt worden.
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a) Die Eingangsfiktion des § 46c Abs. 6 Satz 2 ArbGG findet keine Anwendung. Die Bestimmung betrifft nicht die Art und Weise der Übermittlung eines elektronischen Dokuments, sondern Fälle von Formatfehlern, aufgrund derer ein elektronisches Dokument nicht zur Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist (vgl. zu § 130a Abs. 6 ZPO: BAG 12. März 2020 - 6 AZM 1/20 - Rn. 5; 15. August 2018 - 2 AZN 269/18 - Rn. 10, BAGE 163, 234; zu § 65a SGG vgl. BSG 9. Mai 2018 - B 12 KR 26/18 B - Rn. 7; offengelassen von BGH 15. Mai 2019 - XII ZB 573/18 - Rn. 22, BGHZ 222, 105). Solche Fehler sollen nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht zum Rechtsverlust einer Partei führen, um ihr den „Zugang zu den Gerichten durch Anforderungen des formellen Rechts, wie etwa Formatvorgaben, nicht in unverhältnismäßiger Weise“ zu erschweren (BT-Drs. 17/12634 S. 26 f., 37). Wird ein elektronisches Dokument unter Verstoß gegen § 46c Abs. 3 Alt. 1 ArbGG an das Gericht übermittelt, liegt hingegen kein bloßer Formatfehler vor. Das elektronische Dokument geht in diesem Fall schon nicht formwirksam bei Gericht ein (zu § 130a ZPO vgl. BAG 15. August 2018 - 2 AZN 269/18 - aaO).
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b) Der Fehler in der Übermittlungsform ist nicht gemäß § 295 Abs. 1 ZPO geheilt worden. Es kann dahinstehen, ob bei rügeloser Einlassung eine Heilung hätte eintreten können (vgl. zum Fehlen der ordnungsgemäßen Unterzeichnung einer Kündigungsschutzklage: BAG 6. August 1987 - 2 AZR 553/86 - zu II 2 d und e der Gründe; 26. Juni 1986 - 2 AZR 358/85 - zu B II 3 c der Gründe, BAGE 52, 263; offengelassen von BAG 25. April 2013 - 6 AZR 49/12 - Rn. 80; 18. Januar 2012 - 7 AZR 211/09 - Rn. 15, 20; aA für die Berufungsschrift BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 849/13 - Rn. 24 ff., BAGE 151, 66). Die Beklagte hat erstmals in der mündlichen Verhandlung am 1. August 2019 Kenntnis davon erhalten, dass die Klageschrift unter Verwendung einer Container-Signatur eingereicht worden war. Sie hat den darin liegenden Verfahrensfehler daraufhin unmittelbar gerügt.
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4. Der Mangel ist jedoch spätestens mit dem Antrag auf nachträgliche Klagezulassung vom 15. August 2019 - ex nunc - behoben worden.
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a) Bei fehlerhafter elektronischer Übermittlung besteht ebenso wie bei fehlender oder fehlerhafter Unterzeichnung einer Klageschrift grundsätzlich die Möglichkeit, den Mangel durch Nachholung - für die Zukunft - zu beheben (vgl. zur fehlenden Unterschrift: BGH 3. März 2004 - IV ZR 458/02 - zu 2 a der Gründe mwN; BeckOK/Bacher Stand 1. Juli 2020 ZPO § 253 Rn. 83). Die qeS substituiert die technisch nicht mögliche Unterzeichnung des elektronisch eingereichten Dokuments (zu § 130a Abs. 1 ZPO aF vgl. BT-Drs. 14/4987 S. 12). Sie soll wie die eigenhändige Unterschrift die Identifizierung des Urhebers der Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (zur Unterzeichnung vgl. BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 849/13 - Rn. 22, BAGE 151, 66). Wie bei der fehlenden Unterschrift wird der Mangel - mit Wirkung für die Zukunft - behoben, wenn sich auf andere, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Weise feststellen lässt, dass der fehlerhaft signierte Schriftsatz nicht etwa ein Entwurf war, sondern vom Prozessbevollmächtigten der einreichenden Partei mit seinem Wissen und Wollen als Klageschrift bei Gericht eingereicht worden ist (vgl. zur Unterzeichnung: BGH 3. März 2004 - IV ZR 458/02 - zu 2 b der Gründe; BeckOK/Bacher aaO Rn. 84).
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b) Dies war hier jedenfalls mit Stellung des Antrags auf nachträgliche Klagezulassung am 15. August 2019 der Fall. Dem Antrag war die nunmehr ordnungsgemäß signierte Klageschrift beigefügt.
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II. Die Klage ist nicht deshalb unbegründet, weil die Kündigung vom 15. März 2018 gemäß § 7 Halbs. 1 KSchG als von Anfang an rechtwirksam gölte. Zwar hat die Klägerin ihre Rechtsunwirksamkeit bis zum Ablauf der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG am 5. April 2018 nicht ordnungsgemäß gerichtlich geltend gemacht. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage aber zu Recht gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 KSchG nachträglich zugelassen.
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1. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, der Antrag der Klägerin auf nachträgliche Klagezulassung vom 15. August 2019 sei zulässig gewesen.
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a) Der gemeinsam mit der erneuten und formgerechten Übermittlung der Klage vom 21. März 2018 beim Landesarbeitsgericht eingereichte Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage genügte den Anforderungen von § 5 Abs. 2 Satz 1 KSchG iVm. § 46c Abs. 3 Satz 1 ArbGG. Die erstmalige Einreichung beim Berufungsgericht war gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 KSchG zulässig.
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b) Der Antrag wahrte die Antragsfrist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG. Danach ist der Antrag nur innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses zulässig.
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aa) Das Hindernis ist iSv. § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG behoben, wenn die Partei oder ihr Bevollmächtigter Kenntnis von der Fristversäumung hatte oder bei ordnungsgemäßer Verfolgung der Rechtssache hätte haben können. Maßgeblich ist die Kenntnis der Säumnis, nicht die Kenntnis von deren Ursache (zu § 234 Abs. 1 iVm. Abs. 2 ZPO vgl. BGH 25. Mai 1994 - XII ZB 31/94 - zu II 2 a der Gründe). Das Weiterbestehen des Hindernisses darf nicht mehr als unverschuldet angesehen werden können (BGH 25. Mai 1994 - XII ZB 31/94 - aaO). Dies ist der Fall, wenn tatsächliche Umstände nach Eintritt der Fristversäumung eine entsprechende positive Kenntnis vermittelt oder zumindest Anlass zu Zweifeln gegeben haben, ob die Frist eingehalten war (vgl. BAG 6. Oktober 2010 - 7 AZR 569/09 - Rn. 11, BAGE 136, 30).
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bb) Danach lief die Frist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG hier ab dem 2. August 2019 (§ 187 Abs. 1 BGB) und war demgemäß am 15. August 2019 noch nicht verstrichen. Vor dem Hinweis des Landesarbeitsgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 1. August 2019, die Klageschrift sei unzureichend elektronisch signiert gewesen, lagen keine Umstände vor, die der Klägerin nach Ablauf der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG positive Kenntnis von ihrer Versäumung vermittelt oder zu entsprechenden Zweifeln Anlass gegeben hätten. Auch die Revision macht solche nicht geltend.
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c) Allerdings hat die Klägerin den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung erst nach Ablauf der Sechsmonatsfrist des § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG gestellt. Die Frist begann mit dem Ende der Klagefrist am 5. April 2018 zu laufen und endete am 5. Oktober 2018 (§ 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG iVm. § 187 Abs. 2 Satz 1, § 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB). Der Fristablauf ist jedoch ausnahmsweise unschädlich. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG vorliegend keine Anwendung findet.
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aa) Nach dem Gesetzeswortlaut handelt es sich bei der Sechsmonatsfrist des § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG zwar um eine absolute Höchstfrist für den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung. Dadurch soll die Ungewissheit des Arbeitgebers, ob er die Wirksamkeit einer Kündigung noch wird verteidigen müssen, spätestens sechs Monate nach Ablauf der eigentlichen Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG enden (BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 27, BAGE 133, 149). Die Frist ist das Ergebnis einer Abwägung zwischen den Interessen an einerseits materieller Gerechtigkeit und andererseits Rechtssicherheit (BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 33, aaO).
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bb) Daraus folgt aber zugleich, dass der Anwendungsbereich der Norm teleologisch zu reduzieren ist, wenn ihr Sinn und Zweck die Anwendung nicht gebietet und anderenfalls den Anforderungen an ein faires Verfahren nicht genügt werden kann. Das ist der Fall, wenn das Versäumen der Frist der Sphäre des Gerichts und nicht derjenigen des Antragstellers zuzurechnen ist und darüber hinaus ein Schutz der Interessen des Prozessgegners nicht geboten ist, weil dieser kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Eintritt der Rechtssicherheit haben konnte (vgl. zu § 234 Abs. 3 ZPO: BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 303/12 - Rn. 42; 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - zu II 1 d bb der Gründe, BAGE 109, 265; 15. Dezember 1982 - 7 AZR 40/81 - zu I 1 der Gründe; 2. Juli 1981 - 2 AZR 324/79 - zu II 1 c der Gründe, BAGE 35, 364; BGH 21. Januar 2016 - IX ZA 24/15 - Rn. 8; 19. März 2013 - VI ZB 68/12 - Rn. 10; 15. Dezember 2010 - XII ZR 27/09 - Rn. 37; 20. Februar 2008 - XII ZB 179/07 - Rn. 15). Art. 2 Abs. 1 GG iVm. dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) garantiert den Parteien im Zivilprozess effektiven Rechtsschutz (vgl. BVerfG 23. Juli 2019 - 1 BvR 2032/18 - Rn. 6; 22. Oktober 2004 - 1 BvR 894/04 - zu II 2 a der Gründe). Der Zugang zu den Gerichten darf nicht in unzumutbarer, durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfG 23. Juli 2019 - 1 BvR 2032/18 - aaO; 22. Oktober 2004 - 1 BvR 894/04 - aaO; 25. Februar 2000 - 1 BvR 1363/99 - zu B I 1 a der Gründe). Der Gesetzgeber darf zwar Regelungen treffen, die für ein Rechtsschutzbegehren besondere formelle Voraussetzungen aufstellen und sich dadurch für den Rechtsuchenden einschränkend auswirken. Solche Einschränkungen müssen aber mit den Belangen einer rechtsstaatlichen Verfahrensordnung vereinbar sein und dürfen den Rechtsuchenden nicht unverhältnismäßig belasten. Die Gerichte haben das Verfahrensrecht so auszulegen und anzuwenden, dass es zu diesen Grundsätzen nicht in Widerspruch gerät (vgl. BVerfG 22. Oktober 2004 - 1 BvR 894/04 - aaO). Das gilt nicht nur für Entscheidungen über die Wiedereinsetzung nach Versäumung einer Frist (vgl. BVerfG 23. Juli 2019 - 1 BvR 2032/18 - aaO; 25. Februar 2000 - 1 BvR 1363/99 - aaO), sondern auch im Verfahren über die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage nach § 5 KSchG (so ausdrücklich BVerfG 23. Juli 2019 - 1 BvR 2032/18 - aaO; in diese Richtung bereits BVerfG 25. Februar 2000 - 1 BvR 1363/99 - zu B I 1 c der Gründe; zu § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG vgl. BAG 25. April 2018 - 2 AZR 493/17 - Rn. 23, BAGE 162, 317; zu § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG vgl. BAG 6. Oktober 2010 - 7 AZR 569/09 - Rn. 12, BAGE 136, 30; zu § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG vgl. BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 29, BAGE 133, 149).
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(1) Dementsprechend ist die Jahresfrist auf einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 234 Abs. 3 ZPO zB bei der Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist nicht anwendbar, wenn das Gericht innerhalb der Frist nicht über einen rechtzeitig gestellten Prozesskostenhilfeantrag entschieden hat (BGH 25. April 2019 - III ZB 104/18 - Rn. 5; 21. Januar 2016 - IX ZA 24/15 - Rn. 8). Die Vorschrift findet auch dann keine Anwendung, wenn das Revisionsgericht im arbeitsgerichtlichen Verfahren erst nach mehr als einem Jahr bemerkt, dass die Revisionsbegründung nicht unterschrieben war (BAG 2. Juli 1981 - 2 AZR 324/79 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 35, 364; aA Zöller/Greger ZPO 33. Aufl. § 234 Rn. 10; für den Zivilprozess vor den ordentlichen Gerichten BGH 20. Januar 1983 - IX ZR 19/82 - zu II 3 b der Gründe), wenn ein Gericht durch seine Verfahrensweise über einen längeren Zeitraum Vertrauen in die Zulässigkeit des eingelegten Rechtsbehelfs geweckt hat (vgl. BAG 3. Juli 2019 - 10 AZR 499/17 - Rn. 21, BAGE 167, 196; 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - zu II 1 d bb der Gründe, BAGE 109, 265; BGH 15. Dezember 2010 - XII ZR 27/09 - Rn. 37) oder wenn es nach Stellung eines verspäteten Wiedereinsetzungsantrags über mehr als zwei Jahre hinweg durch Fortsetzung der Verhandlung den Eindruck erweckt hat, Wiedereinsetzung gewährt zu haben (vgl. BVerfG 15. April 2004 - 1 BvR 622/98 - zu III 2 b der Gründe).
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(2) § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG verlangt wegen der Anforderungen an ein faires Verfahren eine entsprechende teleologische Reduktion seines Anwendungsbereichs. Ein dem entgegenstehender Wille des Gesetzgebers lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. Zwar handelt es sich um eine nur sechs- und nicht zwölfmonatige Frist, deren Versäumung gemäß § 4 Satz 1, § 7 Halbs. 1 KSchG zudem unmittelbare materielle Wirkung hat. Die Dauer der Frist trägt aber nur den Besonderheiten des Kündigungsschutzrechts Rechnung, indem sie einen Ausgleich zwischen dem Interesse des Arbeitgebers an Planungssicherheit und dem Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt des Arbeitsplatzes schafft. Daneben ist die Norm Ausdruck des auch in § 61a ArbGG geregelten besonderen Beschleunigungsgrundsatzes im Kündigungsschutzverfahren (vgl. BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 33, 39, BAGE 133, 149). Ihr Normzweck steht daher einer durch Art. 2 Abs. 1 GG iVm. dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gebotenen teleologischen Reduktion ihres Anwendungsbereichs nicht entgegen, sofern sich auf Seiten des beklagten Arbeitgebers kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Eintritt der Rechtssicherheit gebildet haben konnte. Dies ist der Fall, wenn dem Arbeitgeber eine Klage zugestellt worden ist, die zwar (zunächst unerkannt) die formalen Anforderungen an eine Kündigungsschutzklage iSv. § 4 Satz 1 KSchG nicht erfüllte, aber vom Gericht als solche behandelt worden ist. Auf den Eintritt der Fiktionswirkung des § 7 Halbs. 1 KSchG konnte der Arbeitgeber dann bis zu einem entsprechenden Hinweis des Gerichts nicht vertrauen. Wenn aber das Recht eines Antragstellers auf ein faires Verfahren Ausnahmen sogar von der einjährigen Frist des § 234 Abs. 3 ZPO rechtfertigt, ist kein Grund ersichtlich, dass dies nicht gleichermaßen für die kürzere Frist des § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG gilt. Auch die materielle Wirkung von § 4 Satz 1 KSchG und § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG bezweckt nicht den Schutz eines Arbeitgebers, der keinen Anlass hatte, auf den Eintritt der Fiktionswirkung des § 7 Halbs. 1 KSchG zu vertrauen.
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(3) Die Senatsentscheidung vom 28. Januar 2010 (- 2 AZR 985/08 - BAGE 133, 149) steht einer solchen teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs von § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG nicht entgegen. Sie befasst sich nur mit der Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in die Frist des § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung von § 233 ZPO und verweist im Übrigen selbst auf die grundsätzliche Vergleichbarkeit der Fristen aus § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG und § 234 Abs. 3 ZPO (vgl. BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 24, 27, aaO).
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cc) Danach hat das Landesarbeitsgericht § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG im Streitfall zutreffend für nicht anwendbar gehalten.
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(1) Die Versäumung der Frist des § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG hatte ihre Ursache in der Sphäre des Gerichts. Das Arbeitsgericht hatte bis zu ihrem Ablauf keinen Hinweis erteilt, dass wegen der nicht ordnungsgemäß signierten Klageschrift die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG möglicherweise nicht gewahrt war. Hierzu wäre es nach § 139 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO unabhängig davon verpflichtet gewesen, ob es selbst die Bedenken im Ergebnis teilte, um der Klägerin die Möglichkeit zu geben, zumindest vorsorglich einen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung zu stellen.
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(2) Ein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten in den Eintritt der Wirksamkeitsfiktion gemäß § 7 Halbs. 1 KSchG konnte vorliegend nicht entstehen. Die Klägerin hatte fristgemäß, wenn auch zunächst unerkannt formfehlerhaft Kündigungsschutzklage erhoben. Ein gerichtlicher Hinweis auf die mangelnde Signatur der Klageschrift erfolgte bis zum 1. August 2019 nicht.
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d) Der Antrag auf nachträgliche Klagezulassung genügte den formellen Erfordernissen des § 5 Abs. 2 Satz 2 KSchG jedenfalls insoweit, wie er darauf gestützt war, dass das Arbeitsgericht vor dem Ablauf der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG nicht auf die Unzulässigkeit der Container-Signatur hingewiesen hatte. Eine Glaubhaftmachung ist entbehrlich, soweit die Tatsachen, auf die sich der Arbeitnehmer beruft, durch die Gerichtsakten zu belegen sind (zum Wiedereinsetzungsantrag vgl. BAG 9. Dezember 1954 - 2 AZR 54/53 - zu 4 b der Gründe). Dies ist vorliegend der Fall.
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2. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung zu Recht als begründet erachtet.
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a) § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG verlangt, dass der Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt gehindert war, die Klage rechtzeitig zu erheben. Dabei ist ihm das Verschulden eines (Prozess-)Bevollmächtigten an der Versäumung der gesetzlichen Klagefrist nach § 4 Satz 1 KSchG gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG iVm. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen (vgl. BAG 22. März 2012 - 2 AZR 224/11 - Rn. 41). Ein etwaiges Verschulden der Partei bzw. ihres Prozessbevollmächtigten tritt jedoch hinter gerichtliches Verschulden zurück, wenn ohne dieses die Frist gewahrt worden wäre. Maßgeblich ist dann der in der Sphäre des Gerichts liegende Grund für die Fristversäumung.
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b) So liegt der Fall hier. Die Partei trifft zwar regelmäßig ein Verschulden, wenn ihr Prozessbevollmächtigter ein elektronisches Dokument unter Verstoß gegen § 46c Abs. 3 Alt. 1 ArbGG iVm. § 4 Abs. 2 ERVV mit einer Container-Signatur an das Gericht übermittelt. Es ist die Pflicht des Rechtsanwalts, für einen ordnungsgemäßen Zustand der aus seiner Kanzlei ausgehenden elektronischen Dokumente einschließlich einer ggf. erforderlichen ordnungsgemäßen qeS iSd. § 46c Abs. 3 Alt. 1 ArbGG zu sorgen (zu § 130a ZPO vgl. BGH 15. Mai 2019 - XII ZB 573/18 - Rn. 25, BGHZ 222, 105). Ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Inkrafttreten von § 4 Abs. 2 ERVV zum 1. Januar 2018 in der Praxis weitgehend unbeachtet geblieben ist. Ein Rechtsanwalt muss die Gesetze und Rechtsverordnungen kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich zur Anwendung kommen (vgl. BGH 15. Mai 2019 - XII ZB 573/18 - aaO; 11. März 2015 - XII ZB 572/13 - Rn. 34). Die ERVV datiert vom 24. November 2017 und ist einschließlich ihres § 4 Abs. 2 am 29. November 2017 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Zudem hat die Bundesrechtsanwaltskammer bereits in einem Newsletter zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach vom 16. November 2017 auf die Unzulässigkeit der Container-Signatur hingewiesen (vgl. BSG 9. Mai 2018 - B 12 KR 26/18 B - Rn. 10). Ebenso wurde in einschlägigen Fachzeitschriften frühzeitig über den geplanten Ausschluss der Container-Signatur nach § 4 Abs. 2 ERVV berichtet (vgl. etwa Müller NJW 2017, 2713; Siegmund NJW 2017, 3134, 3135). Die Fristversäumung hätte hier aber trotz des Verschuldens des früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin vermieden werden können, wenn das Arbeitsgericht noch vor Ablauf der Klagefrist gemäß § 4 Satz 1 KSchG auf die nicht ausreichende Signatur hingewiesen hätte.
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aa) Die entsprechende Pflicht des Arbeitsgerichts ergab sich aus dem Anspruch der Klägerin auf ein faires gerichtliches Verfahren gemäß Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG. Dieser begründet eine prozessuale Fürsorgepflicht, aufgrund derer die Gerichte auf ggf. offenkundige Formmängel bestimmender Schriftsätze hinweisen müssen (vgl. BAG 15. August 2018 - 2 AZN 269/18 - Rn. 11, BAGE 163, 234). Ein offenkundiger Formmangel liegt auch dann vor, wenn eine Kündigungsschutzklage mit einer unzulässigen Container-Signatur versehen eingeht. Die Gerichte trifft zwar keine generelle Verpflichtung zur sofortigen Prüfung der Formalien eines als elektronisches Dokument eingereichten Schriftsatzes. Dies enthöbe die Verfahrensbeteiligten und deren Bevollmächtigte ihrer eigenen Verantwortung und überspannte die Anforderungen an die Grundsätze des fairen Verfahrens (BVerfG 17. Januar 2006 - 1 BvR 2558/05 - Rn. 10; BAG 15. August 2018 - 2 AZN 269/18 - aaO; 22. August 2017 - 10 AZB 46/17 - Rn. 16). Die klagende Partei kann aber erwarten, dass dies in angemessener Zeit bemerkt wird und innerhalb eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs die notwendigen Maßnahmen getroffen werden, um ein drohendes Fristversäumnis zu vermeiden. Unterbleibt der gebotene Hinweis, ist die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen, wenn der Hinweis bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang so rechtzeitig hätte erfolgen können, dass der Partei die Fristwahrung noch möglich gewesen wäre (vgl. für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei nicht ausreichender Übermittlung einer Nichtzulassungsbeschwerde: BAG 15. August 2018 - 2 AZN 269/18 - aaO; BSG 9. Mai 2018 - B 12 KR 26/18 B - Rn. 10 f.; offengelassen BGH 15. Mai 2019 - XII ZB 573/18 - Rn. 28, BGHZ 222, 105; vgl. zur fehlenden Unterschrift: BGH 25. Juni 2009 - III ZB 99/08 - Rn. 10; 14. Oktober 2008 - VI ZB 37/08 - Rn. 10 f.). Zu einem ordentlichen Geschäftsgang zählen - bei einer nicht elektronischen Aktenführung - die regelmäßig erforderlichen verwaltungstechnischen Vorarbeiten wie das Ausdrucken eines elektronischen Dokuments und des dazugehörigen Transfervermerks, das Anlegen oder die Zuordnung des Dokuments zu einer Akte, die Zuständigkeitsbestimmung und der Zutrag (vgl. BSG 12. Oktober 2016 - B 4 AS 1/16 R - Rn. 29, BSGE 122, 71). Ein erforderlicher Hinweis ist außerhalb der mündlichen Verhandlung vom bzw. von der Vorsitzenden zu erteilen (§ 53 Abs. 1 Satz 1, § 56 Abs. 1 ArbGG). Der bzw. die Vorsitzende trägt auch die Verantwortung dafür, dass eine Überprüfung der elektronischen Signaturen bestimmender Schriftsätze erfolgt, selbst wenn hierfür unterstützend andere Gerichtsbedienstete herangezogen werden. Ob im ordnungsgemäßen Geschäftsgang noch ein rechtzeitiger Hinweis möglich war, hängt daher davon ab, wieviel Zeit bei pflichtgemäßer Behandlung vom Eingang eines Schriftsatzes bis zur Kenntnisnahme und Bearbeitung durch den Vorsitzenden bzw. die Vorsitzende zu veranschlagen ist.
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bb) Richterliche Hinweispflichten bestehen unabhängig von einer anwaltlichen Vertretung der hinweisempfangenden Partei zumindest dann, wenn der Anwalt - wie hier - die Rechtslage falsch beurteilt oder ersichtlich darauf vertraut, sein schriftsätzliches Vorbringen sei ausreichend (vgl. BGH 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04 - zu II B 6 b der Gründe, BGHZ 163, 351; 11. Februar 1999 - VII ZR 399/97 - zu A II 3 b aa der Gründe, BGHZ 140, 365). Dies gilt, anders als die Beklagte meint, auch unabhängig davon, ob der Gegner anwaltlich vertreten ist.
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cc) Im Streitfall hätte das Arbeitsgericht den erforderlichen Hinweis im ordnungsgemäßen Geschäftsgang so rechtzeitig erteilen können, dass die Klägerin die ordnungsgemäße Klageerhebung noch innerhalb der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG hätte nachholen können. Die nicht ordnungsgemäß signierte Klageschrift war am 21. März 2018 und damit bereits mehr als zwei Wochen vor Ablauf der Klagefrist am 5. April 2018 beim Arbeitsgericht eingegangen. Das in der Verwendung der Container-Signatur liegende Verschulden hätte mithin bei ordnungsgemäßer Bearbeitung der Klage durch das Arbeitsgericht nicht zu einer Versäumung der Klagefrist geführt.
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III. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, die Kündigung vom 15. März 2018 sei nicht aus Gründen im Verhalten der Klägerin iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt und damit gemäß § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam.
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1. Der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes fand nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gemäß § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 KSchG Anwendung. Dagegen erhebt die Revision keine Einwände.
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2. Eine Kündigung ist iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt und damit nicht sozial ungerechtfertigt, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat, eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht und dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers über die Kündigungsfrist hinaus in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zumutbar ist. Auch eine erhebliche Verletzung der den Arbeitnehmer gemäß § 241 Abs. 2 BGB treffenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitgebers kann - je nach den Umständen des Einzelfalls - eine Kündigung rechtfertigen (vgl. BAG 5. Dezember 2019 - 2 AZR 240/19 - Rn. 75; 15. Dezember 2016 - 2 AZR 42/16 - Rn. 11).
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3. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe mit den im Zeitraum vom 2. Januar 2018 bis 6. Februar 2018 versandten E-Mails nicht ihre Pflicht zur Rücksichtnahme gemäß § 241 Abs. 2 BGB verletzt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Auf die Frage, ob anderenfalls die Pflichtverletzung(en) die Kündigung des Arbeitsverhältnisses bedingt hätten oder eine (weitere) Abmahnung ein zumutbares mildes Mittel gewesen wäre, kommt es deshalb nicht an.
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a) Nach § 241 Abs. 2 BGB hat sich jeder Teil im Rahmen des Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass der andere Teil vor (Begleit-)Schäden an anderen Rechten, Rechtsgütern und - rechtlich geschützten - Interessen, einschließlich des Vermögens als solchem, nach Möglichkeit bewahrt wird (Jauernig/Mansel BGB 17. Aufl. § 241 Rn. 10). Bei der Frage, was die Schutz- und Rücksichtnahmepflicht im Einzelfall gebietet, ist insbesondere auf die von den Grundrechten zum Ausdruck gebrachte Werteordnung Rücksicht zu nehmen (BAG 16. November 2010 - 9 AZR 573/09 - Rn. 36, BAGE 136, 156; vgl. auch BAG 27. September 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 37 f.). Im Privatrecht sind beide Parteien Grundrechtsträger. Die Gerichte haben daher den jeweils konkurrierenden Rechtspositionen ausgewogen Rechnung zu tragen (vgl. BAG 12. September 2006 - 9 AZR 271/06 - Rn. 20, BAGE 119, 238).
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b) Der Erhalt des Betriebsfriedens stellt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers iSv. § 241 Abs. 2 BGB dar, da eine Störung seine wirtschaftliche Betätigungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG berührt (vgl. BVerfG 14. November 1995 - 1 BvR 601/92 - zu B II 2 der Gründe, BVerfGE 93, 352). Eine Störung des Betriebsfriedens kann indes auch Folge einer berechtigten Interessenwahrnehmung durch den Arbeitnehmer sein. Auf den Erhalt des Betriebsfriedens gerichtete Verhaltenspflichten iSv. § 241 Abs. 2 BGB bedürfen daher einer Konkretisierung unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen und grundrechtlichen Gewährleistungen. Allein der Umstand, dass eine Störung eingetreten ist, genügt nicht für die Annahme, ein Arbeitnehmer, der dazu beigetragen hat, habe auch seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers verletzt. Für sich genommen stellt selbst eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Betriebsfriedens noch keine Pflichtverletzung dar, sondern nur deren mögliche Folge (BAG 24. Juni 2004 - 2 AZR 63/03 - zu B III 2 der Gründe).
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c) Der Arbeitgeber hat überdies die Möglichkeit, auf das betriebliche Miteinander bezogene Verhaltenspflichten durch (mitbestimmte) betriebliche Regelungen oder Einzelweisungen in Ausübung seines Direktionsrechts gemäß § 106 Satz 2 GewO selbst konkret festzulegen.
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d) Das Landesarbeitsgericht hat in den nach der Abmahnung vom 23. November 2017 versandten E-Mails der Klägerin zu Recht keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Adressaten oder sonstiger Beschäftigter der Beklagten erkannt. Sein Verständnis ihres Inhalts als Beschwerden über betriebliche Vorgänge, Erklärungen oder Stellungnahmen zu betrieblichen Vorgängen bzw. Fragen mit betrieblichem Zusammenhang hält sich im Rahmen tatgerichtlicher Würdigung. Auch die Beklagte beruft sich im Revisionsverfahren nicht mehr darauf, die E-Mails seien verleumderisch oder beleidigend gewesen.
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e) Einer revisionsrechtlichen Überprüfung hält ebenso die Annahme stand, die Klägerin habe nicht die Pflicht zur Rücksichtnahme auf das Interesse der Beklagten an einer ungestörten betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter verletzt. Da die Bestimmung von Verhaltenspflichten iSv. § 241 Abs. 2 BGB zur Rücksichtnahme auf den Erhalt des Betriebsfriedens eine Abwägung der wechselseitig betroffenen berechtigten Interessen verlangt (Rn. 47), gilt insoweit ein eingeschränkter Überprüfungsmaßstab. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts wird in der Revisionsinstanz lediglich daraufhin geprüft, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (vgl. zur Interessenabwägung im Rahmen der Prüfung, ob eine Kündigung durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt ist: BAG 5. Dezember 2019 - 2 AZR 240/19 - Rn. 78; 15. Dezember 2016 - 2 AZR 42/16 - Rn. 12). Danach ist die Würdigung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe in keinem Fall „die Grenzen sozialadäquater Kommunikation“ überschritten, als Ergebnis der zur Bestimmung des Inhalts ihrer Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlichen Interessenabwägung ebenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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aa) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend berücksichtigt, dass die Klägerin sowohl Beschwerden über betriebliche Vorgänge anbringen als auch Ansichten oder Hinweise zu mit dem Arbeitsgeschehen im Zusammenhang stehenden Vorgängen kundtun und hierzu Fragen stellen durfte. Sie habe ihre Beschwerden auch weder an unzuständige Adressaten gerichtet noch haltlose schwere Anschuldigungen erhoben oder ihr Beschwerderecht querulatorisch missbraucht.
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bb) Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht ferner angenommen, dass die Klägerin nicht gegen konkretisierende Weisungen zum Kommunikationsverhalten im Betrieb verstoßen habe, dass ihre Meinungsäußerungen von Art. 5 Abs. 1 GG geschützt gewesen seien und sich eine Verletzung ihrer Pflicht zur Rücksichtnahme nicht schon daraus ergeben habe, dass die E-Mails Hinweise auf Rechtsprechung und Inanspruchnahme anwaltlichen Rates - und damit nicht etwa eine widerrechtliche Drohung - enthielten oder dass die Empfänger ihren Inhalt als unzutreffend oder störend empfanden bzw. ihre Menge als belastend wahrnahmen. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war der Klägerin die Kommunikation mit Kollegen und Vorgesetzten über E-Mail grundsätzlich erlaubt und selbst nach der intensiven Nutzung im Zeitraum vom 3. August 2017 bis zum 23. November 2017 von der Beklagten nicht untersagt worden. Die Abmahnung vom 23. November 2017 verhielt sich nur zu falschen Unterstellungen, Hinweisen mit Anweisungscharakter und Stellungnahmen zu Privatangelegenheiten anderer Mitarbeiter. Solche Äußerungen waren nicht mehr Gegenstand der von der Klägerin nach Erhalt der Abmahnung versandten E-Mails.
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cc) Ein Rechtsfehler ist auch weder objektiv ersichtlich noch von der Revision aufgezeigt, soweit das Berufungsgericht den E-Mails keinen höhnischen, frechen, unangemessen anfeindenden oder provozierenden Charakter beigemessen und allein die Anbringung von vier ggf. anlasslosen oder überflüssigen Fragen innerhalb eines Zeitraums von einem Monat ebenfalls noch nicht als Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme erachtet hat. Die Beklagte möchte insoweit lediglich ihr Verständnis der E-Mails und des zutreffenden Ergebnisses der für die Konkretisierung der Pflichten der Klägerin gemäß § 241 Abs. 2 BGB erforderlichen Interessenabwägung an die Stelle desjenigen des Landesarbeitsgerichts setzen.
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IV. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglos gebliebenen Revision zu tragen.
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