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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BAG 22.10.2019 - 9 AZB 19/19
BAG 22.10.2019 - 9 AZB 19/19 - Zulässige Verfahrensart - Schadensersatz wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit
Normen
§ 78 S 1 BetrVG, § 37 Abs 2 BetrVG, § 37 Abs 6 BetrVG, § 2a Abs 1 Nr 1 ArbGG, § 2a Abs 2 ArbGG, § 80 Abs 1 ArbGG, § 611a Abs 2 BGB, § 2 Abs 1 Nr 3 Buchst a ArbGG
Vorinstanz
vorgehend ArbG Osnabrück, 24. Oktober 2018, Az: 4 BV 13/18, Beschluss
vorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen, 3. Mai 2019, Az: 7 Ta 331/18, Beschluss
Tenor
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1. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 3. Mai 2019 - 7 Ta 331/18 - aufgehoben.
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2. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 24. Oktober 2018 - 4 BV 13/18 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
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Für die Anträge zu 1. bis 3. ist das Beschlussverfahren die zulässige Verfahrensart.
Gründe
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I. Die Beteiligten streiten im Vorabentscheidungsverfahren zuletzt darüber, ob über den vom Antragsteller mit dem Antrag zu 2. verfolgten Schadensersatzanspruch im Urteilsverfahren oder Beschlussverfahren zu entscheiden ist.
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Der Antragsteller ist Mitglied des bei der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrats. Er nahm vom 13. bis 18. Mai 2018 an dem Betriebsratsseminar „Personelle Maßnahmen und Betriebsratshandeln“ im Bildungszentrum der IG Metall in Sprockhövel teil. Die Arbeitgeberin hatte zuvor eine Kostenübernahme für seine Seminarteilnahme abgelehnt.
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In dem von ihm eingeleiteten Beschlussverfahren verlangt der Antragsteller von der Arbeitgeberin die Erstattung von Fahrtkosten iHv. 113,10 Euro für die An- und Abreise zu dem Seminar (Antrag zu 1.) nebst der Zahlung einer Verzugspauschale iHv. 40,00 Euro (Antrag zu 3.). Zudem verlangt er Schadensersatz in Höhe iHv. 500,00 Euro brutto (Antrag zu 2.) mit der Begründung, die Arbeitgeberin habe unter Verstoß gegen § 78 Satz 1 BetrVG seine Arbeit als Betriebsrat behindert, weil sie sich geweigert habe, ihn für die Seminarteilnahme bezahlt freizustellen, obwohl die Voraussetzungen von § 37 Abs. 6 BetrVG vorgelegen hätten. Die Arbeitgeberin sei deshalb nach § 78 Satz 1 BetrVG iVm. § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 2, § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet, ihm den Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund entgangener Vergütung iHv. 500,00 Euro brutto (40 Stunden x 12,50 Euro brutto) entstanden sei.
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Der Antragsteller hat folgende Anträge angekündigt:
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1.
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Beteiligten zu 1. 113,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Juni 2018 zu zahlen.
2.
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Beteiligten zu 1. den wegen der Behinderung seiner Betriebsratsarbeit entstandenen Schaden in Höhe von 500,00 Euro brutto zu ersetzen.
3.
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Beteiligten zu 1. einen weiteren Betrag von 40,00 Euro netto Verzugskostenpauschale gemäß § 288 Abs. 5 BGB zu zahlen.
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Das Arbeitsgericht hat entschieden, dass für den Antrag zu 2. das Beschlussverfahren nicht die zutreffende Verfahrensart sei und diesen in das Urteilsverfahren übergeleitet. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Antragsteller, das Beschlussverfahren für den Antrag zu 2. für zulässig zu erklären.
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II. Die nach § 80 Abs. 3, § 48 Abs. 1 ArbGG iVm. § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Über den Antrag zu 2. ist nach § 2a Abs. 1 Nr. 1, § 80 Abs. 1 ArbGG im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu entscheiden.
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1. Das Landesarbeitsgericht hat - wie schon das Arbeitsgericht - zur Begründung der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, der Antragsteller mache mit dem auf § 78 BetrVG gestützten Anspruch wegen der Behinderung seiner Betriebsratsarbeit anstelle des auf Vergütung gerichteten Erfüllungsanspruchs aus § 611a Abs. 2 BGB einen auf Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch geltend. Der Schadensersatzanspruch decke sich bei wirtschaftlicher Betrachtung mit dem vertraglichen Erfüllungsanspruch. Der geltend gemachte Anspruch sei kein Erfüllungsanspruch, der unmittelbar aus § 78 BetrVG folge. Kern des Anspruchs bleibe die Vergütung des Antragstellers. Der Antragsteller verfolge mit dem Schadensersatzanspruch auf betriebsverfassungsrechtlicher Grundlage einen ihm angeblich zustehenden Individualanspruch, für den das Urteilsverfahren die richtige Verfahrensart sei.
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2. Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Für den Antrag zu 2. ist das Beschlussverfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG die zulässige Verfahrensart.
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a) Die Verfahrensart, in der ein Rechtsstreit vor den Gerichten für Arbeitssachen zu entscheiden ist, bestimmt sich nach § 2 und § 2a ArbGG. In den in § 2 ArbGG geregelten Arbeitssachen findet das Urteilsverfahren statt (§ 2 Abs. 5 ArbGG), während über die in § 2a ArbGG genannten Arbeitssachen im Beschlussverfahren zu befinden ist (§ 2a Abs. 2 ArbGG). Dem arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren sind ua. bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG ausschließlich zugewiesen. Im Beschlussverfahren ist dagegen ua. nach § 2a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ArbGG über Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz zu entscheiden, soweit es nicht um strafbare Handlungen und Ordnungswidrigkeiten nach dem BetrVG geht, die den ordentlichen Gerichten zugewiesen sind (vgl. BAG 12. Juni 2018 - 9 AZB 9/18 - Rn. 9 mwN).
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b) Das Beschlussverfahren ist nach § 2a Abs. 1 Nr. 1, § 80 Abs. 1 ArbGG für den Antrag zu 2. die zulässige Verfahrensart, weil über eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit, nämlich einen vom Antragsteller aus § 78 BetrVG abgeleiteten Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung zu entscheiden ist (vgl. BAG 21. September 1989 - 1 ABR 32/89 - zu B I 1 der Gründe).
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aa) Maßgebend für die Bestimmung der zutreffenden Verfahrensart ist der Streitgegenstand. Für das Vorliegen einer betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeit ist entscheidend, ob der geltend gemachte Anspruch bzw. die begehrte Feststellung ihre Rechtsgrundlage in einem betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis hat (vgl. BAG 25. November 1992 - 7 ABR 80/91 - zu B II 2 der Gründe; GK-ArbGG/Ahrendt Stand Dezember 2015 § 2a Rn. 17; Fitting 29. Aufl. Anhang 3 ArbGG Rn. 7). Das Verfahren muss sich auf das betriebsverfassungsrechtliche Verhältnis der Betriebspartner beziehen (vgl. BAG 9. September 2015 - 7 ABR 69/13 - Rn. 13). Immer wenn die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung des Betriebs und die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Betriebspartner als Träger dieser Ordnung im Streit stehen, sollen darüber die Gerichte für Arbeitssachen im Beschlussverfahren als der dafür geschaffenen und besonders geeigneten Verfahrensart entscheiden (BAG 17. Juni 2003 - 3 ABR 43/02 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 106, 301). Dies gilt auch dann, wenn es um Rechte betriebsverfassungsrechtlicher Organe geht. Diese müssen sich nicht unmittelbar aus dem Betriebsverfassungsgesetz ergeben, sondern können ihre Grundlage auch in Tarifverträgen oder anderen Rechtsvorschriften haben (BAG 12. Juni 2018 - 9 AZB 9/18 - Rn. 10 mwN).
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bb) Der Antragsteller verfolgt den Antrag zu 2. in der zulässigen Verfahrensart des Beschlussverfahrens. Der Antrag bezieht sich allein auf das betriebsverfassungsrechtliche Verhältnis der Betriebspartner und betrifft damit eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit iSd. § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, in der nach § 2a Abs. 2, § 80 Abs. 1 ArbGG das Beschlussverfahren stattfindet. Der Antragsteller macht mit dem Antrag zu 2. einen aus § 78 Satz 1 BetrVG abgeleiteten betriebsverfassungsrechtlichen Leistungsanspruch geltend. Er behauptet, die Arbeitgeberin habe ihn in der Wahrnehmung seines Betriebsratsamts behindert, indem sie sich geweigert habe, an ihn für die Zeit seiner Seminarteilnahme Vergütung zu zahlen. Er beruft sich zur Begründung des Schadensersatzanspruchs auf seine Rechte als Träger der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung (vgl. BAG 4. Dezember 2013 - 7 ABR 7/12 - Rn. 45). Eine betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeit entfällt nicht schon deshalb, weil der Antragsteller in Höhe des mit dem Antrag zu 2. verlangten Betrags - rein wirtschaftlich betrachtet deckungsgleich - einen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt nach § 611a Abs. 2 BGB iVm. § 37 Abs. 2 und 6 BetrVG geltend machen könnte, über den nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren zu entscheiden ist (vgl. zu § 37 Abs. 2 BetrVG BAG 12. Juni 2018 - 9 AZB 9/18 - Rn. 10). Einen vertraglichen Anspruch macht der Antragsteller im vorliegenden Verfahren ausdrücklich nicht geltend.
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cc) Ob der Antragsteller durch die Arbeitgeberin in seiner Betriebsratsarbeit behindert wurde und dies gegebenenfalls die vom Antragsteller begehrte Rechtsfolge nach sich zöge (vgl. hierzu BAG.25 Juni 2014 - 7 AZR 847/12 - Rn. 28 ff. mwN, BAGE 148, 299; 4. Dezember 2013 - 7 ABR 7/12 - Rn. 38 mwN), ist eine Frage der Begründetheit des Antrags zu 2. und nicht der Zulässigkeit der Verfahrensart.
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III. Die Entscheidung ergeht nach § 2a Abs. 1 ArbGG gerichtskostenfrei. Das Gesetz sieht für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren grundsätzlich keine prozessuale Kostentragungspflicht und dementsprechend auch keine Kostenentscheidung vor. Gerichtskosten werden gemäß § 2 Abs. 2 GKG in Verfahren nach § 2a Abs. 1 ArbGG nicht erhoben. In Beschwerdeverfahren nach § 48 Abs. 1 ArbGG (ggf. iVm. § 80 Abs. 3 ArbGG), § 17a Abs. 4 GVG bestimmen sich die Kostenfolgen nach der zulässigen Verfahrensart (vgl. BAG 12. Juni 2018 - 9 AZB 9/18 - Rn. 13, 17 f. mwN).
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