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BAG 27.01.2011 - 2 AZR 9/10
BAG 27.01.2011 - 2 AZR 9/10 - Betriebsbedingte Kündigung - Kulturorchester - Orchestervorstand - Zustiftung
Normen
§§ 80ff BGB, § 613a Abs 1 S 1 BGB, § 1 Abs 2 KSchG, § 1 TVG, § 626 Abs 1 BGB, § 7 KSchG, § 102 BetrVG
Vorinstanz
vorgehend ArbG Eisenach, 6. November 2008, Az: 5 Ca 961/07, Urteil
vorgehend Thüringer Landesarbeitsgericht, 25. August 2009, Az: 1 Sa 1/09, Urteil
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 25. August 2009 - 1 Sa 1/09 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
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Der Kläger macht die Unwirksamkeit einer von der Beklagten zu 1. auf betriebliche Gründe gestützten Kündigung geltend und nimmt die Beklagte zu 2. auf Beschäftigung in Anspruch.
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Der im Jahre 1958 geborene Kläger ist verheiratet und drei Kindern unterhaltsverpflichtet. Er trat im Jahre 1991 als Instrumentalist (Waldhorn) in die Dienste der Beklagten zu 1., die bis zum Jahre 2008 ein Theater und ein Orchester unterhielt. Nach § 4 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) vom 1. Juli 1971 in der jeweils geltenden Fassung und den ihn ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen. Der Bruttomonatsverdienst des Klägers betrug zuletzt ca. 3.500,00 Euro.
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Bis zum 31. Dezember 2008 erhielt die Beklagte zu 1., die nicht kostendeckend wirtschaften kann, jährliche Gesamtzuwendungen von ca. 8,5 Millionen Euro, die zu ca. 50 vH der Freistaat Thüringen erbrachte. Die übrigen Zuwendungen trugen die Gesellschafter der Beklagten, die E und der W bei. Im Jahr 2006 kündigte der Freistaat eine Kürzung seiner Zuschüsse für die Zeit ab 2009 an. In einer Finanzierungsvereinbarung vom 15. Juni 2007 schrieben der Freistaat, die E und der W die Kürzungen fest. Danach wollte der Freistaat für die Jahre 2009 bis 2012 nur noch 1,5 Millionen Euro beisteuern. Im Fall der Gewährleistung des Dreispartenangebotes durch Zustiftung der Beklagten zu 1. zur Kulturstiftung M - der Beklagten zu 2. -, die ebenfalls ein Orchester unterhält, sollte sich die Landesförderung um etwa eine Million Euro erhöhen. Ebenfalls am 15. Juni 2007 wurde ein Abkommen über die betreffende Zustiftung mit Wirkung zum 1. Januar 2009 geschlossen. Darin ist die angestrebte Struktur des künftigen Theaterbetriebes beschrieben. Im Stellenplan für das Orchester sind nur noch 24 statt bisher 42,5 Stellen und keine Blechbläser mehr vorgesehen.
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Nach Anhörung des Betriebsrats sprach die Beklagte zu 1. dem Kläger die Kündigung nach § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK zum 31. Juli 2008 aus.
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Mit seiner Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt. Er hat das Vorliegen einer wirksamen unternehmerischen Entscheidung zur Verkleinerung des Orchesters bestritten. Jedenfalls aber sei die Entscheidung willkürlich und offensichtlich unvernünftig. Ein Spielplan ohne Horn sei nicht möglich. Man könne dann nicht mehr „Peter und der Wolf“ aufführen, sondern nur noch „Peter ohne Wolf“. Die Beklagte habe gezielt bestimmte Stellen wegfallen lassen, um Arbeitnehmer in ihrer sozialen Schutzwürdigkeit zu übergehen. Auch die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht eingehalten. Die Kündigung habe überdies zu einem späteren Zeitpunkt ausgesprochen werden können. Die Beklagte habe eine Sozialauswahl durchführen müssen, zumindest mit den in M beschäftigten Instrumentalisten. Es bestehe zwischen E und M nach der Zustiftung ein gemeinsamer Betrieb. Auch Betriebsrat und Orchestervorstand seien nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Eine Massenentlassungsanzeige sei, obwohl erforderlich, nicht erfolgt. Schließlich sei die Kündigung auch deswegen unwirksam, weil sie wegen des beabsichtigten Betriebsübergangs erfolgt sei.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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1.
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch außerordentliche Kündigung mit Schreiben der Beklagten zu 1. vom 5. Juli 2007 zum 31. Juli 2008 beendet worden ist;
2.
die Beklagte zu 2. zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen auf Grundlage des Arbeitsvertrages vom 16. Oktober 1990 in der Fassung des Arbeitsvertrages vom 1. Juli 1991 nach Maßgabe des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) in jeweils geltender Fassung, des Vergütungs-Tarifvertrages mit Vergütungsordnung und Ortszuschlagstabelle in jeweils geltender Fassung, des TV Orchestervorstand in jeweils geltender Fassung, des TV Instrumenten-, Rohr-, Blatt- und Saitengeld in jeweils geltender Fassung, des TV Kleidergeld in jeweils geltender Fassung, des TV Zuwendungen in jeweils geltenden Fassung, des TV Urlaubsgeld in jeweils geltender Fassung und des TV Vermögenswirksame Leistungen ab dem 1. Januar 2009 weiterzubeschäftigen;
3.
festzustellen, dass ab dem 1. Januar 2009 zwischen ihm und der Beklagten zu 2. ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.
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Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte zu 1. hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei wegen der am 15. Juni 2007 getroffenen unternehmerischen Entscheidung wirksam. Eine Nichtdurchführung dieser Entscheidung hätte zu ihrer Insolvenz geführt. Die ab 1. August 2008 gültige neue Orchesterstruktur sehe den gänzlichen Wegfall sämtlicher Blechbläser vor. Sie sei nicht willkürlich. Man habe verschiedene Modelle geprüft. Dabei habe sich herausgestellt, dass die Holzbläser häufiger gebraucht würden als die Blechbläser. Auch sei eine homogene Klangbalance innerhalb der Gruppe der Holzbläser im Verhältnis zu den Streichern heikler und schwieriger herzustellen als in der Gruppe der Blechbläser. Es gebe keine objektiv zwingend gebotene Zusammensetzung eines Orchesters. Einer Sozialauswahl habe es nicht bedurft, da sämtlichen mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmern gekündigt worden sei. Die Musiker des Orchesters in M seien nicht in die soziale Auswahl einzubeziehen gewesen. Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen, der ggf. eine übergreifende Sozialauswahl erforderlich gemacht hätte, liege ebenso wenig vor wie ein Betriebsübergang. Die Kündigung habe auch zum Ende der Spielzeit 2008 erfolgen können. Die Kündigungsfrist sei eingehalten. Kündigungen seien nur zum Ende des für das Orchester üblichen Beschäftigungsjahres möglich. Der Betriebsrat und die Sprecherin des Orchestervorstandes seien ordnungsgemäß beteiligt worden. Die Kündigung scheitere nicht an § 17 KSchG. Anzeigepflichtige Massenentlassungen seien zum Zeitpunkt des Ausspruchs der hier streitigen Kündigung nicht erfolgt.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Die Kündigung vom 5. Juli 2007 ist als ordentliche Kündigung anzusehen (I.1). Die in § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern vom 1. Juli 1971 idF vom 4. Dezember 2002 (TVK) niedergelegten Voraussetzungen ihrer Wirksamkeit liegen ebenso vor (I.2) wie diejenigen des § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG (I.3). Das etwaige Fehlen der Anhörung des Orchestervorstandes führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung (I.4). Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß beteiligt worden (I.5). Die Kündigung verstößt weder gegen § 613a Abs. 4 BGB (I.6) noch gegen § 17 KSchG (I.7). Sie hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Juli 2008 aufgelöst. Der Kläger steht nicht in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 2. und hat deshalb auch keinen Anspruch auf Beschäftigung gegen sie (II.).
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I. Die von der Beklagten zu 1. ausgesprochene Kündigung ist als ordentliche Kündigung wirksam. Sie ist nach § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK iVm. § 1 Abs. 2 KSchG gerechtfertigt.
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1. Bei der in § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK geregelten Kündigung handelt es sich nicht um eine außerordentliche, sondern um eine ordentliche Kündigung (so schon für die Vorgängerregelung: Senat 20. März 1969 - 2 AZR 106/68 - AP TOK § 23 Nr. 2). Sie bedurfte deshalb keines wichtigen Grundes iSd. § 626 Abs. 1 BGB. Das ergibt die Auslegung der genannten Tarifnorm.
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a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist vom Wortlaut auszugehen. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil er Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geben kann. Daneben können die Gerichte weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages und die praktische Tarifübung, ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten, gesetzeskonformen und praktisch brauchbaren Regelung führt (Senat 24. Juni 2004 - 2 AZR 656/02 - AP BGB § 626 Nr. 180 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 7; BAG 3. Mai 2006 - 1 ABR 2/05 - Rn. 33, BAGE 118, 141; 15. Oktober 2003 - 4 AZR 594/02 - EzA TVG § 4 Stahlindustrie Nr. 2).
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b) Im Streitfall scheint der Wortlaut der maßgeblichen Tarifnorm dafür zu sprechen, die dort geregelte Kündigung als eine außerordentliche Kündigung einzustufen. Der Zusammenhang der Vorschrift mit den übrigen tariflichen Regelungen zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen bei der Auflösung und Verkleinerung von Orchestern sowie Sinn und Zweck der Regelung und ihre nähere Ausgestaltung und Praktikabilität zeigen jedoch, dass die Vorschrift eine Rückausnahme von der ordentlichen Unkündbarkeit statuieren will und damit unter den in ihr genannten Voraussetzungen die ordentliche Kündigung zulässt.
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(aa) In § 42 Abs. 1 TVK sind mehrere unterschiedliche Fallgestaltungen geregelt. Zunächst sind die Voraussetzungen benannt, die, abweichend vom Normalfall, zur ordentlichen Unkündbarkeit führen: Einem Arbeitnehmer kann nach 15 Beschäftigungsjahren und Vollendung des 40. Lebensjahrs nur noch unter den Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB gekündigt werden. Alsdann sind drei Fälle beschrieben, von denen gesagt ist, dass sie als wichtige Gründe „gelten“. Der hier maßgebliche „wichtige Grund“ liegt im Beschluss zur Auflösung oder Verkleinerung des Orchesters (§ 42 Abs. 1 Buchst. a TVK). Für diesen Fall ist eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten zum Ende des für das Orchester üblichen Beschäftigungsjahres vorgesehen, womit die für ordentliche Kündigungen an sich maßgebliche Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende des für das Orchester üblichen Beschäftigungsjahres (§ 41 Abs. 2 TVK) um ein halbes Jahr verlängert wird. Ferner ist in § 51 TVK festgelegt, dass der Arbeitgeber dem nach § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK gekündigten Musiker eine anderweitige Beschäftigung anbieten muss oder, wenn das nicht möglich ist, ihm über mehrere Jahre hinweg eine Abfindung zu zahlen hat. Unter bestimmten Voraussetzungen wird auch danach, wenn der Arbeitgeber keine angemessene Beschäftigung anbietet oder nachweist, bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres eine Abfindung gezahlt, und zwar in Höhe von bis zu 71 vH der Jahresvergütung.
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(bb) Sowohl die im Fall des § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK vorgesehene lange Kündigungsfrist als auch die im Tarifvertrag vorgesehenen Rechtsfolgen sprechen dagegen, die Kündigung als außerordentliche Kündigung anzusehen. Bei näherem Zusehen erweist sich auch, dass in § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK die Wirksamkeit der Kündigung gar nicht an das Vorliegen eines wichtigen Grundes iSd. § 626 Abs. 1 BGB gebunden ist. Vielmehr ordnet der Tarifvertrag an, dass bestimmte Fälle als wichtige Gründe „gelten“ sollen. Möglicherweise wurde die Formulierung in der Annahme gewählt, die Tarifvertragsparteien könnten das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB fingieren, was aber angesichts des zwingenden Charakters von § 626 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist (Senat 24. Juni 2004 - 2 AZR 656/02 - AP § 626 BGB Nr. 180 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 7). Ist also die tarifvertragliche Fiktion eines zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden wichtigen Grundes rechtlich nicht möglich, so sind Sinn und Zweck der Vorschrift dennoch rechtlich unbedenklich: Die Tarifvertragsparteien wollten eine mit besonders langer Kündigungsfrist auszusprechende Kündigung in den genannten Fällen mit den Folgen des § 51 TVK (Abfindung) ungeachtet der an sich gegebenen ordentlichen Unkündbarkeit ermöglichen. Dieses Ziel ist rechtlich nur dann erreichbar, wenn die Vorschrift des § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK nicht als Fall des § 626 Abs. 1 BGB, sondern als Rückausnahme vom Verbot der ordentlichen Kündigung angesehen, die Kündigung nach dieser Vorschrift also als ordentliche Kündigung unter erschwerten Voraussetzungen eingestuft wird (so schon für die Vorgängerregelung: Senat 20. März 1969 - 2 AZR 106/68 - AP TOK § 23 Nr. 2).
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2. Die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK liegen vor. Der Rechtsträger des Orchesters, dem der Kläger angehörte, nämlich die Beklagte zu 1., hat die Verkleinerung des Orchesters beschlossen. Wie das Landesarbeitsgericht für den Senat bindend festgestellt hat, haben die Gesellschafter der Beklagten zu 1. einen Beschluss über die „unternehmerische Entscheidung zur Struktur des künftigen Theaterbetriebes E“ gefasst. Er sieht die Beschäftigung von Blechbläsern nicht mehr vor. Nach diesem Konzept ist die Stelle des Klägers als Hornist entfallen.
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3. Die Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt. Sie ist nicht aus anderen Gründen sozialwidrig. Die von der Beklagten zu 1. getroffene unternehmerische Entscheidung zur Verkleinerung des Orchesters ist nicht missbräuchlich.
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a) Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (Senat 23. April 2008 - 2 AZR 1110/06 - AP § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 177 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160; 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62). Deshalb hat im Kündigungsschutzprozess grundsätzlich der Arbeitnehmer die Umstände darzulegen und im Streitfall zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die Maßnahme offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (Senat 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - BAGE 92, 61; 22. April 2004 - 2 AZR 385/03 - BAGE 110, 188; 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - BAGE 115, 149). Dabei zielt die Überprüfung der unternehmerischen Entscheidung durch das Gericht weder darauf ab, dem Arbeitgeber organisatorische Vorgaben zu machen, noch darf sie dazu dienen, die Stichhaltigkeit der Erwägungen zu prüfen, die den Arbeitgeber gerade zu dem von ihm gewählten Konzept geführt haben. Es geht in diesem Zusammenhang allein um die Verhinderung von Missbrauch (Senat 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126). Verstöße gegen gesetzliche und tarifliche Normen (vgl. dazu Senat 18. Dezember 1997 - 2 AZR 709/96 - BAGE 87, 327) sollen genauso verhindert, wie Diskriminierung und Umgehungsfälle vermieden werden. Deshalb ist es zB missbräuchlich, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen (Senat 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 - BAGE 103, 31; 22. April 2004 - 2 AZR 385/03 - aaO) oder abstrakte Änderungen von Organisationsstrukturen, denen keine tatsächliche Änderung der realen Abläufe zugrunde liegt, zu benutzen, um den Inhalt von Arbeitsverhältnissen zum Nachteil von Arbeitnehmern zu ändern oder Arbeitsverhältnisse zu beenden.
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b) Daran gemessen ist die unternehmerische Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die finanzielle Zwangslage, in die sie durch die vom Freistaat Thüringen angekündigte Reduzierung der staatlichen Förderung geriet, dargestellt. Ihr Konzept, nur noch ein Rumpforchester aus festangestellten Instrumentalisten zu behalten und bei Bedarf die benötigten weiteren Künstler zusätzlich zu engagieren, ist nachvollziehbar, wenn es auch manchen nach künstlerisch-ästhetischen Gesichtspunkten Urteilenden nicht überzeugen mag. Dass die Neuordnung etwa nur unter Verletzung arbeitsrechtlicher Vorgaben zu verwirklichen gewesen wäre oder gar dem Zweck gedient hätte, kündigungsrechtliche Vorschriften - zB die der Sozialauswahl - zu umgehen, hat der Kläger in den Vorinstanzen zwar gelegentlich allgemein geltend gemacht. Konkrete Anhaltspunkte dafür sind aber nicht ersichtlich. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, das Konzept sei - jenseits ins Dunkele reichender Vermutungen - nicht gegen den Kläger gerichtet, hat dieser in der Revision nicht angegriffen.
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c) Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 3 KSchG wegen fehlerhafter Sozialauswahl unwirksam. Ohne dass der Kläger dem entgegengetreten wäre, hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten komme schon deshalb nicht in Betracht, weil der Beschäftigungsbedarf für sämtliche Hornisten entfallen sei. Der Kläger hat auch keinen mit ihm vergleichbaren, weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer der Beklagten zu 1. benannt, dem an seiner Stelle - bei Zugrundelegung des unternehmerischen Konzepts - hätte gekündigt werden müssen. Da die Kündigung etwa eineinhalb Jahre vor dem Wirksamwerden der Zustiftung zur Beklagten zu 2. ausgesprochen wurde, kam eine Einbeziehung der Musiker des M Orchesters von vornherein nicht in Betracht.
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d) Die in § 42 Abs. 1 Satz 4 TVK vorgesehene Kündigungsfrist von zwölf Monaten zum Ende des Orchesterjahres ist eingehalten. Die Beklagte zu 1. war nicht gehalten, die Kündigung erst zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kürzungen auszusprechen. Maßstab für den richtigen Kündigungstermin bei einer betriebsbedingten Kündigung ist zum einen die geltende Kündigungsfrist und zum anderen die unternehmerische Entscheidung, die der Kündigung zugrunde liegt. Letztere sah den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit zum 31. Juli 2008 vor. Die unternehmerische Entscheidung war auch insoweit nicht missbräuchlich. Zum einen ist es sachgerecht, die notwendige Umstrukturierung eines Orchesters nicht in der Mitte, sondern am Ende einer Spielzeit vorzusehen. Zum anderen hat die Beklagte zu 1. ausgeführt, sie habe die für 2008 noch bewilligten Mittel des Freistaats Thüringen zur - nur teilweisen - Bewältigung der mit den Kündigungen verbundenen finanziellen Lasten - zB Übergangsgelder und Abfindungen - benötigt.
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4. Ob die Beklagte zu 1. ihren nach § 5 Abs. 1, Abs. 2 des Tarifvertrages über die Bildung und die Aufgaben des Orchestervorstandes vom 1. Juli 1971 (TV Orchestervorstand) bestehenden Pflichten nachgekommen ist, kann dahin stehen. Selbst wenn sie diese Pflichten verletzt haben sollte, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Den hier in Rede stehenden Vorschriften ist keine Anordnung zu entnehmen, aus der sich die Unwirksamkeit einer unter Verletzung von § 5 Abs. 1, Abs. 2 TV Orchestervorstand erklärten Kündigung ergäbe. Der Tarifvertrag sieht - anders als § 102 BetrVG - nicht die Unwirksamkeit einer ohne Beteiligung des Orchestervorstandes erfolgten Kündigung vor. Bereits dies spricht gegen die vom Kläger vertretene Auffassung. Nach der Rechtsprechung des Senats haben im Übrigen sogar Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften des kollektiven Rechts nur bei entsprechender ausdrücklicher Anordnung des Gesetzgebers die Unwirksamkeit der betreffenden Kündigung zur Folge, da regelmäßig die kollektivrechtliche Seite von der individualrechtlichen zu trennen ist (Senat 22. April 2010 - 2 AZR 491/09 - NZA 2010, 1235). Im Streitfall tritt hinzu, dass die gemeinsame Protokollerklärung der Tarifvertragsparteien deren übereinstimmende Auffassung festhält, der Begriff der „Beteiligung“ in § 5 Abs. 1 TV Orchestervorstand sei nicht im „personalrechtlichen“ Sinne zu verstehen.
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5. Die Kündigung ist nicht nach § 102 BetrVG unwirksam.
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a) Die Beklagte zu 1. hat den Betriebsrat mit Schreiben vom 27. Juni 2007 über die dem Kläger nach § 42 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVK auszusprechende betriebsbedingte Kündigung unterrichtet. Sie hat den Betriebsrat gebeten, bis zum 13. Juli 2007 Stellung zu nehmen. Sie hat damit die gesetzliche Frist zur Stellungnahme (§ 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG) um etwa eine Woche verlängert. Der Betriebsrat erklärte sich jedoch bereits mit Schreiben vom 3. Juli 2007 und widersprach der Kündigung. Darin lag nach der vom Kläger nicht mehr angegriffenen Würdigung des Landesarbeitsgerichts eine abschließende Stellungnahme.
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b) Ob die Beklagte zu 1. dem Betriebsrat mitgeteilt hat, dass sie - möglicherweise - ihrer Pflicht zur Unterrichtung des Orchestervorstandes nicht nachgekommen ist, bedurfte keiner Aufklärung. Die Beklagte zu 1. war zu einer entsprechenden Mitteilung an den Betriebsrat nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG verpflichtet. Nach dieser Vorschrift muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Kündigungsgründe unterrichten. Darunter fallen nur solche Umstände, die für die Wirksamkeit der Kündigung aus Sicht des Arbeitgebers maßgebend sind. Da die Beteiligung des Orchestervorstandes ebenso wie ihr Unterbleiben keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Kündigung ausübt, bedurfte es im Rahmen der Anhörung nach § 102 BetrVG auch keiner Unterrichtung darüber. Die dem entgegenstehende Auffassung des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt (17. November 1998 - 7 Sa 952/95 -) findet weder im Tarifvertrag noch im Gesetz eine Stütze.
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6. Die Kündigung ist nicht nach § 613a Abs. 4 BGB unwirksam.
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a) Die Kündigung eines Betriebsveräußerers unterfällt dann nicht dem Verbot des § 613a Abs. 4 BGB, wenn sie der Verwirklichung eines vom Erwerber vorgegebenen und nicht missbräuchlichen Sanierungskonzepts dient (BAG 20. März 2003 - 8 AZR 97/02 - BAGE 105, 338). Die Umsetzung des Konzepts muss bei Zugang der Kündigung allerdings bereits greifbare Formen angenommen haben.
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b) Nach diesen Grundsätzen verstieß die Kündigung nicht gegen § 613a Abs. 4 BGB.
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(aa) Es kann dahinstehen, ob, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat, § 613a Abs. 4 BGB schon deshalb nicht anwendbar ist, weil die Kündigung etwa eineinhalb Jahre vor der Zustiftung des Theaterbetriebs E zur Beklagten zu 2. erfolgte.
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(bb) Offenbleiben mag auch, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Zustiftung als Betriebsübergang angesehen werden kann. Zweifelhaft ist jedenfalls die Annahme, die Zustiftung eines Unternehmens oder Betriebes führe ohne Weiteres zu einem einheitlichen Unternehmen oder gemeinsamen Betrieb mit der kündigungsrechtlichen Folge, dass Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im gesamten Bereich der aufnehmenden Stiftung zu berücksichtigen wären und eine Sozialauswahl sich auf alle bei dieser tätigen vergleichbaren Arbeitnehmer zu beziehen hätte. Vielmehr können unter dem „Dach“ einer Stiftung getrennte - ggf. auch durch Zustiftung hinzugekommene - Unternehmen und Betriebe bestehen. Der Stiftung können uU, wie einem Konzern, mehrere selbständige Unternehmen und Betriebe in der Form von Sondervermögen angehören (vgl. Rawer DNotZ 2008, 5).
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(cc) Jedenfalls lag bei Kündigung ein nachhaltiges, nicht missbräuchliches und in Einzelheiten ausgearbeitetes Konzept für die Fortführung des Orchesters nach dem Wirksamwerden der Zustiftung vor, dessen einzige realistische Alternative die Insolvenz war. Damit erfolgte die Kündigung nicht „wegen des Betriebsübergangs“.
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7. Die Kündigung ist nicht unter Verstoß gegen § 17 KSchG ausgesprochen worden. Das Landesarbeitsgericht hat für den Senat bindend festgestellt, dass die in § 17 Abs. 1 Nr. 2 KSchG vorgesehene Mindestanzahl von Kündigungen nicht erreicht wurde, weshalb keine Anzeigepflicht bestand.
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II. Die Unbegründetheit der gegen die Beklagte zu 2. verfolgten Klageanträge folgt jedenfalls aus der Unbegründetheit der gegen die Beklagte zu 1. erhobenen Klage.
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III. Die Kosten der Revision fallen dem Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.
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