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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BSG 17.07.2024 - B 2 U 29/24 B
BSG 17.07.2024 - B 2 U 29/24 B
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17. Januar 2024 wird als unzulässig verworfen.
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Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Mit vorbezeichnetem Urteil hat es das LSG abgelehnt, die Darmkrebserkrankung des 1954 geborenen Klägers als Folge einer anerkannten Berufskrankheit festzustellen, die er als Leibesfrucht durch Einwirkungen schädigender Stoffe erlitten hat, denen seine Mutter während der Schwangerschaft berufsbedingt ausgesetzt war. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat er Beschwerde zum BSG eingelegt. In der Beschwerdebegründung macht er die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie Verfahrensmängel (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 3 SGG) geltend.
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht formgerecht begründet ist (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG). Die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie des Vorliegens von Verfahrensmängeln, auf denen die angefochtene Entscheidung beruhen kann, sind entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht hinreichend dargelegt bzw bezeichnet.
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1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Beschwerdebegründung muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Der Beschwerdeführer muss mithin eine Rechtsfrage formulieren, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit und (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (BSG Beschlüsse vom 14.2.2024 - B 2 U 49/23 B - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen = juris RdNr 3, vom 9.11.2023 - B 2 U 66/23 B - juris RdNr 3 mwN, vom 7.3.2017 - B 2 U 140/16 B - SozR 4-1920 § 52 Nr 18 RdNr 5 und vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 5; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Kriterien vgl zB BVerfG Kammerbeschluss vom 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - SozR 4-1500 § 160a Nr 24). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam,
"ob das Stillen/die Muttermilchgabe des geborenen Kindes von versicherungsrechtlicher Bedeutung ist" (Bl 26 der Beschwerdebegründung).
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Damit ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargetan. Denn sie lässt schon völlig offen, welches gesetzliche Tatbestandsmerkmal welcher bundesrechtlichen Norm mit Blick auf welche Bestimmung ausgelegt bzw an welchem höherrangigen Recht gemessen werden soll, um die Rechtseinheit zu wahren oder das Recht fortzubilden. Soweit der Kläger sinngemäß geklärt wissen möchte, ob das Tatbestandsmerkmal "Schwangerschaft" in § 555a Satz 1 RVO auf die postnatale Stillzeit zu erweitern ist, fehlt es an Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit und Breitenwirkung. Die Beschwerdebegründung zeigt schon nicht auf, warum sich die Antwort nicht bereits unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (BSG Beschlüsse vom 14.2.2024 - B 2 U 49/23 B - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen = juris RdNr 5 mwN sowie grundlegend vom 14.8.1981 - 12 BK 15/81 - SozR 1300 § 13 Nr 1) bzw von vornherein praktisch außer Zweifel steht (BSG Beschlüsse vom 30.3.2005 - B 4 RA 257/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 7 RdNr 8 und grundlegend vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 sowie vom 4.6.1975 - 11 BA 4/75 - BSGE 40, 40, 42 = SozR 1500 § 160a Nr 4). Weder Rechtsprechung noch Literatur bezweifeln, dass eine Schwangerschaft mit der Geburt endet. Vor diesem Hintergrund geht die Beschwerdebegründung mit keinem Wort darauf ein, unter welchen Umständen der Senat befugt sein könnte, den Begriff der "Schwangerschaft" - entgegen seinem Wortsinn (vgl zum Wortsinn zB BSG Urteil vom 30.1.2020 - B 2 U 19/18 R - BSGE 130, 25 = SozR 4-1300 § 105 Nr 8, RdNr 24 f) - auf nachgeburtliche Zeiträume zu erstrecken. Zudem betrifft die angesprochene Problematik ausgelaufenes Recht, weil § 555a RVO bereits zum 31.12.1996 außer Kraft getreten ist (vgl Art 35 Nr 1 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes vom 7.8.1996, BGBl I 1254). Für ausgelaufenes Recht ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache allenfalls dann gegeben, wenn noch eine erhebliche Zahl von Fällen auf der Grundlage des alten Rechts zu entscheiden ist oder wenn die Überprüfung der Rechtsnorm bzw ihre Auslegung aus anderen Gründen fortwirkende allgemeine Bedeutung hat, namentlich wegen einer weitgehenden Übereinstimmung mit dem neuen Recht (BSG Beschlüsse vom 14.7.2022 - B 8 SO 10/21 B - juris RdNr 8 mwN, vom 23.9.2022 - B 10 EG 4/22 B - juris RdNr 12, vom 2.12.1998 - B 2 U 256/98 B - juris RdNr 3 und grundlegend vom 28.11.1975 - 12 BJ 150/75 - SozR 1500 § 160a Nr 19). Hierzu verhält sich die Beschwerdebegründung nicht.
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2. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist - außer im Fall absoluter Revisionsgründe - aufzuzeigen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht.
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a) Soweit der Kläger eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) in Form der Überraschungsentscheidung (§ 128 Abs 2 SGG) rügt, weil das LSG "zu keiner Zeit darauf hingewiesen" habe, "dass der Schutz der Leibesfrucht mit der Geburt beendet sei", bleibt offen, warum er davon überrascht worden sein könnte, obwohl ihn das SG in der zitierten Urteilspassage (Bl 10 der Beschwerdebegründung) bereits darauf hingewiesen hatte, dass "Schädigungen, die erst nach der Geburt beispielsweise durch das Stillen entstehen, … nicht erfasst" seien und deshalb nur "Gesundheitsstörungen berücksichtigt werden" könnten, "die bis zum Abschluss der Geburt bei der Leibesfrucht vorgelegen haben". Schließt sich das Berufungsgericht dem Standpunkt der Vorinstanz an, kann darin kein Überraschungsurteil liegen, weil ein sorgfältiger Prozessbeteiligter eine solche Entscheidung stets einkalkulieren muss.
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b) Auch die Sachaufklärungsrüge (§ 103 SGG) hat keinen Erfolg. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel "auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist". Die Beschwerdebegründung behauptet, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG sei der Antrag aufrechterhalten worden,
"die Verwaltungsakten des verstorbenen Vaters des Klägers beizuziehen und hierin Einsicht dem klägerischen Prozessbevollmächtigten zu gewähren".
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Es fehlt jedoch an den erforderlichen Darlegungen, zu welchem Ergebnis die unterbliebene Beweisaufnahme voraussichtlich geführt hätte und warum sich das Berufungsgericht ausgehend von den getroffenen Feststellungen (§ 163 SGG) und auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte gedrängt fühlen müssen, dem genannten Antrag nachzukommen. Im Gegenteil: Die Beschwerdebegründung zitiert selbst die insoweit maßgebende Ansicht des LSG, wonach "Art und Umfang einer Schadstoffexposition des Vaters des Klägers während und aufgrund dessen versicherter Tätigkeit sowie ein möglicher Übergang von Schadstoffen auf die Mutter des Klägers ersichtlich nichts daran" ändern könnten, "dass die Darmkrebserkrankung bis zum Abschluss der Geburt des Klägers noch nicht vorgelegen hat und deshalb keine als Leibesfrucht erlittene Schädigung darstellt". Warum die Entscheidung des LSG gleichwohl auf der unterlassenen Beiziehung der väterlichen Verfahrensakte beruhen kann, lässt die Beschwerdebegründung unerörtert.
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Roos
Karl
Karmanski
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