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BSG 23.04.2024 - B 12 BA 35/23 B
BSG 23.04.2024 - B 12 BA 35/23 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - rechtsfehlerhafte Annahme des LSG - Entscheidung durch Prozess- statt durch Sachentscheidung - Zurückverweisung
Normen
§ 144 Abs 1 S 1 SGG, § 158 S 2 SGG, § 158 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160a Abs 5 SGG, § 28p Abs 1 S 5 SGB 4
Vorinstanz
vorgehend SG Stralsund, 10. August 2022, Az: S 1 BA 7/18, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, 23. Juni 2023, Az: L 7 BA 14/22, Beschluss
Tenor
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Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 23. Juni 2023 aufgehoben.
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Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
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I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um den versicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen zu 1.
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Nach einer Betriebsprüfung stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Nord fest, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht unterliege (Bescheid vom 26.6.2017). Später forderte sie von der Klägerin Beiträge in Höhe von 147,56 Euro nach (Bescheid vom 6.11.2017).
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Das SG hat der auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 26.6.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.4.2018 gerichteten Anfechtungsklage der Klägerin stattgegeben (Urteil vom 10.8.2022). Den Streitwert für das Verfahren hat es auf 147,56 Euro festgesetzt (Beschluss vom 28.9.2022). Das LSG hat die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Zwar sei Gegenstand der vorliegenden Klage nicht unmittelbar der Beitragsbescheid, sondern der Bescheid über die Statusfeststellung. Allerdings bilde dieser die Grundlage für die Nacherhebung von Beiträgen und sei "daher letztlich auf eine Geldleistung gerichtet". Eine hierüber hinausgehende Bedeutung komme der Statusfeststellung nicht zu, weil sich die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung vorliegend auf einen abgeschlossenen Zeitraum von weniger als einem Monat beziehe. Dass die Beklagte ihre Feststellungen aufgrund der Betriebsprüfung "willkürlich" in zwei getrennte Bescheide aufgesplittet habe, vermöge hieran nichts zu ändern. Eine notwendige Beschwer der Beklagten von über 750 Euro werde mit der Beitragsforderung von 147,56 Euro nicht erreicht (Beschluss vom 23.6.2023).
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Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Beklagte gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des LSG. Sie rügt, das LSG habe verfahrensfehlerhaft im Sinn des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG die Berufung als unzulässig verworfen. Die Berufung sei zulässig gewesen. Das LSG hätte durch Sachurteil entscheiden müssen.
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II. 1. Die Beschwerde der Beklagten ist zulässig. Wird die Berufung durch Beschluss nach § 158 Satz 2 SGG als unzulässig verworfen, steht den Beteiligten gegen den Beschluss nach Satz 3 der Norm das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beschwerdebegründung genügt den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG. Insbesondere bezeichnet sie die Tatsachen, aus denen sich der geltend gemachte Verfahrensmangel (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) einer Entscheidung durch Prozess- statt durch Sachentscheidung ergibt.
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2. Die Beschwerde ist auch begründet. Der angefochtene Beschluss des Berufungsgerichts ist verfahrensfehlerhaft ergangen, weil es zu Unrecht durch Prozessentscheidung die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen hat. Das LSG hat rechtsfehlerhaft angenommen, die Klage betreffe eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, der Wert des Beschwerdegegenstands übersteige aber nicht 750 Euro, weshalb nach § 144 Abs 1 Satz 1 SGG eine Berufung nur nach - hier nicht erfolgter - Zulassung statthaft sei.
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Gegenstand der Klage ist ausweislich des in der mündlichen Verhandlung vor dem SG gestellten Antrags der Klägerin lediglich der Statusfeststellungsbescheid vom 26.6.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.4.2018, nicht aber der spätere Beitragsbescheid vom 6.11.2017. Der angefochtene Statusfeststellungsbescheid erfüllt aber die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 144 Abs 1 Satz 1 SGG nicht, weil er nicht auf eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung gerichtet ist. Soweit das LSG eine Konnexität beider Bescheide und eine "willkürliche" Aufsplittung in zwei Bescheide durch die Beklagte annimmt, ist darauf hinzuweisen, dass § 28p Abs 1 Satz 5 SGB IV zum Erlass eines Verwaltungsakts "zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe" ermächtigt. Diese Vorschrift steht einer isolierten Feststellung von Versicherungspflicht nicht entgegen. Darin liegt nicht die unzulässige Elementenfeststellung einer Beschäftigung (vgl hierzu BSG Urteil vom 24.11.2020 - B 12 KR 23/19 R - juris RdNr 14 mwN).
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3. Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn - wie hier - die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen. Der Senat macht von dieser Möglichkeit Gebrauch.
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4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.
Heinz
Geiger
Beck
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