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BSG 09.08.2022 - B 2 U 3/22 BH
BSG 09.08.2022 - B 2 U 3/22 BH
Tenor
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Die Anträge des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe für ein Vorabentscheidungsersuchen beim Europäischen Gerichtshof sowie für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichts vom 31. März 2022 - auch "zur Zurückverweisung, Nachholung der mündlichen Verhandlung" und "zur Urteilsergänzung" - zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, werden abgelehnt.
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Die Anträge des Klägers auf Vorlage beim Europäischen Gerichtshof "zur weiteren Prüfung und Entscheidung", "auf Sicherstellung von Teilhabe und körperlicher Unversehrtheit auch unter Beachtung der gerichtlichen Verfahrensdauer aller Zusammenhänge seit 2005" und "auf Fristverlängerung zur Begründung und Einreichung der Beschwerde bis zum rechtskräftigen PKH Beschluss und Beiordnung eines Fachanwalts", werden abgelehnt.
Gründe
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I. Mit vorbezeichnetem Beschluss (L 2 U 192/21) hat es das LSG abgelehnt, das Urteil des SG vom 7.10.2021 (S 39 U 101/17) aufzuheben, dem Kläger Wiedereinsetzung in die Frist zur Berufung (L 2 U 5/19 ZVW) gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 23.12.2015 (S 39 U 375/12) zu gewähren und ebendieses Untätigkeitsklageverfahren wiederaufzunehmen.
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Der angefochtenen Entscheidung liegt folgender Verfahrensgang zugrunde: Nachdem das SG die Untätigkeitsklage des Klägers abgewiesen hatte (Gerichtsbescheid vom 23.12.2015 - S 39 U 375/12), verwarf das LSG die Berufung, weil die Berufungsfrist versäumt und Wiedereinsetzung nicht zu gewähren sei (Urteil vom 16.8.2019 - L 2 U 5/19 ZVW). Der Senat lehnte es ab, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen (Beschlüsse vom 2.3.2020 - B 2 U 10/19 BH und vom 8.10.2021 - B 2 U 6/21 BH).
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Noch während des anhängigen Berufungsverfahrens (L 2 U 5/19 ZVW) hatte der Kläger am 3.2.2017 beim SG beantragt, ihm für die bereits durch Gerichtsbescheid abgewiesene Untätigkeitsklage (S 39 U 375/12) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Diesen Antrag führte das SG unter dem Aktenzeichen S 39 U 101/17 als gesondertes (Klage-)Verfahren. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der anwesende Kläger keinen Sachantrag gestellt, sondern nur beantragt, "das vorliegende Verfahren auszusetzen, bis das BSG über den noch anhängigen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe [in dem Verfahren B 2 U 6/21 BH] entschieden hat". Das SG hat das Begehren des Klägers als Wiederaufnahmeklage gedeutet und sie - aufgrund fehlender Wiederaufnahmegründe - als unzulässig abgewiesen (Urteil vom 7.10.2021 - S 39 U 101/17). Zugleich hat es die Anträge auf Aussetzung des Verfahrens und auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 23.12.2015 - S 39 U 375/12 - in den Entscheidungsgründen abgelehnt. Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 7.10.2021 zurückgewiesen, den Antrag auf Bewilligung von PKH für die Berufungsinstanz abgelehnt und die Revision nicht zugelassen (Beschluss vom 31.3.2022).
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Nach Zustellung am 5.4.2022 hat der Kläger am 4.5.2022 privatschriftlich beantragt, ihm PKH "zur Führung einer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision", "zur Zurückverweisung, Nachholung der mündlichen Verhandlung" und "zur Urteilsergänzung" nebst "Beiordnung eines Fachanwalt auf der Grundlage von PKH" zu gewähren, die Sache dem "EUGH Luxemburg zur weiteren Prüfung und Entscheidung" vorzulegen, "auch dies mit Antrag auf Beiordnung eines Fachanwalt auf Grundlage von PKH", seine "Teilhabe und körperliche Unversehrtheit auch unter Beachtung der gerichtlichen Verfahrensdauer aller Zusammenhänge seit 2005" sicherzustellen sowie die Frist zur "Begründung und Einreichung der Beschwerde bis zum rechtskräftigen PKH Beschluss und Beiordnung eines Fachanwalt" zu verlängern.
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II. Die Anträge sind abzulehnen.
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1. Die Anträge auf Gewährung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des LSG vom 31.3.2022 - L 2 U 192/21 - haben keinen Erfolg.
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Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine Aussicht auf Erfolg. Deshalb lässt der Senat offen, ob die Rechtsverfolgung des Klägers mutwillig ist.
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Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder aufgezeigt worden noch aufgrund der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung des Streitstoffs zu erblicken. Es ist nicht erkennbar, dass ein Prozessbevollmächtigter des Klägers in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.
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Es ist - auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 4.5.2022 - nicht ersichtlich, dass die Rechtssache klärungsbedürftige und in einem Revisionsverfahren klärungsfähige Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung aufwerfen und deshalb grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG haben könnte. Der Umgang mit Wiedereinsetzungsanträgen (§ 67 SGG; vgl dazu nur die Nachweise bei Jung in Roos/Wahrendorf/Müller, SGG, BeckOGK, Stand 1.8.2022, § 67 RdNr 1 ff; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 67 RdNr 1 ff sowie allgemein Kummer, Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, 2003) und die Voraussetzungen der Wiederaufnahmeklage (§ 179 Abs 1 SGG iVm §§ 578 ff ZPO) sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt (vgl zB BSG Beschlüsse vom 5.6.2014 - B 5 R 11/14 BH - BeckRS 2014, 70564 RdNr 9, vom 23.4.2014 - B 14 AS 368/13 B - SozR 4-1500 § 179 Nr 1 RdNr 8 ff und vom 10.7.2012 - B 13 R 53/12 B - SozR 4-1500 § 158 Nr 6 RdNr 10 sowie grundlegend Urteil vom 10.9.1997 - 9 RV 2/96 - BSGE 81, 46 = SozR 3-1500 § 179 Nr 1 S 2 ff).
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Dass das LSG in Abweichung von den bereits vorhandenen höchstrichterlichen Rechtssätzen des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG seiner Entscheidung einen divergierenden abstrakten Rechtssatz tragend zugrunde gelegt haben könnte, ist nicht ersichtlich, so dass der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) ebenfalls nicht mit Erfolg geltend gemacht werden könnte.
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Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel erkennen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Ein Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Es ist nicht ersichtlich, dass nach Beiordnung eines Rechtsanwaltes dieser das Vorliegen eines zur Zulassung der Revision führenden Verfahrensmangels iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG mit Erfolg aufzeigen und ein solcher zur Zulassung der Revision führender Mangel vorliegen könnte. Aus der Gerichtsakte geht hervor, dass das LSG den Kläger unter dem 4.3.2022 zum beabsichtigten Vorgehen im vereinfachten Beschlussverfahren gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG angehört hat. Mit Blick auf die Stellungnahme des Klägers vom 21.3.2022 war keine erneute Anhörung erforderlich, weil sich dadurch die Prozesssituation nicht entscheidungserheblich geändert hatte. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung im Beschlusswege ermessensfehlerhaft gewesen sein könnte. Deshalb besteht auch keine Aussicht auf Erfolg, dass der Senat den angefochtenen Beschluss des LSG im Beschwerdeverfahren gemäß § 160a Abs 5 SGG aufheben und die Sache "zur Nachholung der mündlichen Verhandlung" an das LSG oder SG zurückverweisen könnte. Es ist auch nicht anzunehmen, dass das SG den Streitgegenstand verkannt und § 123 SGG verletzt haben könnte, als es den Wiedereinsetzungsantrag "sinngemäß" als Wiederaufnahmeklage auffasste. Mit der Ablehnung des Antrages auf Bewilligung von PKH entfällt auch die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
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2. Der Senat ist von vornherein nicht befugt, dem Kläger für das Verfahren der Urteilsergänzung (§ 140 SGG) vor dem SG oder LSG PKH zu gewähren und einen Rechtsanwalt beizuordnen. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 119 Abs 1 Satz 1 ZPO erfolgt die PKH-Bewilligung durch das in der Hauptsache angerufene Gericht (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs 1 Satz 2 ZPO) für jeden Rechtszug besonders. Daraus folgt, dass es eine Entscheidung über die Bewilligung von PKH nur für den zu ihm selbst eröffneten Rechtszug treffen kann, nicht aber für den vorinstanzlichen Rechtszug (BVerwG Beschlüsse vom 27.7.2012 - 2 AV 5/12 - juris RdNr 8 und vom 1.7.1991 - 5 B 26/91 - Buchholz 310 § 166 VwGO Nr 23). Das Urteilsergänzungsverfahren nach § 140 SGG ist indes noch Teil des Berufungsverfahrens, das dem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vorgelagert ist. Zudem scheidet eine Bewilligung von PKH nur für das Urteilsergänzungsverfahren aus (BVerwG Beschluss vom 27.7.2012 - 2 AV 5/12 - juris RdNr 8; Brandt in Gosch, AO/FGO, 169. Lfg, § 109 FGO RdNr 8; Harks in Roos/Wahrendorf/Müller, SGG, BeckOGK, § 140 RdNr 11; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 140 RdNr 3a; Schultzky in Zöller, ZPO, 34. Aufl 2022, § 119 RdNr 3.26).
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3. Soweit der Kläger eine "Vorlage beim EUGH Luxemburg zur weiteren Prüfung und Entscheidung" begehrt, verkennt er, dass ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen allenfalls nach zulässiger Einlegung der zugelassenen Revision durch das BSG als Revisionsgericht in Betracht kommen könnte, sofern die Voraussetzungen des Art 267 AEUV erfüllt wären. Eine gesonderte PKH-Erklärung und Anwaltsbeiordnung für das Vorlageverfahren schiede in diesem Fall aus.
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4. Die Anträge auf "Sicherstellung von Teilhabe und körperliche Unversehrtheit auch unter Beachtung der gerichtlichen Verfahrensdauer aller Zusammenhänge seit 2005" sowie auf "Fristverlängerung zur Begründung und Einreichung der Beschwerde" sind schon deshalb abzulehnen, weil sie nicht durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigen (§ 73 Abs 4 Satz 1 SGG) gestellt worden sind.
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Auf die vom Kläger gestellten Fragen ist im Rahmen dieses Verfahrens nicht weiter einzugehen.
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab.
Hüttmann-Stoll Karl Karmanski
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