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BSG 16.02.2022 - B 5 R 198/21 B
BSG 16.02.2022 - B 5 R 198/21 B - Sozialgerichtliches Verfahren - elektronischer Rechtsverkehr - sicherer Übermittlungsweg - Versendung eines elektronischen Dokumentes ohne qualifizierte elektronische Signatur aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach - keine Identität des tatsächlichen Versenders mit der die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernehmenden Person - eingescannte Unterschrift als einfache Signatur
Normen
§ 65a Abs 1 SGG, § 65a Abs 3 S 1 Alt 1 SGG, § 65a Abs 3 S 1 Alt 2 SGG, § 65d S 1 SGG, § 65d S 3 SGG, § 65d S 4 SGG, § 67 Abs 1 SGG, § 73 Abs 6 S 7 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 1 S 2 SGG, § 160a Abs 1 S 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 85 Abs 2 ZPO
Vorinstanz
vorgehend SG Berlin, 18. Februar 2020, Az: S 176 R 2122/16, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 2. Juni 2021, Az: L 2 R 290/20, Beschluss
nachgehend BSG, 14. April 2022, Az: B 5 R 4/22 C, Beschluss
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 2. Juni 2021 wird als unzulässig verworfen.
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Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Beschluss Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt S beizuordnen, wird abgelehnt.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
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I. Der 1958 geborene Kläger begehrt eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte lehnte seinen Antrag ab (Bescheid vom 23.6.2016 und Widerspruchsbescheid vom 8.8.2016), weil zum Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung im September 2015 die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (Drei-Fünftel-Belegung) nicht erfüllt gewesen seien. Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 18.2.2020 und Beschluss des LSG vom 2.6.2021).
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des LSG, der dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14.6.2021 zugestellt worden ist, richtet sich ein über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) übermitteltes Schreiben, das im elektronischen Briefkasten des BSG am 14.7.2021 um 18.35 Uhr eingegangen ist. Es trägt den Briefkopf des Rechtsanwalts S und endet mit der maschinengeschriebenen Angabe "S, Rechtsanwalt" sowie dem handschriftlichen Zusatz "für den verhinderten RA S" und zwei nicht entzifferbaren Namenskürzeln sowie dem Zusatz "RA". Das Anwaltspostfach wurde mit einem für Herrn H ausgestellten Absenderzertifikat benutzt. Der Kläger macht als Revisionszulassungsgrund die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG geltend. Zudem beantragt er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt S.
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II. 1. Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Sie ist innerhalb der Beschwerdefrist nicht in der vorgeschriebenen Form eingelegt worden. Wiedereinsetzungsgründe liegen nicht vor.
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a) Nach § 160a Abs 1 Satz 2 SGG ist die Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG innerhalb eines Monats nach Zustellung der LSG-Entscheidung einzulegen. Hier lief die Beschwerdefrist am Mittwoch, dem 14.7.2021 ab. Innerhalb dieser Frist ist eine formgerechte Beschwerdeschrift nicht eingegangen.
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Die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde bedarf - wie sich auch aus § 160a Abs 1 Satz 3 SGG ergibt - der Schriftform (BSG Beschluss vom 4.7.2018 - B 8 SO 44/18 B - juris RdNr 4; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 4). Nach § 65a Abs 1 SGG kann anstelle des schriftlich einzureichenden Antrags ein elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden. Ab dem 1.1.2022 sind insbesondere Rechtsanwälte und Behörden zur Übermittlung eines elektronischen Dokuments verpflichtet; die Einreichung als Schriftstück oder Telefax ist von da an nicht mehr wirksam (vgl § 65d Satz 1 SGG idF von Art 4 Nr 4 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013, BGBl I 3786, sowie BT-Drucks 17/12634 S 27 - zu Nr 4). Das elektronische Dokument muss von der verantwortenden Person entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) versehen sein (§ 65a Abs 3 Satz 1 Alt 1 SGG) oder von der verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (§ 65a Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGG). Im Falle der Übersendung auf einem sicheren Übermittlungsweg bedarf es grundsätzlich keiner qeS (BVerwG Beschluss vom 4.5.2020 - 1 B 16/20 ua - Buchholz 310 § 55a VwGO Nr 4 = juris RdNr 5). Keine dieser Alternativen ist hier erfüllt.
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aa) Der Schriftsatz vom 14.7.2021 genügt nicht der Formanforderung des § 65a Abs 3 Satz 1 Alt 1 SGG. Die als elektronisches Dokument übersandte Beschwerdeschrift war ausweislich des Transfervermerks nicht mit einer qeS versehen.
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bb) Die Formanforderungen des § 65a Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGG sind ebenfalls nicht erfüllt. Die Beschwerdeschrift wurde zwar über das beA übermittelt. Allerdings ist ein elektronisches Dokument, das aus einem beA versandt wird und nicht mit einer qeS versehen ist, nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden, wenn die das Dokument signierende und somit verantwortende Person mit der des tatsächlichen Versenders übereinstimmt (vgl BAG Beschluss vom 5.6.2020 - 10 AZN 53/20 - BAGE 171, 28 = juris RdNr 14; BAG Beschluss vom 14.9.2020 - 5 AZB 23/20 - NJW 2020, 3476 RdNr 20; BVerwG Beschluss vom 12.10.2021 - 8 C 4/21 - juris RdNr 4 ff; s hierzu auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 65a RdNr 9a; Müller in Ory/Weth, jurisPK-ERV Bd 3, § 65a SGG RdNr 173, 179 ff, Stand der Einzelkommentierung 3.2.2022). Hieran fehlt es.
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(1) Das elektronische Dokument vom 14.7.2021, das die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde enthält, ist am Ende mit der maschinengeschriebenen Angabe "S, Rechtsanwalt" versehen und damit einfach signiert (vgl BAG Beschluss vom 14.9.2020 - 5 AZB 23/20 - NJW 2020, 3476 RdNr 15 ff mwN; BVerwG Beschluss vom 12.10.2021 - 8 C 4/21 - juris RdNr 3; Müller in Ory/Weth, jurisPK-ERV Bd 3, § 65a SGG RdNr 168, 170, Stand der Einzelkommentierung 3.2.2022). Rechtsanwalt S hat das Dokument aber nicht über sein persönliches Anwaltspostfach selbst versendet.
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(2) Das elektronische Dokument vom 14.7.2021 weist keine weitere einfache Signatur auf. Nach der Signatur "S, Rechtsanwalt" findet sich allerdings der handschriftliche Zusatz "für den verhinderten RA S", gefolgt von nicht lesbaren Handzeichen sowie der Abkürzung "RA". Zwar kann grundsätzlich auch eine eingescannte Unterschrift als einfache Signatur anzusehen sein (vgl BAG Beschluss vom 14.9.2020 - 5 AZB 23/20 - NJW 2020, 3476 RdNr 15; Müller in Ory/Weth, jurisPK-ERV Bd 3, § 65a SGG RdNr 170, Stand der Einzelkommentierung 3.2.2022). Das gilt aber nicht, wenn die Unterschrift nicht entzifferbar ist und damit von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme keiner bestimmten Person zugeordnet werden kann. Die einfache Signatur soll gerade sicherstellen, dass die von dem Übermittlungsweg beA (maschinenschriftlich und damit regelmäßig allgemein lesbar) ausgewiesene Person mit der Person identisch ist, welche mit der wiedergegebenen Unterschrift die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernimmt (vgl BAG Beschluss vom 14.9.2020 - aaO RdNr 16). Ist die Unterschrift nicht lesbar, kann sie diese Funktion nicht erfüllen. Empfängern eines solchen Dokuments verbleibt dann nur, zu raten, zu vermuten oder zu glauben.
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(3) Selbst wenn die genannten handschriftlichen Kürzel im Rechtsverkehr ohne Weiteres als einfache Signatur des Rechtsanwalts H erkannt werden könnten, mangelt es jedenfalls daran, dass die als Nutzer des sicheren Übermittlungswegs beA ausgewiesene Person mit der Person identisch sein muss, die die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernimmt. Die einfache Signatur soll - ebenso wie die eigenhändige Unterschrift oder die qualifizierte elektronische Signatur - die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (vgl BAG Beschluss vom 14.9.2020 - 5 AZB 23/20 - aaO RdNr 19). Das war hier gerade nicht der Fall. Rechtsanwalt S hat auf gerichtliche Nachfrage in seinem Schreiben vom 20.7.2021 ausdrücklich erklärt, dass er die den Schriftsatz vom 14.7.2021 verantwortende Person sei, während Rechtsanwalt H nach Auftreten technischer Probleme den Schriftsatz lediglich unterzeichnet und über seinen beA-Zugang übermittelt habe.
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Soweit in der Folgezeit vorgebracht wurde, Rechtsanwalt S habe Rechtsanwalt H eine Untervollmacht erteilt, ist nicht erkennbar, dass Rechtsanwalt H mit seiner Unterschrift auch für den Inhalt des von ihm übermittelten Schriftsatzes verantwortlich zeichnen wollte. Nach dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten hatte dieser sich lediglich bereit erklärt, "die Beschwerdeschrift in Untervollmacht für mich von seinem beA-Postausgang an das Bundessozialgericht zu versenden", nachdem das beA-Postfach des Bevollmächtigten am Abend des 14.7.2021 nicht mehr aktiviert werden konnte. Rechtsanwalt H hat unter dem 10.9.2021 anwaltlich versichert, er sei von einer Kanzleimitarbeiterin des Rechtsanwalts S gebeten worden, die "Einreichung des gefertigten Nichtzulassungsbeschwerde-Schriftsatzes (…) über meinen beA-Anschluss vorzunehmen". Er habe sich hierzu bereit erklärt, doch sei ihm die Verwendung seiner eigenen Signatur hierfür nicht opportun erschienen, zumal eine inhaltliche Befassung mit dem Verfahren durch ihn nicht erfolgt sei. Mit seiner Unterschrift habe er lediglich die Verantwortung dafür übernommen, dass der von ihm übermittelte Text mit der vom Vollmachtgeber legitimierten Textfassung übereinstimme. Daraus wird nicht ersichtlich, dass Rechtsanwalt H mit der oben dargestellten Zeichnung des Schriftsatzes auch eine inhaltliche Verantwortung übernehmen wollte (zu den Anforderungen bei Übersendung eines elektronischen Dokuments durch einen Rechtsanwaltskollegen s auch Müller in Ory/Weth, jurisPK-ERV Bd 3, § 65a SGG RdNr 180, Stand der Einzelkommentierung 3.2.2022).
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2. Dem Kläger ist auch keine Wiedereinsetzung zu gewähren. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt nach § 67 Abs 1 SGG voraus, dass jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Durchgreifende Gründe, die den Kläger daran gehindert haben könnten, die Beschwerde rechtzeitig formgerecht einzulegen, hat der Prozessbevollmächtigte nicht vorgetragen. Der Kläger muss sich insoweit ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (vgl § 73 Abs 6 Satz 7 SGG iVm § 85 Abs 2 ZPO; s dazu BSG Beschluss vom 6.10.2016 - B 5 R 45/16 B - juris RdNr 14 mwN). Um eine wirksame Übermittlung des Schriftsatzes vom 14.7.2021 über das beA des Rechtsanwalts H sicherzustellen, hätte der Prozessbevollmächtigte das von ihm verantwortete elektronische Dokument mit einer qeS versehen müssen. Alternativ dazu hätte ihm im Juli 2021 für eine fristgerechte Übermittlung an das BSG auch noch das in seiner Kanzlei vorhandene Telefax zur Verfügung gestanden (zur Ersatzeinreichung auf herkömmlichem Weg bei technischen Störungen des beA vgl § 65d Satz 3 und 4 SGG). Die seinem Schriftsatz vom 4.8.2021 offenbar zugrunde liegende Annahme, eine Beschwerde zum BSG habe damals schon "nur per beA" eingelegt werden können, war unzutreffend. Die Nutzungspflicht nach § 65d SGG ist erst zum 1.1.2022 in Kraft getreten. Ein etwaiger Rechtsirrtum des Rechtsanwalts hierüber ist nicht unverschuldet (BSG Beschluss vom 18.11.2020 - B 1 KR 1/20 B - SozR 4-1500 § 65a Nr 6 RdNr 17 unter Bezugnahme auf BAG Beschluss vom 5.6.2020 - 10 AZN 53/20 - BAGE 171, 28 = NZA 2020, 965 RdNr 37 mwN), zumal auch die Rechtsmittelbelehrung des LSG-Beschlusses keine Angaben enthielt, die auf eine bereits damals schon bestehende Verpflichtung zur Nutzung des beA hätten schließen lassen können.
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3. Darüber hinaus ist die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers auch unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Der Kläger hat eine grundsätzliche Bedeutung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargelegt.
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Eine Rechtssache hat nur dann iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage zu revisiblem Recht (§ 162 SGG) aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Zur ordnungsgemäßen Bezeichnung des Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung muss der Beschwerdeführer daher eine Rechtsfrage benennen und zudem deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr, zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN). In der Beschwerdebegründung muss unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG bzw des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgebracht werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile und Beschlüsse die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (stRspr, vgl etwa BSG Beschluss vom 6.4.2021 - B 5 RE 16/20 B - juris RdNr 6 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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Der Kläger benennt folgende Frage:
"Ist es bei der für die Beurteilung, ob eine Leistungsminderung auf nicht absehbare Zeit gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 SGB VI vorliegt, nach der Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 23. März 1977, - 4 RJ 49/76 -; LSG Hessen, Urteil vom 22. Februar 2013 - L 5 R 211/12 - und vom 5. September 2018 - L 6 R 342/17 -) vorzunehmenden rückschauenden, d.h. retrospektiven Betrachtungsweise zum Zeitpunkt der Entscheidung des Versicherungsträgers über den Rentenantrag bzw. zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung von Bedeutung, welche Ursachen (Krankheiten) der Leistungsminderung zugrunde liegen und begründet nur die Krankheit, die eine Leistungsminderung von über 6 Kalendermonaten zur Folge hat, den Versicherungsfall der Erwerbsminderung oder kommt es für den Eintritt des Versicherungsfalls der Erwerbsminderung allein darauf an, dass nur eine Leistungsminderung von über 6 Kalendermonaten, unabhängig von der Krankheit, die die Leistungsminderung bewirkt hat, vorgelegen hat?"
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Es kann offenbleiben, ob die Beschwerdebegründung damit eine aus sich heraus verständliche abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht enthält. Vor dem Hintergrund der Sachverhaltsschilderung versteht der Senat die Frage dahin, dass der Kläger danach fragt, ob der Zeitraum der Leistungsminderung jeweils nach der Ursächlichkeit einer spezifischen Krankheit zu bemessen ist oder ob sich eine Leistungsminderung von mehr als sechs Monaten auch aufgrund mehrerer Erkrankungen ergeben kann. Der Kläger legt weder die Klärungsbedürftigkeit noch die Klärungsfähigkeit dieser Frage hinreichend dar.
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Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort nicht außer Zweifel steht, sich zB nicht unmittelbar und ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder nicht bereits höchstrichterlich entschieden ist (stRspr, vgl aus jüngerer Zeit zB BSG Beschluss vom 9.9.2021 - B 5 R 149/21 B - juris RdNr 9 mwN). In der Beschwerdebegründung muss deshalb unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG bzw des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgebracht werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung getroffen wurde oder durch die schon vorliegenden Urteile und Beschlüsse die nunmehr maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (vgl zB BSG Beschluss vom 6.4.2021 - B 5 RE 16/20 B - juris RdNr 6 mwN). Den sich daraus ergebenden Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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Der Kläger nennt zwar die maßgebliche, auch vom LSG herangezogene Entscheidung des BSG vom 23.3.1977 (4 RJ 49/76 - SozR 2200 § 1247 Nr 16). Eine nähere inhaltliche Auseinandersetzung hiermit findet indes nicht statt. So geht die Beschwerdeschrift nicht auf die dortigen Ausführungen ein, wonach rückschauend bei einer Leistungsunfähigkeit von tatsächlich länger als 26 Wochen der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit sofort bei Beginn der Leistungsunfähigkeit eintritt, gleichgültig, ob zunächst Aussicht auf Behebung der Leistungsunfähigkeit bestanden hat oder noch besteht. Der Auffassung der damaligen Vorinstanz, dass es auf die Vorausschau über den mutmaßlichen Heilungsverlauf ankomme, hat das BSG ausdrücklich eine Absage erteilt. Hierzu verhält sich die Beschwerdebegründung genauso wenig wie dazu, welche Bedeutung Kausalitätsfragen generell im Recht der Renten wegen Erwerbsminderung haben.
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Zudem fehlen ausreichende Darlegungen zur Klärungsfähigkeit. Der Kläger trägt vor, in dem vom BSG entschiedenen Fall habe die Leistungsminderung "auf nicht absehbare Zeit" auf ein und derselben Krankheit beruht, während in seinem Fall die Krebserkrankung in Remission gewesen und erst aufgrund von Komplikationen nach einer Operation am 8.12.2015 eine volle Erwerbsminderung eingetreten sei. Er lässt dabei außer Acht, dass die Operation nach Auffassung des LSG Folge der Krebserkrankung des Klägers war und das LSG daher die gleiche Konstellation angenommen hat, wie sie dem Urteil des BSG vom 23.3.1977 zugrunde lag. Dass er selbst dies anders beurteilt, kann für die Klärungsfähigkeit nicht berücksichtigt werden. Die Beweiswürdigung des LSG ist durch § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG der Überprüfung im Verfahren über die Zulassung der Revision entzogen. Im Übrigen hat der Kläger auch nicht aufgezeigt, inwiefern nach den Feststellungen des LSG für ihn im Zeitraum von September bis zum 8.12.2015 zwei weitere Monate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zu berücksichtigen sind, sodass er bei Eintritt der Erwerbsminderung erst zum letztgenannten Zeitpunkt die Drei-Fünftel-Belegung erfüllt hätte.
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Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
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4. Der Antrag auf Bewilligung von PKH unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten ist abzulehnen. Das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde bietet - wie ausgeführt - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1, § 121 Abs 1 ZPO). Zudem hat der Kläger trotz eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises (Schreiben vom 28.7.2021) bis heute keine Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vorgelegt ( § 73a Abs 1 SGG iVm § 117 Abs 2 und 4 ZPO ).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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