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BSG 19.10.2021 - B 12 R 1/21 R
BSG 19.10.2021 - B 12 R 1/21 R - Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - "funktionsgerecht dienend" eingegliederte Vertretungsärztin eines niedergelassenen Arztes in einer Gemeinschaftspraxis - abhängige Beschäftigung - selbstständige Tätigkeit
Normen
Vorinstanz
vorgehend SG Frankfurt, 2. November 2020, Az: S 20 R 97/16, Urteil
Leitsatz
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Eine Ärztin, die für die Dauer ihrer Vertretungstätigkeit in eine Gemeinschaftspraxis "funktionsgerecht dienend" eingegliedert ist, ohne die Stellung einer Praxisinhaberin einzunehmen, unterliegt der Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 2. November 2020 aufgehoben.
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Die Klagen werden abgewiesen.
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Die Beteiligten haben einander in allen Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
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Streitig ist, ob die Klägerin zu 2. in ihrer Vertretungstätigkeit als Ärztin bei der Klägerin zu 1. an einzelnen Tagen in der Zeit von Januar 2013 bis Dezember 2014 aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
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Die Klägerin zu 1. ist eine gastroenterologische Gemeinschaftspraxis mit mehreren Ärzten als Gesellschafter. Die Klägerin zu 2. ist als Oberärztin in einem Krankenhaus angestellt. Im Fall der Abwesenheit eines Gesellschafters wegen Urlaubs oder Krankheit übernahm die Klägerin zu 2. aufgrund (kurzfristiger) Absprache die jeweilige Vertretung in den Räumen der Gemeinschaftspraxis. Sie führte mit den dort befindlichen Geräten insbesondere endoskopische Untersuchungen durch, schrieb Befundberichte und gab Therapieempfehlungen. Die Patienten wurden durch die Klägerin zu 1. bestimmt. Bei den Untersuchungen wurde die Klägerin zu 2. von medizinischen Angestellten der Gemeinschaftspraxis unterstützt, gegenüber denen sie weisungsbefugt war. Sie selbst unterlag hinsichtlich ihrer ärztlichen Berufsausübung keinen Weisungen. Die Gemeinschaftspraxis stellte ihr alle Arbeitsmittel einschließlich besonderer Schutzkleidung für die Endoskopie kostenfrei zur Verfügung; darüber hinaus verwendete die Klägerin zu 2. eigene Arbeitskleidung. Sie erhielt eine Vergütung in Höhe von 80 Euro je Einsatzstunde und rechnete diese gegenüber der Gemeinschaftspraxis ab.
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Im März 2015 stellten die Klägerinnen bei der Beklagten jeweils einen Antrag auf Statusfeststellung. Nach Anhörung stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit der Klägerin zu 2. als Vertretungsärztin bei der Klägerin zu 1. vom 25.1. bis 19.8.2013, am 22.10.2013, vom 6.1.2014 bis 1.8.2014 und vom 28.11. bis 5.12.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und ab 25.1.2013 Versicherungspflicht in der GRV sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe (Bescheide vom 28.9.2015; Widerspruchsbescheide vom 8.2.2016).
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Das SG Frankfurt am Main hat die Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit der Klägerin zu 2. für die Klägerin zu 1. nicht als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt werde. Da der Tätigkeit kein schriftlicher Vertrag zugrunde gelegen habe, sei die Bewertung anhand der gelebten rechtlichen Beziehung vorzunehmen. Die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Indizien würden dabei überwiegen. Bei ihren Untersuchungen habe die Klägerin zu 2. keinen Weisungen, sondern lediglich facharztspezifischen Standards bei der Diagnostik unterlegen. Sie sei in ihrer Zeiteinteilung frei gewesen. Es habe ihr frei gestanden, für weitere Auftraggeber tätig zu werden. Sie habe keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Krankheit oder Unfall oder auf bezahlten Urlaub gehabt. Zudem habe sie ein wirtschaftliches Risiko getragen, weil sie über eine eigene Berufshaftpflichtversicherung verfüge (Urteil vom 2.11.2020).
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Mit ihrer Sprungrevision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Auch wenn die Klägerin zu 2. in ihrer fachlichen Tätigkeit keinen Weisungen unterlegen habe, habe sie dennoch funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess teilgenommen. Sie habe Räumlichkeiten, Geräte und Personal der Gemeinschaftspraxis genutzt. Welche Patienten zu befunden gewesen seien, sei von der Gemeinschaftspraxis vorgegeben worden. Bei der Ausübung der Tätigkeit sei die Klägerin zu 2. auf die Assistenz des medizinischen Personals der Gemeinschaftspraxis angewiesen gewesen. Über eigene Betriebsmittel habe die Klägerin zu 2. nicht verfügt. Da sie einen festen Lohn für geleistete Stunden erhalten und keinen Lohnausfall zu befürchten gehabt habe, habe sie trotz der abgeschlossenen eigenen Berufshaftpflichtversicherung kein nennenswertes Unternehmerrisiko getragen. Aus der Vertretung eines der Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis folge keine Selbstständigkeit; dafür hätte sie als Arztvertreter die Stelle des Praxisinhabers einnehmen und zeitweilig dessen Arbeitgeberfunktion wahrnehmen müssen. Praxisinhaber sei hier aber die Gemeinschaftspraxis, die eine Berufsausübungsgemeinschaft darstelle, sodass deren Betrieb von den weiteren Gesellschaftern fortgeführt werde und gerade nicht von der Klägerin zu 2. Diese sei vielmehr weisungsgebunden in die fremde Praxisorganisation eingebunden gewesen und unterscheide sich insofern in keiner Weise von in niedergelassenen Praxen "regulär" angestellten Ärzten oder Honorarärzten im Krankenhaus.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 2. November 2020 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
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Die Klägerinnen beantragen,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Klägerin zu 2. sei nach § 32 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) tätig geworden und danach an die Stelle einer selbstständig tätigen Person getreten. Die Vertretung eines Vertragsarztes nach dieser Bestimmung sei eine selbstständige Tätigkeit, da andernfalls nach § 95 Abs 9 SGB V die Genehmigung des Zulassungsausschusses erforderlich gewesen wäre.
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Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Sprungrevision (§ 161 Abs 1 SGG) der Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Das SG hat zu Unrecht der Klage stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 28.9.2015 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 8.2.2016 (§ 95 SGG) sind rechtmäßig und verletzen die Klägerinnen nicht in ihren Rechten. Das Urteil war nicht bereits wegen einer unzulässigen Elementenfeststellung aufzuheben (dazu 1.). Nach den für die Statusbeurteilung geltenden Maßstäben (dazu 2.) war die Klägerin zu 2. in ihren einzelnen Einsätzen als Ärztin bei der Klägerin zu 1. ab 25.1.2013 bis Dezember 2014 beschäftigt und deshalb in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig (dazu 3).
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1. § 7a SGB IV ermächtigt nicht zur bloßen Elementenfeststellung einer abhängigen Beschäftigung, sondern verpflichtet nach ständiger Rechtsprechung zur Feststellung der Versicherungspflicht. Auch im gerichtlichen Verfahren ist nach derzeitiger Rechtslage eine isolierte Feststellung von Beschäftigung nach § 55 Abs 1 SGG nicht möglich (vgl BSG Urteil vom 26.2.2019 - B 12 R 8/18 R - juris RdNr 21 ff mwN). Hier hat das SG tenoriert, dass die Tätigkeit nicht als "sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt" werde. Durch den Bezug auf die Sozialversicherungspflicht ist noch ausreichend deutlich, dass nicht isoliert das (Nicht-)Vorliegen von abhängiger Beschäftigung, sondern die damit zusammenhängende Sozialversicherungspflicht festgestellt wurde.
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2. Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der GRV sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III).
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a) Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden.
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b) Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen (stRspr; vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 12/18 R - juris RdNr 17 f mwN). Diese wertende Zuordnung kann nicht mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem sie zB vereinbaren, eine selbstständige Tätigkeit zu wollen. Denn der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person - als selbstständig oder beschäftigt - allein die Vertragsschließenden entscheiden. Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an (vgl BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, RdNr 24; BSG Urteil vom 29.1.1981 - 12 RK 63/79 - BSGE 51, 164 = SozR 2400 § 2 Nr 16 = juris RdNr 24).
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c) Bei Vertragsgestaltungen, in denen - wie hier - die Übernahme einzelner Dienste individuell vereinbart wird und insbesondere kein Dauerschuldverhältnis mit Leistungen auf Abruf vorliegt, ist für die Frage der Versicherungspflicht allein auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen. Außerhalb der Einzeleinsätze liegt schon deshalb keine die Versicherungspflicht begründende "entgeltliche" Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 SGB IV vor, weil keine latente Verpflichtung der Klägerin zu 2. bestand, Tätigkeiten für die Klägerin zu 1. auszuüben, und diese umgekehrt auch kein Entgelt zu leisten hatte (vgl BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, RdNr 21 mwN; BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 19 mwN).
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3. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe überwiegen die Indizien für das Vorliegen einer Beschäftigung, sodass die Klägerin zu 2. in der streitigen Tätigkeit in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig war.
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a) Bei der Würdigung der Vertragsbeziehungen zwischen den Klägerinnen und deren Umsetzung in der Praxis hat das SG im Ausgangspunkt zutreffend festgestellt, dass mangels einer schriftlichen Vereinbarung die Bewertung anhand der mündlichen Abreden und der konkludenten Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis vorzunehmen ist (vgl BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, RdNr 18).
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b) Dabei ist auf die jeweiligen Einzeleinsätze abzustellen. Die Klägerin zu 2. hatte keine Verpflichtung zur Übernahme einer bestimmten Anzahl von Vertretungen, sie konnte vielmehr über jede Anfrage frei und eigenständig entscheiden. Erst durch die jeweilige Zusage entstand die rechtliche Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaftspraxis, die Vertretung zu leisten.
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Diese Bewertung kommt auch zutreffend in dem angefochtenen Bescheid der Beklagten zum Ausdruck. Grundsätzlich hält der Senat eine Feststellung im Statusfeststellungsverfahren schon dann für hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 SGB X), wenn sie ausreichend erkennen lässt, dass sie sich auf die Durchführung von Einzelaufträgen zwischen den Beteiligten - beginnend mit dem ersten Tätigwerden - unter gleichbleibenden Bedingungen bezieht und kein Dauerschuldverhältnis vorliegt (vgl BSG Urteil vom 19.10.2021 - B 12 KR 29/19 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dem Bestimmtheitsgrundsatz genügt die Beklagte hier jedenfalls durch die Angabe einzelner Zeiträume, in denen die Einzelaufträge durchgeführt worden sind. Daraus und aus dem Hinweis in der Begründung auf die stundenweise Vertretung wird deutlich, dass sie nicht von einem Dauerschuldverhältnis ausgegangen ist. Unschädlich ist, dass die Zeitabschnitte ggf monatsübergreifend zusammengefasst wurden, auch wenn die Tätigkeit nur an einzelnen Tagen in einem Monat erfolgt ist.
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c) Die Klägerin zu 2. unterlag zumindest einem rudimentären Weisungsrecht der Klägerin zu 1. und war in einer ihre Tätigkeit prägenden Weise in deren Betriebsablauf eingegliedert. Die in § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV genannten Anhaltspunkte der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen.
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Die ärztliche Tätigkeit der Klägerin zu 2. in der Gemeinschaftspraxis weist Gemeinsamkeiten mit derjenigen von sog Honorarärzten im Krankenhaus auf. So agieren Ärzte bei medizinischen Heilbehandlungen und Therapien in der Regel frei und eigenverantwortlich. Aus der fachlichen Unabhängigkeit, die grundsätzlich allen sog freien Berufen eigentümlich ist, kann aber nicht ohne Weiteres auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden (vgl BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, RdNr 25; BSG Urteil vom 7.7.2020 - B 12 R 17/18 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 49 RdNr 36). Insbesondere bei Hochqualifizierten oder Spezialisten (sog Diensten höherer Art) kann das Weisungsrecht aufs Stärkste eingeschränkt sein. Dennoch kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinert sich in solchen Fällen "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" (BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, RdNr 29 mwN). Dies zeigt sich etwa bei der Einordnung von Chefärzten, die nach ganz herrschender Meinung als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind (BAG Urteil vom 27.7.1961 - 2 AZR 255/60 - BAGE 11, 225; BSG Urteil vom 29.9.1965 - 2 RU 169/63 - BSGE 24, 29 = SozR Nr 1 zu § 539 RVO; BGH Beschluss vom 26.2.1998 - III ZB 25/97 - NJW 1998, 2745). Ausschlaggebend sind die Umstände des Einzelfalls.
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Ein Weisungsrecht der Gemeinschaftspraxis bestand zumindest hinsichtlich ihrer Räumlichkeiten und Geräte. Die Klägerin zu 1. bestimmte insbesondere auch die zu Untersuchenden. An diese Feststellung des SG ist der Senat gebunden (§ 163 SGG).
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Die Klägerin zu 2. war in die Arbeitsabläufe der Gemeinschaftspraxis in "funktionsgerecht dienender Teilhabe" eingegliedert. Sie arbeitete arbeitsteilig mit dem Praxispersonal zusammen, war auf dessen Hilfestellung zwingend angewiesen und konnte diesem insoweit fachliche Weisungen erteilen. Darüber hinaus nutzte die Klägerin zu 2. die Einrichtungen und Betriebsmittel der Gemeinschaftspraxis kostenfrei. Ihre Vergütung erhielt sie direkt von der Klägerin zu 1. Eine Abrechnung gegenüber den behandelten Patienten oder deren Kostenträgern nahm nicht sie, sondern nur die Gemeinschaftspraxis vor.
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d) Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass die Klägerin zu 2. ausschließlich in einer Vertretungssituation tätig wurde. Der 3. Senat des BSG hat eine Eingliederung des Arztvertreters in den fremden "Arztbetrieb" abgelehnt, wenn der Arztvertreter für die Dauer seiner Tätigkeit die Stelle des Praxisinhabers einnimmt und zeitweilig selbst dessen Arbeitgeberfunktionen erfüllt, soweit in der Arztpraxis Arbeitnehmer tätig sind. Dieser Umstand schließt es aus, ihn zugleich als in den Betrieb des Praxisinhabers "eingegliedert" anzusehen (vgl BSG Urteil vom 27.5.1959 - 3 RK 18/55 - BSGE 10, 41, 46 = juris RdNr 15). Das ist hier aber nicht der Fall.
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Arbeit- bzw Auftraggeberin ist hier eine Gemeinschaftspraxis. Eine solche zeichnet sich dadurch aus, dass mehrere Ärzte der gleichen oder ähnlicher Fachrichtung in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer Praxiseinrichtung, gemeinsamer Karteiführung und Abrechnung sowie mit gemeinsamem Personal auf gemeinsame Rechnung die ärztliche Tätigkeit gemeinsam ausüben (BSG Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 31/10 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 8 RdNr 20 mwN). Dies geschieht in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nach §§ 705 ff BGB (BGH Urteil vom 8.11.2005 - VI ZR 319/04 - BGHZ 165, 36, 39 f; BGH Urteil vom 25.3.1986 - VI ZR 90/85 - BGHZ 97, 273, 276 f = juris RdNr 12; BSG Urteil vom 22.4.1983 - 6 RKa 7/81 - BSGE 55, 97, 102 = SozR 5520 § 33 Nr 1 S 5 = juris RdNr 22) oder im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft (§§ 1 ff Partnerschaftsgesellschaftsgesetz <PartGG>), auf die grundsätzlich auch die Vorschriften über die Gesellschaft Anwendung finden (§ 1 Abs 4 PartGG). Die von der Klägerin erbrachte Tätigkeit beschränkte sich auf den ärztlichen Einsatz im Fall der kurzfristigen Abwesenheit eines Gesellschafters wegen Krankheit oder Urlaub. Damit wird nicht der Vertretungsfall für die Praxis als Gesamtheit umschrieben, denn dieser tritt nicht ein, solange auch nur ein Arzt der Gemeinschaftspraxis weiterhin tätig ist (vgl BSG Urteil vom 19.8.1992 - 6 RKa 35/90 - juris RdNr 12; BSG Urteil vom 20.10.2004 - B 6 KA 15/04 R - SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 21). Der Betrieb der Gemeinschaftspraxis kann durch die verbleibenden Partner fortgeführt und gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet werden. Da die Klägerin zu 2. durch ihre kurzfristige Übernahme ärztlicher Leistungen nicht in die Rechtsstellung einer Gesellschafterin der GbR eingetreten ist, hat sie mithin auch nicht die Arbeitgeberfunktion in der Gemeinschaftspraxis übernommen. Ihre Position unterschied sich insoweit nicht wesentlich von der eines sog Honorararztes, der vertretungsweise in einem Krankenhaus tätig wird und insoweit ebenfalls abhängig beschäftigt ist (vgl BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 12/18 R - juris; BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 5/19 R - juris).
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Es kann dahinstehen, ob und ggf unter welchen Voraussetzungen in einer Gemeinschaftspraxis überhaupt ein Vertretungsfall iS des § 32 Ärzte-ZV eintreten kann oder ob bei der Inanspruchnahme Dritter nur eine Anstellung mit Genehmigung des Zulassungsausschusses (§ 95 Abs 9 SGB V) in Betracht kommt. Denn für die Statusfeststellung kommt es nicht darauf an, ob den berufszulassungsrechtlichen Anforderungen Genüge getan wird. Wie der Senat zuletzt zu so genannten freien Berufen entschieden hat, werden die Abgrenzungsmaßstäbe des § 7 Abs 1 SGB IV nicht berufsrechtlich überlagert (vgl BSG Urteil vom 7.7.2020 - B 12 R 17/18 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 49 RdNr 35). Weder richtet sich die Statusfeststellung allein an der fachlichen (Weisungs-)Unabhängigkeit des (Vertretungs-)Arztes aus, noch hat sie den Zweck, Regelungen des Vertragsarztrechts sicherzustellen.
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e) Das SG hat keine für Selbstständigkeit sprechende Anhaltspunkte festgestellt, die ein derartiges Gewicht hätten, dass sie die Eingliederung der Klägerin zu 2. hätten auf- oder überwiegen können. Insbesondere fehlt es an einem nennenswerten Unternehmerrisiko. Für die Klägerin zu 2. bestand nicht die Chance, durch unternehmerisches Geschick ihre Arbeit so effizient zu gestalten, dass sie das Verhältnis von Aufwand und Ertrag zu ihren Gunsten entscheidend hätte beeinflussen können. Vielmehr erhielt sie für ihre Arbeit ein fest definiertes Honorar. Da es auch lediglich auf eine Betrachtung der konkreten Vertretungstätigkeit ankommt, ist das einzig in Betracht kommende Risiko der Klägerin zu 2., von der Gemeinschaftspraxis keine weiteren Folgeaufträge zu bekommen, für die Frage ihres Status in der konkreten Tätigkeit irrelevant. Denn aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Einsätze (vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 36 mwN).
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Auch die angeführte Berufshaftpflichtversicherung der Klägerin zu 2. begründet kein ins Gewicht fallendes Verlustrisiko. Insoweit kann dahinstehen, dass das SG keine Feststellungen darüber getroffen hat, in welcher Höhe der Klägerin zu 2. konkrete Kosten entstanden sind und inwieweit sich diese gerade auf die ausgeübte Tätigkeit als "Vertretungsärztin" (und nicht lediglich auf den allgemein ausgeübten Beruf als Ärztin) bezogen haben. Denn es handelt sich bei der Versicherung ohnehin nur um einen Aspekt, der für sich genommen die Tätigkeit nicht entscheidend prägt (vgl BSG Urteil vom 7.6.2019 - B 12 R 6/18 R - BSGE 128, 205 = SozR 4-2400 § 7 Nr 44, RdNr 31). Außer eigener Arbeitskleidung setzte die Klägerin zu 2. zudem keine eigenen Arbeitsmittel ein, wobei gerade bei den endoskopischen Untersuchungen spezielle Schutzkleidung wiederum von der Gemeinschaftspraxis kostenfrei gestellt wurde.
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Der vereinbarte Ausschluss von Lohnfortzahlung und Urlaub ändert an der Einordnung als Beschäftigung nichts. Denn eine solche Regelung setzt das Fehlen des Status als Beschäftigter bereits voraus (stRspr; vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 27 mwN). Auf die Höhe der Vergütung kommt es nur dann an, wenn die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen. Im Übrigen steht den Beteiligten nicht die Dispositionsfreiheit zu, sich von der Sozialversicherungspflicht "freizukaufen" (BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 12/18 R - juris RdNr 34).
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil es der Klägerin zu 2. freigestanden hat, für weitere Auftraggeber tätig zu sein. Eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber erhält erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit Gewicht, wie zB einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen (BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 28). Solche Umstände von relevantem Umfang hat das SG nicht festgestellt. Zwar hat der Senat entschieden, dass eine Tätigkeit für andere Auftraggeber ein Indiz für eine ganz erhebliche Dispositionsfreiheit in Bezug auf die zu beurteilende Tätigkeit sein kann, wenn sie in relevantem Umfang oder sogar schwerpunktmäßig stattfindet, weil sie dann die zeitliche Verfügbarkeit des Auftragnehmers erheblich einschränkt (BSG Urteil vom 4.9.2018 - B 12 KR 11/17 R - BSGE 126, 235 = SozR 4-2400 § 7a Nr 10, RdNr 23). Das gilt aber nicht, wenn - wie hier - die Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers schon insoweit berücksichtigt wird, als für die Beurteilung auf den jeweiligen Einzelauftrag (vgl oben b) abgestellt wird.
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f) Hinweise auf Umstände, die zu einem Ausschluss der Versicherungspflicht in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung führen könnten, sind weder erkennbar noch geltend gemacht.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kostenprivilegierung der Klägerin zu 2. (§ 183 SGG) erstreckt sich auf die grundsätzlich nicht privilegierte Klägerin zu 1. (vgl BSG Beschluss vom 29.5.2006 - B 2 U 391/05 B - SozR 4-1500 § 193 Nr 3 RdNr 17).
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