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BSG 10.09.2020 - B 3 P 3/19 R
BSG 10.09.2020 - B 3 P 3/19 R - (Soziale Pflegeversicherung - Wohngruppenzuschlag - "ambulante" Versorgungsform iSd § 38a Abs 1 S 1 SGB 11 - Beauftragung mehrerer natürlicher wie auch juristischer Personen in Kombination oder in einem gestuften Verhältnis)
Normen
§ 38a Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 11 vom 11.12.2018, § 38a Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 11 vom 21.12.2015, § 38a Abs 1 Nr 3 SGB 11 vom 17.12.2014, § 38a Abs 1 Nr 3 SGB 11 vom 23.10.2012, § 38a Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 11 vom 21.12.2015, § 38a Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 11 vom 21.12.2015, § 38a Abs 2 Nr 4 SGB 11, § 2 SGB 11
Vorinstanz
vorgehend SG Trier, 15. Oktober 2018, Az: S 2 P 55/18, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, 17. Juli 2019, Az: L 5 P 38/18, Urteil
Leitsatz
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1. Eine "ambulante" Versorgungsform im Sinne der Regelungen über den Wohngruppenzuschlag für Pflegebedürftige liegt vor, wenn dem Leistungserbringer nicht die vollständige Verantwortung für die Pflege- und Betreuungsleistungen ohne freie Wahlmöglichkeit der Pflegebedürftigen übertragen wird, sondern die Übernahme von weiteren Aufgaben durch Dritte möglich bleibt.
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2. Dem Anspruch steht die Beauftragung mehrerer natürlicher wie auch juristischer Personen in Kombination oder in einem gestuften Verhältnis nicht generell entgegen.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Juli 2019 aufgehoben.
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Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Wohngruppenzuschlags nach § 38a SGB XI.
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Die 1930 geborene, bei der beklagten Pflegekasse versicherte Klägerin bezieht Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit. In der Zeit vom 26.1.2018 bis 30.4.2018 lebte sie in einer Wohngruppe ("K WG") in K. Seit 1.5.2018 lebt sie - wie erst später im Klageverfahren mitgeteilt - in einer Wohngruppe in B ("B-WG"). Die Klägerin schloss jeweils einen Mietvertrag für eine Unterkunft in der Wohngruppe, ferner einen gesonderten Pflegevertrag und zudem einen "Mieterversorgungsvertrag" mit dem Verein W eV. Mitglieder beider Wohngemeinschaften beauftragten diesen Verein als "Koordinator" zur Sicherstellung der allgemeinen, organisatorischen, verwaltenden oder betreuenden und das Gemeinschaftsleben fördernden Tätigkeiten. Während zunächst ein Vertragsschluss der Klägerin mit dem Verein erfolgte, sah der im September 2018 geschlossene Koordinationsvertrag - auf der Basis eines Ergebnisprotokolls der konstituierenden Mitgliederversammlung der Wohngemeinschaft - eine gemeinsame Beauftragung des Vereins durch die B-WG vor. Nach dem Inhalt des Vertrags beauftragt der Verein wiederum die bei ihm angestellte Leiterin der Wohngruppe und den Pflegedienstleiter mit der Wahrnehmung der übernommenen Aufgaben. Die Mitglieder der Wohngruppe sind zur Zahlung eines monatlichen Entgelts von 214 Euro an den Verein verpflichtet, nicht hingegen an die vom Verein beschäftigten Personen.
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Den im Januar 2018 gestellten Antrag der Klägerin auf die Zahlung von Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI lehnte die Beklagte ab: Bei der gewählten Wohnform handele es sich nicht um ein Leben in einer ambulant betreuten Wohngruppe iS von Abs 1 Satz 1 Nr 1 der Regelung, vielmehr lägen insoweit die Merkmale einer den Leistungsanspruch ausschließenden "stationären" Pflegeeinrichtung vor. Die Klägerin selbst habe angegeben, dass täglich eine "Betreuung rund um die Uhr durch verschiedene Kräfte" erfolge. Zudem fehle eine wirksame "gemeinschaftliche" Beauftragung "einer" Präsenzkraft durch die Wohngruppe (Bescheid vom 18.4.2018; Widerspruchsbescheid vom 11.7.2018).
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Die Klage ist vor dem SG erfolglos geblieben, weil die - erforderliche - gemeinschaftliche Beauftragung einer natürlichen Person zur Verrichtung der in § 38a Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB XI genannten Tätigkeiten nicht erfolgt sei. Im Übrigen entsprächen die tatsächlichen Verhältnisse denjenigen bei einer vollstationären Pflege bzw einem betreuten Wohnen, da die Leistungen sozusagen "aus einer Hand" angeboten und sichergestellt würden (Urteil vom 15.10.2018).
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Das LSG hat die Berufung der Klägerin - Bezug nehmend auf die Entscheidungsgründe des SG - zurückgewiesen: Die Voraussetzungen des § 38a SGB XI seien schon deshalb nicht erfüllt, weil ausweislich der vorgelegten Verträge in beiden Wohngruppen zu keinem Zeitpunkt iS von § 38a Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB XI ausschließlich "eine" Person beauftragt worden sei. Offenbleiben könne dabei sowohl, ob § 38a SGB XI den Vertragsschluss mit einer juristischen Person zulasse, als auch, ob auch eine juristische Person in dem Vertrag als "Präsenzkraft" benannt werden dürfe. Jedenfalls folge aus dem Wortlaut der Norm, dass es sich um "eine" Person iS von "einer einzigen" Person handeln müsse. Es könne auch dahinstehen, ob die Voraussetzungen des § 38a Abs 1 Satz 1 SGB XI im Übrigen erfüllt seien, insbesondere, ob die von der Klägerin bewohnten Wohngemeinschaften jeweils eine "ambulant betreute Wohngruppe" darstellten (Urteil vom 17.7.2019).
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Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung von § 38a Abs 1 Satz 1 Nr 3 und Nr 4 SGB XI rügt. Das LSG habe den Bedeutungsgehalt des Begriffs "eine Person" nicht zutreffend erfasst. Das Wort "eine" sei hier als unbestimmter Artikel und nicht als Numerale zu verstehen. Bei der Gewährung des Wohngruppenzuschlags stehe weniger der Einsatz und die Entlohnung einer "bestimmten" Arbeitskraft im Vordergrund als vielmehr die Kompensation eines zusätzlichen Aufwands, der beim Leben in einer Wohngruppe entstehe (Hinweis auf Senatsurteil vom 18.2.2016 - B 3 P 5/14 R - BSGE 120, 271 = SozR 4-3300 § 38a Nr 1).
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Juli 2019 und des Sozialgerichts Trier vom 15. Oktober 2018 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 18. April 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2018 zu verurteilen, ihr Wohngruppenzuschläge für die Zeit ab 26. Januar 2018 zu zahlen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie verteidigt die vorinstanzlichen Urteile.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Klägerin ist iS der Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet.
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Das LSG hat unbeachtet gelassen, dass die Klage - wegen eines für die Zeit ab 1.5.2018 fehlenden Widerspruchsverfahrens - teilweise unzulässig war (dazu im Folgenden 1.). Anders als vom Berufungsgericht angenommen, scheitert ausgehend von den einschlägigen Rechtsgrundlagen (dazu unter 2.) die Gewährung von Wohngruppenzuschlägen zugunsten der Klägerin nicht schon daran, dass in ihrem Fall mehr als "eine" Person mit den für den Anspruch auf Wohngruppenzuschlag nötigen zu erbringenden Leistungen beauftragt wurde und dass es sich hierbei um eine juristische Person handelte (dazu 3.). Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das LSG (dazu 5.).
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1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen für eine zulässige Klage liegen nur für den Zeitraum vor dem Umzug von der K-WG in die B-WG vor, also bis 30.4.2018. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) statthafte Klage ist nur teilweise zulässig. Für den Zeitraum nach dem Umzug fehlt es nämlich an der erforderlichen Durchführung des Widerspruchsverfahrens nach § 78 Abs 1 Satz 1 SGG. Zwar kann in der Klageerhebung im August 2018 auch ein Antrag auf Wohngruppenzuschlag für die B-WG gesehen werden, den die Beklagte dann der Sache nach mit ihrem Antrag auf Klageabweisung ablehnte; gleichzeitig liegt in der Aufrechterhaltung der Klage ein Widerspruch (vgl dazu allgemein zB Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 78 RdNr 3b mwN). Da der Beklagten indessen bei Erlass ihres Widerspruchsbescheids im Juli 2018 der Umzug noch nicht bekannt war, ist die Klage nachträglich zwar zulässig erweitert und geändert worden (vgl § 99 Abs 1 und 2 SGG). Allerdings erforderten die neu hinzugekommenen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse (= Beendigung des Wohnens in der alten WG und Umzug in eine andere WG), dass auch in Bezug auf die Erweiterung die Sachurteilsvoraussetzung eines durchgeführten Vorverfahrens erfüllt sein musste. In derartigen Fällen ist ein Tatsachengericht aus Gründen der Prozessökonomie gehalten, das Verfahren analog § 114 SGG auszusetzen und den Beteiligten Gelegenheit zu geben, das Widerspruchsverfahren nachzuholen (vgl zB nur Schmidt aaO § 78 RdNr 3a mit umfangreichen Nachweisen aus der Rspr des BSG). Die Beklagte muss insoweit - zur Ermöglichung einer zulässigen Klage - noch in einem Widerspruchsverfahren über die Verhältnisse nach dem Umzug in die B-WG entscheiden. Insoweit ist eine Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz nach § 170 Abs 2 Satz 2 SGG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung in Bezug auf die Nachholung des Widerspruchsverfahrens jedenfalls dann sachgerecht, wenn - wie hier - die Zurückverweisung zugleich aus anderen rechtlichen Gründen erfolgen muss (dazu sogleich unter 5.). In derartigen Fällen kann das nötige Vorverfahren auch noch im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachgeholt werden (vgl BSG Urteil vom 16.3.2017 - B 10 LW 1/15 R - BSGE 122, 302 = SozR 4-1300 § 41 Nr 3, RdNr 16 ff).
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2. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Leistungsanspruch der Klägerin ist für die Zeit vom 26.1.2018 bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beim LSG am 17.7.2019 (vgl zu diesem grundsätzlich maßgebenden Zeitpunkt zB Keller in Meyer-Ladewig ua aaO § 54 RdNr 34 mwN) § 38a SGB XI in seinen jeweiligen Fassungen (bis 31.12.2018 idF des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes <PSG II> vom 21.12.2015, BGBl I 2424; für die Zeit vom 1.1.2019 bis 17.7.2019 idF des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes <PpSG> vom 11.12.2018, BGBl I 2394). Die jeweils geltende Gesetzesfassung hat im Hinblick auf die im vorliegenden Rechtsstreit zu klärenden Tatbestandsvoraussetzungen indessen zu keiner maßgeblichen Rechtsänderung geführt.
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Nach § 38a Abs 1 Satz 1 SGB XI haben Pflegebedürftige Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 214 Euro monatlich (seit 1.1.2017), wenn
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sie mit mindestens zwei und höchstens elf weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zum Zwecke der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung leben und davon mindestens zwei weitere Personen pflegebedürftig iS der §§ 14, 15 SGB XI sind (Nr 1),
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sie Leistungen nach den §§ 36, 37, 38, (ergänzt ab 1.1.2017: 45a oder 45b) SGB XI beziehen (Nr 2),
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eine Person (ergänzt ab 1.1.2017: durch die Mitglieder) der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten zu verrichten oder hauswirtschaftliche Unterstützung zu leisten (ergänzt ab 1.1.2019: oder die Wohngruppenmitglieder bei der Haushaltsführung zu unterstützen) (Nr 3),
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keine Versorgungsform (ergänzt ab 1.1.2017: einschließlich teilstationärer Pflege) vorliegt, in der der Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Abs 1 SGB XI für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; der Anbieter einer ambulant betreuten Wohngruppe hat die Pflegebedürftigen vor deren Einzug in die Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass dieser Leistungsumfang von ihm oder einem Dritten in der Wohngruppe nicht erbracht wird, sondern die Versorgung in der Wohngruppe auch durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres sozialen Umfelds sichergestellt werden kann (Nr 4).
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3. Anders als das LSG entschieden hat, scheitert der Anspruch der Klägerin nach den Voraussetzungen des § 38a Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB XI jedenfalls nicht daran, dass es zur Beauftragung von mehreren Personen kam und es sich hierbei auch um eine juristische Person handelt, die dann wiederum durch namentlich benannte natürliche Personen die für die Aufgabenerfüllung nötige regelmäßige Präsenz sicherstellt (dazu im Folgenden 4a). Auch führt es nicht zu einem Anspruchsausschluss, wenn die Beauftragten noch andere Dienstleistungen im Rahmen der pflegerischen Versorgung übernehmen, solange keine solch enge Verbindung zur pflegerischen Versorgung besteht, dass diese als stationäre Vollversorgung zu qualifizieren wäre.
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4. Wie das Merkmal der "beauftragten Person" in § 38a Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB XI auszulegen ist und ob dessen Voraussetzungen vorliegen, ist nach den allgemein geltenden Auslegungsmethoden zu ermitteln. Dabei muss insbesondere der Sinn und Zweck des § 38a SGB XI in den Blick genommen werden: Ziel des Wohngruppenzuschlags ist es, den Wünschen der Pflegebedürftigen entsprechend die Rahmenbedingungen für neue Wohn- und Betreuungsformen im ambulanten Bereich - auch in finanzieller Hinsicht - deutlich zu verbessern (Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung <Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz - PNG>, BT-Drucks 17/9369, zu Art 1 Nr 13 § 38a SGB XI, S 20 zu Nr 6; vgl zu dieser Zielsetzung auch die Anschubfinanzierung nach § 45e SGB XI). Mit seinem experimentellen Charakter soll der Wohngruppenzuschlag gemessen an dem Grundsatz der Selbstbestimmung in § 2 SGB XI individuelle Versorgungsformen unter Förderung der ambulanten Form ermöglichen und Wohnmöglichkeiten außerhalb der (typischerweise kostenintensiveren) stationären pflegerischen Versorgung begünstigen (vgl dazu Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum 5. SGB XI-ÄndG, 2015 umbenannt in Erstes Pflegestärkungsgesetz <PSG </em> I>, vgl BT-Drucks 18/2909 S 41 zu Nr 8). Der Senat hat bereits mit Urteil vom 18.2.2016 - B 3 P 5/14 R (BSGE 120, 271 = SozR 4-3300 § 38a Nr 1, RdNr 21 ff) entschieden, dass zentrale Voraussetzung für die Gewährung eines Wohngruppenzuschlags neben der gemeinschaftlichen Beauftragung die Festlegung der konkreten Aufgaben der beauftragten Personen ist. Der Wohngruppenzuschlag soll keine (pauschale) Aufstockung der den Mitgliedern gewährten Leistungen bewirken, sondern (nur) bei Aufwendungen für eine gemeinsame Organisation und pflegerische Versorgung innerhalb der individuellen Wohngruppe finanziell unterstützen. Ambulant betreute Wohngruppen können dabei sowohl in der Grundform der selbstorganisierten Wohngruppe existieren, aber auch als fremd organisierte Wohngruppe, hinter der ein Initiator oder ein Vermieter steht (vgl Senat aaO RdNr 18).
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Vor diesem Hintergrund lässt § 38a Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB XI grundsätzlich die Beauftragung natürlicher, auch mehrerer, wie auch juristischer Personen in Kombination oder in einem gestuften Verhältnis zu. Weder der Wortlaut des Gesetzes noch seine Historie sprechen gegen eine solche Auslegung, vielmehr erfordern Sinn und Zweck des Gesetzes weitgehende Beauftragungsmöglichkeiten (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zum PNG aaO BT-Drucks 17/9369 S 40 f zu Nr 13).
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a) Abweichend von den Entscheidungsgründen des LSG-Urteils steht dem Anspruch auf Wohngruppenzuschlag ausgehend vom Wortlaut des § 38a Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB XI nicht entgegen, dass mehr als eine Person für die Wohngruppe Tätigkeiten iS des Gesetzes verrichten soll. Unabhängig davon, ob das Wort "eine" in der Vorschrift als Zahlwort oder als unbestimmter Artikel zu verstehen ist, besteht keinerlei Grund zu der Annahme, dass mit der Verwendung dieses Wortes zugleich ein Leistungsausschluss für den Fall gewollt ist, dass mehr als eine Person im gemeinschaftlichen Auftrag der Wohngruppe Tätigkeiten für diese verrichtet. Die Regelung ist vielmehr so auszulegen, dass "mindestens eine Person" - mit "mindestens einer der genannten Tätigkeiten" - beauftragt sein muss (vgl bereits in dem Sinne, dass in der Wohngruppe "mindestens" eine Pflegekraft tätig sein muss, BSG Urteil vom 18.2.2016 - B 3 P 5/14 R - aaO RdNr 23). An dieser Rechtsprechung, mit der sich die Vorinstanzen nicht befasst und gegen die sie keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen haben, hält der Senat fest.
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b) Für die Argumentation der Beklagten, nur eine "natürliche" Person erfülle die Voraussetzungen von § 38a Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB XI, lässt sich die Regelung in § 38a Abs 2 Nr 4 SGB XI nicht anführen, wonach die dortigen Vorgaben für eine Datenerfassung auch die Nennung des Vornamens erfordern und daher nur ein personifiziertes Verständnis iS einer natürlichen Person zuließen. Denn Abs 2 Nr 4 wurde lediglich als Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung und Verarbeitung der notwendigen Daten geschaffen (vgl BT-Drucks 18/2909 aaO S 42 zu Nr 8 Punkt 3). Sie hat daher lediglich dem materiellen Recht dienenden datenschutzrechtlichen Charakter, stellt aber weder unmittelbar noch mittelbar materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzungen auf. Letztlich stehen aber auch hinter der Beauftragung einer juristischen Person regelmäßig eine oder mehrere natürliche Personen, bei denen die persönlichen Daten zu Identifikationszwecken erforderlich sind.
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c) Aus der Gesetzeshistorie lässt sich ebenfalls kein Argument gegen die Beauftragung einer juristischen Person herleiten. Zwar war in der Ursprungsfassung des § 38a Abs 1 Nr 3 SGB XI (idF des PNG vom 23.10.2012, BGBl I 2246) noch von einer in der Wohngruppe tätigen "Pflegekraft", also von einer natürlichen Person die Rede. Damit sollten aber nur rein anbieterorientierte Wohngruppen und die bloße missbräuchliche Umdeklarierung stationärer Versorgungsformen verhindert werden (vgl Gesetzesbegründung zur Ursprungsfassung des § 38a SGB XI, in der es um natürliche Personen <"Pflegekraft"> ging, vgl BT-Drucks 17/9369 aaO S 40 f zu Nr 13). Es bedurfte indessen nach den gesetzlichen Vorgaben seinerzeit noch keiner "gemeinschaftlichen" Beauftragung, so dass unerheblich war, ob die Pflegekraft unmittelbar von den Bewohnern der Wohngruppe beauftragt oder als Beschäftigte einer juristischen Person tätig war. Mit dem Inkrafttreten des PSG I zum 1.1.2015 wurde diese Beschränkung aufgegeben zugunsten des Erfordernisses einer "gemeinschaftlichen" Beauftragung zur Erfüllung zumindest einer der alternativ im Gesetz genannten Aufgaben (vgl Stellungnahme des Bundesrates zum 5. SGB XI-ÄndG, BT-Drucks 18/2379, zu Art 1 Nr 8 § 38a SGB XI, S 6 zu Nr 2). Ein Wohngruppenzuschlag ist danach zwar für den Fall ausgeschlossen, dass die freie Wählbarkeit der Pflege- und Betreuungsleistungen im Rahmen der gemeinschaftlichen Beauftragung rechtlich oder tatsächlich eingeschränkt wäre, an die Eigenschaft der beauftragten Person werden dagegen keine besonderen Anforderungen geknüpft.
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Der in späteren Gesetzesmaterialien zu § 38a SGB XI (vgl BT-Drucks 18/2379 aaO S 6 und Gesetzentwurf der Bundesregierung zum PSG II, BT-Drucks 18/5926, zu Art 2 § 38a SGB XI, S 125 zu Nr 20) verwendete Begriff der "Präsenzkraft", der auch selbst gar keinen Niederschlag in den mehrfach geänderten Gesetzestexten gefunden hat, spricht ebenfalls nicht gegen die mögliche Beauftragung von juristischen Personen. Das LSG zieht diesen Begriff zu Unrecht als Argument für die Notwendigkeit der Beauftragung einer "natürlichen" Person heran. Die in § 38a Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB XI genannten Tätigkeiten ("organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten") setzen nämlich nicht notwendigerweise eine "persönliche Präsenz" in der Wohngruppe voraus. Gerade die Möglichkeit einer juristischen Person, durch Einbindung von natürlichen Personen die gemeinschaftlichen Aufgaben zu erledigen, ist mit Vorteilen verbunden, weil juristische Personen die Aufgabenerledigung typischerweise oft praktikabler organisieren und eine regelmäßige Präsenz besser sicherstellen können. Der Argumentation des LSG zum notwendigen Vorhandensein einer "Präsenzkraft" kann daher lediglich darin gefolgt werden, dass die beauftragte juristische Person wiederum durch natürliche Personen handeln muss und ggf mit mehreren Beschäftigten die Aufgabenerfüllung sicherstellt, solange eine Trennung von der Erfüllung der Aufgaben zur individuellen pflegerischen Versorgung vorliegt.
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Mit einer solchen Maßgabe ist zugleich eine Grenzziehung zu einem rein pauschalen Servicemodell oder gar einer bloßen nicht personalisierten bzw anonymen Ruf-Bereitschaft möglich. Denn die auch durch § 38a Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB XI bezweckte Grenzziehung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung wäre überschritten, wenn den Mitgliedern der Wohngruppe nicht verbindlich zumindest eine namentlich benannte natürliche Person (ggf mit einer benannten Vertretung für den Verhinderungsfall) als Ansprechpartner und tatsächlicher Dienstleister hinter der im Rechtssinne beauftragten juristischen Person zur Verfügung stünde.
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Bezogen auf den zu entscheidenden Fall scheitert der Anspruch der Klägerin auf Wohngruppenzuschlag nach alledem nicht daran, dass es sich bei der von den Mitgliedern der Wohngruppe beauftragten Person iS des § 38a Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB XI um den Verein W eV, also um eine juristische Person, handelt, die sich zur Erfüllung ihres Auftrags natürlicher Personen bedient. Dabei ist unerheblich, an wen eine Vergütung für die in Anspruch genommenen Dienste gezahlt wird.
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5. Dennoch kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die Klägerin Anspruch auf Wohngruppenzuschlag hat, weil - neben dem oben unter 1. angesprochenen Erfordernis der Nachholung des Widerspruchsverfahrens in Bezug auf die Zeit ab 1.5.2018 - auch weitere Anspruchsvoraussetzungen des § 38a SGB XI ungeklärt sind.
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a) Nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und deshalb für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) ist die Klägerin zwar bei der Beklagten pflegeversichert. Dass die Klägerin pflegebedürftig (§ 38a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB XI) ist und eine der in § 38a Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB XI genannten Leistungen bezieht, hat das LSG jedoch schon nicht positiv festgestellt. Auch fehlen Feststellungen über die Anzahl ihrer Mitbewohner und über die bei der für die Wohngruppe erforderlichen Mindestzahl dieser Personen bestehende Pflegebedürftigkeit (§ 38a Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XI). Tatsachen, die die Beurteilung zuließen, ob eine Versorgungsform vorliegt, die iS des § 38a Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB XI hinsichtlich ihres Leistungsumfangs einer vollstationären Pflege weitgehend entspräche, und dann zum Anspruchsausschluss führen würden, fehlen ebenfalls. Diese ergeben sich auch nicht aus den vom LSG in Bezug genommenen Entscheidungsgründen des SG-Urteils. Das SG war anhand seiner Feststellungen zwar zu dem Schluss gekommen, dass die tatsächlichen Verhältnisse einer vollstationären Pflege bzw einem betreuten Wohnen entsprächen. Diese Einschätzung und rechtliche Würdigung hat sich das LSG jedoch nicht zu eigen gemacht, sondern ausdrücklich offengelassen, ob es sich jeweils um eine ambulant betreute Wohngruppe iS von § 38a Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XI handelte. Das Vorliegen einer ambulant betreuten Wohngruppe ist lediglich dann zu verneinen, wenn es sich faktisch um eine mit einem stationären Leistungsumfang vergleichbare Versorgungsform handeln würde. Als zentrales Abgrenzungsmerkmal zur ambulanten Versorgung kommt es dabei gemäß § 38a Abs 1 Satz 1 Nr 4 iVm Nr 1 SGB XI nicht (mehr) auf heimrechtliche, sondern auf leistungsrechtliche Kriterien an. Nach den Materialien zum 5. SGB XI-ÄndG/PSG I soll für die Bejahung der ambulanten Versorgung maßgebend sein, dass regelhaft Beiträge der Bewohner selbst, ihres persönlichen sozialen Umfelds oder von bürgerschaftlich Tätigen zur Versorgung notwendig bleiben (Ausschussbericht aaO BT-Drucks 18/2909 S 42 zu Nr 8). Eine ambulante Versorgungsform liegt folglich nur vor, wenn keine "vollständige" Übertragung der Verantwortung ohne freie Wählbarkeit der Pflege- und Betreuungsleistungen erfolgt, sondern die Versorgung noch teilweise planmäßig auf Übernahme von Aufgaben durch Dritte angelegt ist, unabhängig davon, ob hiervon auch tatsächlich in bestimmter Weise Gebrauch gemacht wird. Feststellungen zu diesem Gesichtspunkt dürften noch zu treffen sein.
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b) Das LSG hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - auch keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die Mitglieder der Wohngruppen den Verein W eV oder bei ihm angestellte Personen gemeinschaftlich unter Beteiligung der Klägerin beauftragten und - falls ja - für welche Tätigkeiten dies der Fall war. Feststellungen hierzu bedarf es, weil andernfalls die der Beauftragung zugrundeliegenden Tätigkeiten keiner zweifelsfreien Subsumtion unter die in § 38a Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB XI abstrakt umschriebenen Tätigkeiten zugänglich sind. Zentrale Voraussetzung für die Gewährung eines Wohngruppenzuschlags ist nämlich neben der gemeinschaftlichen Beauftragung die Festlegung der konkreten Aufgaben iS der Alternativen des § 38a SGB XI, damit sich die zu erledigenden Aufgaben der beauftragten Person deutlich von der benötigten individuellen pflegerischen Versorgung unterscheiden (vgl Senatsurteil vom 18.2.2016 aaO RdNr 29). Nicht erforderlich ist nach dem Gesetzeswortlaut allerdings, dass die beauftragte Person "alle" in der Regelung genannten Aufgaben übernimmt. Auch schadet es nicht, wenn die beauftragte Person neben den festgelegten Aufgaben andere Dienstleistungen im Rahmen der pflegerischen Versorgung übernimmt und/oder für den Träger der Einrichtung verrichtet, solange es sich zweifelsfrei um die "zusätzlichen" im Gesetz genannten Aufgaben handelt; es darf nur keine solche personelle und/oder vertragliche Symbiose der zusätzlichen Aufgaben mit der pflegerischen Versorgung bestehen, dass die erforderliche Abgrenzung zu den Leistungen der häuslichen Pflege einerseits und andererseits einer stationären Vollversorgung nicht mehr gegeben wäre.
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Des Weiteren fehlen Feststellungen des LSG dazu, für welche genauen Zeiträume ein entsprechendes Auftragsverhältnis bestand. Es ist deshalb unklar, ob bzw ab wann der ggf entstandene Anspruch auf Wohngruppenzuschlag durch Wegfall von Anspruchsvoraussetzungen wieder entfallen sein könnte.
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6. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung im wiedereröffneten Berufungsverfahren vorbehalten.
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