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BSG 30.10.2019 - B 4 KG 1/19 R
BSG 30.10.2019 - B 4 KG 1/19 R - (Kinderzuschlag nach § 6a BKGG 1996 - Vermeidung von Hilfebedürftigkeit - Hilfebedürftigkeitsprüfung - Wohngeldnachzahlung - keine Abweichung vom Zuflussprinzip)
Normen
§ 6a Abs 1 Nr 4 S 1 BKGG 1996 vom 18.07.2014, § 11 Abs 1 S 1 SGB 2, § 11 Abs 2 S 1 SGB 2 vom 13.05.2011, § 11 Abs 3 SGB 2 vom 13.05.2011, § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 WoGG
Vorinstanz
vorgehend SG Osnabrück, 13. November 2017, Az: S 27 BK 11/16, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 17. Dezember 2018, Az: L 7 BK 12/17, Urteil
Leitsatz
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Nachgezahltes Wohngeld ist in dem Monat zu berücksichtigen, in dem es tatsächlich zufließt.
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17. Dezember 2018 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 13. November 2017 zurückgewiesen.
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Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
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Streitig ist ein Anspruch auf Kinderzuschlag für den Monat April 2016 im Hinblick auf eine Wohngeldnachzahlung.
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Der Kläger lebte zusammen mit seiner Ehefrau und fünf Kindern, für die er Kindergeld erhielt. Beide Eheleute waren - wenn auch eingeschränkt - erwerbstätig. Der Kläger bezog Wohngeld für die Familie, das im April 2016 für März um 180 Euro im Monat erhöht wurde (von 254 Euro auf 434 Euro: Bescheid der Wohngeldstelle vom 1.4.2016). Ab April betrug der Wohngeldanspruch 453 Euro im Monat. Die Wohngeldstelle zahlte im April 2016 an den Kläger Wohngeld iHv 633 Euro (453 Euro für April zuzüglich 180 Euro Nachzahlung für März).
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Den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Kinderzuschlag ua für April 2016 lehnte die beklagte Bundesagentur für Arbeit als Familienkasse für diesen Monat mit der Begründung ab, durch den Kinderzuschlag könne unter Berücksichtigung des Wohngeldanspruchs iHv 453 Euro keine Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II vermieden werden (Bescheid vom 10.3.2016; Widerspruchsbescheid vom 10.5.2016). Bei einem Gesamtbedarf der Familie von 2702 Euro und dem insoweit zu berücksichtigenden Einkommen aus Erwerbstätigkeit (525,08 Euro), Kindergeld (1018 Euro) und Wohngeldanspruch (453 Euro) von insgesamt 1996,08 Euro bleibe die Familie selbst bei Bewilligung des Kinderzuschlags in maximaler Höhe von 700 Euro (140 x 5) hilfebedürftig. Es fehlten (rund) 6 Euro (2702 - 1996,08 - 700 = 5,92).
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Das SG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger für April 2016 Kinderzuschlag iHv 650 Euro zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 13.11.2017). Die Nachzahlung des Wohngelds sei nach § 11 Abs 1 SGB II im April zu berücksichtigen, weil es in diesem Monat tatsächlich zugeflossen sei. Das Zuflussprinzip sei auch vorliegend zu berücksichtigen, weil es ansonsten mit dem SGB II zu Brüchen komme. Der Kinderzuschlag sei allerdings aufgrund von Einkommen der ältesten Tochter um 50 Euro zu mindern. Das LSG hat auf die Berufung nur der Beklagten die Klage abgewiesen (Urteil vom 17.12.2018). Nach der Rechtsprechung des BSG sei eine Nachzahlung von Kinderzuschlag abweichend vom tatsächlichen Zeitpunkt des Zuflusses dem jeweiligen Monat als Einkommen zuzurechnen, für den sie zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II erbracht worden sei (Bezugnahme auf BSG vom 25.10.2017 - B 14 AS 35/16 R - BSGE 124, 243 = SozR 4-4200 § 11 Nr 82). Dies müsse auch für eine Wohngeldnachzahlung gelten, denn Wohngeld diene zusammen mit dem Kinderzuschlag dem Ziel, Hilfebedürftigkeit zu vermeiden.
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Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 6a Abs 1 Satz 1 Nr 4 BKGG und des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II. Das Urteil des LSG sei mit den Grundsätzen zur Einkommensberücksichtigung im SGB II nicht vereinbar. Aus der Rechtsprechung des BSG zur Berücksichtigung von Kinderzuschlagsnachzahlungen folge nichts anderes. Diese diene nur der Verhinderung von Zirkelschlüssen im Verhältnis von Kinderzuschlag einer- und Grundsicherung für Arbeitsuchende andererseits. Auf das Wohngeld sei diese Rechtsprechung nicht übertragbar.
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Der Kläger, der in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, er begehre für April 2016 nur Kinderzuschlag, nicht aber hilfsweise Alg II, beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17. Dezember 2018 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 13. November 2017 zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist zulässig und begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG), weshalb das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen ist. Der Kläger hat unter Berücksichtigung der im April 2016 zugeflossenen Wohngeldnachzahlung Anspruch auf einen Kinderzuschlag nach § 6a BKGG jedenfalls in der Höhe, die ihm das SG zugesprochen hat.
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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 10.3.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.5.2016, mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers auf Zahlung eines Kinderzuschlags für April 2016 abgelehnt hat sowie deren Verurteilung zur Zahlung von maximal 650 Euro Kinderzuschlag für diesen Monat; gegen die Abweisung der Klage im Übrigen hat sich der Kläger nicht gewandt. Der Kläger hat seine Klage bereits erstinstanzlich auf den Monat April beschränkt (zur Zulässigkeit der zeitlichen Beschränkung des Streitgegenstandes vgl nur BSG vom 9.3.2016 - B 14 KG 1/15 R - SozR 4-5870 § 6a Nr 6 RdNr 10). Wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG noch einmal klargestellt hat, begehrt er nicht hilfsweise Leistungen nach dem SGB II, sollte der Anspruch nach § 6a BKGG nicht bestehen.
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2. Verfahrensrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Das SG hat die Berufung zugelassen (vgl § 144 SGG). Der Kläger verfolgt den von ihm geltend gemachten Anspruch auf Kinderzuschlag zu Recht mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG).
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3. Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Kinderzuschlag ist § 6a BKGG (hier idF des Gesetzes zur Anpassung steuerlicher Regelungen an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.7.2014, BGBl I 1042; vgl zu den Leistungsvoraussetzungen zB BSG vom 14.3.2012 - B 14 KG 1/11 R - SozR 4-5870 § 6a Nr 3 RdNr 14 ff). Danach erhalten Personen für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, einen Kinderzuschlag, wenn sie für diese Kinder Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz erhalten (a), über ein bestimmtes Mindesteinkommen verfügen (b), ein bestimmtes Höchsteinkommen und -vermögen nicht überschreiten (c), durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden wird (d) und der Zuschlag nicht aufgrund Einkommen oder Vermögen des Kindes oder der Eltern wegfällt (e). Diese Voraussetzungen liegen sämtlich vor.
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a) Der Kläger erfüllte im April 2016 die Anspruchsvoraussetzungen nach § 6a Abs 1 Satz 1 Nr 1 BKGG: Die fünf Kinder des Klägers lebten im streitgegenständlichen Monat in dessen Haushalt, waren unverheiratet, hatten das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet und der Kläger erhielt für sie Kindergeld.
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b) Erfüllt war auch die (pauschale) Mindesteinkommensgrenze nach § 6a Abs 1 Satz 1 Nr 2 BKGG, weil das nicht bereinigte Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau ("Einkommen im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch") mit Ausnahme des Wohngelds und des Kindergelds nach den Feststellungen des LSG bei 1257,50 Euro und damit über der (pauschalen) Mindesteinkommensgrenze iHv 900 Euro lag.
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c) Das Einkommen des Klägers erfüllte des Weiteren die (individuelle) Höchsteinkommensgrenze nach § 6a Abs 1 Satz 1 Nr 3 BKGG, weil er und seine Ehefrau mit Ausnahme des Wohngelds über Einkommen und Vermögen iS der §§ 11 bis 12 SGB II verfügten, das höchstens dem nach § 6a Abs 4 Satz 1 BKGG für sie maßgebenden Betrag (sog Bemessungsgrenze in Höhe der bei der Berechnung des Alg II oder des Sozialgelds zu berücksichtigenden elterlichen Bedarfe) zuzüglich dem Gesamtkinderzuschlag nach § 6a Abs 2 BKGG entspricht. Da der Kläger und seine Ehefrau nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG über kein zu berücksichtigendes Vermögen und unter Berücksichtigung der Absetzbeträge nach § 11b SGB II ohne Kindergeld nur über Einkommen iHv 525,08 Euro verfügten, ist die (individuelle) Höchsteinkommensgrenze, unabhängig von ihrer Berechnung im Einzelnen, auf keinen Fall erreicht.
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d) Entgegen der Ansicht des LSG kann für die gesamte Familie durch die Zahlung des Kinderzuschlags im April 2016 Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden werden (§ 6a Abs 1 Satz 1 Nr 4 BKGG), weil die Wohngeldnachzahlung in diesem Monat zu berücksichtigen ist. Nachgezahltes Wohngeld ist in dem Monat zu berücksichtigen, in dem es tatsächlich zufließt.
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Die Feststellung, der Kinderzuschlag vermeide Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II, verlangt von den Familienkassen eine allein an den Vorschriften des SGB II ausgerichtete Bedürftigkeitsüberprüfung. § 6a BKGG stellt insoweit bei der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens uneingeschränkt auf den Einkommensbegriff des § 11 SGB II ab (BSG vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - BSGE 108, 144 = SozR 4-5870 § 6a Nr 2, RdNr 14). Die gesetzliche Zielsetzung, das Aufeinander-bezogen-Sein und das sich wechselseitige Ausschließen der Leistungssysteme nach dem SGB II und nach § 6a BKGG in der seinerzeit geltenden Fassung erfordern eine Parallelität der Rechtsanwendung (BSG vom 17.2.2015 - B 14 KG 1/14 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 69 RdNr 14; BSG vom 25.10.2017 - B 14 AS 35/16 R - BSGE 124, 243 = SozR 4-4200 § 11 Nr 82, RdNr 25: Verhältnis vorrangiger Alternativität).
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Ohne diese Parallelität der Rechtsanwendung im Hinblick auf die hier maßgebliche Rechtslage wäre die Folge, dass derselbe Einkommenszufluss im SGB II zulasten des Betroffenen zu berücksichtigen wäre und in § 6a BKGG ebenfalls zulasten des Betroffenen nicht berücksichtigt werden dürfte. Das Ergebnis einer solchen Auslegung des § 6a Abs 1 Satz 1 Nr 4 BKGG wäre, dass weder ein Anspruch nach dem SGB II noch nach § 6a BKGG bestünde, was dem Verhältnis der Alternativität widersprechen würde und auch verfassungsrechtlich (Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) problematisch wäre. Daraus folgt zugleich, dass die Berücksichtigung der Wohngeldnachzahlung entgegen ihres Zuflusszeitpunkts entsprechend der Rechtsansicht der Beklagten und des LSG dazu führen müsste, dass auch im SGB II eine Berücksichtigung im Monat des tatsächlichen Zuflusses nicht erfolgen dürfte.
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Für die Prüfung, ob SGB II-Hilfebedürftigkeit vermieden wird, gilt danach im Einzelnen:
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aa) Die Bedarfsgemeinschaft des Klägers hatte nach den Feststellungen des LSG im April 2016 einen Gesamtbedarf iHv 2702 Euro (364 Euro x 2 zuzüglich der Regelbedarfe für die Kinder iHv insgesamt 1284 Euro zuzüglich Bedarfe für Unterkunft und Heizung iHv 690 Euro).
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bb) Von dem Gesamtbedarf in Abzug zu bringen ist das bereinigte elterliche Einkommen iHv 525,08 Euro zuzüglich Kindergeld iHv 1018 Euro, insgesamt 1543,08 Euro. Abzüglich des - hier nach dem SG-Urteil geminderten - Gesamtkinderzuschlags iHv 650 Euro verbleibt eine Bedarfslücke iHv 508,92 Euro. Diese Bedarfslücke kann durch den im April erfolgten Wohngeldzufluss iHv 633 Euro gedeckt werden, während dies (allein) der monatliche Wohngeldanspruch iHv 453 Euro nicht vermag.
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cc) Die Berücksichtigung von Wohngeld ist im Rahmen der Prüfung nach § 6a Abs 1 Satz 1 Nr 4 BKGG nicht aus Rechtsgründen ausgeschlossen. Soweit der Senat in einem obiter dictum die Auffassung vertreten hat, bei der Prüfung nach § 6a Abs 1 Satz 1 Nr 4 BKGG, ob durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden werde, bleibe das Wohngeld unberücksichtigt, weil es nicht gleichzeitig mit dem Alg II bezogen werden könne (BSG vom 26.7.2016 - B 4 KG 2/14 R - BSGE 122, 11 = SozR 4-5870 § 6a Nr 7, RdNr 47-48 unter Verweis auf § 7 Abs 1 Nr 1 WoGG und in dem Fall, dass bereits durch Wohngeld und weiteres Einkommen SGB II-Hilfebedürftigkeit vermieden wird), hält er hieran nicht fest. Wohngeld und Kinderzuschlag ergänzen sich im Hinblick auf die Vermeidung von Hilfebedürftigkeit, weshalb sich im Rahmen der Prüfung des § 6a Abs 1 Satz 1 Nr 4 BKGG das Problem eines grundsätzlichen Wohngeldausschlusses für SGB II-Leistungsempfänger nicht stellt.
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Der Berücksichtigung von Wohngeld steht des Weiteren § 40 WoGG nicht entgegen, wonach das einer vom Wohngeld ausgeschlossenen wohngeldberechtigten Person bewilligte Wohngeld bei Sozialleistungen nicht als deren Einkommen zu berücksichtigen ist. Diese Vorschrift enthält nur eine (persönliche) Zurechnungsregelung im Hinblick auf die einzelnen Mitglieder eines Haushalts aufgrund differenziert geregelter Leistungsausschlüsse, entzieht das Wohngeld aber nicht von vornherein einer Einkommensberücksichtigung in anderen Sozialleistungsbereichen (vgl BSG vom 14.6.2018 - B 14 AS 37/17 R - BSGE 126, 70 = SozR 4-4200 § 11 Nr 84, RdNr 22 ff).
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dd) Im Hinblick auf den hier streitigen Zeitpunkt der Einkommensberücksichtigung gilt Folgendes:
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Als Einkommen zu berücksichtigende Einnahmen in Geld sind im SGB II grundsätzlich für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie (tatsächlich) zufließen (§ 11 Abs 2, 3 SGB II idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011, BGBl I 453, vgl hierzu zuvor bereits BSG vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23). Dies gilt grundsätzlich auch für als Nachzahlung zufließende Einnahmen, wie der Gesetzgeber des 9. SGB II-ÄndG mit der Einfügung des - hier nicht anwendbaren - § 11 Abs 3 Satz 2 SGB II mWv 1.8.2016 durch Gesetz vom 26.7.2016 (BGBl I 1824) noch einmal bestätigt hat (vgl die vorherige Rspr zu Nachzahlungen zusammenfassend BSG vom 25.10.2017 - B 14 AS 35/16 R - BSGE 124, 243 = SozR 4-4200 § 11 Nr 82, RdNr 27 mwN). Solange eine von § 11 Abs 2, 3 SGB II abweichende gesetzliche Vorgabe nicht besteht, ist danach - der Zwecksetzung existenzsichernder Leistungen gemäß - allein entscheidend, ob mit den eingehenden geldwerten Mitteln in dem betreffenden Monat ein notwendiger Bedarf gedeckt werden kann (stRspr; vgl nur BSG vom 25.10.2017 - B 14 AS 35/16 R - BSGE 124, 243 = SozR 4-4200 § 11 Nr 82, RdNr 27 mwN).
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Eine solche abweichende gesetzliche Vorgabe im Hinblick auf die zeitliche Berücksichtigung von Wohngeld besteht nicht. Sie lässt sich - in Ermangelung einer Regelung im SGB II selbst - entgegen der Ansicht des LSG nicht dem Kinderzuschlagsrecht (1) und auch nicht dem Wohngeldrecht entnehmen (2). Zutreffend berücksichtigt die Rechtsprechung zum SGB II Wohngeldnachzahlungen deshalb entsprechend ihres tatsächlichen Zuflusses (vgl etwa LSG Sachsen-Anhalt vom 19.10.2016 - L 4 AS 736/15 - juris RdNr 34; SG Landshut vom 27.7.2017 - S 11 AS 170/16 - juris RdNr 55). Dies entspricht im Übrigen auch der Weisungslage der Beklagten zu § 11 SGB II (vgl Ziffer 11.52 der Fachlichen Weisungen der BA zu §§ 11-11b SGB II, Stand 18.8.2016, wonach bei einem Doppelbezug Wohngeld/Alg II Wohngeld im Monat des Zuflusses als Einkommen anzurechnen sei, da es in diesem Monat zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehe).
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(1) Nach der Rechtsprechung des BSG, auf die das LSG Bezug genommen hat, bestimmt für Kinderzuschlagzahlungen § 6a Abs 1 Satz 1 Nr 4 BKGG einen solchen vom tatsächlichen Mittelzugang normativ abweichenden Zufluss (BSG vom 25.10.2017 - B 14 AS 35/16 R - BSGE 124, 243 = SozR 4-4200 § 11 Nr 82, RdNr 27). Für das Wohngeld, das dort nicht genannt ist, folgt aus dieser Vorschrift keine ausdrückliche Sonderregelung.
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Sie lässt sich entgegen der Ansicht des LSG nicht aus der "Gesamtkonstruktion" des Kinderzuschlagsrechts ableiten. Der Annahme, durch die Gewährung von Kinderzuschlag und Wohngeld solle - zusammen mit dem Einkommen und Vermögen der Eltern - die Hilfebedürftigkeit der Familie vermieden werden, steht bereits entgegen, dass der durchschnittliche SGB II-Bedarf eines Kindes nach der ursprünglichen gesetzgeberischen Konzeption nicht nur durch den Kinderzuschlag und den auf das Kind entfallenden Wohngeldanteil, sondern insbesondere auch durch das Kindergeld gedeckt sein soll (vgl hierzu BT-Drucks 15/1516 S 83). Folgte man der Ansicht des LSG, müsste demnach auch das Kindergeld im SGB II abweichend vom tatsächlichen Zufluss normativ dem Monat zugerechnet werden, für den es gewährt worden war.
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Die gesetzgeberische Annahme, der SGB II-Bedarf des Kindes werde durch Kinderzuschlag, Kindergeld und Wohngeldanteil gedeckt, ist Teil eines Regelungskonzepts, den Lebensunterhalt von Kindern von SGB II-Leistungsbeziehern möglichst außerhalb des SGB II-Leistungssystems zu sichern (vgl hierzu im Einzelnen im Hinblick auf das Kinderwohngeld BSG vom 14.6.2018 - B 14 AS 37/17 R - BSGE 126, 70 = SozR 4-4200 § 11 Nr 84, RdNr 17). Diesem Ziel dienen ggf weitere Sozialleistungen wie Leistungen nach dem UVG. Das Zusammentreffen dieser Sozialleistungen ist differenziert - teilweise im Vorrang-/Nachrangverhältnis, teilweise im Ausschlussverhältnis und teilweise als Ergänzung - geregelt. Ihre Leistungsvoraussetzungen weichen auch im Hinblick auf ihren jeweiligen persönlichen Anwendungsbereich erheblich voneinander ab. Die genannte Zwecksetzung im Hinblick auf die Existenzsicherung von Kindern und Jugendlichen kommt ihnen nur teilweise zu, was insbesondere beim Wohngeld deutlich wird, weshalb, wollte man für einen bestimmten Personenkreis vom Grundsatz der Maßgeblichkeit des tatsächlichen Zuflusses abweichen, weitere Differenzierungen nötig würden. Diesem Regelungsgefüge lässt sich eine vom tatsächlichen Zufluss abweichende normative Bestimmung des Zuflusszeitpunkts nicht entnehmen.
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Entgegen der Ansicht der Beklagten folgt aus ihrer Verwaltungspraxis, bei der Frage der Vermeidung von Hilfebedürftigkeit nach § 6a Abs 1 Satz 1 Nr 4 BKGG den Wohngeldanspruch nur fiktiv zu berücksichtigen und Kinderzuschlag unabhängig davon zu bewilligen, ob Wohngeld beantragt oder tatsächlich bezogen wird (Durchführungsanweisung Kinderzuschlag, Ziffer 106a.140 Abs 4, Stand September 2016), zuletzt nichts anderes. Eine Rechtsgrundlage für eine vom tatsächlichen Zufluss abweichende Einkommensberücksichtigung benennt sie hiermit nicht. Im Übrigen widerspricht eine solche Vorgehensweise der Parallelität der Rechtsanwendung im Hinblick auf § 6a BKGG und SGB II. Denn im Rahmen des SGB II scheidet eine Berücksichtigung fiktiver Mittel grundsätzlich aus (grundlegend BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 14) und ist die Verpflichtung des Leistungsberechtigten zur Beantragung vorrangigen Wohngelds differenziert geregelt, was durch eine fiktive Wohngeldberechnung nicht überspielt werden darf (vgl § 12a Satz 2 Nr 2 SGB II).
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(2) Eine Sonderregelung im Hinblick auf den Zuflusszeitpunkt lässt sich auch dem Wohngeldrecht nicht entnehmen. Eine ausdrückliche Regelung enthält das WoGG insoweit nicht. § 7 WoGG, der den Ausschluss von Wohngeld regelt, lässt sich ebenfalls nicht in diesem Sinne auslegen. Nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 WoGG sind Empfänger von Alg II und Sozialgeld vom Wohngeld grundsätzlich ausgeschlossen, wenn bei deren Berechnung Kosten der Unterkunft berücksichtigt worden sind. Dieser Leistungsausschluss regelt den vorliegenden Fall einer Wohngeldnachzahlung gerade nicht. Im Übrigen schließen sich Wohngeldleistungen und Leistungen nach dem SGB II - anders als seinerzeit Kinderzuschlag und Leistungen nach dem SGB II - nicht (mehr) zwingend wechselseitig aus, weil die anfängliche strikte Trennung der beiden Leistungssysteme (vgl hierzu BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 56/13 R - SozR 4-4200 § 40 Nr 8 RdNr 11) in den vergangenen Jahren teilweise aufgegeben worden ist, indem nunmehr auch ein vom Wohngeld ausgeschlossener Wohngeldberechtigter für ein mit ihm zusammenlebendes Haushaltsmitglied Wohngeld beantragen kann, wenn hierdurch dessen Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II vermieden oder beseitigt wird (§ 7 Abs 2 Satz 2 Nr 2 iVm Abs 1 Satz 3 Nr 2 Buchst a) WoGG idF des Gesetzes vom 22.12.2008, BGBl I 2963; vgl zum sog Kinderwohngeld insoweit BSG vom 14.6.2018 - B 14 AS 37/17 R - BSGE 126, 70 = SozR 4-4200 § 11 Nr 84; vgl zu weiteren Fällen eines nach dem WoGG nicht ausgeschlossenen Parallelbezugs Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 11 RdNr 592, Stand Januar 2015).
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e) In Bezug auf die Leistungshöhe ist zuletzt zu berücksichtigen, dass der Gesamtkinderzuschlag aufgrund des insoweit rechtskräftigen erstinstanzlichen Urteils im Hinblick auf Einkommen der ältesten Tochter gemäß § 6a Abs 3 BKGG um 50 Euro gemindert und damit in der Höhe auf insgesamt 650 Euro begrenzt ist. Eine Minderung aufgrund von Einkommen der Eltern nach § 6a Abs 4 BKGG scheidet aus, weil deren zu berücksichtigendes Einkommen die Bemessungsgrenze nicht erreicht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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