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BSG 28.09.2017 - B 3 KR 7/17 B
BSG 28.09.2017 - B 3 KR 7/17 B - (Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Fürsorgepflicht des Gerichts - hör- oder sprachbehinderte Person - mündliche Verhandlung - Sicherstellung einer ausreichenden Verständigungsmöglichkeit - Verletzung des § 186 GVG - kein absoluter Revisionsgrund - Krankenversicherung - Anspruch auf Hörgeräteversorgung - Kostenerstattung - Vorfestlegung - Ablehnung des Tests eines Hörgeräts zum Festbetrag - Feststehen einer unzureichenden Versorgung)
Normen
§ 186 Abs 1 GVG, § 186 Abs 2 GVG, § 62 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160a Abs 5 SGG, § 202 S 1 SGG, § 547 ZPO, § 12 Abs 2 SGB 5, § 13 SGB 5, § 33 Abs 1 S 1 SGB 5, § 36 SGB 5, Art 13 Abs 1 UNBehRÜbk
Vorinstanz
vorgehend SG Detmold, 18. April 2013, Az: S 3 KR 443/11
vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 6. Dezember 2016, Az: L 1 KR 390/13, Urteil
Leitsatz
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1. Die im Gerichtsverfassungsgesetz (juris: GVG) geregelte Fürsorgepflicht, in der mündlichen Verhandlung ausreichende Verständigungsmöglichkeiten mit einer hör- oder sprachbehinderten Person sicherzustellen, ist in vollem Umfang dem Gericht zugewiesen.
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2. Die Verletzung dieser Pflicht ist kein absoluter Revisionsgrund, sondern begründet gegebenenfalls einen Verstoß gegen eine spezielle Form der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl BSG vom 17.8.2009 - B 11 AL 11/09 B).
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3. Eine dem krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch entgegenstehende Vorfestlegung liegt nicht schon dann vor, wenn der Versicherte es ablehnt, ein Hörgerät zum Festbetrag auszutesten, und von vornherein feststeht, dass damit eine hinreichende Versorgung nicht erreicht werden kann.
Tenor
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Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Dezember 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
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I. Das LSG Nordrhein-Westfalen hat mit Urteil vom 6.12.2016 einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung über den Festbetrag hinausgehender Kosten für die Beschaffung von digitalen Hörgeräten für beide Ohren in Höhe von 4500 Euro abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es komme nicht darauf an, ob verfügbare, eigenanteilsfreie Hörgeräte geeignet gewesen seien, die Hörminderung der Klägerin angemessen zu kompensieren, da die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 SGB V nicht gegeben seien. Die Versorgung mit Hörgeräten stelle keine unaufschiebbare Leistung iS von § 13 Abs 3 S 1 Alt 1 SGB V dar und auch die Voraussetzungen von § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB V seien nicht erfüllt. Es fehle an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen der Ablehnung des Antrags durch die Krankenkasse und der Kostenbelastung des Versicherten, wenn dieser sich unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfalle, von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung durch einen bestimmten Leistungserbringer festgelegt habe und fest entschlossen sei, sich die Leistung auch dann selbst zu beschaffen, wenn die Krankenkasse den Antrag ablehnen sollte (sog Vorfestlegung). Die Klägerin sei zwar erst nach Bekanntgabe der auf den Festbetrag begrenzten Versorgungszusage der Beklagten mit Bescheid vom 20.1.2010, in der zugleich eine teilweise ablehnende Entscheidung liege, bezüglich der begehrten Hörgeräte eine unbedingte rechtliche Verpflichtung gegenüber dem Leistungserbringer eingegangen, nämlich am 19.2.2010. Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides vom 20.1.2010 sei die Klägerin aber bereits dergestalt vorfestgelegt gewesen, dass sie in jedem Fall Hörgeräte von der Hörgeräteakustik-Firma K mit einer bestimmten technischen Ausstattung habe anschaffen wollen, die eigenanteilsfrei zum Festbetrag nicht erhältlich gewesen seien. Dies ergebe sich zur Überzeugung des Senats aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Die in der Hörgeräteakustik-Firma K tätig gewesene Zeugin, welche die Klägerin bei der Hörgeräteversorgung beraten und schließlich Hörgeräte mit dem streitigen Eigenanteil von 4500 Euro an die Klägerin abgegeben habe, habe ausgesagt, die Klägerin und ihr Ehemann hätten bereits beim ersten Besuch deutlich gemacht, dass nach ihren Erfahrungen eine Versorgung mit eigenanteilsfreien Geräten nicht in Frage komme. Diese Ausführungen seien schlüssig, plausibel und glaubhaft, weil auch die Klägerin und ihr Ehemann übereinstimmend vorgetragen hätten, sie hätten sich bereits zuvor bei verschiedenen Hörgeräteakustikern erkundigt und viele Geräte ausprobiert und seien zu dem Schluss gekommen, dass nur eine bestimmte technische Ausstattung den Hörverlust der Klägerin angemessen kompensieren könne. Deshalb sei die Klägerin für andere, insbesondere eigenanteilsfreie Geräte schon bei ihrem ersten Besuch bei der Hörgeräteakustik-Firma K nicht mehr offen gewesen und habe solche Geräte auch nicht mehr ausprobiert. Die Aussage der Klägerin und ihres Ehemannes, sie sei nicht auf Geräte mit bestimmten Eigenschaften fixiert, sondern wäre auch mit einem Kassengerät zufrieden gewesen, wenn dieses ein ausreichendes Sprachverständnis beim Fernsehhören und Telefonieren ermöglicht hätte, halte der Senat für eine Schutzbehauptung. Denn beide hätten ausgesagt, es habe nach den bisherigen Erfahrungen kein eigenanteilsfreies Gerät mit der erforderlichen Funktionalität in Bezug auf Fernsehhören und Telefonieren gegeben. Schließlich habe die Klägerin selbst in einem Schriftsatz ausgeführt, die bei der Hörgeräteakustik-Firma tätige Zeugin habe in der Verkaufsberatung gesagt, sie (die Klägerin) brauche eigenanteilsfreie Geräte nicht auszuprobieren, weil diese nicht über eine solche Technik verfügten. Von einer solchen Beratung seitens der Zeugin habe sich der Senat allerdings nicht überzeugen können, weil diese eine entsprechende Behauptung der Klägerin ausdrücklich bestritten habe. Der Senat verkenne zwar nicht das Eigeninteresse der Zeugin an ihrer Aussage, die Glaubwürdigkeit der Zeugin stehe jedoch nicht in Frage. Vielmehr dränge es sich auf, dass die Klägerin und ihr Ehemann ihren Vortrag zu einer angeblich fortbestehenden Offenheit gegenüber Kassengeräten nachträglich modifiziert hätten. Zur Testung eigenanteilsfreier Hörgeräte hätten beide kein konstantes Aussageverhalten gezeigt. Die Klägerin selbst habe in der mündlichen Verhandlung widersprüchlich und kaum nachvollziehbar vorgetragen, sodass lediglich habe protokolliert werden können, dass sie nicht mehr wisse, wann Kassengeräte getestet worden seien.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG richtet sich Beschwerde der Klägerin. Sie beruft sich neben einer Abweichung von der Rechtsprechung des BSG und einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache auch auf das Vorliegen eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG).
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Zum Vorliegen eines Verfahrensmangels hat die an fortschreitender schwerer beidseitiger Schwerhörigkeit leidende Klägerin ausgeführt, sie habe sowohl im Termin vom 12.4.2016 (Erörterungstermin) als auch in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6.12.2016 wegen ihres schlechten Sprachverständnisses gebeten, ihr Hörsystem nutzen zu dürfen. Dazu gehöre ein Mikrofon, das die Stimme des Sprechenden jeweils direkt an das im Ohr befindliche Hörgerät weiterleite. Dies trage bei ihr zu einem deutlich verbesserten Sprachverständnis bei. In beiden Terminen sei ihre Bitte vom Gericht abgelehnt worden, unter Hinweis darauf, dass bei der Verwendung von Mikrofonen Tonaufnahmen Dritter nicht auszuschließen seien. Weil sie die an sie herangetragenen Fragestellungen nicht sogleich verstanden habe, habe sie mehrfach nachfragen müssen und nicht so deutlich antworten können wie bei vollständigem Sprachverstehen. Deshalb habe sie den Eindruck eines unsicheren bzw widersprüchlichen Aussageverhaltens erweckt. Dies sei in die Würdigung ihrer Aussage durch das Berufungsgericht eingeflossen.
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Der Senat hat als Beschwerdegericht zu diesem Vorbringen dienstliche Stellungnahmen der Berufsrichter des Berufungsgerichts eingeholt. Der Berichterstatter, der den Erörterungstermin durchgeführt hat, hat ausgeführt, er sei sich zwar nicht sicher, es könne aber durchaus sein, dass der Ehemann der Klägerin oder ihr Prozessbevollmächtigter es für möglich erachtet hätten, dass sich die Verständnismöglichkeiten der Klägerin verbessern könnten, wenn sie ein solches Gerät im Erörterungstermin benutzen könne und dass er daraufhin spontan Bedenken dahingehend geäußert habe, dass es sich möglicherweise um unzulässige Tonaufnahmen handeln könnte. Darüber sei jedoch nicht lange und intensiv gesprochen worden. Eine Diskussion über die rechtliche Zulässigkeit der Benutzung eines solchen Gerätes habe nach seiner Erinnerung nicht stattgefunden. Die Klägerin habe auch keinen Antrag auf Benutzung eines solchen Gerätes gestellt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung habe der Prozessbevollmächtigte dann zu Beginn der Sitzung behauptet, die Benutzung des genannten Gerätes sei im Erörterungstermin abgelehnt bzw untersagt worden. In der mündlichen Verhandlung sei aber die Verwendung des Gerätes oder eines Mikrofons zu keinem Zeitpunkt Thema gewesen. Nach seiner Erinnerung - diesbezüglich sei er sich jedoch ebenfalls nicht sicher - habe der Prozessbevollmächtigte vorgetragen, die Klägerin habe das Gerät zur mündlichen Verhandlung nicht mitgebracht. Jedenfalls habe der Senat über die Zulässigkeit der Verwendung des Gerätes nicht beraten oder entschieden und dies daher auch nicht abgelehnt oder untersagt. Verständnisschwierigkeiten habe die Klägerin nicht geltend gemacht. Er habe den Eindruck gehabt, sie habe dem Verlauf der Verhandlung gut folgen und insgesamt ausreichend hören können.
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Ein weiterer Berufsrichter des Senats hat in einer dienstlichen Äußerung zur mündlichen Verhandlung ausgeführt, der Senat sei mit einem solchen Antrag der Klägerin nicht befasst gewesen und habe daher auch nicht darüber entschieden. Er habe den Eindruck gehabt, dass die Klägerin den Ausführungen des Senats, der Beteiligten und der Zeugen habe folgen können.
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II. Die Beschwerde der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG gemäß § 160a Abs 5 SGG. Die Klägerin hat einen Verfahrensmangel geltend gemacht, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
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1. Nach § 202 SGG iVm § 186 Abs 1 GVG erfolgt die Verständigung mit einer hör- oder sprachbehinderten Person in der mündlichen Verhandlung nach ihrer Wahl mündlich, schriftlich oder mit Hilfe einer die Verständigung ermöglichenden Person, die vom Gericht hinzuzuziehen ist. Für die mündliche und schriftliche Verständigung hat das Gericht die geeigneten technischen Hilfsmittel bereitzustellen. Die hör- oder sprachbehinderte Person ist auf ihr Wahlrecht hinzuweisen. Entsprechend Art 13 Abs 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13.12.2006 (BGBl 2008 II, 1419, 1420, UN-BRK) soll diese spezielle Vorschrift zur Kommunikation im gerichtlichen Verfahren den gleichberechtigten und wirksamen Zugang zur Justiz für Menschen mit Behinderungen gewährleisten (vgl Erster Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland vom 3.8.2011 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über Rechte von Menschen mit Behinderungen, S 35 f; Roller, SGb 2016, 17, 20).
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Eine Verletzung dieser Bestimmung steht zur Überzeugung des Senats fest. Insbesondere setzt diese Verfahrensvorschrift keinen Antrag der hörbehinderten Person voraus. Die Hörbehinderung der Klägerin war dem LSG bereits aus den Verfahrensakten bekannt, schließlich geht es in der Sache um ihre Versorgung mit Hörgeräten. Das LSG hätte die Klägerin daher nach § 186 Abs 1 S 3 GVG darauf hinweisen müssen, dass ihr ein Wahlrecht zustand, ob die Verhandlung mündlich, schriftlich oder mit Hilfe einer die Verständigung ermöglichenden Person erfolgen solle. Es hätte darüber hinaus die für eine mündliche Verständigung geeigneten technischen Hilfsmittel bereitstellen müssen, sofern dies nicht nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich gewesen wäre (§ 186 Abs 2 GVG). Zu den geeigneten technischen Hilfsmitteln, die das Gericht zur Verfügung zu stellen hat, gehören insbesondere Tonübertragungseinrichtungen, bei denen die Beteiligten in Mikrofone sprechen (vgl hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses 6. Ausschuss> zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 14/8763 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rechts der Vertretung durch Rechtsanwälte vor den Oberlandesgerichten, BT-Drucks 14/9266 S 40; Wickern in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl 2010, § 186 GVG RdNr 14). Zweckmäßiger Weise erfolgt ein solcher gerichtlicher Hinweis bereits rechtzeitig vor dem Termin, damit entsprechende Vorkehrungen getroffen werden können. Das ist nach dem Akteninhalt nicht erfolgt. Auch im Erörterungstermin oder im Termin zur mündlichen Verhandlung ist ein Hinweis seitens des LSG nicht erfolgt, denn ein solcher ist weder protokolliert worden, noch behauptet einer der Beteiligten einen solchen Hinweis. Vielmehr hält es der Berichterstatter sogar für möglich, dass er im Erörterungstermin auf die Bitte um Benutzung eines solchen mitgebrachten Gerätes spontan Bedenken wegen unzulässiger Tonaufnahmen geäußert haben könnte.
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2. Trotz der in den vorbeschriebenen Umständen zum Ausdruck kommenden besonderen Schwere der Verletzung von § 202 SGG iVm § 186 GVG liegt kein absoluter Revisionsgrund iS des nach § 202 SGG entsprechend anzuwendenden § 547 ZPO vor. Es handelt sich vielmehr um einen Verstoß gegen eine spezielle Form der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl hierzu BSG Beschluss vom 17.8.2009 - B 11 AL 11/09 B - Juris; BSG Beschluss vom 8.10.1992 - 5 BJ 160/92 - SozR 3-1720 § 189 Nr 1). Eine Verletzung des Grundsatzes auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG) begründet die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nur dann, wenn die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann. Hierzu genügt es, dass die Möglichkeit einer anderen Entscheidung besteht (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 62 RdNr 11; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, aaO, § 160 RdNr 23).
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Vorliegend lässt sich nicht ausschließen, dass das Berufungsgericht bei hinreichender Gewährung rechtlichen Gehörs zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Das LSG hat seine Entscheidung ganz wesentlich damit begründet, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung widersprüchlich und kaum nachvollziehbar vorgetragen habe, sodass schon die Protokollierung ihres Vortrags schwierig gewesen sei. Das Berufungsgericht ist deshalb in allen Punkten, die es für entscheidungserheblich gehalten hat, nicht den Angaben der Klägerin, sondern allein der Aussage der Zeugin gefolgt und dies, obwohl das Berufungsgericht durchaus ein Eigeninteresse der Zeugin, sich gegenüber der Beklagten im Hinblick auf die Hörsysteme-Vereinbarung als vertragstreu darzustellen, erkannt hat. Es lässt sich daher nicht ausschließen, dass das LSG zu einer anderen Bewertung der Glaubwürdigkeit der Klägerin und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben gekommen wäre, wenn die Klägerin aufgrund eines besseren Verständnisses der an sie gerichteten Fragen beim Gericht einen anderen Eindruck hinterlassen hätte. Denn das Berufungsgericht ist wegen der Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Klägerin insbesondere auch deren Angaben nicht gefolgt, die Zeugin habe ihr in der Verkaufsberatung gesagt, eigenanteilsfreie Geräte könnten den gewünschten Erfolg des Sprachverstehens, des Telefonierens mit Handy und Festnetz und das Fernsehhören nicht gewährleisten und bräuchten deshalb nicht ausprobiert zu werden. Eine dahingehende Beratung seitens der Zeugin ist aber naheliegend, wenn - wie der gerichtlich bestellte Gutachter zweifelsfrei ausgeführt hat - es zum Versorgungszeitpunkt tatsächlich keine eigenanteilsfreien Hörgeräte mit diesen Funktionen gab. Die Zweifel des LSG an der Glaubwürdigkeit der Klägerin waren für die Entscheidung in Bezug auf die Vorfestlegung der Klägerin auf teurere als eigenanteilsfreie Geräte selbst dann ausschlaggebend, wenn das LSG von dem Gutachten nicht überzeugt gewesen sein sollte und eine hinreichende Versorgung der Klägerin mit eigenanteilsfreien Geräten zum Versorgungszeitpunkt für möglich hielt. Denn einen nachvollziehbaren Grund dafür, dass die Klägerin ausschließlich auf teurere Geräte vorfestgelegt war, obgleich eigenanteilsfreie Geräte mit gleicher Funktionalität zur Verfügung gestanden hätten, hat das LSG nicht festgestellt.
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Durch die Annahme eines Verfahrensfehlers wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs wird hier nicht der Rechtssatz nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG umgangen, nach dem die Revisionszulassung nicht auf eine Verletzung der freien Beweiswürdigung nach § 128 Abs 1 S 1 SGG gestützt werden kann. Denn die freie Beweiswürdigung muss auf der Basis eines fairen Verfahrens unter Einhaltung der Grundsätze des rechtlichen Gehörs erfolgen.
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3. Der Grundsatz, dass der Betroffene alles getan haben muss, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl stRspr zB BVerwG NJW 1989, 601, BVerwG NJW 1992, 3185; BSG Beschluss vom 25.11.2008 - B 5 R 308/08 B - RdNr 7 - zitiert nach Juris sowie BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22; BSGE 68, 205, 210 = SozR 3-2200 § 667 Nr 1), wirkt sich hier nicht zu Lasten der Klägerin aus. Er kann als Ausdruck des Gebots eines fairen Verfahrens nämlich nur unter Berücksichtigung der Wertungen des Gesetzgebers Anwendung finden, die sich hier insbesondere aus der detaillierten Regelung des § 186 GVG im Lichte des Art 13 Abs 1 UN-BRK ergeben. Danach gehört es - zumindest wenn das entscheidende Gericht genügend Hinweise auf eine schwere Schwerhörigkeit eines Beteiligten hat und dieser sogar um die Nutzung einer selbst mitgebrachten besonderen technischen Ausstattung bittet - nicht zu den Obliegenheiten des Beteiligten, die Nutzung von Geräten, die ihm eine hinreichende Verständigung vor Gericht ermöglichen, von sich aus und ohne Hinweis des Gerichts auf die Regelung des § 186 GVG förmlich beim Gericht zu beantragen. Vielmehr weist diese Vorschrift die Fürsorgepflicht zur Sicherstellung ausreichender Verständigungsmöglichkeiten in vollem Umfang dem Gericht zu.
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4. In dem wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das LSG zu beachten haben, dass dem geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch eine Vorfestlegung der Klägerin nicht entgegengehalten werden kann, wenn die Klägerin lediglich eine unzureichende Versorgung abgelehnt hat. Denn ein Hörgerät, von dem aufgrund seiner technischen Ausstattung von vornherein feststeht, dass es den Anforderungen an eine ausreichende Versorgung nicht gerecht werden kann, muss ein Versicherter nicht austesten.
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Insbesondere vor dem Hintergrund, dass es bei der Hörgeräteversorgung allgemein üblich geworden ist, dass sich Rehabilitationsträger ihrer leistungsrechtlichen Verantwortung durch sog "Verträge zur Komplettversorgung" nahezu vollständig entziehen und die Versorgung mit Hörgeräten dadurch praktisch nicht mehr vom Rehabilitationsträger selbst vorgenommen, sondern in die Hände der Leistungserbringer "outgesourced" wird (vgl hierzu BSGE 113, 40 = SozR 4-3250 § 14 Nr 19, RdNr 20; dem sich der 5. Senat in vollem Umfang angeschlossen hat: BSGE 117, 192 = SozR 4-1500 § 163 Nr 7 RdNr 35, 36), kann es der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen, wenn sie genau den von der Beklagten durch entsprechende Verträge mit den Leistungserbringern eingerichteten Beratungsweg einhielt und sich sogar bei mehreren Leistungserbringern beraten ließ. Eine dem Kostenerstattungsanspruch entgegenstehende Vorfestlegung kommt bei dieser Sachlage nur in Betracht, wenn der Versicherte von vornherein jede sinnvolle, dh auf eine ausreichende Versorgung gerichtete Beratung durch Leistungserbringer ablehnt, weil er bereits so fest auf ein bestimmtes Leistungsbegehren fixiert ist, dass eine offene Prüfung und Beratung insgesamt obsolet erscheint.
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Deshalb wird das LSG aufzuklären haben, ob die Klägerin eine ausreichende Versorgung zum Festbetrag abgelehnt hat. Nach der Rechtsprechung des BSG haben Versicherte der GKV Anspruch auf diejenige Hörgeräteversorgung, die die nach dem Stand der Medizintechnik bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlaubt, soweit dies im Alltagsleben einen erheblichen Gebrauchsvorteil bietet. Dies gilt auch dann, wenn eine solche Versorgung zum Festbetrag nicht gewährleistet ist (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2). Deshalb müsste die Klägerin zunächst dazu beraten worden sein, mit welchen zum Festbetrag erhältlichen Geräten eine nach dem Stand der Medizintechnik bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder möglich gewesen wäre. Es müsste ihr zumindest ein solches Gerät konkret zum Austesten angeboten und vorgestellt worden sein. Erst wenn die Klägerin das Austesten eines solchen Gerätes abgelehnt haben sollte, obwohl die von ihr gewünschte Versorgung keine im Alltagsleben relevante funktionale Verbesserung bietet, sondern allenfalls Vorteile im Bereich von Bequemlichkeit, Komfort oder Ästhetik, kann von einer Vorfestlegung ausgegangen werden. Die Ablehnung eines unzureichenden Angebotes kann der Klägerin demgegenüber nicht entgegengehalten werden. Denn ein Versicherter ist nicht verpflichtet, Hörgeräte auszutesten, bei denen von vornherein feststeht, dass damit die nach dem Stand der Medizintechnik bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder nicht erreichbar ist.
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5. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung des LSG vorbehalten.
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