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BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R
BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R - Schwerbehindertenrecht - Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen - konkrete Arbeitsplatzgefährdung - Drohung oder Ausspruch einer Kündigung nicht erforderlich - geeigneter Arbeitsplatz - konkrete Betrachtung - Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsplatz - bindende Feststellung des LSG - Verstoß gegen Denkgesetze - sozialgerichtliches Verfahren
Normen
§ 2 Abs 3 Alt 2 SGB 9, § 68 Abs 2 S 1 SGB 9, § 69 SGB 9, § 73 Abs 1 SGB 9, § 81 Abs 4 S 1 Nr 5 SGB 9, § 163 SGG, § 164 Abs 2 S 3 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Reutlingen, 16. Dezember 2011, Az: S 8 AL 1740/11, Gerichtsbescheid
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 9. August 2013, Az: L 12 AL 238/12, Urteil
Leitsatz
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1. Die Voraussetzungen der Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen sind bezogen auf die konkreten Anforderungen am Arbeitsplatz und die konkreten Einschränkungen des behinderten Menschen zu prüfen.
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2. Zwischen der Behinderung und der Erforderlichkeit der Gleichstellung muss ein Ursachenzusammenhang bestehen, der nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu prüfen ist; dieser ist nicht erst dann zu bejahen, wenn eine Kündigung bereits konkret droht oder gar ausgesprochen worden ist.
Tenor
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Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. August 2013 wird zurückgewiesen.
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Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
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Streitig ist, ob der Kläger gemäß § 2 Abs 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) mit einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen ist.
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Der 1957 geborene Kläger steht seit Oktober 1987 in einem Vollzeitarbeitsverhältnis bei der R: G. (nachfolgend: R). Bei ihm wurde ab 27.6.2006 ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 festgestellt. Dem lagen folgende Behinderungen zu Grunde: Bronchialasthma, Schlafapnoe-Syndrom, Atembehinderung bei Verengung des Nasenganges, Kopfschmerzsyndrom, Schwindel, Reizmagen, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und Nervenwurzelreizerscheinungen.
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Am 8.11.2010 beantragte der Kläger bei der beklagten Bundesagentur für Arbeit (BA) die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen. Er könne seine derzeitige Tätigkeit mit behinderungsbedingten Einschränkungen zwar weiterhin ausüben, dürfe aber nicht mehr schwer heben. Sein Arbeitsplatz sei gefährdet, auch wenn das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbestehe; denn er habe keinen besonderen Kündigungsschutz. Auf Anfrage teilte die R der Beklagten mit, der Kläger sei als Umspuler eingesetzt. Er länge Kabel nach Kundenwunsch ab und spule sie auf Trommeln oder Ringe um. Die gesundheitlichen Einschränkungen seien bekannt und wirkten sich durch häufige Fehlzeiten aus. Eine innerbetriebliche Umsetzung sei nicht möglich. Das Arbeitsverhältnis sei zwar ordentlich kündbar, eine Kündigung aber nicht ausgesprochen worden.
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Die Beklagte lehnte den Antrag auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen ab (Bescheid vom 24.1.2011). Sie wies auch den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchs-bescheid vom 6.5.2011). Eine Gleichstellung könne nur erfolgen, wenn der Arbeitsplatz konkret gefährdet sei. Dies sei nicht der Fall.
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Das Sozialgericht (SG) Reutlingen hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 16.12.2011). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung des Klägers die angefochtenen Bescheide sowie die Entscheidung des SG aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Kläger einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen (Urteil vom 9.8.2013). Der konkrete Arbeitsplatz sei für den Kläger geeignet. Hierfür genüge es, dass der Kläger durch Leistungen zur Rehabilitation oder durch eine vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellende Ausstattung in der Lage sei, den Arbeitsplatz vollständig auszufüllen. Zum Behalten des Arbeitsplatzes reiche es aus, dass dieser durch die Gleichstellung sicherer gemacht werden könne. Eine konkrete Gefährdung des Arbeitsplatzes durch eine bereits im Raum stehende angedrohte oder gar ausgesprochene Kündigung des Arbeitgebers sei nicht zu fordern.
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Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und Verfahrensrügen erhoben. Das LSG habe die Grenzen freier richterlicher Beweiswürdigung überschritten, indem es festgestellt habe, dass der Kläger auf einem geeigneten Arbeitsplatz eingesetzt und dieser gefährdet sei. Das LSG habe angenommen, der Kläger sei für die Tätigkeit als Umspuler geeignet, weil er durch technische Hilfen in die Lage versetzt werden könne, die Tätigkeit auszuüben. Das LSG habe aber zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass der Kläger nicht auf einem geeigneten Arbeitsplatz beschäftigt ist, ua deshalb, weil die durch einen technischen Berater der Beklagten vorgeschlagenen Maßnahmen nicht zur Umsetzung gekommen seien. Das LSG hätte auch nicht feststellen dürfen, dass der Arbeitsplatz des Klägers gefährdet sei. Es verletze aber Denkgesetze, allein aus dem Bestehen eines GdB von 30 auf eine drohende Gefährdung des Arbeitsplatzes oder gar eine Kündigungsabsicht zu schließen.
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Die Beklagte rügt auch die Verletzung des § 2 Abs 3 SGB IX. Entgegen der Auffassung des LSG sei ein Arbeitsplatz nur geeignet, wenn der behinderte Mensch unter Berücksichtigung von Art und Schwere der Behinderung seine Tätigkeit dauerhaft ausüben könne. Nicht geeignet sei ein Arbeitsplatz, wenn die dortige Beschäftigung zur Verschlechterung der Gesundheit führe und sich durch eine technische Umgestaltung keine Verbesserung der Arbeitssituation ergebe. Das sei hier der Fall. Der Arbeitsplatz des Klägers sei auch nicht gefährdet. Bei der erforderlichen Prognose über das "Behaltenkönnen" sei zwar keine absolute Sicherheit erforderlich. Es genüge aber keine abstrakte Gefährdung des Arbeitsplatzes, sondern es müssten Tatsachen vorliegen, die den Schluss zuließen, dass der Arbeitsplatz wegen der Behinderung konkret gefährdet sei. Hieran fehle es.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. August 2013 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. Dezember 2011 zurückzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Der Kläger habe aufgrund der behinderungsbedingten Einschränkungen Wettbewerbsnachteile, die durch Gleichstellung auszugleichen seien. Eine konkrete Arbeitsplatzgefährdung sei nicht zu fordern.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 S 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Das Urteil des LSG verletzt nicht Bundesrecht; insbesondere ist die Auslegung und Anwendung des § 2 Abs 3 SGB IX im Ergebnis nicht zu beanstanden.
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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 24.1.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.5.2011, gegen den sich der Kläger mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1, § 56 SGG) wendet (zur Klageart vgl Bundessozialgericht <BSG> Urteil vom 1.3.2011 - B 7 AL 6/10 R - BSGE 108, 4 = SozR 4-3250 § 2 Nr 4 jeweils RdNr 9). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung eines Gleichstellungsbegehrens ist wegen der Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragsstellung in erster Linie dieser Zeitpunkt. Allerdings müssen wegen des Zwecks der Regelung auch wesentliche Änderungen der Sach- und Rechtslage bis zur letzten mündlichen Verhandlung Berücksichtigung finden (vgl BSG Urteil vom 2.3.2000 - B 7 AL 46/99 R - BSGE 86, 10 = SozR 3-3870 § 2 Nr 1).
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2. Der Anspruch auf Gleichstellung hat folgende Voraussetzungen: Gemäß § 2 Abs 3 SGB IX sollen behinderte Menschen mit einem GdB von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs 2 SGB IX vorliegen, schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz iS des § 73 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten können. Diese Gleichstellung erfolgt gemäß § 68 Abs 2 S 1 SGB IX auf Antrag des behinderten Menschen durch feststellenden Verwaltungsakt nach § 69 SGB IX. Zweck der Gleichstellung ist es, die ungünstige Konkurrenzsituation der behinderten Menschen am Arbeitsplatz und auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern und somit den Arbeitsplatz sicherer zu machen oder die Vermittlungschancen zu erhöhen (BSG Urteil vom 1.3.2011 - B 7 AL 6/10 R - BSGE 108, 4 = SozR 4-3250 § 2 Nr 4).
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a) Bei einem behinderten Menschen muss wegen der Abstufung des GdB in Zehnerschritten (§ 69 Abs 1 S 4 SGB IX) ein GdB von 30 oder 40 festgestellt sein. Die BA ist im Rahmen des Verfahrens der Gleichstellung an den festgestellten GdB gebunden, obwohl sie weder am Verwaltungsverfahren noch am gerichtlichen Verfahren zur Höhe des GdB zu beteiligen ist (§§ 10, 12 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, § 75 SGG; so Luthe in jurisPK-SGB IX, § 2 RdNr 106). Die Feststellung des GdB durch die jeweils nach Landesrecht zuständige Behörde wirkt insoweit konstitutiv (vgl Bundesarbeitsgericht <BAG> Urteil vom 24.11.2005 - 2 AZR 514/04 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr 43 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr 51; BAG Urteil vom 18.11.2008 - 9 AZR 643/07 - AP Nr 16 SGB IX § 81 = EzA SGB IX § 81 Nr 19).
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b) Die Voraussetzungen nach § 2 Abs 2 SGB IX müssen erfüllt sein, dh der behinderte Mensch muss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben oder hier eine Beschäftigung ausüben.
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c) Geschützt ist das Erlangen oder Behalten eines Arbeitsplatzes. Die beiden Tatbestandsalternativen des Erlangens (Alt 1) und Behaltens (Alt 2) können kumulativ vorliegen, wenn der behinderte Mensch einen Arbeitsplatz innehat und zugleich einen neuen Arbeitsplatz sucht. Sie können aber auch nur alternativ vorliegen, wenn ein behinderter Mensch entweder nur den bisherigen Arbeitsplatz behalten oder nur einen anderen Arbeitsplatz erlangen möchte (BSG Urteil vom 1.3.2011 - B 7 AL 6/10 R - BSGE 108, 4 = SozR 4-3250 § 2 Nr 4).
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Der Begriff des Arbeitsplatzes ist in § 73 Abs 1 SGB IX definiert. Danach sind Arbeitsplätze alle Stellen, auf denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer usw beschäftigt werden. Der weite Arbeitsplatzbegriff des Abs 1 wird in Abs 3 der Vorschrift allerdings dahingehend eingeschränkt, dass es sich um einen solchen mit einem Arbeitszeitumfang von 18 Stunden pro Woche handeln muss. Der behinderte Mensch muss daher über eine Resterwerbsfähigkeit verfügen, die ihm die Ausübung einer Beschäftigung von mindestens 18 Stunden pro Woche ermöglicht (dies schließt wegen der 15-Stunden-Grenze des § 138 Abs 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch <SGB III> zugleich das Bestehen von Arbeitslosigkeit aus).
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d) Der Arbeitsplatz muss für den behinderten Menschen "geeignet" sein. Der behinderte Mensch darf grundsätzlich durch die geschuldete Arbeitsleistung nicht gesundheitlich überfordert werden. Auf der anderen Seite führt das Auftreten oder Hinzutreten einer behinderungsbedingten Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens für sich genommen noch nicht zum Wegfall der Geeignetheit des Arbeitsplatzes.
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Die Geeignetheit des Arbeitsplatzes bestimmt sich individuell-konkret nach dem Eignungs- und Leistungspotential des behinderten Menschen (BSG Urteil vom 2.3.2000 - B 7 AL 46/99 R - BSGE 86, 10 = SozR 3-3870 § 2 Nr 1, jeweils RdNr 16). Die BA und ggf die Gerichte haben die konkreten Behinderungen und ihre Auswirkungen auf die Eignung des behinderten Menschen für den konkreten Arbeitsplatz zu ermitteln. Danach haben sie zu entscheiden, ob der Arbeitsplatz entweder schon für sich betrachtet geeignet ist oder der Arbeitsplatz jedenfalls durch Umsetzung von Leistungen der Rehabilitationsträger oder des Arbeitgebers so gestaltet werden kann, dass der behinderte Mensch die Anforderungen des Arbeitsplatzes erfüllen kann, ohne seinen Gesundheitszustand zu verschlechtern.
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Diese konkrete Betrachtungsweise bei der Prüfung der Eignung des Arbeitsplatzes ergibt sich bei Auslegung des § 2 Abs 3 SGB IX nach seinem Sinn und Zweck. Eine Gleichstellung soll erfolgen, damit die Teilhabe des behinderten Menschen am Arbeitsleben gesichert wird, nach der Alt 2 soll dieses Ziel dadurch erreicht werden, dass er seinen Arbeitsplatz behalten kann. Der behinderte Mensch kann aber immer nur den Arbeitsplatz "behalten", den er konkret innehat. Die Frage nach der Eignung "eines" Arbeitsplatzes für den behinderten Menschen kann nicht abstrakt für alle Arbeitsplätze geprüft werden. Der Anwendungsbereich des § 2 Abs 3 SGB IX würde auch überdehnt, wenn es ausreichend wäre, dass es - abstrakt betrachtet - irgendwelche Arbeitsplätze gibt, zu deren Ausübung der behinderte Mensch auf die Gleichstellung angewiesen ist (zu den entsprechenden Anforderungen nach § 2 Abs 3 Alt 1 SGB IX vgl die Senatsentscheidung vom 6.8.2014 - B 11 AL 5/14 R).
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Bei der Prüfung der Geeignetheit eines Arbeitsplatzes sind auch die Rechtspflichten der Rehabilitationsträger (§ 6 SGB XI) zur Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben sowie die aus § 81 SGB IX folgenden Rechtspflichten des Arbeitgebers zu berücksichtigen, worauf das LSG zutreffend hingewiesen hat (vgl auch Christians in GK-SGB IX, § 2 RdNr 143 f). Besondere Bedeutung erlangt hier § 81 Abs 4 Nr 5 SGB IX, der schwerbehinderten und gleichgestellten Menschen gegenüber ihrem Arbeitgeber einen Anspruch auf Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit erforderlichen technischen Arbeitshilfen zubilligt. Ist eine Förderung durch technische Arbeitshilfen empfohlen worden oder sind solche Hilfen - zB durch die -Deutsche Rentenversicherung - als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligt worden, steht der Umstand, dass diese Maßnahmen (noch) nicht umgesetzt worden sind, der Geeignetheit des Arbeitsplatzes nicht entgegen. Anderes könnte nur gelten, wenn der behinderte Mensch auf die Umsetzung der Maßnahmen an seinem Arbeitsplatz verzichtet hätte oder sie ablehnen würde.
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e) Zwischen der Behinderung und der Erforderlichkeit der Gleichstellung muss ein Ursachenzusammenhang bestehen ("infolge"). Ein solcher liegt vor, wenn bei wertender Betrachtung in der Art und Schwere der Behinderung die Schwierigkeit begründet ist, den geeigneten Arbeitsplatz zu behalten (BSG Urteil vom 1.3.2011 - B 7 AL 6/10 R - BSGE 108, 4 = SozR 4-3250 § 2 Nr 4). Die Kausalitätsprüfung hat nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu erfolgen. Dies hat das BSG schon früher entschieden (BSG Urteil vom 2.3.2000 - B 7 AL 46/99 R - BSGE 86, 10 = SozR 3-3870 § 2 Nr 1), als es formulierte, der behinderte Mensch müsse bei wertender Betrachtung (im Sinne einer wesentlichen Bedingung) in seiner Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Nichtbehinderten in besonderer Weise beeinträchtigt und deshalb nur schwer vermittelbar sein. Ausreichend für die Bejahung des Ursachenzusammenhangs ist es, wenn die Behinderung zumindest eine wesentliche Mitursache für die Arbeitsmarktprobleme des behinderten Menschen ist (Luthe in jurisPK-SGB IX, § 2 RdNr 96; Schimanski in: Großmann, SGB IX, § 2 RdNr 229). Dagegen reichen betriebliche Defizite wie Missverständnisse, nicht geklärte Zuständigkeiten, ein unfreundlicher Umgang miteinander, unklare Arbeitsanweisungen, fachliche Defizite und fehlendes Verständnis für die jeweilige Situation des anderen oder auch persönliche Schwierigkeiten mit Vorgesetzten nicht aus, weil diese Umstände nicht auf der Behinderung beruhen (LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.1.2011 - L 13 AL 3853/10).
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Um den Kausalzusammenhang zwischen Behinderung und Erforderlichkeit der Gleichstellung annehmen zu können, ist keine absolute Sicherheit im Sinne des Vollbeweises erforderlich (BSG Urteil vom 2.3.2000 - B 7 AL 46/99 R - BSGE 86, 10 = SozR 3-3870 § 2 Nr 1). Vielmehr genügt - wie auch sonst bei sozialrechtlichen Kausalitätsprüfungen -, dass der Arbeitsplatz durch die Gleichstellung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit sicherer gemacht werden kann (stRspr; BSG Urteil vom 15.9.2011 - B 2 U 22/10 R - NZS 2012, 151; BSG Urteil vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3; Abgrenzung zu BSG Urteil vom 6.4.2006 - B 7a AL 20/05 R - SozR 4-4300 § 324 Nr 2).
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Um die Anknüpfungstatsachen für die Kausalitätsprüfung sachgerecht zu erheben, kann sich eine Arbeitgeberanfrage eignen (Schleswig-Holsteinisches LSG Urteil vom 14.12.2012 - L 3 AL 36/11). Auch die Betriebs- und Personalvertretungen können zur Situation behinderter Menschen bei dem Arbeitgeber angehört werden. Behinderungsbedingte Fehlzeiten, die Rückschlüsse auf die Gefährdung der Teilhabe am Arbeitsleben zulassen, können herangezogen werden. Das Ob und der Umfang des Bedarfs an technischen Hilfen kann weitere Hinweise geben; allerdings löst ein Bedarf an solchen Hilfen nicht bereits einen Anspruch auf Gleichstellung aus. Schließlich sieht die Beklagte zu Recht in einer behinderungsbedingt verminderten Arbeitsleistung trotz eines behinderungsgerecht ausgestatteten Arbeitsplatzes, in Abmahnungen oder Abfindungsangeboten im Zusammenhang mit behinderungsbedingt verminderter Leistungsfähigkeit oder in notwendigen Hilfeleistungen anderer Mitarbeiter sowie in eingeschränkter beruflicher Mobilität Anzeichen für einen Ursachenzusammenhang zwischen Behinderung und dem Erfordernis der Gleichstellung.
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Die Antwort auf die Frage nach dem Kausalzusammenhang iS des § 2 Abs 3 SGB IX ergibt sich dagegen nicht aus der Alternative einer entweder nur abstrakten (so das LSG in der vorinstanzlichen Entscheidung) oder konkreten Prognoseentscheidung über die Arbeitsplatzgefährdung (anders zu § 217 SGB III aF BSG Urteil vom 6.4.2006 - B 7a AL 20/05 R - SozR 4-4300 § 324 Nr 2; auch LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 12.4.2010 - L 19 AL 51/09 - Juris RdNr 27; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.1.2011 - L 13 AL 3853/10; Schleswig-Holsteinisches LSG Urteil vom 14.12.2012 - L 3 AL 36/11).
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Der behinderte Mensch soll in das Arbeitsleben integriert bleiben. Er kann deshalb einerseits nicht darauf verwiesen werden abzuwarten, bis der Arbeitgeber Maßnahmen ergreift, die auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zielen. In einer solchen Situation käme eine Gleichstellung nach § 2 Abs 3 SGB IX in aller Regel zu spät. Denn das BAG hat entschieden, dass der Arbeitgeber grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die besonderen Pflichten nach dem SGB IX gegenüber Personen zu erfüllen, deren Schwerbehinderung oder Gleichstellung ihm (noch) nicht bekannt ist (BAG Urteil vom 18.11.2008 - 9 AZR 643/07 - AP Nr 16 zu § 81 SGB IX = EzA SGB IX § 81 Nr 19). Andererseits reicht eine rein abstrakte Gefährdung nicht aus, weil - "abstrakt" betrachtet - das Arbeitsverhältnis des leistungsgeminderten behinderten Menschen stets gefährdet sein kann.
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Ein wesentlicher bei der Kausalitätsprüfung zu berücksichtigender Umstand ist die arbeitsrechtliche Sicherung, die der behinderte Mensch auf dem konkreten Arbeitsplatz (§ 73 SGB IX) erlangt hat. So steht der Status des Beamten oder Richters oder die langjährige Beschäftigung im öffentlichen Dienst einer Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen in der Regel entgegen. Anderes gilt aber, sofern ausnahmsweise besondere Umstände vorliegen, die eine Gleichstellung gebieten (so schon BSG Urteil vom 1.3.2011 - B 7 AL 6/10 R - BSGE 108, 4 = SozR 4-3250 § 2 Nr 4, jeweils RdNr 13).
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Ebenso haben tariflich unkündbare Arbeitnehmer ein bestandsgeschütztes Arbeitsverhältnis inne, das sie nur unter qualifizierten Voraussetzungen verlieren können oder selbst aufgeben müssen. Haben behinderte Menschen solchermaßen geschützte Arbeitsplätze inne, bedürfen sie zur weiteren Teilhabe am Arbeitsleben in der Regel keiner Gleichstellung. Hierin liegt keine Benachteiligung dieser Personengruppe, was schon daran zu erkennen ist, dass das SGB III den so geschützten Arbeitnehmern hinsichtlich der Beendigung des Arbeits- oder Dienstverhältnisses besondere Obliegenheiten auferlegt, an deren Verletzung ggf arbeitsförderungsrechtliche Ruhensvorschriften anknüpfen (vgl § 158 Abs 1 S 3 und 4, § 159 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB III).
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3. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der Gleichstellung nach § 2 Abs 3 Alt 2 SGB IX. Er hat einen Rechtsanspruch auf die dahingehende Feststellung der Beklagten, sodass diese hierzu zu verpflichten war.
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Der Kläger will hier (nur) gleichgestellt werden, um seinen Arbeitsplatz bei R zu behalten. Die Prüfung ist daher auf die Voraussetzungen des § 2 Abs 3 Alt 2 SGB IX beschränkt. Obwohl das LSG teilweise von anderen Maßstäben ausgegangen ist, hat es die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen, sodass der Senat abschließend über den geltend gemachten Anspruch entscheiden kann. Die Beklagte hat gegen die Feststellungen des LSG keine zulässigen Verfahrensrügen erhoben, sodass diese für den Senat bindend sind (§ 163 SGG).
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a) Der Kläger hat bei der gebotenen konkreten Betrachtung einen geeigneten Arbeitsplatz inne. Das LSG hat insoweit festgestellt (§ 163 SGG), dass der Arbeitsplatz des Klägers bei R geeignet ist, weil der Kläger dessen Anforderungen trotz der behinderungsbedingten Einschränkungen mit den schon festgelegten technischen Arbeitshilfen weiter erfüllen kann. Dass die Arbeitgeberin die bewilligten technischen Arbeitshilfen bislang nicht abgerufen und eingesetzt hat, ist dem Kläger nicht anzulasten.
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Die gegen die Feststellung des LSG erhobene Rüge der Beklagten, die Beweiswürdigung des LSG beruhe auf einer Verletzung der Denkgesetze, ist unzulässig. Die Beklagte hätte im Einzelnen darlegen müssen, dass das LSG bei seiner Beweiswürdigung gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen hat ( BSG Urteil vom 31.5.2005 - B 2 U 12/04 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 2 RdNr 9).
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Die Beklagte hat insoweit ausgeführt, die Feststellung der Geeignetheit des Arbeitsplatzes sei denkgesetzlich ausgeschlossen. Der Kläger bedürfe zur Sicherung des Arbeitsplatzes technischer Hilfen, die nicht umgesetzt worden seien. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitsplatz für den behinderten Menschen (noch) geeignet ist (abstrakt-konkret), sei bislang nicht höchstrichterlich geklärt.
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Das Vorbringen zeigt, dass die Beklagte sich nicht in erster Linie gegen die vom LSG getroffene Feststellung wendet, sondern die zu Grunde gelegten rechtlichen Maßstäbe angreift. Ob das LSG das materielle Recht insoweit zutreffend ausgelegt und angewendet hat, ist aber keine Frage des richtigen oder falschen Verfahrens, sondern eine solche des materiellen Rechts.
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Dass das LSG eine Beweiswürdigung vorgenommen hätte, die denkgesetzlich ausgeschlossen wäre, wird aus dem Vorbringen nicht deutlich (§ 164 Abs 2 S 3 SGG). In der Beweiswürdigung geht das LSG aufgrund einer Auskunft des technischen Beraters der Beklagten, wonach die Situation am Arbeitsplatz verbessert werden könne, davon aus, der Arbeitsplatz sei angesichts der bestehenden Behinderungen mit diesen Hilfen für den Kläger weiterhin geeignet. Von dem Rechtsstandpunkt des LSG ausgehend, dass die Geeignetheit des Arbeitsplatzes unter Berücksichtigung der bereitzustellenden Arbeitshilfen zu beurteilen sei, ist diese Schlussfolgerung vertretbar. Ein Denkgesetz, das sie verletzt, ist nicht ersichtlich.
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b) Der Kläger ist infolge seiner Behinderung auf eine Gleichstellung angewiesen, um seinen Arbeitsplatz behalten zu können.
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Trotz des teilweise abweichenden materiell-rechtlichen Ausgangspunkts hat das LSG zur Frage der Kausalität zwischen Behinderung und dem Erfordernis der Gleichstellung Feststellungen getroffen. Danach bestehen beim Kläger gesundheitliche Einschränkungen, die auch dem Arbeitgeber bekannt sind. Sie wirken sich in häufigen Fehlzeiten aus. Eine innerbetriebliche Umsetzung ist nicht möglich. Das Arbeitsverhältnis ist ungekündigt, kann aber ordentlich gekündigt werden. Der Kläger ist angesichts der Anforderungen des Arbeitsplatzes infolge der Behinderung nicht mehr konkurrenzfähig. Sein Arbeitsplatz kann durch Gleichstellung sicherer gemacht werden. Einer konkret drohenden oder ausgesprochenen Kündigung bedarf es - wie oben dargelegt - nicht.
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Die Beklagte hat auch gegen die tatsächlichen Feststellungen des LSG keine zulässigen Verfahrensrügen erhoben. Sie rügt zwar, das LSG habe Denkgesetze verletzt, als es feststellte, dass der Arbeitsplatz des Klägers gefährdet sei. Insoweit genüge eine abstrakte Gefährdung nicht. Vielmehr müssten Tatsachen vorliegen, die den Schluss zulassen, dass der Arbeitsplatz wegen Behinderung konkret gefährdet sei.
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Auch diese Rüge bezieht sich im Kern nicht auf die Art und Weise der Beweiswürdigung, sondern darauf, dass das LSG - aus Sicht der Beklagten - von einem falschen rechtlichen Maßstab ausgegangen ist (abstrakte Gefährdung). Nach welchem Maßstab die Prüfung des "Behaltenkönnens" und der Kausalität zu erfolgen hat, ist aber eine Frage des materiellen Rechts. Eine Verletzung von Denkgesetzen ist auch insoweit nicht dargetan.
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c) Der Kläger hat, weil er infolge der Auswirkungen seiner Behinderung zur Sicherung des konkreten, geeigneten Arbeitsplatzes der Gleichstellung bedarf, Anspruch auf die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen.
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Sein Anspruch auf Gleichstellung scheitert nicht daran, dass die Beklagte nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen über die Gleichstellung zu entscheiden hätte. § 2 Abs 3 SGB IX ("soll") räumt der Beklagten ein gebundenes Ermessen ein. Die Sollvorschrift gibt ihr nur dann die Möglichkeit, eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen, wenn atypische Umstände vorliegen, die dies rechtfertigen (atypischer Fall). Da vorliegend nichts dafür festgestellt ist, dass ein atypischer Fall vorliegt, ist die Beklagte zur Gleichstellung verpflichtet (BSG Urteil vom 2.3.2000 - B 7 AL 46/99 R; BSG Urteil vom 1.3.2011 - B 7 AL 6/10 R - BSGE 108, 4 = SozR 4-3250 § 2 Nr 4).
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs 1 SGG.
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