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BSG 25.02.2014 - B 6 KA 1/13 C
BSG 25.02.2014 - B 6 KA 1/13 C - Vertragsärztliche Versorgung - Honorarverteilungsvertrag - Härtefall - Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz - Bestehen eines spezifischen Sicherstellungsbedarfs
Normen
Vorinstanz
vorgehend SG Marburg, 6. Oktober 2010, Az: S 11 KA 189/10, Urteil
vorgehend Hessisches Landessozialgericht, 17. Juli 2013, Az: L 4 KA 6/11, Urteil
Tenor
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Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen das Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. Juli 2013 - B 6 KA 44/12 R - wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin trägt auch die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens.
Gründe
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I. Die Klägerin begehrt höheres Honorar für das Quartal III/2009. Sie macht geltend, dass die beklagte Kassenärztliche Vereinigung ihr ein zu geringes Regelleistungsvolumen (RLV) auf der Grundlage der Fallzahl im entsprechenden Quartal des Vorjahres zugewiesen habe. Mit der nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Klage hat die Klägerin im Sinne der Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung Erfolg gehabt (Urteil des SG Marburg vom 6.10.2010). Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten war insofern erfolgreich, als die Vorgaben für die Neubescheidung der Klägerin neu gefasst wurden (Urteil des Hessischen LSG vom 22.2.2012). Auf die Revision der Beklagten hat der Senat die Urteile des SG Marburg und des LSG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Anhörungsrüge der Klägerin.
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II. Die Anhörungsrüge der Klägerin, über die der Senat ohne mündliche Verhandlung und dementsprechend ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter entscheiden kann (§ 12 Abs 1 Satz 2 iVm § 124 Abs 3 SGG; s dazu BSG SozR 4-1500 § 178a Nr 5 RdNr 16 f; BSG SozR 4-1500 § 178a Nr 6 RdNr 7 f), hat keinen Erfolg, denn sie ist - ihre Zulässigkeit unterstellt - jedenfalls unbegründet.
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Für die Zulässigkeit einer Anhörungsrüge ist erforderlich, dass ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die angegriffene Entscheidung nicht gegeben ist (§ 178a Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG), dass die Rüge innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis einer Verletzung des rechtlichen Gehörs erhoben (§ 178a Abs 2 Satz 1 SGG) und dass eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung dargelegt wird (§ 178a Abs 2 Satz 5 SGG). Die ersten beiden Voraussetzungen sind erfüllt. Anders verhält es sich mit der dritten Voraussetzung. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin mit ihrem Vorbringen die Möglichkeit einer Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) durch das Urteil des Senats vom 17.7.2013 schlüssig dargetan hat. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet.
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Art 103 Abs 1 GG verpflichtet ebenso wie § 62 SGG die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Fehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben könnten. Dieses Gebot verpflichtet die Gerichte allerdings nicht, der Rechtsansicht eines der Beteiligten zu folgen (vgl BVerfG <Kammer> vom 4.9.2008 - 2 BvR 2162/07, 2 BvR 2271/07 - BVerfGK 14, 238, 241 f, unter Hinweis auf BVerfGE 64, 1, 12 und BVerfGE 87, 1, 33 = SozR 3-5761 Allg Nr 1 S 4; ebenso BVerfG <Kammer> vom 20.7.2011 - 1 BvR 3269/10 - RdNr 3 am Ende, in Juris dokumentiert). Die Gerichte sind auch nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden; sie müssen nur das wesentliche, der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienende Vorbringen in den Entscheidungsgründen verarbeiten (stRspr des BVerfG, s zB BVerfG <Kammer> vom 20.2.2008 - 1 BvR 2722/06 - BVerfGK 13, 303, 304 = Juris, dort RdNr 9 ff mwN; BVerfGK 7, 485, 488). Zur Gewährung rechtlichen Gehörs gehört grundsätzlich auch das Recht der Beteiligten darauf, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt sowie zu der relevanten Rechtslage zu äußern (vgl zB BVerfGE 86, 133, 144). Dabei hat das Gericht zwar nicht die Pflicht, seine Auffassung zur Sach- und Rechtslage vor der Entscheidung zu erkennen zu geben. Jedoch darf ein Urteil nicht auf tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte gestützt werden, mit denen die Beteiligten nicht haben rechnen müssen. Daraus können sich Hinweispflichten des Gerichts ergeben (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 62 RdNr 8a ff mwN; BSG vom 6.3.2013 - B 6 KA 6/12 C).
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Die Klägerin macht geltend, dass ihr Anspruch auf rechtliches Gehör durch die - nach ihrer Auffassung unrichtige - Annahme des Senats in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden sei, sie habe das Vorliegen einer Existenzgefährdung ihrer Praxis nicht substantiiert dargelegt. Eine Prüfung ihres Anspruchs unter dem Aspekt des Vorliegens eines Härtefalles hätte zu einer anderen Entscheidung führen können. Nachdem das LSG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom Vorliegen einer Existenzgefährdung ausgegangen sei und auf diesen Gesichtspunkt entscheidungserheblich abgestellt habe, hätte der Senat der Klägerin nicht ohne einen entsprechenden Hinweis entgegenhalten dürfen, dass ihre Darlegungen in diesem Punkt nicht ausreichend substantiiert seien.
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Auf dieser geltend gemachten Verletzung des rechtlichen Gehörs kann die Entscheidung des Senats nicht beruhen. Denn das Vorliegen eines Härtefalles hat der Senat bereits mit der Begründung abgelehnt, dass der geringe Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit der Klägerin mit weniger als 10 % der durchschnittlichen Fallzahl ihrem eigenen Verantwortungs- und Risikobereich zuzuordnen sei und dass sich in den honorarbegrenzenden Auswirkungen für das Folgejahr ein unternehmerisches Risiko verwirkliche, dass darin jedoch keine als Härte in Betracht kommenden Umstände zu sehen seien. Wie durch entsprechende Formulierungen in den Entscheidungsgründen (RdNr 54: "Zudem waren auch …") hervorgehoben wird, waren die - nach Auffassung des Senats nicht ausreichend substantiierten - Darlegungen zum Vorliegen einer Existenzgefährdung dem entsprechend nicht entscheidungserheblich.
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Soweit die Klägerin sinngemäß geltend macht, sie habe nicht damit rechnen müssen, dass der Senat ihre Darlegungen zum Vorliegen einer Existenzgefährdung nicht als ausreichend ansehen würde, nachdem die Existenzgefährdung nach Auffassung der Instanzgerichte auf der Hand gelegen habe, ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass die von der Klägerin in Bezug genommenen Formulierungen aus Beschlüssen des LSG und des SG nicht die Frage betrafen, ob ein Anspruch auf höheres Honorar unter dem Gesichtspunkt der besonderen Härte besteht, sondern ob ein Anordnungsgrund als Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vorliegt. Dass ein Härtefall in Fallgestaltungen, in denen der Honorarverteilungsvertrag (HVV) bereits Mechanismen zur Vermeidung unverschuldet eintretender existenzbedrohender Honorarminderungen vorsieht, nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommt, hat der Senat in einer Entscheidung vom 29.6.2011 (SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 29 mwN) im Einzelnen dargelegt. Die dort dargelegten Maßstäbe hat der Senat auch dem Urteil vom 17.7.2013 zugrunde gelegt. Der Senat durfte davon ausgehen, dass der Klägerin diese Maßstäbe bekannt sind, sodass es eines entsprechenden Hinweises nicht bedurfte.
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Soweit die Klägerin geltend macht, dass der Senat in seiner Entscheidung nicht ausreichend zwischen unterschiedlichen Härteaspekten in Gestalt der Existenzgefährdung auf der einen Seite und dem Sicherstellungsbedarf auf der anderen Seite differenziert habe, ist ebenfalls auf das Urteil des Senats vom 29.6.2011 hinzuweisen, das der Senat in seiner Entscheidung vom 17.7.2013 (RdNr 54) ausdrücklich in Bezug genommen hat. In dem genannten Urteil vom 29.6.2011 hat der Senat dargelegt, dass eine Härte in Fällen, in denen der HVV bereits Regelungen zur Vermeidung existenzbedrohender Honorarminderungen enthält, nur in Betracht kommt, wenn sowohl die wirtschaftliche Existenz der Praxis gefährdet ist als auch ein spezifischer Sicherstellungsbedarf besteht.
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Mit dem Vorbringen der Klägerin zum Vorliegen eines Härtefalles hat sich der Senat sowohl unter dem Aspekt der Existenzgefährdung als auch dem des Sicherstellungsbedarfs befasst, dabei jedoch die von der Klägerin vorgenommene Bewertung nicht geteilt und die Darlegungen zu den wirtschaftlichen Konsequenzen der Honorarbegrenzung in Gestalt des RLV nicht als ausreichend angesehen, um das Vorliegen einer Existenzgefährdung nachvollziehbar zu begründen. Auch insoweit hat der Senat darauf abgestellt, dass der über längere Zeit nicht nennenswerte Umfang der Teilnahme der Klägerin an der vertragsärztlichen Versorgung Konsequenzen für die Honorierung ihrer Leistungen in späteren Zeiträumen haben kann. Dabei ist zum Ausdruck gebracht worden, dass der Umfang der Teilnahme der Klägerin an der vertragsärztlichen Versorgung über einen langen Zeitraum hinweg ersichtlich nicht existenzsichernd gewesen ist und dass diese vertragsärztliche Tätigkeit damit nicht die wirtschaftliche Grundlage der Mitglieder der Klägerin gebildet haben kann. Eine aus drei Ärzten bestehende radiologische Gemeinschaftspraxis kann auch dann für keines ihrer Mitglieder existenzsichernde Erträge aus vertragsärztlicher Tätigkeit abwerfen, wenn ihre 371 Fälle - so die Klägerin im streitbefangenen Quartal III/2009 (Urteil vom 17.7.2013 RdNr 44) - ohne Anwendung von RLV vergütet werden. Diese singuläre Situation der Klägerin muss nach Auffassung des Senats Ausgangspunkt der Prüfung einer Existenzgefährdung sein und nicht die Frage, ob von 371 Fällen - und damit eines Zehntels des Fachgruppenschnitts - wegen der Anknüpfung an Vorquartale - nur 90 Fälle für das RLV relevant sind. Darüber hinaus hat der Senat keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Sicherstellungsbedarfs gesehen. Vor einer solchen von der Bewertung der Klägerin abweichenden Beurteilung durch den Senat schützt der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art 103 Abs 1 GG nicht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos eingelegten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO). Die Festsetzung eines gesonderten Streitwerts für das Anhörungsrügeverfahren ist entbehrlich, da als Gerichtsgebühr ein fester Betrag anfällt, der nicht nach dem Streitwert bemessen wird (Nr 7400 des Kostenverzeichnisses - Anlage 1 - zum GKG).
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