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BSG 17.12.2012 - B 11 AL 107/12 B
BSG 17.12.2012 - B 11 AL 107/12 B - Nichtzulassungsbeschwerde - Divergenz und grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage - keine ausreichende Darlegung der Abweichung und der Klärungsfähigkeit - Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs - Entlassungsentschädigung - ordentliche Unkündbarkeit
Normen
§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 143a Abs 1 S 4 SGB 3 vom 23.12.2003, § 158 Abs 1 S 4 SGB 3 vom 20.12.2011
Vorinstanz
vorgehend SG Braunschweig, 25. November 2009, Az: S 7 AL 28/07
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 21. August 2012, Az: L 11 AL 20/10, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 21. August 2012 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beklagte hat dem Kläger auch dessen außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
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Die Beschwerde ist unzulässig. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) sind nicht in der nach § 160a Abs 2 S 3 SGG gebotenen Weise bezeichnet bzw dargelegt.
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1. Um eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG in einer den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG genügenden Weise zu bezeichnen, hat die Beschwerdebegründung einen Widerspruch im Grundsätzlichen oder ein Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze in der Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) einerseits und in einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts andererseits aufzuzeigen (BSG SozR 1500 § 160a Nr 67). Dabei muss die Beschwerdebegründung deutlich machen, dass in der angefochtenen Entscheidung eine sie tragende Rechtsansicht entwickelt worden ist und nicht etwa nur ungenaue oder unzutreffende Rechtsausführungen oder ein Rechtsirrtum im Einzelfall die Entscheidung bestimmen (BSG SozR 1500 § 160a Nr 67; SozR 3-1500 § 160 Nr 26; SozR 4-1500 § 62 Nr 9 RdNr 6; stRspr). Schlüssig darzulegen ist auch, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (vgl ua BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung vom 23.11.2012 nicht gerecht.
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Die Beklagte entnimmt dem angefochtenen Urteil des LSG folgenden Rechtssatz:
"Die Anwendbarkeit des § 143a Abs. 1 S. 4 SGB III setzt voraus, dass sowohl die betriebsbedingte Kündigung einerseits als auch die personen- oder verhaltensbedingte Kündigung andererseits nur gegen Zahlung einer Abfindung sozial gerechtfertigt ist."
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Dem stellt sie folgenden Rechtssatz gegenüber, den das BSG in einem nicht näher bezeichneten Urteil vom 29.1.2001 aufgestellt haben soll:
"Die Anwendbarkeit des § 143a Abs. 1 S. 4 SGB III setzt nicht voraus, dass sowohl die betriebsbedingte Kündigung einerseits als auch die personen- oder verhaltensbedingte Kündigung andererseits nur gegen Zahlung einer Abfindung sozial gerechtfertigt ist."
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Soweit die Beklagte in ihrem Vorbringen auf die Entscheidung des 7. Senats des BSG vom 29.1.2001 (B 7 AL 62/99 R - BSGE 87, 250 = SozR 3-4100 § 117 Nr 22) abstellt, hat sie nicht nachvollziehbar dargelegt, dass diesem Urteil der ihm zugeschriebene Rechtssatz zu entnehmen sein sollte. Denn wie die Beklagte selbst ausführt, hat der 7. Senat dort ausgeführt, von § 117 Abs 2 S 4 Arbeitsförderungsgesetz (als insoweit wortgleicher Vorgängervorschrift des § 143a Abs 1 S 4 Sozialgesetzbuch Drittes Buch <SGB III> in der bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung) seien nur Fälle erfasst, "in denen die ordentliche Kündigung für den Arbeitgeber vertraglich grundsätzlich ausgeschlossen ist und nur für Fälle (wieder)eröffnet werde, bei denen eine Abfindung gezahlt wird". Der Gesetzgeber habe hierbei "vor allem" Gestaltungen im Auge gehabt, "die zur Freisetzung älterer, an sich unkündbarer Arbeitnehmer gegen Abfindung führen". Dass das BSG "damit" - nach Ansicht der Beklagten - die Auffassung vertreten haben soll, dass eine Kündigung gegen Zahlung einer Abfindung "überhaupt nur bei betriebsbedingten, nicht aber bei personen- oder verhaltensbedingten Kündigungen in Betracht kommen kann", lässt sich bereits angesichts der von der Beklagten selbst erwähnten Einschränkung ("vor allem") nicht nachvollziehen.
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2. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Frage sich stellt, dass diese Rechtsfrage noch nicht geklärt ist, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfrage erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
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Die Beklagte wirft folgende Frage auf:
"Ist die Anwendung des § 143a Abs. 1 S. 4 SGB III (i.d.F.d.G.v. 23.12.2003 - BGBl I S. 2848) bereits dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber generelle Möglichkeiten der ordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers auch ohne Zahlung einer Abfindung hat, ohne dass es auf die konkrete Realisierbarkeit ankommt?"
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Der Senat lässt dahinstehen, ob die Beklagte damit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zur Entscheidung stellt. Offen bleiben kann auch, ob sie - obwohl jegliche Auseinandersetzung mit der vom LSG zitierten Rechtsprechung des BSG fehlt - hinreichend dargetan hat, dass diese Rechtsfrage nicht bereits geklärt ist. Denn jedenfalls hat sie die Klärungsfähigkeit der Frage nicht schlüssig aufgezeigt.
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Die Beklagte führt insoweit aus: "Das LSG hat festgestellt, dass der Arbeitsgeber dem Kläger nicht generell (also unabhängig vom Kündigungsgrund) 'nur gegen Zahlung einer Abfindung' hätte kündigen können, und dass die ordentliche Kündigung hier nicht von der Zahlung einer Entlassungsentschädigung abhängig sei." Auf der Grundlage dieser Feststellung des LSG ist nicht nachvollziehbar, dass und inwiefern es auf die Beantwortung der aufgeworfenen Frage nach dem Anwendungsbereich des § 143a Abs 1 S 4 SGB III aF ankommt. Denn das LSG hat - wie die Beklagte selbst bei ihren Darlegungen zum Zulassungsgrund der Divergenz näher ausgeführt hat - im Fall des Klägers festgestellt, dass ihm lediglich bei ordentlicher betriebsbedingter Kündigung "nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung" hätte gekündigt werden können. Bei einer arbeitgeberseitigen ordentlichen Kündigung aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen habe diese Einschränkung dagegen nicht bestanden. Nach den für die Beurteilung der Klärungsfähigkeit einer aufgeworfenen Rechtsfrage zugrunde zu legenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz (vgl ua BSG SozR 1500 § 160a Nr 39, Senatsbeschluss vom 27.5.2011 - B 11 AL 151/10 B, Juris RdNr 10 und vom 17.5.2009 - B 11 AL 187/08 B, Juris RdNr 5) kann somit gerade nicht von der in der Rechtsfrage (unterstellten) generellen Möglichkeit der ordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers (unabhängig vom Kündigungsgrund) auch ohne Zahlung einer Abfindung ausgegangen werden.
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Dass die Beklagte im Kern ihres Vorbringens offenbar beanstanden will, dass das LSG im Fall des Klägers nicht konkret geprüft hat, ob er tatsächlich aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen ohne Zahlung einer Abfindung hätte gekündigt werden können, ist nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzutun. Denn Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht, ob das LSG die Sache richtig entschieden hat (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 und Nr 67; stRspr).
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3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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4. Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
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Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
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