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BSG 12.07.2012 - B 3 P 6/11 R
BSG 12.07.2012 - B 3 P 6/11 R - Soziale Pflegeversicherung - häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson - Leistungen bei Ersatzpflege durch nahe Angehörige - keine Begrenzung der Leistungshöhe in entsprechender Anwendung der Pflegegeldvorschriften
Normen
§ 39 S 1 SGB 11, § 39 S 4 SGB 11, § 37 Abs 1 SGB 11, § 37 Abs 2 S 1 SGB 11
Vorinstanz
vorgehend SG Gelsenkirchen, 22. Februar 2010, Az: S 3 KN 56/09 P, Urteil
vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 19. Mai 2011, Az: L 2 KN 75/10 P, Urteil
Leitsatz
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Leistungen bei nicht erwerbsmäßig ausgeübter Angehörigenersatzpflege sind nicht in entsprechender Anwendung der Vorschriften über das Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen durch einen anteiligen Tageshöchstsatz beschränkt.
Tenor
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Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
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Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtliche Kosten des Klägers im Revisionsverfahren.
Tatbestand
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Streitig ist die Bemessung der von der Pflegeversicherung zu erbringenden Leistungen bei einer Ersatzpflege durch nahe Angehörige.
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Der 1925 geborene, in D. lebende, bei der beklagten Pflegekasse versicherte und nach beamtenrechtlichen Vorschriften beihilfeberechtigte Kläger ist schwerstpflegebedürftig. Er wird zu Hause von seiner Ehefrau gepflegt und bezieht von der Beklagten seit 2005 Pflegegeld nach Pflegestufe III. Weil sich die Ehefrau vom 27.1. bis zum 1.2.2009 in stationäre Krankenhausversorgung begeben musste und vom 6. bis 8.3.2009 nochmals erkrankt war, übernahm vom 27. bis 30.1.2009 zunächst ein in H. lebender Sohn und vom 31.1. bis 1.2.2009 sowie erneut vom 6. bis 8.3.2009 ein in B. wohnhafter Sohn des Klägers dessen Pflege. Dafür zahlte der Kläger seinen Söhnen, die weder über eine Ausbildung als Pflegekraft verfügen noch außerhalb der Ersatzpflege eine Pflegetätigkeit gegen Entgelt zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts ausüben, insgesamt 240 Euro als Anerkennung für die Pflegetätigkeit (120 Euro für die Zeit vom 27. bis 30.1.2009 und je 60 Euro für die Zeit vom 31.1. bis 1.2.2009 sowie vom 6. bis 8.3.2009) und weitere 460 Euro als Fahrtkostenersatz (80 Euro für die Fahrt von H. nach D. mit 82 km einfacher Wegstrecke, und je 190 Euro für die beiden Fahrten von B. nach D. mit 309 km einfacher Wegstrecke).
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Die Beklagte gewährte dem Kläger Ersatzpflegeleistungen nach § 39 SGB XI in Höhe von 248,48 Euro. Für die Fahrtkosten seien nach Bundesreisekostenrecht 0,20 Euro für jeden gefahrenen Kilometer anzusetzen, bei Beihilfeberechtigten aber nur 0,10 Euro. Die pflegebedingten Aufwendungen seien mit täglich 12,053 Euro zu bemessen, nachdem sich der Pflegegeldanspruch des Klägers nach Pflegestufe III - von seiner Beihilfeberechtigung ausgehend - auf monatlich 337,50 Euro belaufe und daher der mögliche tägliche Anspruch auf Ersatzpflegeleistungen auf 1/28 dieses Betrages beschränkt sei (Bescheid vom 20.3.2009; Widerspruchsbescheid vom 4.6.2009).
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Auf Klage zur Erstattung von zusätzlichen 114,17 Euro hat das SG die Beklagte zur Zahlung von weiteren 11,52 Euro verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 22.2.2010): Zutreffend seien zwar die Fahrtkosten mit 0,10 Euro pro gefahrenen Kilometer angesetzt und somit bei insgesamt 1400 Kilometer mit 140 Euro abgegolten worden. Die Kürzung im Übrigen sei aber unberechtigt. § 39 SGB XI bestimme den Höchstbetrag des jährlichen Aufwendungsersatzes und den maximalen zeitlichen Rahmen der Leistung mit höchstens 28 Tagen pro Jahr. Einen Tageshöchstsatz sehe das Gesetz dagegen nicht vor. Die geltend gemachten 240 Euro seien deshalb ungekürzt in Ansatz zu bringen, hier wegen der Beihilfeberechtigung also mit 120 Euro. Daraus errechne sich ein noch offener Anspruch von 11,52 Euro (120 Euro Pflegeleistungen + 140 Euro Fahrtkosten - 248,48 Euro bewilligte Leistungen = 11,52 Euro). Die vom SG hiergegen zugelassene Berufung hat der Kläger zurückgenommen; die Berufung der Beklagten hat das LSG im Wesentlichen aus den Gründen des SG-Urteils zurückgewiesen (Urteil vom 19.5.2011).
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Dem Wortlaut nach seien zwar die Leistungen bei einer Ersatzpflege durch nahe Angehörige nur durch die Monatsbeträge des § 37 Abs 1 SGB XI beschränkt. Nach Sinn und Zweck, Systematik und Entstehungsgeschichte sei jedoch die Begrenzungsregelung des § 37 Abs 2 S 1 SGB XI auch auf die vorliegende Fallgestaltung anzuwenden und deshalb eine entsprechende Kürzung vorzunehmen, wenn eine Ersatzpflege durch nahe Angehörige nicht über einen ganzen Monat in Anspruch genommen werde.
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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. Mai 2011 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 22. Februar 2010 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
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Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Zutreffend haben die Vorinstanzen entschieden, dass der Kläger Anspruch auf Ersatzpflegeleistungen in Höhe von weiteren 11,52 Euro hat.
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1. Rechtsgrundlage des Ersatzpflegeanspruchs ist § 39 SGB XI (hier anzuwenden in der am 1.7.2008 in Kraft getretenen Fassung von Art 1 Nr 19 Buchst b des Pflege-WeiterentwicklungsG <PflegeWEG> vom 28.5.2008, BGBl I 874). Hiernach besteht bei häuslicher Pflege Anspruch auf Leistungen der Ersatzpflege, wenn eine Pflegeperson wegen Erholungsurlaubs, Krankheit oder aus anderen Gründen an der Pflege gehindert ist (§ 39 S 1 Halbs 1 SGB XI) und der Pflegebedürftige von der Pflegeperson vor der erstmaligen Verhinderung mindestens sechs Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt worden ist (§ 39 S 2 SGB XI). Dann übernimmt die Pflegekasse die Kosten einer notwendigen Ersatzpflege für längstens vier Wochen je Kalenderjahr. Wird dies durch Pflegepersonen sichergestellt, die mit dem Pflegebedürftigen nicht bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind und nicht mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, sind die dafür aufzubringenden Aufwendungen begrenzt auf bis zu 1470 Euro ab 1.7.2008, auf bis zu 1510 Euro ab 1.1.2010 und auf bis zu 1550 Euro ab 1.1.2012 (§ 39 S 3 SGB XI). Wird die Ersatzpflege hingegen von Pflegepersonen übernommen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, so dürfen die Aufwendungen der Pflegekasse regelmäßig den Betrag des Pflegegeldes nach § 37 Abs 1 SGB XI nicht überschreiten, es sei denn, die Ersatzpflege wird erwerbsmäßig ausgeübt (§ 39 S 4 Halbs 1 SGB XI). Zudem können von der Pflegekasse auf Nachweis notwendige Aufwendungen, die der Pflegeperson im Zusammenhang mit der Ersatzpflege entstanden sind, übernommen werden (§ 39 S 5 SGB XI), wobei die Aufwendungen ... nach den Sätzen 4 und 5 ... zusammen den in Satz 3 genannten Betrag nicht übersteigen dürfen (§ 39 S 6 SGB XI).
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2. Hierauf gestützt beansprucht der Kläger für die Zeit vom 27.1.2009 bis 1.2.2009 und nochmals vom 6. bis 8.3.2009 zu Recht Leistungen der Ersatzpflege. Seine Ehefrau als die sonst für ihn aufkommende Pflegeperson war in dieser Zeit krankheitsbedingt an der Pflege gehindert (§ 39 S 1 SGB XI), die in H. und B. wohnhaften Söhne sind währenddessen als Ersatzpflegekräfte eingetreten und auch die in der Praxis gewöhnlich als "Wartefrist" bezeichnete Frist von mindestens sechs Monaten häuslicher Pflege vor der erstmaligen Verhinderung der Pflegeperson (§ 39 S 2 SGB XI) ist eingehalten - es werden Leistungen für 2009 beansprucht und die Ehefrau pflegt den Kläger bereits seit 2004. Keine Bedeutung hat hingegen, dass zwischen der weiteren Verhinderung seiner Ehefrau vom 6. bis 8.3.2009 und der ersten Inanspruchnahme der Leistungen ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten lag. Entscheidend für die Ansprüche nach § 39 SGB XI ist nach Satz 2 der Vorschrift nur, dass "vor der erstmaligen Verhinderung" eine Pflegezeit von sechs Monaten Dauer gelegen hat; das ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig.
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3. Der Höhe nach beläuft sich der Anspruch des Klägers auf insgesamt 260 Euro, abzüglich des bereits bewilligten Betrages von 248,48 Euro verbleiben also noch 11,52 Euro; dies haben die Vorinstanzen entgegen der Auffassung der Beklagten zutreffend entschieden. Maßgebend ist insoweit - wie zwischen den Beteiligten im Ansatz ebenfalls zu Recht nicht in Streit steht - § 39 S 4 bis 6 SGB XI, weil die Ersatzpflege durch Pflegepersonen sichergestellt worden ist, die mit dem Kläger bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind und die Pflege nicht erwerbsmäßig ausüben (vgl zu diesem Tatbestandsmerkmal eingehend BSG SozR 3-3300 § 39 Nr 5 S 24 f; zusammenfassend BSG SozR 3-3300 § 39 Nr 4 S 18). Danach haben Pflegebedürftige im Rahmen der Ersatzpflege Anspruch einerseits auf Aufwendungsersatz gemäß § 39 S 5 SGB XI für "notwendige Aufwendungen, die der Pflegeperson im Zusammenhang mit der Ersatzpflege entstanden sind"; dazu zählen etwa Aufwendungen für eine Haushaltshilfe wegen des Ausfalls der Pflegekraft im eigenen Haushalt, der Verdienstausfall wegen der vorübergehenden Übernahme der Pflegetätigkeit oder - wie hier - Kosten für Fahrten zum und vom Pflegeort (vgl BSG SozR 3-3300 § 39 Nr 4 S 18 f). Streitbefangen sind insoweit allein die angefallenen Fahrtkosten, die nach zutreffender - und nach Rücknahme der Berufung durch den Kläger inzwischen auch bindender - Bemessung durch die Beklagte mit 140 Euro abzugelten sind. Zudem hat der Kläger bei der nicht erwerbsmäßig ausgeübten Angehörigenersatzpflege Anspruch darauf, dass von der Pflegekasse auf Grundlage von § 39 S 1 SGB XI in Ermangelung eines Kosten iS von § 39 S 1 SGB XI verursachenden Dienstvertrages mit einem Pflegedienst oder einer sonstigen professionellen Pflegekraft (vgl hierzu BSG SozR 3-3300 § 39 Nr 4 S 18; BSG SozR 3-3300 § 39 Nr 5 S 25) eine Anerkennungsprämie erstattet wird, die die Pflegebedürftigen ihren pflegenden Angehörigen in den Grenzen des § 39 S 4 SGB XI zahlen können. Diese Grenzen sind entgegen der Auffassung der Beklagten ausschließlich durch die für das Pflegegeld festgesetzten Euro-Beträge nach § 37 Abs 1 S 3 SGB XI bestimmt, nicht aber auch durch die Kürzungsvorschrift des § 37 Abs 2 S 1 SGB XI, weshalb der Kläger zu Recht die - wegen seiner Beihilfeberechtigung hälftige - Erstattung des seinen Söhnen gezahlten Gesamtbetrages von 240 Euro beansprucht.
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4. Bereits für die Ursprungsfassung der Vorschrift hat der erkennende Senat mit Urteilen vom 17.5.2000 entschieden, dass Ansprüche nach § 39 SGB XI nicht der Kürzung nach § 37 Abs 2 S 1 SGB XI unterliegen (vgl ua BSG SozR 3-3300 § 39 Nr 2 zu dem im Wesentlichen der Ursprungsfassung des § 39 SGB XI nachgebildeten § 4 Abs 6 MB/PPV 1996 in der privaten Pflegeversicherung). Dies ist im Wesentlichen damit begründet worden, dass eine solche Beschränkung in § 39 SGB XI nicht ausdrücklich genannt und sie der Vorschrift auch nicht sinngemäß zu entnehmen ist. Zwar war auch nach der Ursprungsfassung des § 39 SGB XI der Umfang der - nach damaliger Terminologie - Verhinderungspflege auf 28 Tage beschränkt und ein Maximalbetrag der möglichen Erstattungssumme vorgegeben, nämlich damals 2800 DM je Kalenderjahr (vgl § 39 S 1 und 3 SGB XI idF des Pflegeversicherungsgesetzes - PflegeVG - vom 26.5.1994, BGBl I 1014). Daraus durfte jedoch nicht auf einen gesetzlichen Tageshöchstsatz von 100 DM geschlossen werden. Die gesetzliche Regelung war vielmehr so zu verstehen, dass die Verhinderungspflege (heute: Ersatzpflege) für insgesamt höchstens 28 Tage jährlich in Anspruch genommen werden konnte, die Pflegekasse dafür aber höchstens bis zum Werte von 2800 DM einzustehen hatte. Deshalb konnte der zeitliche Rahmen von 28 Tagen nicht voll genutzt werden, wenn die Aufwendungen bereits zuvor den Betrag von 2800 DM erreicht hatten; andererseits konnte der wertmäßige Rahmen von 2800 DM nicht voll ausgeschöpft werden, wenn insgesamt bereits an 28 Tagen Ersatzpflege stattgefunden hatte, ohne dass die Aufwendungen dafür den Höchstwert erreicht hatten. Für eine weitere Begrenzung des Anspruchs auf Verhinderungspflege - zB einen Tagessatz von 100 DM - hat der Senat Anhaltspunkte weder aus dem Gesetzeswortlaut noch den Gesetzesmaterialien entnehmen können (Verweis auf BT-Drucks 12/5262 S 20 und 13/3696 S 13). Insbesondere war für eine entsprechende Anwendung der Kürzungsbestimmung des § 37 Abs 2 S 1 SGB XI keine Grundlage gesehen geworden. Die anteilige Kürzung beim Pflegegeld ist nämlich Folge des Grundgedankens, dass nur solche Tage vergütet werden, an denen die Pflege geleistet wird. Daher wäre eine ausdrückliche Kürzungsbestimmung erforderlich gewesen, weil das Pflegegeld im Übrigen pauschal ohne Kostennachweis gezahlt wird. Demgegenüber wird für die Verhinderungspflege jeweils ein Kostennachweis verlangt, so dass die Ausgangslage nicht vergleichbar ist. Auch das Gebot der Wirtschaftlichkeit - so der Senat damals - streite für eine solche Begrenzung nicht (BSG SozR 3-3300 § 39 Nr 2 S 5 ff).
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5. Diese Wertung ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch durch die nachfolgenden Änderungen des § 39 SGB XI nicht überholt.
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a) Zu Recht verweist die Beklagte allerdings darauf, dass § 39 SGB XI zwischenzeitlich eine wesentlich ausdifferenziertere Fassung erhalten hat als noch für die Senatsentscheidung vom 17.5.2000 maßgeblich. Insoweit ist zunächst mit dem Ersten SGB XI-Änderungsgesetz - 1. SGB XI-ÄndG - vom 14.6.1996 (BGBl I 830) die auch heute noch gültige Unterscheidung zwischen erwerbsmäßiger und ehrenamtlicher Ersatzpflege eingeführt und sind dazu die Sätze 4 bis 6 angefügt worden. Deren Fassung hat der Gesetzgeber ein erstes Mal durch das 4. SGB XI-Änderungsgesetz - 4. SGB XI-ÄndG - vom 21.7.1999 (BGBl I 1656) dahin geändert, dass bei einer Ersatzpflege durch nahe Angehörige im Sinne von § 39 S 4 SGB XI deren nicht erwerbsmäßige Ausübung vermutet wird (§ 39 S 4 Halbs 1 SGB XI idF des 4. SGB XI-ÄndG). Sodann wurde durch das Achte Euro-Einführungsgesetz vom 23.10.2001 (BGBl I 2702) die in § 39 S 3 SGB XI festgelegte Höhe der Leistung von 2800 DM auf 1432 Euro umgestellt. Schließlich hat der Gesetzgeber zuletzt durch das PflegeWEG erstens die sog Wartefrist gemäß § 39 S 2 SGB XI von zwölf auf sechs Monate herabgesetzt, zweitens den maximalen Leistungsumfang der Ersatzpflegeleistungen neu festgelegt (§ 39 S 3 SGB XI) und drittens die Sätze 3 bis 5 des § 39 SGB XI neu gefasst und hierbei die durch das 4. SGB XI-ÄndG eingeführte Vermutungsregelung in § 39 S 4 Halbs 1 SGB XI durch die Neuregelung des § 39 S 4 Halbs 2 SGB XI ersetzt, um damit auf eine aus seiner Sicht auf einem Missverständnis beruhende Rechtsprechung des erkennenden Senats zu reagieren (vgl BT-Drucks 16/7439 S 56).
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b) Diese Entwicklung hat indes entgegen der Auffassung der Beklagten nicht bewirkt, dass nunmehr die Ansprüche nach § 39 SGB XI im Fall der Angehörigenersatzpflege - anders als vom Senat für die ursprüngliche Fassung entschieden - der Kürzung nach § 37 Abs 2 S 1 SGB XI unterliegen. Die Änderungshistorie lässt vielmehr im Gegenteil nur den Schluss zu, dass der Gesetzgeber sich die Wertung des erkennenden Senats zu Eigen gemacht und für eine Korrektur gerade keinen Anlass gesehen hat. Seit den Urteilen vom 17.5.2000 ist das SGB XI insgesamt mehrfach Änderungen unterzogen und insbesondere § 39 SGB XI bereits zweimal modifiziert worden, ohne dass dabei die hier maßgebliche Frage aufgegriffen worden wäre. Dabei zeigen die Materialien gerade auch zur letzten Novellierung der Vorschrift, dass Rechtsänderungen ua in Reaktion auf Rechtsprechung des BSG erfolgen (vgl BT-Drucks 16/7439 S 56). Deshalb spricht entscheidend gegen die Auffassung der Beklagten, dass zwar die Ansprüche bei Ersatzpflegeleistungen durch nahe Angehörige seit 1996 in verschiedener Hinsicht begrenzt worden sind und die Rechtslage immer weiter ausdifferenziert worden ist, die Regelung sich aber in einem Punkt unverändert zeigt: Eine ausdrückliche Kürzungsbestimmung entsprechend § 37 Abs 2 S 1 SGB XI enthält § 39 SGB XI immer noch nicht.
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c) Anlass und Raum für eine entsprechende Anwendung von § 37 Abs 2 S 1 SGB XI auf Ansprüche nach § 39 SGB XI könnte vor diesem Hintergrund deshalb nur dann bestehen, wenn die Systematik der geänderten Vorschriften eine solche Analogie inzwischen gebieten würde. Dies ist aber nicht der Fall: Zwar haben die Ansprüche auf Leistungen der Angehörigenersatzpflege im neuen Recht nunmehr eine eigenständige Rechtsgrundlage erhalten. Die systematische Funktion dieses Anspruchs und sein Verhältnis zum Pflegegeld nach § 37 SGB XI in den Fällen der Ersatzpflege durch nahe Angehörige hat das indes nicht geändert; sie hat schon vorher genauso bestanden, wie vom erkennenden Senat für die ursprüngliche Fassung von § 39 SGB XI mit den Urteilen vom 17.5.2000 über die analoge Anwendung von § 37 Abs 2 S 1 SGB XI auf die Angehörigenersatzpflege befunden worden ist. Durch die verselbständigte Kodifikation des auch vorher bereits bestehenden Anspruchs ist systematisch keine neue Lage entstanden, auf die nunmehr erstmals mit einer entsprechenden Anwendung von § 37 Abs 2 S 1 SGB XI zu reagieren wäre.
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d) Zu einer entsprechenden Anwendung gegen die aus der Rechtsentwicklung abzuleitenden Schlüsse zwingen entgegen der Auffassung der Beklagten auch Sinn und Zweck der Ersatzpflegeleistungen bei einer Ersatzpflege durch nahe Familienangehörige nicht. Zwar ermöglicht die Rechtslage den Pflegebedürftigen die Zahlung - wie im Fall des Klägers - auch höherer Anerkennungsprämien als nach einem Tagessatz von 1/28 des zur Verfügung stehenden Gesamtbetrages. Jedoch ist zum einen die Höhe der möglichen Anerkennungsprämie durch die Sätze des § 37 Abs 1 SGB XI nach oben hin absolut begrenzt; eine an diese Grenze heranreichende, längere Zeit der Ersatzpflege - sei es urlaubs- oder krankheitsbedingt - wird eher die Regel als die Ausnahme sein. Und zum anderen haben Pflegebedürftige im Falle eines nur kurzzeitigen Vertretungsbedarfs ein schutzwürdiges Interesse daran, den relativ hohen Aufwand für eine kurzzeitige Ersatzpflege durch weiter entfernt wohnende, aber vertraute nahe Angehörige mit einer Prämie angemessen abzugelten, wie der Ausgangssachverhalt hier anschaulich erweist. Ob der Fall anders zu beurteilen wäre, wenn ein Pflegebedürftiger zB für nur einen Tag an Ersatzpflege den gesamten nach § 37 Abs 1 SGB XI zulässigen Betrag auszahlen würde, braucht hier nicht entschieden werden; jedenfalls hier war die Grenze der Angemessenheit mit einem Betrag von jeweils 120 Euro für die mehrtägigen Einsätze der beiden Söhne offenkundig nicht verletzt.
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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