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BSG 06.10.2011 - B 9 VG 3/10 R
BSG 06.10.2011 - B 9 VG 3/10 R - Gewaltopferentschädigung - Grundrente - Abfindung - Ausländer - Positivstaatler - Aufenthaltsgenehmigung - Leistungsexport - Ausreise - Wiedereinreise - Analogie - Gesetzeslücke - Vorbehalt des Gesetzes
Normen
§ 1 Abs 7 S 1 Nr 2 OEG vom 06.12.2000, § 1 Abs 7 S 1 Nr 3 OEG vom 06.12.2000, § 1 Abs 7 S 1 Nr 1 OEG vom 06.12.2000, § 1 Abs 7 S 3 OEG vom 06.12.2000, § 1 Abs 1 OEG vom 06.12.2000, § 1 Abs 4 OEG vom 06.12.2000, § 1 Abs 5 S 1 OEG vom 06.12.2000, § 1 Abs 6 Nr 1 OEG vom 06.12.2000, § 31 SGB 1, Art 20 Abs 3 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Hamburg, 20. November 2008, Az: S 29 VG 18/03, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Hamburg, 6. Juli 2010, Az: L 4 VG 1/09, Urteil
Leitsatz
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§ 1 Abs 7 S 1 Nr 1 bis 3 OEG enthält eine grundsätzlich abschließende, lückenlose Regelung der Abfindung von Versorgungsansprüchen ausländischer Geschädigter zur Vermeidung eines unerwünschten Leistungsexports.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 6. Juli 2010 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 20. November 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dessen Ausspruch zur Hauptsache wie folgt neu gefasst wird:
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Der Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2003 wird aufgehoben, soweit er die Gewährung einer Abfindung betrifft.
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Die Beklagte hat der Klägerin auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
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Streitig ist die Abfindung einer Grundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
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Die 1973 geborene Klägerin ist polnische Staatsangehörige. Sie reiste einige Wochen vor dem 6.12.1998 für einen vorübergehenden Aufenthalt (Besuch ihrer in B. lebenden Großmutter) nach Deutschland ein. In der Nacht vom 6. auf den 7.12.1998 wurde sie in H. Opfer einer Gewalttat.
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Am 21.12.1998 reiste die Klägerin nach Polen aus und kehrte spätestens im Mai 1999 in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Auch in der Folgezeit hielt sie sich wiederholt in Deutschland auf. Im Januar 2000 bezog sie hier eine gemeinsame Wohnung mit einem Deutschen, den sie im Oktober 2000 heiratete.
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Auf den von der Klägerin im März 1999 gestellten Versorgungsantrag nach dem OEG erließ die beklagte Freie und Hansestadt unter dem 4.7.2000 einen Bescheid, in dessen mit "Entscheidung" bezeichneten Abschnitt es heißt:
"1.1
Sie wurden am 7.12.1998 Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs.
1.2
Als Schädigungsfolgen werden anerkannt: … .
1.3
Die anerkannten Schädigungsfolgen bedingen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 25 v.H. … .
1.4
Ihnen werden folgende monatliche Leistungen gewährt: Grundrente (30 v.H.) ab 12/98 217,00 … .
1.5
Ihnen steht eine Abfindung gem. § 1 Abs 7 OEG zu, die anspruchsberechtigte Ausländer nach Verlassen des Bundesgebietes und nach Erlöschen der Aufenthaltsgenehmigung in Höhe des Zehnfachen der monatlichen Grundrente erhalten.
1.6
Berechnung der Nachzahlung … ."
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Im Abschnitt "Gründe" des Bescheides ist unter 2.4 ausgeführt, die Beschädigtenversorgung beginne gemäß § 60 Abs 1 BVG in dem Monat, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, …, das sei der 1.12.1998.
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Den ausdrücklich allein "gegen Punkt 1.5 …" des Bescheides eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 23.5.2003 zurück.
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Während des anschließenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht (SG) Hamburg und nach dem Wirksamwerden der Mitgliedschaft Polens in den Europäischen Gemeinschaften (EG) änderte die Beklagte den angefochtenen Bescheid und bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 28.9.2004 ab 1.5.2004 laufende Grundrente nach einer MdE um 30 vH. Mit Bescheid vom 23.5.2006 nahm die Beklagte diesen Verwaltungsakt mit Wirkung ab 1.6.2006 zurück. Später erkannte sie die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 23.5.2006 an und hob ihn mit Bescheid vom 16.10.2008 auf.
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Zur Begründung ihrer ursprünglich auf "Abänderung" des Bescheides gerichteten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, ihr stehe als Bürgerin der Europäischen Union (EU) auch Grundrente für die Zeit vor Mai 2004 zu. Zudem sei die Abfindung ihres Rentenanspruchs rechtswidrig.
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Nach einer auf § 75 Abs 2 SGG gestützten Beiladung der Bundesrepublik Deutschland hat das SG Hamburg durch Urteil vom 20.11.2008 den angefochtenen Verwaltungsakt aufgehoben und die Beklagte entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag verurteilt, der Klägerin wegen der gesundheitlichen Folgen der Gewalttat vom 7.12.1998 für den Zeitraum von Dezember 1998 bis einschließlich April 2004 eine Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 30 unter Anrechnung der gezahlten Abfindung zu gewähren. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht Hamburg (LSG) dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 6.7.2010). Diese Entscheidung hat es wie folgt begründet:
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Es stehe zwar nicht im Streit, dass die Klägerin als Opfer einer in H. erlittenen Vergewaltigung aufgrund der dadurch hervorgerufenen gesundheitlichen Schädigung grundsätzlich nach dem OEG versorgungsberechtigt sei. Als Ausländerin stünden ihr Ansprüche aber nur nach Maßgabe von § 1 Abs 4 bis 7 OEG zu. Die Voraussetzungen des § 1 Abs 4 OEG erfülle die Klägerin in der fraglichen Zeit nicht. Sie sei zwar als Polin jetzt Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EG iS des § 1 Abs 4 Nr 1 OEG. Dies gelte jedoch erst für die Zeit ab Mai 2004, die nicht im Streit sei. Eine rückwirkende Bewilligung komme nach § 1 Abs 4 Nr 1 OEG nicht in Betracht. Gemäß § 40 Abs 1 SGB I entstünden Ansprüche auf Sozialleistungen, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Daraus möge sich vielleicht ergeben, dass die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen - auch des OEG - nicht vom selben Zeitpunkt an vorliegen müssten, sondern auch nacheinander erfüllt werden könnten. Ein Anspruch stehe den Berechtigten allerdings erst dann zu, wenn sämtliche geregelten Anspruchsvoraussetzungen vorlägen. Danach sei es uU möglich, in den Anspruch "hineinzuwachsen". Zugleich bedeute dies aber, dass die Ansprüche nicht rückwirkend entstehen könnten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Richtlinie 2004/80/EG des Rates vom 29.4.2004 zur Entschädigung der Opfer von Straftaten. Schließlich komme ein Versorgungsanspruch auch nicht nach der Nr 3 des § 1 Abs 4 OEG in Betracht, weil die Gegenseitigkeit mit Polen nicht gewährleistet gewesen sei.
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Die Ansprüche der Klägerin nach § 1 Abs 5 bzw Abs 6 OEG seien durch die Bewilligung einer Beschädigtenrente für den Monat Dezember 1998 erfüllt und im Übrigen durch die ihr zugesprochene Abfindung erloschen. Die Abfindung sei rechtmäßig. Der Senat lasse offen, ob die Abfindungsverpflichtung aus § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG folge, denn jedenfalls ergebe sie sich aus dessen Nr 2. Zwar treffe zu, dass bei einem wörtlichen Verständnis des Gesetzes diese Vorschrift nicht anwendbar zu sein scheine, weil die Klägerin damals gerade nicht über eine Aufenthaltsgenehmigung verfügt habe, sondern von dem Erfordernis einer solchen als sog Positivstaatlerin befreit gewesen sei. Mithin habe eine Aufenthaltsgenehmigung mit dem Verlassen des Bundesgebietes streng genommen auch nicht "erlöschen" können. Dieser Umstand führe indes erst recht dazu, dass mit der Ausreise der Klägerin der Versorgungsanspruch auf die Abfindung "zusammengeschmolzen" sei.
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Das folge aus der gesetzlichen Wertung des damals noch geltenden § 44 Abs 1 Nr 2 Ausländergesetz (jetzt § 51 Abs 1 Nr 6 Aufenthaltsgesetz - AufenthG). Danach sei eine Aufenthaltsgenehmigung erloschen, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreise. Bringe aber eine solche Ausreise selbst eine nach ausländerrechtlicher Prüfung schriftlich erteilte und dokumentierte ausländerrechtliche Position - mit der opferentschädigungsrechtlichen Folge der Abfindungszahlung - zu Fall, müsse dies erst recht für eine entsprechende Ausreise desjenigen gelten, der nicht einmal über eine Aufenthaltsgenehmigung verfügt habe, sondern nur von der "wesentlich schwächeren ausländerrechtlichen Position" Gebrauch gemacht habe, die ihm nach der Durchführungsverordnung zum Ausländergesetz eingeräumt worden sei.
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Die Klägerin sei jedenfalls am 21.12.1998 aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund aus der Bundesrepublik Deutschland ausgereist. Sie habe damals ihren alleinigen Wohnsitz in Polen gehabt und auch ihren späteren deutschen Ehemann noch nicht gekannt. Die häufigen Aufenthalte in B. zum Zwecke der Betreuung der Großmutter hätten erst im Oktober 1999 begonnen. Dass die Klägerin gelegentlich in die Bundesrepublik Deutschland zurückzukehren gewünscht habe, ja auch wegen der Behandlung ihrer Verletzungen und ihrer Rolle im Strafprozess gegen die Täter habe zurückkehren müssen, ändere nichts an dem Charakter der Ausreise vom 21.12.1998.
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. In der mündlichen Revisionsverhandlung hat ihr Prozessbevollmächtigter klargestellt, dass sich die Klage nur gegen die Gewährung einer Abfindung richtet. Zur Revisionsbegründung trägt die Klägerin vor:
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Das LSG habe unrichtigerweise das Bestehen der Voraussetzungen des § 1 Abs 4 Nr 1 OEG verneint. Seit dem 1.5.2004 sei sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EG im Sinne dieser Vorschrift. Diese Eigenschaft entfalte auch rückwirkende Rechtsfolgen auf den Tatzeitpunkt im Dezember 1998. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hänge der Anspruch nach § 1 Abs 1 OEG nicht davon ab, dass die besonderen Bestimmungen für Ausländer bereits bei Eintritt der Schädigung vorgelegen haben.
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Unmittelbar bevor sie zum 1.5.2004 den Status einer Unionsbürgerin erworben habe, sei die Richtlinie 2004/80/EG des Rates vom 29.4.2004 zur Entschädigung der Opfer von Straftaten ergangen. Nach Art 18 Abs 2 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die Vorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, nur auf Antragsteller Anwendung finden, deren Schädigung aus Straftaten resultiert, die nach dem 30.6.2005 begangen wurden. Aus dem Umstand, dass Deutschland keinen entsprechenden Vorbehalt nach Art 18 Abs 2 der Richtlinie erklärt habe, sei zu folgern, dass die einzelstaatlichen Bestimmungen zur Entschädigung von Opfern von Straftaten, auch vollen Umfangs und einschränkungslos auf Straftaten anzuwenden seien, die vor dem 30.6.2005 geschehen seien. Dies gelte sowohl hinsichtlich des entstandenen Stammrechtes auf Versorgung als auch hinsichtlich der daraus resultierenden Ansprüche. Mit der gegenteiligen Auslegung habe das LSG gegen Bestimmungen des Europäischen Rechts verstoßen. Im Zweifel müsse die Frage der Auslegung des Art 18 Abs 2 der Richtlinie gemäß Art 267 Abs 3 AEUV dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorlegt werden.
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Darüber hinaus sei die Auffassung des LSG, die Beklagte sei nach § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG verpflichtet gewesen, ihren Versorgungsanspruch durch eine Abfindung zu regulieren, unzutreffend. § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG sei auf sie, die Klägerin, schon nicht anwendbar, weil sie bei ihrem Aufenthalt, während dem es zu der Gewalttat gekommen sei, keine Aufenthaltsgenehmigung besessen habe und auch nicht habe besitzen müssen. Sie sei als sogenannte Positivstaatlerin gegenüber sogenannten Drittstaatlern dadurch bevorzugt gewesen, dass sie weder ein Visum noch eine Aufenthaltsgenehmigung benötigt habe. Entgegen der Auffassung des LSG seien die Positivstaatler somit gegenüber sonstigen Ausländern, die einer Aufenthaltsgenehmigung bedürften, nicht in einer "wesentlich schwächeren ausländerrechtlichen Position" gewesen. Die ausländerrechtliche Lockerung zu Gunsten polnischer Staatsangehöriger ab 1990 habe ersichtlich dem Zweck gedient, bereits eine Annäherung im Hinblick auf den damals bereits angestrebten Beitritt Polens zur EU herbeizuführen.
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Der vom LSG gezogene "Erst-Recht-Schluss" sei in dieser Form nicht zulässig und weder von dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen noch von den vom LSG herangezogenen "gesetzlichen Wertungen" getragen. Vielmehr nötige der Umstand, dass die sog Positivstaatler in den Genuss liberalisierter Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen gekommen seien, zu der Annahme, dass diese auch im Rahmen der Anwendung des OEG nicht mit sonstigen Drittstaatlern gleichgesetzt werden dürften. In jedem Falle habe das LSG das von § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG verlangte Erlöschen einer Aufenthaltsgenehmigung unzulässigerweise als gegeben angesehen.
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Auch die Voraussetzungen des § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG, die das LSG ausdrücklich offen gelassen habe, seien in ihrem Fall nicht erfüllt. Sie sei zwar am 21.12.1998 nach Polen ausgereist, jedoch spätestens im Mai 1999 wieder nach Deutschland eingereist. Dies sei - anders als von § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG vorausgesetzt - innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten seit der Ausreise im Dezember 1998 geschehen.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 6. Juli 2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 20. November 2008 zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie schließt sich dem angefochtenen Urteil an. Der Revision hält sie im Übrigen Folgendes entgegen:
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Die Auffassung der Klägerin, sie habe als Staatsangehörige eines EU-Mitgliedsstaates ab Mai 2004 auch für die Zeit davor Anspruch nach § 1 Abs 4 Nr 1 OEG, sei unzutreffend. Ihr stehe der Gesetzeswortlaut der Nr 1 eindeutig entgegen. Er lasse eine Rückwirkung der Norm nicht zu. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Art 18 der "EU-Richtlinie 2004/80/EG des Rates vom 29.4.2004 zur Entschädigung der Opfer von Straftaten".
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Entgegen der Ansicht der Klägerin seien die Wertungen der Abfindungsregelung nach § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG auf sie anwendbar. Der Gesetzgeber habe durch die Regelungen des Abs 7 einen Leistungsexport in andere Länder verhindern wollen. Die eigentlichen Versorgungsleistungen sollten nur solchen Ausländern zugute kommen, die in die deutsche Gesellschaft integriert seien. Die Klägerin habe Deutschland lediglich als Touristin besucht, was beinhalte, dass sie ihren Lebensschwerpunkt in Polen gehabt habe. Sie sei nicht in die deutsche Gesellschaft integriert gewesen und habe dies als Touristin auch nicht beabsichtigt. Etwas anderes könne erst ab dem Zeitpunkt angenommen werden, zu dem sie sich zur Heirat entschlossen und entschieden habe, ihren Lebensschwerpunkt nach Deutschland zu verlagern. Dies sei aber erst im Mai/Juni 2000 der Fall gewesen. Da die Klägerin nur vorübergehend in Deutschland gewesen sei, habe sie mit ihrer Heimreise nach Polen diesen vorübergehenden Besuch beendet und zugleich einen Anspruch auf Abfindung nach Abs 7 erworben.
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Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG. Diese Vorschrift sei nicht so zu verstehen, dass es ausreichen würde, wenn ein Anspruchsberechtigter nach seiner Ausreise alle sechs Monate für eine logische Sekunde wieder nach Deutschland einreise. Entscheidend sei auch hier, dass mit der Ausreise die zumindest temporäre Integration in die deutsche Gesellschaft aufgegeben worden sein müsse. Bei Touristen sei dies der Fall, da sie nach ihrer Heimreise wieder in die Gesellschaft ihres Heimatstaates integriert seien.
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Die beigeladene Bundesrepublik Deutschland, die im Revisionsverfahren einen Beiladungsantrag nach § 75 Abs 1 Satz 2 SGG, aber keinen Sachantrag gestellt hat, tritt der Revision mit ähnlicher Begründung entgegen. Hinsichtlich einer Anwendbarkeit des § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG meint sie, dem zugrunde liegenden Sachverhalt lasse sich eine "Einreise" der Klägerin nach Deutschland weder im Januar noch im Mai 1999 entnehmen. Um eine Einreise in diesem Sinne zu bejahen, müsse nachweisbar sein, dass die Klägerin gewillt gewesen sei, ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Abs 3 Satz 2 SGB I) in Deutschland zu begründen. Davon könne nach den Umständen des Falles nicht ausgegangen werden.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist zulässig. Sie ist nach ihrer Zulassung durch das LSG statthaft. Die Klägerin hat die Revision form- und fristgerecht eingelegt und in einer den inhaltlichen Anforderungen des § 164 SGG entsprechenden Weise begründet.
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Die Revision ist auch begründet. Verfahrenshindernisse aus den vorinstanzlichen Verfahren stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Einer förmlichen Änderung der zunächst unzutreffend auf § 75 Abs 2 SGG gestützten Beiladung bedurfte es nicht. Nachdem die Beigeladene im Revisionsverfahren den gemäß § 75 Abs 1 Satz 2 SGG zulässigen Antrag gestellt hat, liegt eine ausreichende Grundlage für die Beiladung vor.
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Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Anfechtung der Abfindung der Grundrente der Klägerin. Hierfür ist die isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG die richtige Klageart. Einer damit verbundenen Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) bedarf es nicht.
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Der angefochtene Bescheid vom 4.7.2000 enthält unter den laufenden Nummern 1.1 bis 1.6 verschiedene, getrennte Aussprüche bzw Verfügungen oder "Entscheidungen" (Regelungen iS des § 31 SGB X). Unter der Nr 1.4 hat die Beklagte der Klägerin "Grundrente … ab 12/98" und damit dem Wortlaut nach eine laufende Leistung gewährt. Zugleich hat die Beklagte aufgrund der Ausreise der Klägerin am 21.12.1998 der Klägerin eine Abfindung nach § 1 Abs 7 OEG gewährt (Nr 1.5 des Bescheides). Schließlich wurde unter der Nr 1.6 des Bescheides die Nachzahlung der gewährten Leistungen berechnet, aus der ersichtlich ist, dass die Grundrente von 217,00 DM nur für den Monat Dezember 1998 und dazu eine Abfindung in Höhe von 2170 DM gezahlt werden sollten. Diese Regelungen lassen für einen verständigen Empfänger (sog Empfängerhorizont; zu dessen Maßgeblichkeit bei der Inhaltsbestimmung eines Verwaltungsakts s Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 31 RdNr 26 mwN; BSGE 67, 104, 110 f = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 f) hinreichend deutlich erkennen, dass der Klägerin zunächst eine Dauerrente ab Dezember 1998 gewährt und diese dann gleichzeitig, aber in einem zweiten Schritt, für die Zeit ab Januar 1999 abgefunden worden ist. Schon aus der Höhe des Abfindungsbetrages (das Zehnfache der monatlichen Grundrente) folgt, dass dieser - dem Wesen einer Abfindung entsprechend - an die Stelle eines laufenden Rentenanspruchs treten soll (vgl auch § 1 Abs 7 Satz 3 OEG).
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Die Klägerin hat nur "gegen Punkt 1.5 und 2.6" des Bescheides vom 4.7.2000 Widerspruch eingelegt. Da Nr 2.6 die Begründung der unter Nr 1.5 getroffenen Entscheidung über die Bewilligung der Abfindung enthält, ist nur diese abgrenzbare und von der Beklagten selbst gesondert getroffene Regelung (vgl BSG SozR 4-1500 § 95 Nr 1 S 3; BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 19) angegriffen. Die übrigen Regelungen, insbesondere die über die Bewilligung der laufenden Grundrente, sind damit bestandskräftig und bindend (§ 77 SGG) geworden. Zur Erreichung des wirtschaftlichen Ziels der Klägerin, Grundrente auch für die Monate Januar 1999 bis April 2004 zu erhalten, reicht die isolierte Anfechtung der Gewährung der Abfindung aus. Wird diese Regelung aufgehoben, hat die Beklagte aufgrund der bestandskräftigen Bewilligung der Grundrente diese Leistung ab Januar 1999 zu zahlen.
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Dieser verfahrensrechtlichen Situation hat das vom LSG aufgehobene erstinstanzliche Urteil vom 20.11.2008 nicht hinreichend Rechnung getragen. Zunächst ist das SG über das richtig verstandene Klagebegehren (vgl § 123 SGG) mit dem Wortlaut seines Ausspruches zur Hauptsache insoweit hinausgegangen, als es den angefochtenen Verwaltungsakt ohne Einschränkungen aufgehoben hat. Durch die gleichzeitig erfolgte Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Beschädigtenrente für die Zeit von Dezember 1998 bis April 2004 kommt indes hinreichend zum Ausdruck, dass das SG die mit Bescheid vom 4.7.2000 erfolgte Gewährung einer Grundrente "ab 12/98" inhaltlich nicht antasten wollte. Der sozialgerichtliche Leistungsausspruch selbst ist im Hinblick auf die im Bescheid vom 4.7.2000 enthaltene Grundrentengewährung als überflüssig anzusehen.
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Das Urteil des LSG ist aufzuheben, denn das LSG hat die Rechtmäßigkeit der streitigen Rentenabfindung zu Unrecht bejaht. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG ist mit der Maßgabe einer Neufassung des erstinstanzlichen Ausspruchs zur Hauptsache zurückzuweisen. Entsprechend dem eingeschränkten Streitgegenstand der isolierten Anfechtungsklage ist der angefochtene Verwaltungsakt nur hinsichtlich der Gewährung der Abfindung aufzuheben.
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Die Ermächtigung der Beklagten zur Abfindung der Grundrente der Klägerin beurteilt sich nach den Vorschriften des OEG in der im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgebenden Fassung. Zu diesem Zeitpunkt (23.5.2003) galt das OEG idF der Bekanntmachung vom 7.1.1985 (BGBl I 1), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 6.12.2000 (BGBl I 1676), das im Folgenden - soweit nicht anders angegeben - zugrunde gelegt wird.
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Nach § 1 Abs 7 Satz 1 OEG erhält ein Ausländer, der nach § 1 Abs 5 oder 6 OEG anspruchsberechtigt ist, eine Abfindung der monatlichen Grundrente - in dort näher bestimmter Höhe -, wenn er
1) ausgewiesen oder abgeschoben wird oder
2) das Bundesgebiet verlassen hat und seine Aufenthaltsgenehmigung erloschen ist oder
3) ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten erlaubt wieder eingereist ist.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
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Die Klägerin ist, wovon die Beklagte in dem insoweit bestandskräftigen Bescheid vom 4.7.2000 selbst ausgegangen ist, gemäß § 1 Abs 1 und 6 OEG anspruchsberechtigt. Insbesondere erfüllt sie die allgemeinen Voraussetzungen nach § 1 Abs 1 OEG, denn sie hat im Geltungsbereich des Gesetzes infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen sie selbst eine gesundheitliche Schädigung erlitten. Die für Ausländer geltenden besonderen Leistungsvoraussetzungen (vgl BSG SozR 4-3800 § 1 Nr 12 RdNr 15) nach § 1 Abs 6 OEG sind ebenfalls gegeben. Die Beklagte hat zutreffend die Voraussetzungen der Nr 1 des § 1 Abs 6 OEG (in der vom 1.1.1998 bis zum 14.12.2000 geltenden Fassung) bejaht. Nach dieser Bestimmung erhalten Versorgung wie die in Abs 5 Nr 2 genannten Ausländer (ausschließlich einkommensunabhängige Leistungen) ausländische Geschädigte, die sich rechtmäßig für einen vorübergehenden Aufenthalt von längstens sechs Monaten im Bundesgebiet aufhalten, wenn sie mit einem Deutschen oder einem Ausländer, der zu den in Abs 4 oder 5 bezeichneten Personen gehört, in gerader Linie verwandt sind.
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Die Klägerin hielt sich im Schädigungszeitpunkt rechtmäßig vorübergehend in Deutschland auf. Als polnische Staatsangehörige war sie sogenannte Positivstaatlerin, also Angehörige eines Staates, der in den Listen der Anlage I und II der auf der Grundlage des seinerzeit geltenden § 3 Abs 1 Satz 2 Ausländergesetz erlassenen Durchführungsverordnung zum Ausländergesetz (DVAuslG) aufgeführt ist. Sie bedurfte für kurzfristige Besuchsaufenthalte bis zu drei Monaten ohne Aufnahme einer Erwerbstätigkeit keiner Aufenthaltsgenehmigung, da sie einen Nationalpass oder ein vergleichbares Ausweispapier besaß (§ 1 Abs 1 und § 4 Abs 2 DVAuslG). Sie ist auch mit einer Ausländerin, nämlich ihrer Großmutter, die sich unter den Voraussetzungen des § 1 Abs 5 Satz 1 OEG rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt, in gerader Linie (s § 1589 Abs 1 Satz 1 BGB) verwandt.
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Entgegen der Auffassung des LSG ist keiner der Tatbestände der Nr 1 bis 3 des § 1 Abs 7 Satz 1 OEG über die obligatorische Abfindung mit Ablauf des Dezember 1998 erfüllt gewesen. Dass die Voraussetzungen des § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 1 OEG (Ausweisung) nicht einschlägig sind, ist offensichtlich und im bisherigen Verfahren zutreffend nicht weiter erörtert worden.
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Auch die Voraussetzungen des § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG sind im Falle der Klägerin nicht gegeben. Wie das LSG selbst erkannt hat, trifft diese Vorschrift dem Wortlaut nach auf die Klägerin nicht zu, denn diese besaß während ihres Aufenthalts in Deutschland keine Aufenthaltsgenehmigung und musste als sogenannte Positivstaatlerin eine solche auch nicht einholen. Letztlich hat das LSG den § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG hier nach dessen angeblichen "Sinn und Zweck" über seinen eigentlichen Regelungsgehalt hinaus entsprechend angewandt. Eine derartige Analogie als notwendige Maßnahme richterlicher Rechtsfortbildung ist indes nicht angezeigt. Die allgemein anerkannten Voraussetzungen für einen sogenannten Analogieschluss (s Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, 191 ff; BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 2 RdNr 31 mwN) liegen nicht vor. Im Rahmen des § 1 Abs 7 OEG fehlt es schon an einer - unabdingbar erforderlichen - dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers zuwider laufenden Gesetzeslücke. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Gesetz vollständig ist und Fälle, die - vergleichbar dem der Klägerin - Ausländer mit einem rechtmäßigen vorübergehenden Aufenthalt von längstens sechs Monaten im Bundesgebiet (s § 1 Abs 6 OEG) betreffen, hinsichtlich einer Abfindung der Ansprüche durch § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG erfasst. Insgesamt enthält § 1 Abs 7 OEG eine grundsätzlich abschließende, lückenlose Regelung der Abfindung von Versorgungsansprüchen ausländischer Geschädigter zur Vermeidung eines unerwünschten Leistungsexports.
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Schon der Gesetzeswortlaut lässt erkennen, dass § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 1 bis 3 OEG lückenlos ist. Hierfür spricht insbesondere der Umstand, dass neben den besonderen Tatbeständen der Nr 1 und 2 die Nr 3 eine Auffangregelung für alle von den Nr 1 und 2 nicht erfassten Ausländer enthält. Das Vorliegen einer Gesetzeslücke lässt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte des § 1 Abs 7 OEG herleiten. Die Vorschrift hat ihre im Wesentlichen bis heute geltende Fassung durch das 2. Gesetz zur Änderung des OEG vom 21.7.1993 (BGBl I 1262) erhalten. Zusammen mit Abs 7 wurden die Abs 4 bis 6 über die Anspruchsvoraussetzungen für Ausländer entscheidend verändert und erweitert. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 26.3.1993 (BR-Drucks 189/93) sollte der persönliche Geltungsbereich des Gesetzes durch eine weitgehende Gleichstellung der Ausländer ausgedehnt werden. Insbesondere sollten Touristen und Besucher, die sich zwar rechtmäßig, aber nur kurzfristig in Deutschland aufhalten, bei besonders schwerer Schädigung einbezogen werden.
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Der neue Abs 7 sollte klarstellen, dass ein Export der OEG-Leistungen in die Heimatländer der Geschädigten außer in Fällen, in denen dies nach EG-Recht oder wegen des Vorliegens von Gegenseitigkeit erforderlich sei, nicht erfolge. Für die in den Abs 5 und 6 genannten Ausländer trete im Falle des "endgültigen Verlassens" der Bundesrepublik Deutschland an die Stelle der bis dahin erbrachten Leistungen eine einmalige Abfindung (BR-Drucks 189/93 S 9). Mit dieser Begründung hat die Bundesregierung deutlich gemacht, dass sie mit dem neu zu schaffenden Instrument einer obligatorischen Abfindung unter den in der Nr 1 bis 3 des Entwurfs genannten Voraussetzungen den - unerwünschten - Leistungsexport verhindern will und den "neuen Absatz 7" als geeignete und ausreichende Regelung zur Verhinderung eines unerwünschten Leistungsexports ansieht.
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Diese Begründung des Gesetzentwurfs zeigt, dass der Gesetzgeber die Fälle des "endgültigen Verlassens" der Bundesrepublik Deutschland in § 1 Abs 7 OEG abschließend umschreiben wollte. Während etwa Angehörige von Mitgliedstaaten der EG (s § 1 Abs 4 OEG) von vornherein ihre Leistungsansprüche in ihre Heimatländer "importieren" dürfen, werden die vom grundsätzlichen Verbot des Leistungsexports betroffenen Ausländer in § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 1 bis 3 OEG erfasst. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bestimmte "Exporttatbestände" als unerwünscht angesehen und dennoch versehentlich nicht geregelt hat, bestehen nicht. Mangels Gesetzeslücke ist mithin eine analoge Anwendung einzelner Vorschriften nicht geboten. Insbesondere ist es damit grundsätzlich nicht erlaubt, in Fällen, in denen ein Ausländer - ohne dass es sich um einen offensichtlichen Missbrauch handelt - die Voraussetzungen keiner der drei Alternativen des § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 1 bis 3 OEG erfüllt, eine entsprechende Anwendung der Abfindungsregelung vorzunehmen.
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Eine entsprechende Anwendung des vom LSG herangezogenen § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG auf die Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen auch nicht zur Verhinderung eines unerwünschten Leistungsexports geboten. Die Abgrenzung eines erlaubten von einem unerwünschten Leistungsexport hat in erster Linie der Gesetzgeber selbst vorzunehmen. Dies hat er mit der hier anzuwendenden Fassung des § 1 Abs 7 OEG getan. Wenn in der Begründung des Gesetzentwurfs von einer weitgehenden Vermeidung eines Exports der OEG-Leistungen in die Heimatländer der geschädigten Ausländer die Rede ist, so lässt sich daraus nicht der Schluss herleiten, § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 1 bis 3 OEG wolle Leistungsexporte auch in dort nicht genannten Fällen verhindern. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber in den von dieser Vorschrift nicht erfassten Fällen - von missbräuchlichen Verhaltensweisen abgesehen - kein endgültiges Verlassen Deutschlands und damit auch keinen unerwünschten Leistungsexport angenommen hat.
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Im Übrigen hat das LSG mit der Anwendung des § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG im vorliegenden Fall auch den aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 Grundgesetz fließenden und in § 31 SGB I auch für das Soziale Entschädigungsrecht (s § 68 Nr 7 SGB I) normierten Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes und das damit verbundene sogenannte Bestimmtheitsgebot nicht hinreichend beachtet. Da die Entstehung des Anspruchs auf Abfindung nach § 1 Abs 7 Satz 3 OEG sämtliche sich aus den Abs 5 und 6 ergebenden weiteren Ansprüche zum Erlöschen bringt, handelt es sich im Ergebnis um eine belastende Regelung. Für die Festlegung einer Abfindung ist mithin wegen des Vorbehalts des Gesetzes eine ausreichend klare Ermächtigungsgrundlage erforderlich, die zudem hinreichend bestimmt sein muss (vgl Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 11. Aufl 2011, Art 20 RdNr 44 ff, 49; 57 ff, 61, jeweils mwN). Diesen Anforderungen würde § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 2 OEG nicht gerecht, sofern man diese Regelung als lückenhaft und im Falle der Klägerin anwendbar ansehen wollte.
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Angesichts ihrer Ausreise im Dezember 1998 und ihrer spätestens im Mai 1999 erfolgten Wiedereinreise erfüllt die Klägerin schließlich auch nicht die Abfindungsvoraussetzungen nach § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG. Zwar hat das LSG diese Bestimmung ausdrücklich nicht geprüft. Seine bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen erlauben jedoch die rechtliche Beurteilung (Subsumtion), dass die Voraussetzungen der Norm hier nicht gegeben sind, weil die Klägerin innerhalb von sechs Monaten nach ihrer Ausreise wieder nach Deutschland eingereist ist.
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Zwar hat die Klägerin am 21.12.1998 das Bundesgebiet verlassen. Sie ist jedoch spätestens im Mai 1999, offenbar sogar deutlich früher (das SG ist von einer Wiedereinreise der Klägerin im Januar 1999 ausgegangen), und damit innerhalb der gesetzlichen Sechsmonatsfrist erlaubt wieder zurückgekehrt. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen verlangt § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG keine besondere Qualität dieser Wiedereinreise. Dem Wortlaut des Gesetzes ist insbesondere nicht zu entnehmen, dass die "Wiedereinreise" zu einem bestimmten, qualifizierten Zweck erfolgen muss. Auch unter systematischen Gesichtspunkten lässt sich eine Anforderung dergestalt, dass die Wiedereinreise etwa der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts dienen müsse, nicht begründen. Das Gegenteil ist der Fall.
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Wenn der Anspruch der Klägerin nach § 1 Abs 6 OEG nur voraussetzt, dass sie sich als Positivstaatlerin, die mit einer Ausländerin nach § 1 Abs 5 OEG in gerader Linie verwandt ist, im Zeitpunkt der erlittenen Gewalttat rechtmäßig vorübergehend für längstens sechs Monate im Bundesgebiet aufgehalten hat, muss ihre Wiedereinreise iS des § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG unter den gleichen Voraussetzungen ausreichend sein, es sei denn, im Gesetz wären weitergehende Anforderungen geregelt worden. Letzteres ist nicht der Fall. Der Gesetzgeber hat in § 1 Abs 7 Satz 1 Nr 3 OEG vielmehr erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass ein vorübergehender Auslandsaufenthalt (von weniger als sechs Monaten) auch die nach § 1 Abs 6 OEG erworbene Rechtsposition unberührt lässt.
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Nach alledem kommt es für die abschließende Entscheidung des Rechtsstreits zugunsten der Klägerin nicht mehr darauf an, ob der Klägerin - was zweifelhaft erscheint (vgl BSG Urteil vom 11.3.1998 - B 9 VG 2/96 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 13) - gemäß § 1 Abs 4 OEG Anspruch auf Grundrente nicht nur ab dem 1.5.2004, sondern auch im streitigen Zeitraum von Januar 1999 bis April 2004 - also für die Zeit vor dem Beitritt Polens zur EG - hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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