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BVerfG 30.03.2021 - 2 BvR 1546/20
BVerfG 30.03.2021 - 2 BvR 1546/20 - Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren (Art 2 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 3 GG) durch unzureichende fachgerichtliche Sachaufklärung im Rahmen der strafvollzugsbegleitenden gerichtlichen Kontrolle der Betreuung gem § 119a StVollzG
Normen
Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 66c Abs 1 Nr 1 StGB, § 66c Abs 2 StGB, § 119a StVollzG
Vorinstanz
vorgehend OLG Celle, 30. Juli 2020, Az: 3 Ws 149/20, Beschluss
Tenor
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Der Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg mit Sitz in Celle vom 14. April 2020 - 17b StVK 6/19 - sowie der Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 30. Juli 2020 - 3 Ws 149/20 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes.
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Die Beschlüsse werden aufgehoben und die Sache wird an das Landgericht Lüneburg zurückverwiesen.
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Das Land Niedersachsen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe
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Der inhaftierte Beschwerdeführer wendet sich gegen die Überprüfung der ihm angebotenen Betreuung nach § 119a StVollzG.
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I.
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1. Der Beschwerdeführer ist Strafgefangener und verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe. Für den an die Strafhaft anschließenden Zeitraum wurde die Sicherungsverwahrung angeordnet. Bevor er am 25. Februar 2019 in den Normalvollzug der Justizvollzugsanstalt C. verlegt wurde, war er in mehreren anderen Justizvollzugsanstalten und zuletzt in der sozialtherapeutischen Abteilung der Justizvollzugsanstalt U. untergebracht.
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2. Mit Beschluss vom 1. März 2017 stellte das Landgericht Chemnitz in einem Verfahren nach § 119a StVollzG fest, dass die angebotene Betreuung des Beschwerdeführers "im zurückliegenden Zeitraum" den Anforderungen von § 66c Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB entsprochen habe.
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3. Nachdem der Beschwerdeführer für den anschließenden Zeitraum beantragt hatte, eine Prüfung nach § 119a StVollzG vorzunehmen, forderte das Landgericht Lüneburg die Justizvollzugsanstalt C. mit Schreiben vom 4. November 2019 auf, eine Stellungnahme für den Zeitraum ab dem 1. Juni 2017 abzugeben, welche diese für den angefragten Zeitraum mit Schreiben vom 26. November 2019 übersandte.
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4. Mit angegriffenem Beschluss vom 14. April 2020 stellte das Landgericht fest, dass die dem Beschwerdeführer von der Vollzugsbehörde angebotene Betreuung den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe. Ein Zeitraum ist im Tenor nicht genannt. Der Beschluss wertete Vollzugspläne seit dem 29. Juli 2015 und Sachverständigengutachten seit dem 2. Februar 2013 aus und erörterte therapeutische Maßnahmen seit dem 27. Februar 2015. Laut Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt sei die Leitung der sozialtherapeutischen Abteilung der Justizvollzugsanstalt U. am 25. Februar 2019 zu dem Ergebnis gelangt, der Beschwerdeführer habe nicht bewegt werden können, sich therapeutisch zu öffnen. Er sei aufgrund seiner Persönlichkeit nicht in der Lage, inhaltlich zu kooperieren. Die Behandlung sei an ihre Grenzen gestoßen und die therapeutischen Mittel einer Sozialtherapie seien erschöpft. Seit dem 25. Februar 2019 - seiner Verlegung in den Normalvollzug in der Justizvollzugsanstalt C. - sei der Beschwerdeführer nicht in Behandlungsmaßnahmen eingebunden, da die Justizvollzugsanstalt befürchte, er werde sich jeder Therapie, die Probleme aufgreife, verschließen. Die Indikation einer sozialtherapeutischen Behandlung sei erloschen. Diese Einschätzung beruhe auf den häufigen Wechseln der sozialtherapeutischen Einrichtungen. Im weiteren Verlauf "müsse gegebenenfalls" eine erneute Indikationsprüfung erfolgen. Dem Beschwerdeführer sei von der Justizvollzugsanstalt aufgegeben worden, sich selbstkritisch zu reflektieren und darzulegen, was zu den häufigen Wechseln der sozialtherapeutischen Einrichtungen geführt habe. Diese kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Fehlverhalten sei aus Sicht der Justizvollzugsanstalt notwendig, um den Grundstein für eine erfolgversprechende Behandlung zu legen.
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Dem Beschwerdeführer, der Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt habe, sei "im zurückliegenden Behandlungszeitraum ab dem 1. Juni 2015" eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Betreuung angeboten worden. Die Kammer schließe sich den Sachverständigengutachten an, wonach für den Beschwerdeführer zur Verbesserung der Legalprognose eine sozialtherapeutische Behandlung weiterhin angezeigt sei und erheblicher, langfristiger Therapiebedarf bestehe. Es sei erkennbar, dass die Justizvollzugsanstalten im Beurteilungszeitraum die angebotenen einzel- und gruppentherapeutischen Maßnahmen jeweils nach den Empfehlungen der vorliegenden Sachverständigengutachten und unter Berücksichtigung der Behandlung von Gewaltstraftätern ausgerichtet hätten. Sie hätten auf die individuelle Mitwirkungsfähigkeit und -bereitschaft des Beschwerdeführers sowie auf die eingetretenen Fortschritte, Erfolge und Grenzen der Behandlung reagiert. Dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, sich dauerhaft auf eine therapeutische Beziehung einzulassen, liege allein in seiner Sphäre. Die Justizvollzugsanstalt C. habe ihm nach der verhaltensbedingten Rückverlegung aufgegeben, sich kritisch mit den Hintergründen des therapeutischen Stillstands auseinanderzusetzen mit dem Ziel, seine Behandlungsmotivation abermals zu fördern und ihm die für erforderlich gehaltene erneute Verlegung in die sozialtherapeutische Abteilung zu eröffnen.
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5. a) Der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers erhob mit Schreiben vom 27. Mai 2020 Beschwerde. Der Beschluss lasse genaue Ausführungen zu den Therapien vermissen. Er weiche von der Behandlungsempfehlung im den vorangegangenen Zeitraum betreffenden Beschluss ab. Es fehle bereits an einer Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt für den Zeitraum vom 1. Juni 2015 bis zum 31. Mai 2017. Zudem habe das Landgericht den überprüften Zeitraum unzulässig erweitert.
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b) Der Beschwerdeführer persönlich erhob ebenfalls mit Schreiben vom 27. Mai 2020 Beschwerde, da der Beschluss nicht den Darlegungs- und Begründungsanforderungen genüge. Der Inhalt der Behandlungsuntersuchungen und der Zeitraum der jeweiligen Vollzugspläne seien im Beschluss nicht aufgeführt. Die Behandlungsmaßnahmen seien so pauschal beschrieben, dass keine Prüfung möglich sei, ob diese Betreuung auf den Beschwerdeführer zugeschnitten und zur Reduzierung seiner Gefährlichkeit geeignet gewesen sei. Es bleibe unklar, welcher Sachverständige welche Empfehlung abgegeben habe, welche konkreten Behandlungsmaßnahmen wie häufig erfolgt seien und ob es sich um ein Angebot für Straftäter mit angeordneter Sicherungsverwahrung handele. Es hätte ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen, auch weil der Zeitraum nicht von einer qualifizierten Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt abgedeckt sei. Der geprüfte Zeitraum sei ohne rechtlichen Hinweis fehlerhaft verlängert worden und dem Beschluss überdies nicht zu entnehmen.
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6. Mit angegriffenem Beschluss vom 30. Juli 2020, dem Beschwerdeführer am 6. August 2020 zugegangen, verwarf das Oberlandesgericht Celle die Beschwerde als unbegründet. Der Senat teile die Auffassung der Vorinstanz, dass die Vollzugsbehörden dem Beschwerdeführer "im zurückliegenden Zeitraum" eine Betreuung angeboten hätten, die den gesetzlichen Vorgaben entspreche. Ein etwaiger Gehörsverstoß des Landgerichts, indem dieses den Beurteilungszeitraum nicht mitgeteilt habe, sei durch die Äußerungsmöglichkeiten des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren geheilt. Der Beurteilungszeitraum betrage zwar grundsätzlich zwei Jahre, für den Beschwerdeführer sei jedoch durch die angefochtene Entscheidung in dieser Hinsicht kein Nachteil ersichtlich. Zwar weise die Beschwerde zutreffend darauf hin, dass eine Bezugnahme auf die Akte nicht möglich sei, jedoch sei der Beschluss des Landgerichts aus sich heraus verständlich. Da das Landgericht mehrere auch zeitnah erstellte Gutachten herangezogen habe, sei es nicht erforderlich gewesen, für das Verfahren nach § 119a StVollzG ein eigenes Gutachten einzuholen.
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II.
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1. Mit seiner am 28. August 2020 erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die rubrizierten Beschlüsse und rügt eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 101 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG.
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Der Beschluss des Landgerichts enthalte keine Angaben zu einem festgelegten Prüfungszeitraum. Dies sei nach der fachgerichtlichen Rechtsprechung ein schwerwiegender Mangel. Der von der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt umfasste Zeitraum decke sich nicht mit dem vom Landgericht geprüften Zeitraum. Das Landgericht sei seiner Begründungs- und Aufklärungspflicht nicht nachgekommen. Bis zur Beschlussfassung des Landgerichts seien 14 Monate vergangen, in denen dem Beschwerdeführer keine Behandlungsmaßnahme angeboten worden sei. Das Landgericht habe nicht von dem gesetzlich vorgeschriebenen Zweijahreszeitraum abweichen dürfen, da es ansonsten die Fristen ohne eine vorherige Verlängerung nach § 119a Abs. 3 Satz 2 StVollzG willkürlich verlängern könne. Der Beschwerdeführer habe keine Stellungnahme abgegeben, da er hierzu nicht aufgefordert worden sei. Ihm sei nicht einmal mitgeteilt worden, dass das Verfahren in Gang gesetzt worden sei, so dass die Entscheidung überraschend gewesen sei. Daher sei gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen und das rechtliche Gehör verletzt worden.
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Das Oberlandesgericht hätte diese gravierenden Mängel beanstanden müssen. Dass das Oberlandesgericht in Bezug genommene Schriftstücke den Akten entnehmen könne, gelte nicht für andere Gerichte.
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Es würden vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte Anforderungen an die Sicherungsverwahrung, insbesondere das ultima-ratio-Prinzip, verletzt. Während des Strafvollzugs würden nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um eine Sicherungsverwahrung zu verhindern.
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2. Das Niedersächsische Justizministerium hat mit Schreiben vom 22. Februar 2021 von einer Stellungnahme abgesehen.
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3. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.
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III.
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Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung im Sinne des § 93c Abs. 1 BVerfGG liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Nach diesen Grundsätzen ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und in einem die Zuständigkeit der Kammer begründenden Sinn offensichtlich begründet.
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1. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer wegen eines Aufklärungsmangels in seinem aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Recht auf ein faires Verfahren. Über die in Art. 19 Abs. 4 GG speziell geregelten Gewährleistungen effektiven Rechtsschutzes hinaus erfordert der rechtsstaatliche Grundsatz eines fairen Verfahrens allgemein Beachtung im Verfahrensrecht und somit auch in einem Verfahren nach § 119a StVollzG, das ohne vorhergehende behördliche Veranlassung durch das Landgericht als rechtsprechende Gewalt eingeleitet wird (vgl. Spaniol, in: Feest/Lesting/Lindemann, Strafvollzugsgesetze, 7. Aufl. 2017, Teil IV, § 119a Rn. 1, 5).
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a) Das Recht auf ein faires Verfahren hat seine Wurzeln im Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit den Freiheitsrechten und Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 57, 250 274 f.>; 122, 248 271>; 130, 1 25>) und gehört zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens (vgl. BVerfGE 38, 105 111>; 46, 202 210>). Das Recht auf ein faires Verfahren enthält keine in allen Einzelheiten bestimmten Ge- oder Verbote; vielmehr bedarf es der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten (vgl. BVerfGE 57, 250 275 f.>; 70, 297 308>; 130, 1 25>). Diese Konkretisierung ist zunächst Aufgabe des Gesetzgebers und sodann, in den vom Gesetz gezogenen Grenzen, Pflicht der zuständigen Gerichte bei der ihnen obliegenden Rechtsauslegung und -anwendung (vgl. BVerfGE 63, 45 61>; 64, 135 145>; 122, 248 272>; 133, 168 200 Rn. 59>). Die Gerichte haben den Schutzgehalt der in Frage stehenden Verfahrensnormen und die Rechtsfolgen ihrer Verletzung zu bestimmen. Dabei sind Bedeutung und Tragweite des Rechts auf ein faires Verfahren angemessen zu berücksichtigen, damit dessen wertsetzende Bedeutung auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Februar 2020 - 2 BvR 900/19 -, Rn. 20).
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Die Verkennung des Schutzgehalts einer verletzten Verfahrensnorm kann in das Recht des Betroffenen auf ein faires Verfahren eingreifen (vgl. BVerfGK 9, 174 188 f.>; 17, 319 328>). Eine Verletzung liegt allerdings erst dann vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht - auch in seiner Auslegung und Anwendung durch die Fachgerichte - ergibt, dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben wurde (vgl. BVerfGE 57, 250 276>; 64, 135 145 f.>; 122, 248 272>; 133, 168 200 Rn. 59>).
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aa) Der Beschwerdeführer kann sich hinsichtlich des Verfahrens nach § 119a StVollzG auf die Einhaltung der sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Mindestanforderungen berufen; ihre Einhaltung ist sein aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG folgendes subjektives Recht, nicht nur ein objektives Gebot. Die regelmäßige gerichtliche Kontrolle nach § 119a StVollzG dient neben der Rechtssicherheit auch der Umsetzung des ultima-ratio-Prinzips (BTDrucks 17/9874, S. 28), wie es vom Bundesverfassungsgericht für die Sicherungsverwahrung aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abgeleitet wurde (vgl. BVerfGE 128, 326 379>). Der in der Sicherungsverwahrung liegende, schwerwiegende Eingriff in das Freiheitsgrundrecht ist nur nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung und unter Wahrung strenger Anforderungen an die zugrundeliegenden Entscheidungen und die Ausgestaltung des Vollzugs zu rechtfertigen. Hierzu zählt das Erfordernis, dass die Sicherungsverwahrung nur als letztes Mittel angeordnet werden darf, wenn andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht ausreichen, um dem Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit Rechnung zu tragen. Diesem ultima-ratio-Prinzip bei der Anordnung der Sicherungsverwahrung folgt der Gedanke, dass auch der Vollzug diesem Prinzip entsprechen muss. Kommt Sicherungsverwahrung in Betracht, müssen schon während des Strafvollzugs alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Gefährlichkeit des Verurteilten zu reduzieren. Insbesondere muss gewährleistet sein, dass etwa erforderliche psychiatrische, psycho- oder sozialtherapeutische Behandlungen, die oftmals auch bei günstigem Verlauf mehrere Jahre in Anspruch nehmen, zeitig beginnen, mit der gebotenen hohen Intensität durchgeführt und möglichst vor dem Strafende abgeschlossen werden (vgl. BVerfGE 128, 326 379>). Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen trägt § 66c StGB Rechnung. Verfahrensrechtlich sichert § 119a StVollzG diese materiellen Gewährleistungen ab (vgl. BTDrucks 17/9874, S. 29). Vor diesem Hintergrund sind die prozessualen Mindestanforderungen im Verfahren nach § 119a StVollzG nicht nur als objektive Gebote, sondern als subjektive Rechte zu verstehen.
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bb) Zu den vom Schutzumfang erfassten prozessualen Garantien gehören die Mindesterfordernisse für eine zuverlässige Wahrheitserforschung (vgl. BVerfGE 57, 250 275>). Sie setzen unter anderem Maßstäbe für die Aufklärung des Sachverhalts und damit für eine hinreichende tatsächliche Grundlage für richterliche Entscheidungen (BVerfGE 70, 297 308>). Das Gebot bestmöglicher Sachaufklärung gilt insbesondere auch für den Straf- und Maßregelvollzug (vgl. BVerfGE 70, 297 309>; BVerfGK 15, 287 295>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2020 - 2 BvR 2473/17 -, Rn. 37).
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Das Gebot bestmöglicher Sachaufklärung ist jedenfalls dann verletzt, wenn das Gericht unter Berücksichtigung der Beweislage zu einer bestimmten Überzeugung noch nicht hätte gelangen dürfen, weil es bei verständiger Würdigung aller Umstände des zu entscheidenden Falles damit rechnen musste, dass ihm bekannte oder erkennbare, nicht verwertete weitere Beweismittel einen Sachverhalt erbringen, der im Gegensatz zu seiner bisherigen Überzeugung eine Tatsache widerlegt, infrage stellt oder bestätigt. Ergibt eine umfassende, verständige und allgemeiner Lebenserfahrung Rechnung tragende Würdigung der Sachlage, dass das Gebot umfassender Sachaufklärung danach drängt, ein bekanntes oder erkennbares weiteres Beweismittel zu nutzen oder ein bereits genutztes Beweismittel weiter auszuschöpfen, so ist entsprechend zu verfahren (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2020 - 2 BvR 2473/17 -, Rn. 38 m.w.N.). Ein Gericht darf auf die Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten nur verzichten, wenn Beweismittel unzulässig, schlechterdings untauglich, unerreichbar oder für die Entscheidung unerheblich sind. Dagegen darf es von einer Beweisaufnahme nicht schon dann absehen, wenn die Aufklärung besonders arbeits- oder zeitaufwendig erscheint (vgl. zu Art. 19 Abs. 4 GG Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 6. Februar 2020 - 2 BvR 1719/19 -, Rn. 22).
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b) Diesen Anforderungen werden die angegriffenen Beschlüsse nicht gerecht.
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aa) Nach § 66c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, Abs. 2 StGB gehört zu den Anforderungen, deren Einhaltung zu überprüfen § 119a StVollzG den Gerichten aufgibt, dass die Betreuung eines Strafgefangenen, für den die Sicherungsverwahrung angeordnet wurde, individuell, intensiv sowie geeignet ist, seine Mitwirkungsbereitschaft zu wecken und zu fördern. Nachdem das Verfahren nach § 119a StVollzG, wie dargestellt, die Verhältnismäßigkeit eines äußerst schwerwiegenden Grundrechtseingriffs prozessual absichert, sind auch an die Intensität des Rechtsschutzes hohe Anforderungen zu stellen. Dies erkennt auch der Gesetzgeber an, indem er eine Besetzung der Kammer mit drei Richtern und die zwingende Beiordnung eines Rechtsanwalts vorsieht (vgl. § 119a Abs. 4 und 6 StVollzG).
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bb) Entgegen ihrer Aufklärungspflicht haben die Gerichte versäumt zu ermitteln, ob der Beschwerdeführer seit dem Abbruch jeglicher Therapien am 25. Februar 2019 eine Betreuung erfährt, die den genannten Anforderungen genügt. Das Landgericht hat zwar ausgeführt, zur Verbesserung der Legalprognose des Beschwerdeführers sei eine sozialtherapeutische Behandlung auch weiter angezeigt und es bestehe erheblicher, langfristiger Therapiebedarf. In seinem Beschluss, auf den das Oberlandesgericht Bezug nimmt, wird als Grund für den Abbruch der Therapie die von der Justizvollzugsanstalt gehegte Sorge, der Beschwerdeführer werde sich weiteren Therapien verschließen, genannt. Der Frage, welche Betreuung dem Beschwerdeführer seitdem angeboten wird, sind die Gerichte aber nicht nachgegangen. Ob und gegebenenfalls welche Unterstützung der Beschwerdeführer bei der ihm aufgetragenen Aufgabe, über seine Therapiebereitschaft nachzudenken, erfährt und ob er hierbei fachgerecht angeleitet wurde, ist nicht ermittelt worden. Insbesondere haben die Gerichte nicht aufgeklärt, ob Motivationsgespräche stattfinden und inwieweit von der Justizvollzugsanstalt etwaige Fortschritte des Beschwerdeführers bei seiner Aufgabe überprüft werden, um ihn so bald wie möglich wieder in eine Therapie einzubinden. Auch einer zeitlichen Perspektive, im Rahmen derer die vom Landgericht als erforderlich erkannte Therapie wiederaufgenommen werden könnte, gehen die Beschlüsse nicht nach; darauf zielende Aufklärungsschritte sind aus den Beschlüssen jedenfalls nicht ersichtlich.
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cc) Zu solchen Ermittlungen war nicht nur das Landgericht, sondern auch das Oberlandesgericht in eigener Verantwortung grundrechtlich verpflichtet. Denn die Beschwerde stellt nach der Gesetzesbegründung eine "verwaltungsprozessrechtlich determinierte Beschwerde sui generis" dar (BTDrucks 17/9874, S. 29), wobei dem Oberlandesgericht ein vollumfänglicher Prüfungsumfang zugestanden wird, es also selbst Ermittlungen und eigene Ermessenserwägungen anstellen darf (vgl. Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, Strafvollzugsgesetz, 7. Aufl. 2020, 12. Kapitel, N, Rn. 16).
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2. Da die angegriffenen Entscheidungen schon wegen des Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG keinen Bestand haben, kann offenbleiben, ob die Beschlüsse weitere Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte des Beschwerdeführers verletzen.
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IV.
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Die Beschlüsse des Landgerichts Lüneburg und des Oberlandesgerichts Celle sind daher aufzuheben. Die Sache ist an das Landgericht Lüneburg zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).
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V.
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Die Entscheidung über die Auslagenerstattung ergibt sich aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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