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BVerfG 16.03.2021 - 1 BvR 375/21
BVerfG 16.03.2021 - 1 BvR 375/21 - Erfolgloser Eilantrag in einer kartellrechtlichen Sache: Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne vorherige Anhörung der Beschwerdeführerin - mangelnde Darlegung eines schweren Nachteils - zudem Vorwegnahme der Hauptsache
Normen
Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 32 Abs 1 BVerfGG, § 19 Abs 2 Nr 1 GWB, § 33 Abs 1 GWB, § 935 ZPO, § 937 Abs 2 ZPO
Vorinstanz
vorgehend LG München I, 14. Januar 2021, Az: 37 O 32/21, Beschluss
nachgehend BVerfG, 24. März 2022, Az: 1 BvR 375/21, Nichtannahmebeschluss
Tenor
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Gründe
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Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung liegt ein kartellrechtliches Eilverfahren zugrunde. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (nachfolgend: Beschwerdeführerin) wendet sich gegen eine einstweilige Verfügung, die ohne ihre Anhörung im gerichtlichen Verfahren erlassen wurde.
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I.
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1. Die Beschwerdeführerin betreibt die Online-Plattform X. Über diese Plattform können Dritthändler, sogenannte Verkaufspartner der Beschwerdeführerin, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Produkte an ihre Endkunden vertreiben. Voraussetzung hierfür ist die Eröffnung eines Verkäuferkontos. Die Plattform verfügt über ein Kundenrezensionssystem, über das alle über den Marktplatz gehandelten Produkte von Kunden bewertet werden können. In sogenannten Programmrichtlinien (AGB) legt die Beschwerdeführerin die Regeln für die Nutzung des Marktplatzes fest. In der Programmrichtlinie "Verbotene Handlungen und Verkaufsaktivitäten" heißt es unter dem Punkt "Missbrauch von Beurteilungen, Bewertungen oder Produktrezensionen":
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"Jeder Versuch, Beurteilungen, Bewertungen und Produktrezensionen zu manipulieren, ist verboten."
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Darin wird den Verkaufspartnern der Beschwerdeführerin unter anderem untersagt, Entschädigungszahlungen für (positive) Rezensionen zu leisten.
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Die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens (nachfolgend: Antragstellerin), ein Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, ist Inhaberin eines Verkäuferkontos auf der Online-Plattform der Beschwerdeführerin.
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2. Am 22. Juli und 6. August 2020 erhielt die Antragstellerin über das Verkäuferkommunikationsportal der Beschwerdeführerin jeweils eine Mitteilung, wonach die Antragstellerin "eventuell eine Vergütung für Kundenrezensionen angeboten (habe)". Darin wurde zudem die Deaktivierung des Verkäuferkontos der Antragstellerin angedroht, ohne näher zu konkretisieren, worauf sich der Verdacht der Beschwerdeführerin stützte. Am 9. Dezember 2020 erhielt die Antragstellerin die Mitteilung, dass ihr Verkäuferkonto vorübergehend deaktiviert worden sei. Ihre Angebote seien von der Plattform entfernt und das Guthaben der Antragstellerin auf ihrem Konto bei der Beschwerdeführerin eingefroren worden. Da die Antragstellerin weiterhin Produktrezensionen manipuliere, dürfe sie derzeit nicht über den Marktplatz X. verkaufen.
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3. Auf die Sperrung ihres Verkäuferkontos reagierte die Antragstellerin mit zwei Schreiben vom 14. und 21. Dezember 2020. Die Vorwürfe der Beschwerdeführerin entbehrten jeglicher Grundlage. Die Beschwerdeführerin stütze sich nur auf unsubstantiierte Mutmaßungen. Die Antragstellerin habe zu keinem Zeitpunkt Dritten eine Vergütung für die Veröffentlichung von Kundenrezensionen angeboten. Die Deaktivierung des Verkäuferkontos verknüpft mit der Einbehaltung von Guthaben aufgrund nicht offengelegter Verdachtsmomente sei aufgrund der damit verbundenen Folgewirkungen unter vertragsrechtlichen wie auch wettbewerbs- und kartellrechtlichen Gesichtspunkten rechtswidrig. Sie stelle jedenfalls einen unlauteren Behinderungswettbewerb zu Lasten der Antragstellerin im Sinne des § 4 Nr. 4 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (im Folgenden: UWG), §§ 19, 20 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (im Folgenden: GWB) dar. Die Antragstellerin setzte der Beschwerdeführerin - im Ergebnis ohne Erfolg - eine Frist bis zum 17. Dezember 2020, um das Verkäuferkonto zu reaktivieren, die gelöschten Angebote wiederherzustellen und das Guthaben auszubezahlen.
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4. Mit einer E-Mail ihrer Rechtsabteilung vom 23. Dezember 2020 antwortete die Beschwerdeführerin, dass aus der Deaktivierungsmitteilung hervorgehe, welche Informationen seitens der Antragstellerin erforderlich seien, um eine Freischaltung ihres Verkäuferkontos zu erreichen.
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5. Mit Schriftsatz vom 7. Januar 2021 beantragte die Antragstellerin bei dem Landgericht, der Beschwerdeführerin im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft zu unterlassen, das X.-Verkäuferkonto der Antragstellerin zu deaktivieren und/oder diesbezügliche Angebote von der X.-Webseite zu entfernen und/oder Guthaben auf dem Verkäuferkonto einzubehalten, und/oder diese Handlungen und/oder eine dieser Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, wie geschehen bei dem der Deaktivierung am 9. Dezember 2020 zugrundeliegenden Sachverhalt.
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Die Deaktivierung ihres Verkäuferkontos basiere lediglich auf vagen Verdachtsmomenten. Aus der auf die Deaktivierung des Kontos folgenden vorgerichtlichen Korrespondenz gehe nicht hervor, auf welche Informationen sich die Beschwerdeführerin stütze. Die Antragstellerin habe keine Anhaltspunkte dafür, welche Handlungen ihr konkret vorgeworfen würden. Darüber hinaus enthält der Verfügungsantrag umfangreiche Ausführungen zur Rechtslage, insbesondere zu der Marktmacht der Beschwerdeführerin. Dem Antrag war unter anderem die vorgerichtliche Korrespondenz der Parteien des Ausgangsverfahrens beigefügt.
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6. Mit Beschluss vom 14. Januar 2021 erließ das Landgericht die beantragte einstweilige Verfügung.
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Der Beschlusstenor zu 1. lautet:
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„Der Antragsgegnerin wird (…) untersagt, das X. Verkäuferkonto (…) der Antragstellerin zu deaktivieren und/oder diesbezügliche Angebote von der X. Website zu entfernen und/oder Guthaben auf dem Verkäuferkonto einzubehalten, und/oder diese Handlungen und/oder eine dieser Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, wie geschehen bei dem der Deaktivierung am 09.12.2020 zugrunde liegenden Sachverhalt, d.h. ohne konkrete Benennung der als missbräuchlich oder falsch eingestuften Kundenbewertungen und ohne die Gelegenheit für die Antragstellerin, zu den konkreten Sachverhalten Stellung zu nehmen.“
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Die Beschwerdeführerin sei durch die Antragstellerin über den Streitgegenstand informiert und abgemahnt worden. Eine vorherige Anhörung durch das Gericht sei daher nicht veranlasst gewesen.
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Die Antragstellerin habe einen Verfügungsanspruch auf Unterlassung der Deaktivierung ihres Verkäuferkontos ohne vorherige ausreichende Information und Anhörung zu den Gründen aus § 33 Abs. 1 GWB in Verbindung mit § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB. Mit der für das Verfügungsverfahren notwendigen hinreichenden Wahrscheinlichkeit könne eine marktbeherrschende Stellung der Beschwerdeführerin auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt - der Erbringung von Dienstleistungen von Onlinemarktplätzen gegenüber Onlinehändlern auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland - festgestellt werden. Angesichts der marktbeherrschenden Stellung sei die Beschwerdeführerin in ihrer Entscheidung über die Aufnahme und Beendigung von Geschäftsbeziehungen auf ein diskriminierungsfreies und von sachlichen Erwägungen getragenes Verhalten beschränkt. Diesen Anforderungen habe das Verfahren zur vorläufigen Deaktivierung des Verkäuferkontos der Antragstellerin nicht genügt. Zwar möge die Beschwerdeführerin einen begründeten Verdacht für die Manipulation von Produktbewertungen und damit für ein pflichtwidriges Verhalten haben, welcher grundsätzlich geeignet sei, eine Beendigung der Geschäftsbeziehungen zu rechtfertigen. Da sie kein angemessenes Verfahren zur Anhörung der Antragstellerin gewährleistet habe, stehe die Deaktivierung jedoch einer anlass- und begründungslosen Sperrung gleich.
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II.
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Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf prozessuale Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Das Landgericht habe bewusst von einer Anhörung der Beschwerdeführerin abgesehen. Es habe das Recht der Beschwerdeführerin auf prozessuale Waffengleichheit vorsätzlich und grob in mehrfacher Weise verkannt, indem es nicht nur die Beschwerdeführerin nicht angehört, sondern auch einen Rechtssatz aufgestellt habe, wonach die Beschwerdeführerin vorprozessual ihre Manipulationsindizien offenlegen müsse.
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Die Anhörung sei insbesondere nicht im Hinblick auf die vorprozessuale Korrespondenz der Parteien des Ausgangsverfahrens entbehrlich gewesen. An einer gleichwertigen Erwiderungsmöglichkeit fehle es bereits deshalb, weil der Beschluss zahlreiche grundsätzliche Rechtsfragen auf juristischem Neuland zu Lasten der hierdurch stark beeinträchtigten Beschwerdeführerin entscheide.
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Der Beschluss betreffe das Kundenrezensionssystem der Beschwerdeführerin, das für sie von zentraler Bedeutung sei. Der Schutz des Bewertungssystems gegen Missbrauch und Betrug sei eine Kernsäule des Geschäfts der Beschwerdeführerin. Die Antragstellerin und andere Verkaufspartner, die Fake-Bewertungen veranlassten, schadeten nicht nur der Beschwerdeführerin, sondern auch weiteren X.-Gesellschaften, den auf die Wahrhaftigkeit der Bewertungen vertrauenden Kunden und der großen Mehrzahl der lauteren Verkaufspartner. Die Beschwerdeführerin könne nicht offenlegen, anhand welcher technischen und sonstigen Prüfkriterien und Mechanismen sie missbräuchliche Bewertungen feststelle. Dies würde den Beteiligten an den missbräuchlichen Bewertungen das Erkennen und Hintergehen der Prüfmechanismen erlauben beziehungsweise erleichtern. Aus diesem Grund könne die Beschwerdeführerin auch die konkret betroffenen missbräuchlichen Bewertungen nicht offenlegen.
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III.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unzulässig.
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1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Eine einstweilige Anordnung darf nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allerdings dann nicht ergehen, wenn eine Verfassungsbeschwerde von vornherein unzulässig oder unbegründet wäre (vgl. BVerfGE 103, 41 42>; 111, 147 152 f.>). Zu den Zulässigkeitsanforderungen an einen Antrag nach § 32 Abs. 1 BVerfGG gehört die substantiierte Darlegung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 23. August 2017 - 1 BvR 1783/17 -, Rn. 9; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 1. Mai 2020 - 1 BvR 1005/20 -, Rn. 4; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 1. September 2020 - 2 BvQ 61/20 -, Rn. 10). Selbst im Fall offenkundiger Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde kommt ein Einschreiten des Bundesverfassungsgerichts im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 32 Abs. 1 BVerfGG nur in Betracht, wenn ein schwerer Nachteil im Sinne des § 32 BVerfGG dargelegt wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 17. Juni 2020 - 1 BvR 1378/20 -, Rn. 4; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 16. Juli 2020 - 1 BvR 1617/20 -, Rn. 5; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 1. September 2020 - 2 BvQ 61/20 -, Rn. 10). Wegen der meist weittragenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren auslöst, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfGE 131, 47 55>; 132, 195 232 Rn. 86>; stRspr).
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2. Zwar ist die Verfassungsbeschwerde bei derzeitigem Verfahrensstand weder offensichtlich unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Der Antrag ist jedoch mangels substantiierter Darlegung eines schweren Nachteils im Sinne des § 32 Abs. 1 BVerfGG unzulässig. Darüber hinaus steht dem Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung entgegen, dass hiermit die Hauptsache vorweggenommen würde.
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a) Die Beschwerdeführerin hat nicht hinreichend dargelegt, dass ihr für den Fall, dass eine einstweilige Anordnung nicht erlassen wird, ein schwerer Nachteil im Sinne des § 32 Abs. 1 BVerfGG droht. Allein die fortgesetzte Belastung durch einen einseitig erstrittenen Unterlassungstitel reicht hierzu nicht aus. Vielmehr müsste die Beschwerdeführerin auch in der Sache durch die Unter-lassungsverpflichtung belastet sein (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 16. Juli 2020 - 1 BvR 1617/20 -, Rn. 5; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 1. September 2020 - 2 BvQ 61/20 -, Rn. 11). Ein schwerer, grundrechtlich relevanter Nachteil in diesem Sinne liegt auch dann nicht vor, wenn der durch die angegriffene Unterlassungsverfügung verursachte Schaden durch die Schadensersatzpflicht nach § 945 ZPO jedenfalls insoweit kompensiert werden kann, dass ein Einschreiten des Bundesverfassungsgerichts noch während des laufenden fachgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich ist (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. Juli 2020 - 1 BvR 1379/20 -, Rn. 25, und vom 22. Januar 2021 - 1 BvR 2793/20 -, Rn. 18).
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Dafür, dass die Beschwerdeführerin einen irreparablen Schaden erlitte, wenn sie das Verkäuferkonto der Antragstellerin erst nach Abschluss des fachgerichtlichen Verfahrens wieder deaktivieren könnte, ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin entsteht ihr zwar durch die Begründung des angegriffenen Beschlusses ein Schaden, derzufolge sie zur Deaktivierung eines Verkäuferkontos wegen des Vorwurfs gefälschter Kundenrezensionen aufgrund ihrer marktbeherrschenden Stellung nur dann berechtigt sein soll, wenn sie die als missbräuchlich oder falsch eingestuften Kundenbewertungen dem betroffenen Verkaufspartner zuvor konkret benannt und diesem Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Die Beschwerdeführerin befürchtet diesbezüglich eine präjudizielle Wirkung für andere Verfahren. Außerdem könnte durch täuschende Meldungen zu dem Beschluss der Eindruck entstehen, dass die Beschwerdeführerin weder missbräuchlichen Rezensionen angemessen entgegentrete noch einen angemessenen Austausch mit ihren Verkaufspartnern pflege.
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Hierbei handelt es sich um Schäden, die der Beschwerdeführerin gerade nicht aus dem Vollzug der angegriffenen Entscheidung entstehen, sodass eine Schadensersatzpflicht nach § 945 ZPO insofern ausscheidet. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Antrag auf einstweilige Anordnung (nur) erreichen kann, dass der Verstoß gegen das Recht auf prozessuale Waffengleichheit festgestellt und die Wirksamkeit des angegriffenen Beschlusses bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache oder bis zu einer erneuten Entscheidung des Landgerichts ausgesetzt wird (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. Juni 2020 - 1 BvR 1246/20 -, vom 17. Juni 2020 - 1 BvR 1380/20 - und vom 22. Dezember 2020 - 1 BvR 2740/20 -). Die Beschwerdeführerin hat nicht substantiiert vorgetragen, dass ihr diesbezüglich ein Abwarten bis zu der Entscheidung über ihren bereits erhobenen Widerspruch nicht zugemutet werden könne.
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Zwar kann durch das Widerspruchsverfahren die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in Gestalt des bewussten Übergehens der prozessualen Rechte der Beschwerdeführerin im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht beseitigt werden. Dies gilt aber auch für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 BVerfGG, da der gerügte Verfahrensfehler lediglich festgestellt, nicht aber beseitigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 23. August 2017 - 1 BvR 1783/17 -, Rn. 10). Dass ihr ohne die Feststellung eines möglichen Verstoßes gegen die prozessuale Waffengleichheit bis zu einer Entscheidung über ihren Widerspruch ein schwerer, irreparabler Nachteil entstünde, geht aus dem Vortrag der Beschwerdeführerin indes nicht nachvollziehbar hervor. Dies gilt jedenfalls dann, wenn über den Widerspruch zeitnah mündlich verhandelt und entschieden wird.
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b) Soweit mit dem Antrag auf einstweilige Anordnung die Feststellung eines Verstoßes gegen prozessuale Waffengleichheit begehrt wird, steht der Zulässigkeit des Antrags zudem entgegen, dass damit die Hauptsache vorweggenommen würde.
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Durch eine einstweilige Anordnung darf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Hauptsache nicht vorweggenommen werden (vgl. BVerfGE 34, 160 162>; 46, 160 163 f.>; 67, 149 151>; stRspr). Denn durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung soll lediglich ein Zustand vorläufig geregelt, nicht aber die Hauptsache präjudiziert werden (vgl. BVerfGE 8, 42 46>; 15, 219 221>). Über die in der Hauptsache aufgeworfenen Fragen kann daher im Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich nicht entschieden werden (vgl. BVerfGE 12, 276 279>; 15, 77 78>).
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Hier sind der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die Verfassungsbeschwerde jedoch auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichtet. Denn auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren kann die hier gerügte Rechts-verletzung, namentlich die Verletzung der prozessualen Waffengleichheit, regelmäßig nur festgestellt, nicht aber beseitigt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. Juni 2017 - 1 BvQ 16/17 -, Rn. 11; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. September 2018 - 1 BvR 1783/17 -, Rn. 10; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. September 2018 - 1 BvR 2421/17 -, Rn. 23).
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Zwar steht die Vorwegnahme der Hauptsache ausnahmsweise dann der Zulässigkeit eines Antrags auf einstweilige Anordnung nach § 32 BVerfGG nicht entgegen, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache möglicherweise zu spät käme und dem Antragsteller in anderer Weise ausreichender Rechtsschutz nicht mehr gewährt werden könnte (vgl. BVerfGE 46, 160 163 f.>; 67, 149 151>; 108, 34 40>; 113, 113 122>; 130, 367 369>). Dass dies hier der Fall sein könnte, ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich. Der vorliegende Fall unterscheidet sich insofern wesentlich von den Fallgestaltungen, die den Entscheidungen der Kammer vom 17. Juni 2020 - 1 BvR 1380/20 - und vom 22. Dezember 2020 - 1 BvR 2740/20 - zugrunde lagen. Dort war jeweils unmittelbar die von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Freiheit der Presseberichterstattung betroffen. Bei einem Zuwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache hätte eine Veröffentlichung der durch die angegriffene Verfügung untersagten Berichterstattung nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr in der ursprünglich intendierten Art und Weise erfolgen können. Dass der Beschwerdeführerin durch ein Zuwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache ein vergleichbarer grundrechtserheblicher und irreparabler Schaden entstünde, ist hier jedoch nicht ersichtlich.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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