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BVerfG 01.12.2020 - 2 BvR 1853/20
BVerfG 01.12.2020 - 2 BvR 1853/20 - Stattgebender Kammerbeschluss: Fortdauer bereits lang andauernder Untersuchungshaft ohne hinreichende Rechtfertigung verletzt Betroffene in Grundrecht aus Art 2 Abs 2 S 2 GG iVm Art 104 GG - insb zur fachgerichtlichen Pflicht, die Dauer der Erstattung eines Sachverständigengutachtens zu überwachen - Gegenstandswertfestsetzung
Normen
Art 2 Abs 2 S 2 GG, Art 104 Abs 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 73 Abs 1 S 2 StPO, § 77 StPO, § 121 Abs 1 StPO, § 122 StPO
Vorinstanz
vorgehend OLG Frankfurt, 23. September 2020, Az: 10 KLs - 1680 Js 34303/19, Beschluss
Tenor
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Der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. September 2020 - 2 HEs 382/20 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 des Grundgesetzes.
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Der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
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Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
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Das Land Hessen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.
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Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000 Euro (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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A.
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Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde, die sie mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden hat, gegen die Aufrechterhaltung von Untersuchungshaft.
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I.
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1. Die Beschwerdeführerin befindet sich seit dem 5. Dezember 2019 aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts Kassel vom selben Tag in Untersuchungshaft. Nach dem Haftbefehl ist sie der Beihilfe zu einem gemeinschaftlich versuchten schweren Raub dringend verdächtig.
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Am 31. März 2020 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen die Beschwerdeführerin und den Mitangeschuldigten zur Großen Strafkammer beim Landgericht Kassel. Der Beschwerdeführerin wird Beihilfe zu den tateinheitlich begangenen Delikten des gemeinschaftlich versuchten schweren Raubes, der versuchten gefährlichen Körperverletzung, der Sachbeschädigung, des Verstoßes gegen das Waffengesetz und des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie eine tatmehrheitlich begangene Beihilfe zu einem gemeinschaftlichen schweren Bandendiebstahl zur Last gelegt. Laut Anklageschrift hatte die Beschwerdeführerin eine bandenmäßig strukturierte Tätergruppierung aus Litauen nach Deutschland gefahren. Am 2. Juli 2019 habe die Beschwerdeführerin sodann mit laufendem Motor in ihrem Pkw auf die Haupttäter gewartet, welche mit einem zuvor in Deutschland entwendeten Mercedes in das Schaufenster eines Juweliergeschäftes gefahren waren, um dort hochwertige Uhren und Schmuck zu entwenden. Da die Scheibe des Juweliergeschäftes nicht zerbrochen sei, seien die Täter in das Auto der Beschwerdeführerin geflüchtet. Sie habe sie sodann zurück nach Göttingen und schließlich nach Litauen gefahren.
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2. Die Anklageschrift ging am 14. April 2020 beim Landgericht ein. Mit Verfügung vom 17. April 2020 übersandte das Landgericht dem Mitangeschuldigten die deutschsprachige Anklageschrift mit einer dreiwöchigen Frist zur Stellungnahme und zog den Mitangeschuldigten betreffende Beiakten bei. Am 30. April 2020 übersandte das Landgericht die Anklageschrift in litauischer Übersetzung mit einer Frist zur Stellungnahme von drei Wochen an die Beschwerdeführerin.
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Mit Beschluss vom 22. April 2020 hatte es die psychiatrische Begutachtung des Mitangeschuldigten auf seine strafrechtliche Verantwortlichkeit zum Tatzeitpunkt sowie zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 64 StGB angeordnet und einen Sachverständigen beauftragt. Der Mitangeschuldigte hatte schon im Ermittlungsverfahren vortragen lassen, er leide an einer Alkoholabhängigkeit, habe zur Tatzeit unter dem Einfluss von Alkohol gestanden und sei in seiner Steuerungsfähigkeit mindestens eingeschränkt gewesen. Das Landgericht stellte zwei Sachstandsanfragen an den Sachverständigen am 28. Mai 2020 und am 23. Juni 2020, die beide unbeantwortet blieben.
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Mit Beschluss vom 19. Juni 2020 hatte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main gemäß §§ 121, 122 StPO die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet.
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Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main legte am 3. September 2020 die Akten erneut dem Oberlandesgericht zur Haftprüfung vor und beantragte, die Haftfortdauer anzuordnen. Sie wies in einer Tabelle auf die einzelnen verfahrensfördernden Handlungen hin. Diese erschöpften sich bezüglich der Beschwerdeführerin - mit Ausnahme der zusätzlich erfolgten Akteneinsicht an einen Versicherer und die Vervollständigung der Akten - in den oben genannten Sachstandsanfragen des Landgerichts an den Sachverständigen. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung des Haftbefehls, da aufgrund der Verletzung des Beschleunigungsgebotes der weitere Vollzug der Untersuchungshaft nicht mehr verhältnismäßig sei.
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3. Das Oberlandesgericht ordnete mit Beschluss vom 23. September 2020 gemäß §§ 121, 122 StPO die Fortdauer der Untersuchungshaft an. Der dringende Tatverdacht einer Beihilfe zum versuchten besonders schweren Raub liege unverändert vor und ergebe sich aus der Anklageschrift und den dort benannten Beweismitteln. Es sei der Haftgrund der Fluchtgefahr gegeben.
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Des Weiteren führte der Senat aus, dass ein Urteil bislang nicht habe ergehen können, da das psychiatrische Sachverständigengutachten bezüglich des Mitangeschuldigten noch nicht vorliege. Die Ermittlungen seien auch nach dem Senatsbeschluss vom 19. Juni 2020 weiterhin mit dem notwendigen und erforderlichen Nachdruck gefördert worden. Diesbezüglich werde auf die konkrete Darlegung der einzelnen Maßnahmen in der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft vom 3. September 2020 verwiesen. Die Ermittlungen und das Verfahren seien danach ohne erhebliche vermeidbare Verzögerungen entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben mit der in Haftsachen stets gebotenen Beschleunigung geführt worden. Den Strafverfolgungsbehörden anzulastende Verfahrensverzögerungen seien somit nicht erkennbar. Insbesondere habe der Vorsitzende mehrfach, unter anderem mit Schreiben vom 28. Mai 2020 und 23. Juni 2020, bei dem Sachverständigen nachgefragt, bis wann mit dem Gutachten zu rechnen sei. Dieses sei daraufhin am 18. August 2020 gegenüber dem Landgericht für die 36. Kalenderwoche angekündigt worden. Demnach sei die Dauer der forensisch-psychiatrischen Begutachtung des Mitangeschuldigten mit Versendung der Akten an den Sachverständigen am 7. Mai 2020 und Vorlage des schriftlichen Gutachtens in der 36. Kalenderwoche in Anbetracht der erfahrungsgemäß für die Erstattung derartiger Gutachten zu veranschlagenden Dauer von bis zu vier Monaten nicht zu beanstanden gewesen. Zudem sei die Dauer der Erledigung derartiger Gutachtenanträge nicht vom Gericht zu vertreten. Zeiteinteilung, Planung und Arbeitsweise unabhängiger Sachverständiger entzögen sich weitgehend dem Einfluss der Justizorgane. Ebenso sei ihnen die Überprüfung des für die Sachbefassung mit derartigen Begutachtungen im Einzelfall erforderlichen Zeitaufwandes mangels eigener Sachkunde versagt und daher die von Sachverständigen in Anspruch genommene Zeit in aller Regel hinzunehmen.
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Zugleich sei die Entscheidung der Kammer, das Verfahren gegen die Beschwerdeführerin nicht abzutrennen, nicht zu beanstanden. Es sei sachgerecht und erforderlich, gegen beide Angeschuldigte aufgrund einer einheitlichen, alle Beweismittel umfassenden Beweisaufnahme zu entscheiden. Denn es sei nicht fernliegend, dass ein aussagebereiter Angeklagter zu Lasten von Mitangeklagten die eigenen Tatbeiträge beschönigende Angaben mache, die das Gericht nach einer rudimentären Beweisaufnahme anschließend dem Urteil gegen diesen zugrunde lege.
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II.
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Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. September 2020 in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG und aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verletzt.
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Im Wesentlichen macht sie eine Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen geltend. Sie führt aus, das Oberlandesgericht hätte darlegen müssen, aus welchen Gründen bei der Erteilung des Gutachtenauftrags nicht ein Sachverständiger ausgewählt worden sei, der ein solches Gutachten hätte zeitnah erstellen können. Dies sei insbesondere deshalb erforderlich gewesen, weil sich die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Erteilung des Gutachtenauftrags bereits vier Monate in Untersuchungshaft befunden habe. Ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot liege bereits darin, dass die letzte Anfrage des Landgerichts auf den 23. Juni 2020 datiert sei und somit bis zum 18. August 2020 keine weiteren Bemühungen dokumentiert seien. Solche ergäben sich weder aus der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft noch aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts. Auch die Beauftragung des Sachverständigen sei nicht mit der gebotenen Beschleunigung erfolgt. Bereits die Ansicht des Oberlandesgerichts, das Landgericht habe sich nach Erteilung des Auftrags zur Gutachtenerstattung um nichts mehr zu bemühen, weil sich Zeiteinteilung, Planung und Arbeitsweise unabhängiger Sachverständiger weitgehend dem Einfluss der Justizorgane entzögen und dem Gericht die Überprüfung des erforderlichen Zeitaufwands für derartige Begutachtungen im Einzelfall mangels eigener Sachkunde versagt und daher die vom Sachverständigen in Anspruch genommene Zeit in der Regel hinzunehmen sei, verletze sie in ihren Grundrechten. Mangels Vorliegens eines Eröffnungsbeschlusses und einer Terminierung der Hauptverhandlung sei der Zeitraum bis zum Ergehen eines Urteils nicht absehbar und ein weiterer Verbleib in der Untersuchungshaft nicht mehr zumutbar.
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III.
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1. Zur Verfassungsbeschwerde hat der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof Stellung genommen.
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Nach seiner Auffassung ist der Verfassungsbeschwerde der Erfolg nicht zu versagen. Die Ausführungen des Oberlandesgerichts ließen besorgen, dass es bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht der Beschwerdeführerin und dem Strafverfolgungsinteresse des Staates die Bedeutung und Tragweite des Freiheitsgrundrechts nicht ausreichend berücksichtigt habe. Dies gelte sowohl für die Ausführungen zu der nicht der Justiz anzulastenden Dauer der Gutachtenerstattung als auch für diejenigen zur Verfahrenstrennung.
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Das Oberlandesgericht halte es hinsichtlich des Gutachtens offenbar für ausreichend, dass die Strafkammer den Gutachtenauftrag einmal erteile und letztlich dessen Eingang lediglich abwarte. Der Beschluss erwähne als ausreichende Förderungshandlungen allein zwei Sachstandsanfragen. Es sei auch danach zu keinen weiteren verfahrensfördernden Maßnahmen gekommen. Es sei lediglich Akteneinsicht an einen Versicherer gewährt worden und die Akten seien vervollständigt worden. Dies lasse zusammen mit der Begründung, die Erledigung von Gutachtenaufträgen entzöge sich weitgehend dem Einfluss der Justizorgane und ihre Dauer sei vom Gericht nicht zu vertreten, besorgen, das Oberlandesgericht erachte die Dauer des Zwischenverfahrens und der Untersuchungshaft in der vorliegenden Konstellation für schicksalhaft. Passivität und Verantwortungsverlagerung auf Dritte seien nicht mit der Pflicht des Gerichts vereinbar, in jeder Lage des Verfahrens alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, sondern verkennten grundlegend die aus dem Freiheitsanspruch des Betroffenen folgenden Anforderungen an eine aktive Verfahrensgestaltung.
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Die beiden Sachstandsanfragen könnten auch nicht als verfahrensfördernde Maßnahmen angesehen werden. Nachdem die zweite Sachstandsanfrage offenbar nahezu zwei Monate unbeantwortet geblieben sei, hätte zumindest ein nochmaliges Nachfassen nahegelegen, wenn nicht auch Überlegungen, gegebenenfalls einen anderen Sachverständigen mit der Gutachtenerstattung zu beauftragen. Es wäre schließlich zu erwägen gewesen, schon vor Eingang des Gutachtens über die Eröffnung des Verfahrens zu entscheiden. Bei Entscheidungsreife sei über die Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung zu beschließen. Dass diese nicht nach Ablauf der Stellungnahmefristen gemäß § 201 StPO gegeben gewesen sei, erschließe sich ohne weitere Darlegung nicht. Das Oberlandesgericht setze sich nicht damit auseinander, dass der Mitangeklagte umfassend geständig gewesen sei und seine Schuldunfähigkeit, die einer Eröffnung des Hauptverfahrens nach § 203 StPO hätte entgegenstehen können, nicht im Raum gestanden habe. Ob von verminderter Schuldfähigkeit ausgegangen werden müsse oder eine Maßregel gemäß § 64 StGB zu verhängen sei, sei nicht Gegenstand der Eröffnungsentscheidung, sondern in der Hauptverhandlung zu klären. Es sei ausreichend, wenn das Gutachten zu diesem Zeitpunkt vorliege.
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Auch die floskelhaft und allgemein gehaltene Begründung, warum die Strafkammer von der Abtrennung des Verfahrens gegen die Beschwerdeführerin abgesehen habe, genüge nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Die Prozessökonomie, gegen mehrere Angeklagte wegen desselben Tatgeschehens nur eine Beweisaufnahme durchzuführen, trete in den Hintergrund, wenn damit eine über neun Monate andauernde Untersuchungshaft verbunden sei. Stichhaltige Sachargumente für eine gemeinsame Aburteilung bleibe der Beschluss schuldig.
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2. Das Land Hessen hat mit Schreiben vom 12. November 2020 davon abgesehen, zu der Verfassungsbeschwerde Stellung zu nehmen.
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3. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Verfahrensakten des Landgerichts Kassel in Abschrift vorgelegen.
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Danach ist (Stand: 10. November 2020) über die Eröffnung des Hauptverfahrens noch nicht entschieden. Das Landgericht Kassel hat unter dem 2. Oktober 2020 lediglich mit Blick auf eine "in absehbarer Zeit anstehende" entsprechende Entscheidung der Kammer "zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung" um Mitteilung von Verhinderungen der Verteidigerin zwischen dem 1. Dezember 2020 und Ende Februar 2021 gebeten. Mit Schreiben vom 4. November 2020 hat es die Verteidiger und den Sachverständigen gebeten, vier Termine zwischen dem 25. Januar 2021 und dem 25. Februar 2021 vorsorglich fest zu blockieren.
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B.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr nach § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG statt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
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I.
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Der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf die Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 GG.
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1. a) Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistet jedermann die Freiheit der Person und nimmt einen hohen Rang unter den Grundrechten ein. Das kommt darin zum Ausdruck, dass Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG die Freiheit der Person als "unverletzlich" bezeichnet, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG ihre Beschränkung nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes zulässt und Art. 104 Abs. 2 bis 4 GG besondere Verfahrensgarantien für ihre Beschränkung statuiert (vgl. BVerfGE 35, 185 190>; 109, 133 157>; 128, 326 372>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. April 2020 - 2 BvR 225/20 -, Rn. 55).
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Die Freiheit der Person darf nur aus besonders gewichtigen Gründen und unter strengen formellen Gewährleistungen eingeschränkt werden. Zu diesen Gründen gehören in erster Linie solche des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts. Eingriffe in die persönliche Freiheit auf diesem Gebiet dienen vor allem dem Schutz der Allgemeinheit (vgl. BVerfGE 22, 180 219>; 45, 187 223>; 58, 208 224 f.>). Zugleich haben die gesetzlichen Eingriffstatbestände freiheitsgewährleistende Funktion, da sie die Grenzen zulässiger Einschränkung der Freiheit der Person bestimmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 2019 - 2 BvR 2429/18 -, Rn. 53; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. April 2020 - 2 BvR 225/20 -, Rn. 56).
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b) Bei der Anordnung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft ist stets das Spannungsverhältnis zwischen dem in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleisteten Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit und den unabweisbaren Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung zu beachten. Grundsätzlich darf nur einem rechtskräftig Verurteilten die Freiheit entzogen werden. Der Entzug der Freiheit eines der Straftat lediglich Verdächtigen ist wegen der Unschuldsvermutung, die ihre Wurzel im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG hat und auch in Art. 6 Abs. 2 EMRK ausdrücklich hervorgehoben ist (vgl. BVerfGE 19, 342 347>; 74, 358 371>), nur ausnahmsweise zulässig. Dabei muss den vom Standpunkt der Strafverfolgung aus erforderlich und zweckmäßig erscheinenden Freiheitsbeschränkungen der Freiheitsanspruch des noch nicht rechtskräftig verurteilten Beschuldigten als Korrektiv gegenübergestellt werden, wobei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine maßgebliche Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 19, 342 347>; 20, 45 49 f.>; 36, 264 270>; 53, 152 158 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 2019 - 2 BvR 2429/18 -, Rn. 54; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. April 2020 - 2 BvR 225/20 -, Rn. 57).
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c) Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist nicht nur für die Anordnung, sondern auch für die Dauer der Untersuchungshaft von Bedeutung. Er verlangt, dass die Dauer der Untersuchungshaft nicht außer Verhältnis zur erwarteten Strafe steht, und setzt ihr auch unabhängig von der Straferwartung Grenzen (vgl. BVerfGE 20, 45 49 f.>). Das Gewicht des Freiheitsanspruchs vergrößert sich gegenüber dem Interesse an einer wirksamen Strafverfolgung regelmäßig mit zunehmender Dauer der Untersuchungshaft (vgl. BVerfGE 36, 264 270>; 53, 152 158 f.>). Daraus folgt zum einen, dass die Anforderungen an die Zügigkeit der Arbeit in einer Haftsache mit der Dauer der Untersuchungshaft steigen. Zum anderen nehmen auch die Anforderungen an den die Haftfortdauer rechtfertigenden Grund zu (vgl. BVerfGK 7, 140 161>; 15, 474 480>; 17, 517 522>). Im Rahmen der von den Fachgerichten vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Freiheitsanspruch des Betroffenen und dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit ist die Angemessenheit der Haftfortdauer anhand objektiver Kriterien des jeweiligen Einzelfalles zu prüfen; insofern sind in erster Linie die Komplexität der einzelnen Rechtssache, die Vielzahl der beteiligten Personen und das Verhalten der Verteidigung von Bedeutung (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Februar 2020 - 2 BvR 2090/19 -, Rn. 47; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. April 2020 - 2 BvR 225/20 -, Rn. 58).
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d) Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen verlangt, dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen (vgl. BVerfGE 20, 45 50>; 36, 264 273>). An den zügigen Fortgang des Verfahrens sind dabei umso strengere Anforderungen zu stellen, je länger die Untersuchungshaft schon andauert (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Februar 2020 - 2 BvR 2090/19 -, Rn. 48). Der Beschleunigungsgrundsatz beansprucht auch für das Zwischenverfahren nach den §§ 199 ff. StPO Geltung. In diesem Stadium muss das Verfahren ebenfalls mit der gebotenen Zügigkeit gefördert werden, um bei Entscheidungsreife über die Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung zu beschließen und im Regelfall innerhalb von weiteren drei Monaten mit der Hauptverhandlung zu beginnen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2781/10 -, Rn. 15; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. November 2012 - 2 BvR 1164/12 -, Rn. 43; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juli 2014 - 2 BvR 1457/14 -, Rn. 21; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Dezember 2017 - 2 BvR 2552/17 -, Rn. 16; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Juni 2018 - 2 BvR 819/18 -, Rn. 28, 37; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. August 2018 - 2 BvR 1258/18 -, Rn. 25). Der Vollzug der Untersuchungshaft von mehr als einem Jahr bis zum Beginn der Hauptverhandlung oder dem Erlass des Urteils wird dabei auch unter Berücksichtigung der genannten Aspekte nur in ganz besonderen Ausnahmefällen zu rechtfertigen sein (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 2019 - 2 BvR 2429/18 -, Rn. 55; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. April 2020 - 2 BvR 225/20 -, Rn. 59).
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e) Zur Durchführung eines geordneten Strafverfahrens und zur Sicherstellung der Strafvollstreckung kann die Untersuchungshaft dann nicht mehr als notwendig anerkannt werden, wenn ihre Fortdauer durch Verfahrensverzögerungen verursacht ist, die ihre Ursache nicht in dem konkreten Strafverfahren haben. Entsprechend dem Gewicht der zu ahndenden Straftat können zwar kleinere Verfahrensverzögerungen die Fortdauer der Untersuchungshaft rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Juni 2018 - 2 BvR 819/18 -, Rn. 29). Von dem Beschuldigten nicht zu vertretende, sachlich nicht gerechtfertigte und vermeidbare erhebliche Verfahrensverzögerungen stehen indes regelmäßig einer weiteren Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft entgegen (vgl. BVerfGK 15, 474 480>; 17, 517 523>). Allein die Schwere der Tat und die sich daraus ergebende Straferwartung vermögen bei erheblichen, vermeidbaren und dem Staat zuzurechnenden Verfahrensverzögerungen nicht zur Rechtfertigung einer ohnehin schon lang andauernden Untersuchungshaft zu dienen (vgl. BVerfGK 7, 140 155 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Februar 2020 - 2 BvR 2090/19 -, Rn. 51; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. April 2020 - 2 BvR 225/20 -, Rn. 61).
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f) Im Hinblick auf die besondere Bedeutung des Rechts auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 GG ist der Grundrechtsschutz auch durch die Verfahrensgestaltung zu bewirken (vgl. hierzu BVerfGE 53, 30 65>; 63, 131 143>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 2019 - 2 BvR 2429/18 -, Rn. 60; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. März 2020 - 2 BvR 103/20 -, Rn. 65). Haftfortdauerentscheidungen unterliegen insofern einer erhöhten Begründungstiefe (vgl. BVerfGE 103, 21 35 f.>; BVerfGK 7, 140 161>; 10, 294 301>; 15, 474 481>; 19, 428 433>). In der Regel sind in jedem Beschluss über die Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft aktuelle Ausführungen zu dem weiteren Vorliegen ihrer Voraussetzungen, zur Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Beschuldigten und dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit sowie zur Frage der Verhältnismäßigkeit geboten, weil sich die dafür maßgeblichen Umstände angesichts des Zeitablaufs in ihrer Gewichtigkeit verschieben können (vgl. BVerfGK 7, 140 161>; 10, 294 301>; 15, 474 481>; 19, 428 433>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Februar 2020 - 2 BvR 2090/19 -, Rn. 54). Die zugehörigen Ausführungen müssen in Inhalt und Umfang eine Überprüfung des Abwägungsergebnisses am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht nur für den Betroffenen selbst, sondern auch für das die Anordnung treffende Fachgericht im Rahmen einer Eigenkontrolle gewährleisten und in sich schlüssig und nachvollziehbar sein (vgl. BVerfGK 7, 421 429 f.>; 15, 474 481 f.>). Die fachgerichtlichen Ausführungen müssen hierzu die maßgeblichen Umstände des jeweiligen Einzelfalls umfassend berücksichtigen und regelmäßig auch den gegen das Vorliegen eines Haftgrundes sprechenden Tatsachen Rechnung tragen, um die (Prognose-)Entscheidung des Gerichts auch intersubjektiv nachvollziehbar zu machen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 18. September 2018 - 2 BvR 745/18 -, Rn. 31; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Februar 2020 - 2 BvR 2090/19 -, Rn. 54; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. April 2020 - 2 BvR 225/20 -, Rn. 63).
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2. Diesen Vorgaben genügt der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main nicht. Das Verfahren ist nach Eingang der Anklageschrift beim Landgericht nicht in der durch das Gewicht des Freiheitseingriffs gebotenen Zügigkeit gefördert worden. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main zeigt keine besonderen Umstände auf, die die Fortdauer der Untersuchungshaft verfassungsrechtlich hinnehmbar erscheinen lassen, und wird damit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründung von Haftfortdauerentscheidungen nicht gerecht.
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a) Das Oberlandesgericht begründet nicht nachvollziehbar, dass das Landgericht alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die der Beschwerdeführerin vorgeworfenen Taten herbeizuführen.
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Es berücksichtigt nicht hinreichend, dass die Verantwortung für die Verfahrensbeschleunigung beim Landgericht und nicht bei dem beauftragten Sachverständigen liegt, denn die zeitliche Verfahrensgestaltung ist Aufgabe des Gerichts und in Haftsachen aufgrund des Beschleunigungsgrundsatzes von besonderer Bedeutung. Dies betrifft auch die Überwachung der Dauer der Gutachtenerstattung. Diese liegt im Einflussbereich des Gerichts, dem mit der Auswahl eines zuverlässigen Sachverständigen (§ 73 Abs. 1 Satz 1 StPO), der Fristsetzung zur Gutachtenerstattung (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StPO) und letztendlich mit der Vornahme von Zwangsmaßnahmen gegen einen Sachverständigen bei Ausbleiben des Gutachtens (§ 77 StPO) geeignete Instrumentarien dazu zur Verfügung stehen. Die aus einer fehlenden Sachkunde des Gerichts folgende inhaltliche Unabhängigkeit des Sachverständigen bei der Gutachtenerstattung ist dadurch nicht betroffen.
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Dies zugrunde gelegt, hätte das Oberlandesgericht dazu ausführen müssen, weshalb das Landgericht hätte versuchen können, den Sachverständigen auf einem anderen Weg zu kontaktieren oder einen anderen erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen, nachdem der Sachverständige zwei Sachstandsanfragen jeweils im Abstand von ungefähr einem Monat unbeantwortet gelassen und sich erst nahezu vier Monate nach seiner Beauftragung gemeldet hatte.
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b) Ebenso hat das Oberlandesgericht nicht schlüssig begründet, weshalb es sich um einen besonderen Ausnahmefall handeln soll, der es rechtfertigt, dass das Landgericht nach Ablauf von fast sechs Monaten noch nicht über die Zulassung der am 31. März 2020 erhobenen Anklage im Zwischenverfahren (§§ 199 ff. StPO) entschieden hatte. Anhaltspunkte dafür, dass nach Ablauf der Frist zur Stellungnahme der Beschwerdeführerin Ende Mai 2020 keine Eröffnungsreife vorlag, sind nicht gegeben. Insbesondere erwähnt das Oberlandesgericht mit Ausnahme des Gutachtens keine ausstehenden Ermittlungen.
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Da eine Schuldunfähigkeit des Mitangeschuldigten (§ 20 StGB) nicht im Raum stand, sprach auch das ausstehende Gutachten nicht gegen eine Eröffnung des Verfahrens. Die Fragen der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) sowie der Verhängung einer Maßregel nach § 64 StGB sind in der Hauptverhandlung zu klären. Ohnehin bedarf es in der Hauptverhandlung nicht der Vorlage eines schriftlichen Gutachtens. Den Grundsätzen der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit folgend schreibt § 246a Abs. 1 StPO auch kein vorbereitendes schriftliches Gutachten, sondern allein die Vernehmung des Sachverständigen in der Hauptverhandlung vor (vgl. BGHSt 54, 177 178 f.>).
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Überdies hat die Beschwerdeführerin die Verfahrensverzögerung auch deshalb in keiner Weise zu vertreten, weil die Gutachtenerstattung nicht ihre Person betraf.
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c) Schließlich ist die Auffassung des Oberlandesgerichts, dass das Landgericht keine Abtrennung des Verfahrens habe in Erwägung ziehen müssen, nicht nachvollziehbar begründet. Bei der über neun Monate andauernden Untersuchungshaft und fast sechs Monate nach Anklageerhebung vermag der Grundsatz der Prozessökonomie nicht ohne Weiteres zu rechtfertigen, von der Abtrennung eines eröffnungsreifen Verfahrens abzusehen. Es ist nicht überzeugend, warum die Amtsaufklärungspflicht und die Auswirkungen auf das Aussageverhalten der Angeschuldigten einer Abtrennung im konkreten Fall entgegenstehen sollten. Unabhängig von einer möglichen Abtrennung darf sich das Gericht bei zweifelhaften Angaben einzelner Tatbeteiligter nicht auf eine "rudimentäre" Beweisaufnahme beschränken, sondern ist zu einer umfassenden Aufklärung verpflichtet.
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II.
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Es ist daher gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG festzustellen, dass der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. September 2020 die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 GG verletzt. Der Beschluss ist unter Zurückverweisung der Sache aufzuheben (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).
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Das Oberlandesgericht wird im besonderen Haftprüfungsverfahren nach §§ 121, 122 StPO unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen erneut über die Haftfortdauer zu entscheiden haben.
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III.
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Mit der Entscheidung in der Hauptsache erledigt sich der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
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C.
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Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34 Abs. 2 BVerfGG.
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Die Festsetzung des Gegenstandswertes für die anwaltliche Tätigkeit stützt sich auf § 37 Abs. 2 Satz 2, § 14 Abs. 1 RVG in Verbindung mit den Grundsätzen über die Festsetzung des Gegenstandswertes im verfassungsrechtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 368 ff.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. April 2020 - 2 BvR 225/20 -, Rn. 84). Im Hinblick auf die objektive Bedeutung der Sache ist ein Gegenstandswert von 10.000 Euro angemessen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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