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BVerfG 15.06.2020 - 2 BvR 71/20, 2 BvR 72/20
BVerfG 15.06.2020 - 2 BvR 71/20, 2 BvR 72/20 - Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerden gegen das Programm der EZB zum Ankauf von Vermögenswerten des Unternehmenssektors (Corporate Sector Purchase Programme - CSPP) - Verstoß gegen europäisches Primärrecht nicht ausgeschlossen - allerdings teils unstatthafter Beschwerdegegenstand, teils unzureichende Beschwerdebegründung
Normen
Art 93 Abs 1 Nr 4a GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 90 Abs 1 BVerfGG, § 92 BVerfGG, Art 107 Abs 1 AEUV, Art 107ff AEUV, Art 119 Abs 1 AEUV, Art 119 Abs 3 AEUV, EUBes 2016/16, Art 16 EUGrdRCh, Art 17 EUGrdRCh
Vorinstanz
vorgehend BVerfG, 14. Januar 2020, Az: 2 BvR 859/15, Beschluss
Tenor
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Die Verfahren 2 BvR 71/20 und 2 BvR 72/20 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
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Die Verfassungsbeschwerden werden, ohne dass es einer Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer zu II. auf Ruhen des Verfahrens bedarf, nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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A.
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Die Beschwerdeführer zu I. und zu II. wenden sich jeweils gegen das Programm zum Ankauf von Vermögenswerten des Unternehmenssektors (Corporate Sector Purchase Programme - CSPP). Hierbei handelt es sich um ein Unterprogramm des erweiterten Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (Expanded Asset Purchase Programme - EAPP) des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB).
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I.
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Am 10. März 2016 beschloss der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB-Rat), das CSPP aufzulegen (vgl. EZB, Pressemitteilung vom 10. März 2016; 3. Erwägungsgrund Beschluss <EU> 2016/948 der Europäischen Zentralbank vom 1. Juni 2016 zur Umsetzung des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors, ABl EU Nr. L 157 vom 15. Juni 2016, S. 28). Mit unveröffentlichtem Beschluss vom 21. April 2016 legte er die technischen Merkmale des Programms fest (vgl. EZB, Pressemitteilung vom 21. April 2016) und führte es mit Beschluss (EU) 2016/948 der Europäischen Zentralbank vom 1. Juni 2016 zur Umsetzung des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (EZB/2016/16, ABl EU Nr. L 157 vom 15. Juni 2016, S. 28) ein.
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Durch das CSPP soll die Transmission der Anleihekäufe des Eurosystems auf die Finanzierungsbedingungen der Realwirtschaft weiter verstärkt werden (vgl. EZB, Pressemitteilung vom 10. März 2016; vgl. auch 3. Erwägungsgrund Beschluss <EU> 2016/948). Es soll mittelfristig dazu beitragen, die Inflationsrate auf ein Niveau von unter, aber nahe 2 % anzuheben (vgl. 3. Erwägungsgrund Beschluss <EU> 2016/948), dabei aber den Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb achten (vgl. 7. Erwägungsgrund Beschluss <EU> 2016/948).
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Im Rahmen des CSPP erwerben ausgewählte Zentralbanken des Eurosystems, darunter die Deutsche Bundesbank, notenbankfähige Unternehmensanleihen auf dem Primär- und Sekundärmarkt, bei Anleihen des öffentlichen Unternehmenssektors nur auf dem Sekundärmarkt (Art. 1 Satz 2 Beschluss <EU> 2016/948). Die EZB selbst erwirbt im Rahmen des CSPP keine Vermögenswerte.
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Die Anleihen müssen eine Restlaufzeit von sechs Monaten bis zu 30 Jahren und 364 Tagen haben. Für die Beurteilung der Bonitätsanforderungen marktfähiger Schuldtitel sind nur die Bonitätsbeurteilungen externer Ratingagenturen, die in den Rahmenregelungen für Bonitätsbeurteilungen im Eurosystem anerkannt sind, zu berücksichtigen. Ankäufe nominaler marktfähiger Schuldtitel mit negativer Endfälligkeitsrendite (oder mit einer Rendite im schlechtesten Fall) über dem Zinssatz für die Einlagefazilität sind zulässig (Art. 2 Beschluss <EU> 2016/948). Ausschließlich für Anleihen des öffentlichen Unternehmenssektors gilt eine Mindestfrist, vor deren Ablauf ein Erwerb unzulässig ist. Die Frist soll die Bildung eines Marktpreises ermöglichen (Art. 3 Abs. 2 Beschluss <EU> 2016/948). Einzelheiten über die nähere Ausgestaltung der Frist wurden bislang - wie auch im Rahmen des Public Sector Asset Purchase Programme (PSPP) - nicht bekannt gemacht. Pro Internationaler Wertpapierkennnummer (ISIN) gilt für sämtliche Unternehmensanleihen mit Ausnahme der Unternehmensanleihen des öffentlichen Sektors eine Ankaufobergrenze von 70 % (Art. 4 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 Beschluss <EU> 2016/948). Unternehmensanleihen des öffentlichen Sektors "sollten wie im Rahmen des PSPP behandelt werden" (Art. 4 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 Beschluss <EU> 2016/948).
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Hinsichtlich der von den nationalen Zentralbanken erworbenen Anleihen findet eine vollständige Risikoteilung statt; Verluste einer nationalen Zentralbank werden auf alle nationalen Zentralbanken des Eurosystems entsprechend dem Kapitalschlüssel verteilt (vgl. EZB, Stellungnahme vom 15. November 2016, S. 6 f.).
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II.
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Die Ankäufe im Rahmen des CSPP begannen am 8. Juni 2016; zum 8. Mai 2020 hielt das Eurosystem im Rahmen des EAPP Wertpapiere im Gesamtwert von 2.868,6 Milliarden Euro, auf das CSPP entfiel ein Anteil von 209,6 Milliarden Euro, was 7,31 % entspricht (vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Mai 2020, S. 30).
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B.
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Die Beschwerdeführer zu I. und zu II. rügen eine Verletzung ihres grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Volkssouveränität (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG).
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I.
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Die Beschwerdeführer zu I. halten ungeachtet der Ausführungen im OMT-Urteil vom 21. Juni 2016 (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Juni 2016 - 2 BvR 2728/13 u.a. -) an ihrer Rechtsauffassung fest, dass es "schlichtweg impraktikabel" sei, wenn die dem Programm zugrundeliegenden Beschlüsse des EZB-Rates keine tauglichen Beschwerdegegenstände seien. Im Übrigen verstießen Bundestag und Bundesregierung gegen ihre Integrationsverantwortung, indem sie gegenüber den betreffenden Maßnahmen untätig blieben. Das CSPP führe zu einem unübersehbaren Ausfallrisiko, ohne dass es hierzu eine vorherige Befassung des Parlaments gegeben habe. Darüber hinaus verstoße die EZB gegen den Grundsatz unverfälschten Wettbewerbs. Das CSPP bezwecke eine Verfälschung oder sogar Ausschaltung des Wettbewerbs für europäische Unternehmensanleihen; statt Geldpolitik zu betreiben, begünstige die EZB einzelne in der Eurozone tätige Unternehmen.
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II.
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Die Beschwerdeführer zu II. tragen vor, dass es zwar zum Mandat der EZB gehören könne, die Finanzierungsbedingungen der Realwirtschaft zu beeinflussen, insbesondere für günstige Finanzierungsbedingungen zu sorgen. Das Programm sei aber nicht darauf gerichtet, diese Bedingungen zu beeinflussen, sondern auf die unmittelbare Finanzierung der Realwirtschaft. Dies sei der Sache nach Wirtschaftsförderung. Es sei nicht Aufgabe des Eurosystems, Geschäftsbanken von Risiken zu entlasten und unmittelbar auf deren Verhalten einzuwirken; die EZB trete hierbei an die Stelle der Geschäftsbanken, finanziere Unternehmen und verzerre dadurch den Wettbewerb. Derart selektive Eingriffe könnten nicht der Währungspolitik zugeordnet werden, sondern seien Teil der Wirtschaftspolitik.
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C.
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Die Verfassungsbeschwerden sind nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), weil sie unzulässig sind. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu I. richtet sich gegen unzulässige Beschwerdegegenstände und genügt im Übrigen, wie auch die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu II., nicht den Begründungsanforderungen (I.). Einer Entscheidung über den Antrag auf Ruhen des Verfahrens bedarf es daher nicht (II.).
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I.
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1. Soweit sich die Beschwerdeführer zu I. unmittelbar gegen das CSPP und die hierzu ergangenen Beschlüsse der EZB wenden, handelt es sich nicht um taugliche Beschwerdegegenstände (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können Maßnahmen von Organen, Einrichtungen und sonstigen Institutionen der Europäischen Union nicht unmittelbar mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden (vgl. BVerfGE 142, 123 179 f. Rn. 97>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juli 2019 - 2 BvR 1685/14 u.a. -, Rn. 112; Urteil des Zweiten Senats vom 5. Mai 2020 - 2 BvR 859/15 u.a. -, Rn. 93).
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2. Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu I. und zu II. genügen zudem nicht den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG; ihre Begründung lässt eine Verletzung von Rechten im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG inhaltlich nachvollziehbar nicht erkennen. Für eine zulässige Ultra-vires- und/oder Identitätsrüge hat das Bundesverfassungsgericht spezifische Begründungsanforderungen aufgestellt (a). Auch wenn es möglich erscheint, dass das CSPP nicht sämtliche primärrechtlichen Anforderungen beachtet (b), genügen die Verfassungsbeschwerden nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen (c).
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a) Eine zulässige Verfassungsbeschwerde erfordert einen hinreichend substantiierten Vortrag zu den Voraussetzungen entweder der Ultra-vires- oder der Identitätsrüge (vgl. BVerfGE 140, 317 341 f. Rn. 50>; 142, 123 174 f. Rn. 83>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juli 2019 - 2 BvR 1685/14 u.a. -, Rn. 95 f., 107 ff.).
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Eine zulässig erhobene Ultra-vires-Rüge muss einen offensichtlichen und strukturell bedeutsamen Kompetenzverstoß hinreichend substantiiert darlegen. Das setzt - ohne Rücksicht auf den betroffenen Sachbereich - die substantiierte Behauptung voraus, dass eine Maßnahme von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Europäischen Union offensichtlich außerhalb der ihnen übertragenen Kompetenzen liegt (vgl. BVerfGE 123, 267 353, 400>; 126, 286 304>; 134, 366 392 Rn. 37>; 142, 123 200 Rn. 148>). Das ist der Fall, wenn sich die Kompetenz bei Anwendung allgemeiner methodischer Standards unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründen lässt (vgl. BVerfGE 126, 286 308>; 142, 123 200 Rn. 149>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juli 2019 - 2 BvR 1685/14 u.a. -, Rn. 151; Urteil des Zweiten Senats vom 5. Mai 2020 - 2 BvR 859/15 u.a. -, Rn. 112). Eine strukturell bedeutsame Verschiebung zulasten mitgliedstaatlicher Kompetenzen (vgl. BVerfGE 126, 286 309>) liegt nur vor, wenn die Kompetenzüberschreitung ein für das Demokratieprinzip und die Volkssouveränität erhebliches Gewicht besitzt und geeignet ist, das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung zu unterlaufen. Davon ist auszugehen, wenn die Inanspruchnahme der Kompetenz durch das Organ, die Einrichtung oder sonstige Stelle der Europäischen Union eine Vertragsänderung nach Art. 48 EUV oder die Inanspruchnahme einer Evolutivklausel erforderte (vgl. EuGH, Gutachten 2/94 vom 28. März 1996, EMRK-Beitritt, Slg. 1996, I-1783 <I-1788 Rn. 30>), für Deutschland also ein Tätigwerden des Gesetzgebers, sei es nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG, sei es nach Maßgabe des Integrationsverantwortungsgesetzes (vgl. BVerfGE 89, 155 210>; 142, 123 201 f. Rn. 151>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juli 2019 - 2 BvR 1685/14 u.a. -, Rn. 153; Urteil des Zweiten Senats vom 5. Mai 2020 - 2 BvR 859/15 u.a. -, Rn. 110).
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Eine zulässige Identitätsrüge erfordert eine substantiiert begründete Darlegung, dass die Verfassungsorgane ihrer Integrationsverantwortung mit Blick auf die Verfassungsidentität des Grundgesetzes nicht nachgekommen sind. Maßnahmen von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Europäischen Union können durch Art. 79 Abs. 3 GG (i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG) für unantastbar erklärte Grundsätze des Art. 20 GG insbesondere berühren, wenn sie die Gestaltungsmacht des Bundestages substantiell einschränken, etwa das Budgetrecht und seine haushaltspolitische Gesamtverantwortung nicht wahren oder wenn sie die Unionsgewalt in einer Weise ausgestalten, die den durch Art. 79 Abs. 3 GG geschützten demokratischen Grundsätzen nicht mehr entspricht (vgl. BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juli 2019 - 2 BvR 1685/14 u.a. -, Rn. 155; vgl. auch BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 5. Mai 2020 - 2 BvR 859/15 u.a. -, Rn. 227 f.).
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b) Es erscheint jedenfalls nicht völlig ausgeschlossen, dass das CSPP der Wirtschaftspolitik und nicht der Währungspolitik zuzuordnen ist. Die Wirtschaftspolitik ist nach den Verträgen jedoch weit überwiegend den Mitgliedstaaten vorbehalten, während der Union hierbei lediglich unterstützende Befugnisse zukommen (vgl. BVerfGE 142, 123 222 ff. Rn. 193 ff.>; 146, 216 260 Rn. 65, 280 f. Rn. 108 f., 283 Rn. 113>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 5. Mai 2020 - 2 BvR 859/15 u.a. -, Rn. 120 f., 142, 162 ff.).
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Ein Fall der Wirtschaftspolitik läge vor, wenn sich der Erwerb ausgewählter Unternehmensanleihen durch das Eurosystem im Rahmen des CSPP als Beihilfe darstellte.
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aa) Staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen sind mit dem Binnenmarkt unvereinbar, sofern sie durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen und soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen (Art. 107 Abs. 1 AEUV). Der Beihilfebegriff ist dabei grundsätzlich weit auszulegen (grundlegend EuGH, Urteil vom 23. Februar 1961, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen, C-30/59, Slg. 1961, I-7 <I-43>) und erfasst nicht nur Subventionen, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form Belastungen mindern (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011, France Télécom, C-81/10 P, Slg. 2011, I-12941 <I-12960 Rn. 16>; Urteil vom 24. Januar 2013, Frucona Košice, C-73/11 P, EU:C:2013:32, Rn. 69; Urteil vom 16. April 2014, Trapeza Eurobank Ergasias/ATE u.a., C-690/13, EU:C:2015:235, Rn. 21; Urteil vom 9. Oktober 2014, Ministerio de Defensa u.a./Concello de Ferrol, C-522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 22). Der Gerichtshof der Europäischen Union stellt insoweit auf die Wirkungen - und nicht etwa die Ziele oder Techniken - der Maßnahme ab (vgl. EuGH, Urteil vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF, C-124/10 P, EU:C:2012:318, Rn. 76 f.; Urteil vom 19. März 2013, Bouygues u.a./Kommission u.a., C-399/10 P u.a., EU:C:2013:175, Rn. 99; Urteil vom 3. April 2014, Französische Republik/Kommission, C-559/12 P, EU:C:2014:217, Rn. 94; Urteil vom 9. Oktober 2014, Ministerio de Defensa u.a./Concello de Ferrol, C-522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 22; Urteil vom 16. Juli 2015, BVVG, C-39/14, EU:C:2015:470, Rn. 52; Urteil vom 25. Juli 2018, Kommission/Spanien u.a., C-128/16 P, EU:C:2018:591, Rn. 36). So enthalten staatliche Kapitalzuführungen an Unternehmen, wie etwa der Erwerb von Unternehmensbeteiligungen, Elemente einer Beihilfe, wenn ein rational handelnder Kapitalgeber vergleichbarer Größe, der zumindest mittelfristig einen marktüblichen Ertrag erwirtschaften will, nicht in vergleichbarem Umfang Mittel investiert hätte. Umgekehrt scheidet eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV aus, wenn sich der Staat wie ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber verhält und sein Verhalten langfristig wirtschaftlich vernünftig ist (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juli 1986, Belgien/Kommission, C-40/85, Slg. 1986, I-2340 <I-2345 Rn. 13 f.>; Soltész/Makowski, EuZW 2003, S. 73 74 f.>; Melcher, EuZW 2012, S. 576 577>; Nitsche/Milde/Soltész, EuZW 2012, S. 408 408>; Kliemann, in: Schröter/Jakob/Klotz/Mederer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2014, Art. 107 AEUV Rn. 109; v. Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 107 AEUV Rn. 90 <Juli 2016>; Müller-Graff, in: Vedder/Heintschel v. Heinegg, Europäisches Unionsrecht, 2. Aufl. 2018, Art. 107 AEUV Rn. 14; vgl. auch EuGH, Urteil vom 14. November 1984, Intermills/Kommission, C-323/82, Slg. 1984, I-3810 <I-3832 Rn. 39>; Urteil vom 13. März 1985, Niederlande u.a./Kommission, C-296/12 u.a., Slg. 1985, I-817 <I-823 f. Rn. 20 f.>).
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bb) Das gilt in vergleichbarer Weise auch für Beihilfen von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union. Zwar gilt Art. 107Abs. 1 AEUV ausschließlich für staatliche und aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen, sodass die (unmittelbare) Gewährung von Beihilfen durch Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Europäischen Union dem in den Art. 107 ff. AEUV geregelten Beihilferegime nicht unterfällt (vgl. Mederer, in: Schröter/Jakob/Klotz/ders., Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2014, Art. 107 AEUV Rn. 30; Catalán, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 107 AEUV Rn. 30; Weck/Reinhold, EuZW 2015, S. 376 377>; Nowak, in: Pechstein/ders./Häde, Frankfurter Kommentar EUV/GRC/AEUV, Bd. 3, 2017, Art. 107 AEUV Rn. 10; Ludwigs, in: Münchener Kommentar Europäisches und Deutsches Wettbewerbsrecht, Bd. 5, 2. Aufl. 2018, Art. 107 AEUV Rn. 20). Zudem besteht bei Beihilfen von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union nicht die Gefahr der Bevorzugung von Unternehmen eines bestimmten Mitgliedstaates (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juli 1998, Oelmühle u.a./Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, C-298/96, Slg. 1998, I-4782 <I-4794 Rn. 37>).
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Gleichwohl sind auch Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Europäischen Union insoweit nicht frei, sondern unterliegen - hinsichtlich Reichweite und Intensität uneinheitlich beurteilten - wettbewerbsrechtlichen Bindungen (vgl. Petzold, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilfenrecht, 1. Aufl. 2013, Kapitel 4 Rn. 17 ff.; Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 107 AEUV Rn. 82; Bär-Bouyssière, in: Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 107 AEUV, Rn. 5). Andernfalls würde das von Art. 107 Abs. 1 AEUV verfolgte Ziel, bestimmte Unternehmen oder Wirtschaftszweige nicht einseitig durch hoheitliche oder auf hoheitliche Organe zurückführbare Maßnahmen zu begünstigen, verfehlt (vgl. Frenz, Handbuch Europarecht, Bd. 3, 2007, Rn. 82; vgl. auch 4. Erwägungsgrund der Verordnung <EU> Nr. 702/2014 der Kommission zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Arten von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union <ABl EU Nr. L 193 vom 1. Juli 2014, S. 2>). Vor diesem Hintergrund muss die unmittelbare Gewährung von Beihilfen durch Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Europäischen Union zumindest mit dem Grundsatz des freien Wettbewerbs (vgl. Mederer, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Vorbem. zu Art. 107 bis 109 AEUV Rn. 16) und den in Art. 16 und Art. 17 GRCh genannten Grundrechten vereinbar sein.
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Die Organe der Union haben sich demgemäß verpflichtet, bei der Gewährung von Unionsbeihilfen auf die Vermeidung von Wettbewerbsverfälschungen und Handelsbeeinträchtigungen zu achten (vgl. Entwurf einer Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten über die Regionalpolitik und die Wettbewerbspolitik <ABl EG Nr. C 90 vom 26. März 1998, S. 7>; 4. Erwägungsgrund der Verordnung <EU> Nr. 702/2014 der Kommission zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Arten von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union <ABl EU Nr. L 193 vom 1. Juli 2014, S. 2>; vgl. auch Gemeinsame Erklärung der Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum <Nr. 12> über Beihilfen aus den EG-Strukturfonds oder anderen Finanzierungsinstrumenten <ABl EG Nr. L 1 vom 3. Januar 1994, S. 538>). Ob Beihilfen von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union ähnlichen Beschränkungen wie mitgliedstaatliche Beihilfen unterliegen (vgl. Petzold, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilfenrecht, 1. Aufl. 2013, Kapitel 4 Rn. 22), bedarf hier keiner Entscheidung. Ungeachtet des insoweit bestehenden weitreichenden Entscheidungsspielraums muss die Gewährung zur Erreichung der verfolgten Unionsziele jedenfalls notwendig sein und mit dem Grundsatz des freien Wettbewerbs (vgl. Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 107 AEUV Rn. 82) sowie den Grundrechten von Wettbewerbern abgewogen werden.
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Darüber hinaus schützt Art. 16 GRCh, der auf die in Art. 119 Abs. 1 und Abs. 3 AEUV statuierten objektiv-rechtlichen Prinzipien aufbaut, die Wettbewerbsfreiheit. Er verleiht diesen eine abwehrrechtliche Dimension (vgl. Wollenschläger, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 16 GRCh Rn. 1; Jarass, in: ders., GRCh, 3. Aufl. 2016, Art. 16 Rn. 2; Bernsdorff, in: Meyer/Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 16 Rn. 10) und vermittelt einen subjektiv-rechtlichen Schutz vor Wettbewerbsverfälschungen (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Januar 2013, Sky/Österreichischer Rundfunk, C-283/11, EU:C:2013:28, Rn. 42; Urteil vom 17. Oktober 2013, Schaible/Land Baden-Württemberg, C-101/12, EU:C:2013:661, Rn. 27). Art. 16 GRCh ist zudem auf die gleichberechtigte Teilhabe an einem unverfälschten Wettbewerb ausgerichtet (vgl. Frenz, EuR 2008, S. 468 476>; Sasse, EuR 2012, S. 628 628 f.>; Jarass, in: ders., GRCh, 3. Aufl. 2016, Art. 16 Rn. 9; Kühling, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar EUV/GRC/AEUV, 1. Aufl. 2017, Art. 16 GRCh Rn. 11; vgl. auch Wollenschläger, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 16 GRCh Rn. 8; Bernsdorff, in: Meyer/Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 16 Rn. 15).
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cc) Vor diesem Hintergrund ist es nicht ausgeschlossen, dass die im Rahmen des CSPP von den nationalen Zentralbanken vorgenommenen Anleihekäufe gegen das Primärrecht verstoßen, weil das Programm großen - emittierenden und damit programmfähigen - Unternehmen, die sich allein auf dem Kapitalmarkt refinanzieren, verbesserte Kreditbedingungen verschafft. Hierdurch kann es den Wettbewerb zwischen den Unternehmen verzerren. Soweit das Eurosystem Anleihen direkt von den Unternehmen erwirbt, bewirkt dies zudem eine unmittelbare Versorgung der Wirtschaft mit Zentralbankgeld - unter Umgehung des Finanzsektors. Insofern könnten sich die vom CSPP vorgesehenen Anleihekäufe als eine beihilfeähnliche Kreditvergabe an die Realwirtschaft darstellen, und damit als eine Tätigkeit, die wirtschaftspolitischer Natur ist.
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c) Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu I. und zu II. genügen jedoch nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen. Sie legen nicht dar, dass die begünstigten Unternehmen durch den Erwerb von Unternehmensanleihen durch das Eurosystem unter Verstoß gegen das Primärrecht der Sache nach subventioniert werden und dass es sich dabei um eine offensichtliche und strukturell bedeutsame Überschreitung des in Art. 127 AEUV niedergelegten Mandats der EZB durch den EZB-Rat handelt. Die Beschwerdeführer erschöpfen sich vielmehr in der Behauptung, dass Unternehmen, die Zugang zum Anleihemarkt und damit zu günstigeren Finanzierungsbedingungen hätten, begünstigt würden und dies eine Wettbewerbsverzerrung darstelle.
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Ausführungen zur Offensichtlichkeit eines Verstoßes gegen das Primärrecht fehlen, ebenso dazu, welche Maßstäbe an die Vergabe von Beihilfen durch Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Europäischen Union anzulegen sind und ob Art. 107 Abs. 1 AEUV auch auf diese Anwendung findet. Das wäre schon deshalb erforderlich gewesen, weil diese Frage ungeklärt und im Schrifttum umstritten ist. Näherer Darlegungen hätte in diesem Zusammenhang auch bedurft, ob sich ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber bei den Ankäufen anders verhalten hätte, als es die nationalen Zentralbanken bei ihren Ankäufen im Rahmen des CSPP tun.
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Die Beschwerdeführer legen schließlich auch nicht dar, dass ein möglicher Verstoß gegen die unionale Kompetenzordnung strukturell bedeutsam ist. Ihr Vortrag enthält keine näheren Konkretisierungen, etwa zu den von den Ankäufen im Rahmen des CSPP betroffenen Unternehmen und Wirtschaftszweigen sowie zum Ausmaß der von ihnen behaupteten Wettbewerbsverzerrung. Eine selektive Begünstigung einzelner Unternehmen wird ebenfalls nicht dargelegt. Das wäre im Hinblick auf das (relativ) geringe Ankaufvolumen im Rahmen des CSPP jedoch erforderlich gewesen, weil ein strukturell bedeutsamer Verstoß insoweit gerade nicht auf der Hand liegt.
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II.
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Einer Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer zu II. vom 31. Januar 2019 auf Ruhen des Verfahrens bedarf es somit nicht.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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