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BVerfG 16.04.2020 - 1 BvQ 33/20
BVerfG 16.04.2020 - 1 BvQ 33/20 - Ablehnung eines Antrags auf Erlass einer eA gegen bayerische Regelungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (ua Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung - BayIfSMV <juris: CoronaVV BY 2>) - Folgenabwägung
Normen
Art 2 Abs 2 S 1 GG, § 32 Abs 1 BVerfGG, CoronaVV BY 2
Tenor
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Gründe
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Die Voraussetzungen zum Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.
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I.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist im Hinblick auf die angegriffenen Verordnungen zulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere nicht darauf verwiesen, in Bezug auf die Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 27. März 2020 nebst Änderungsverordnung vom 31. März 2020 zunächst verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch zu nehmen; insofern nimmt die Kammer Bezug auf ihren Beschluss vom 7. April 2020 - 1 BvR 755/20 -, Rn. 4 (www.bverfg.de).
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II.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist jedoch unbegründet.
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1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die beabsichtigte Verfassungsbeschwerde erwiese sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 112, 284 291>; 121, 1 14 f.>; stRspr). Bei offenem Ausgang der Verfassungsbeschwerde sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber später Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde jedoch der Erfolg versagt bliebe (vgl. BVerfGE 131, 47 55>; 132, 195 232>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 10. März 2020 - 1 BvQ 15/20 -, Rn. 16; stRspr).
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2. a) Eine Verfassungsbeschwerde wäre, jedenfalls soweit sie die angegriffenen Verordnungen betrifft, nicht von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Dies bedarf eingehenderer Prüfung, was im Rahmen eines Eilverfahrens nicht zu leisten ist.
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b) Daher ist über den Antrag auf einstweilige Anordnung aufgrund einer Folgenabwägung zu entscheiden. Wie in dem mit Beschluss der Kammer vom 7. April 2020 - 1 BvR 755/20 - entschiedenen Verfahren ist zwar nachvollziehbar dargelegt, dass die angegriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie die grundrechtlich geschützten Freiheiten der Antragstellerin weitgehend verkürzen und die Grundrechte aller Menschen, die sich in Bayern aufhalten, erheblich beschränken. Erginge die beantragte einstweilige Anordnung nicht und hätte die Verfassungsbeschwerde Erfolg, wären all diese Einschränkungen mit ihren erheblichen und wie hier dargelegt teilweise auch irreversiblen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Folgen zu Unrecht verfügt und etwaige Verstöße gegen sie auch zu Unrecht geahndet worden. Erginge jedoch die beantragte Anordnung und hätte die Verfassungsbeschwerde später keinen Erfolg, würden sich voraussichtlich sehr viele Menschen so verhalten, wie es mit den angegriffenen Regelungen unterbunden werden soll, obwohl diese Verhaltensbeschränkungen mit der Verfassung vereinbar wären. Die Gefahr der Ansteckung mit dem Virus, der Erkrankung vieler Personen, der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtungen bei der Behandlung schwerwiegender Fälle und schlimmstenfalls des Todes von Menschen würde sich nach den den angegriffenen Rechtsakten zugrundeliegenden Erkenntnissen (ausführlich dazu BayVerfGH, Entscheidung vom 26. März 2020 - Vf. 6-VII-20 -, Rn. 16 f.) erheblich erhöhen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 7. April 2020 - 1 BvR 755/20 -, Rn. 9 ff.).
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Zwar mehren sich die Erkenntnisse zu den Gefahren der Pandemie fortlaufend und werden intensiv wie auch kontrovers diskutiert, wozu die Antragstellerin ausführlich vorträgt. Doch ergibt sich daraus kein verfassungsrechtlich durchgreifendes Argument, die auf einer immer mit Ungewissheiten belasteten Risikoprognose der zuständigen Stellen beruhende Entscheidung zum Schutz der Bevölkerung außer Kraft zu setzen. Auch angesichts intensiver fachwissenschaftlicher Diskussionen werden die hohen Anforderungen, die an den nur ausnahmsweise möglichen Erlass einer einstweiligen Anordnung zu stellen sind, nicht erfüllt. Es ist jedenfalls nicht erkennbar, dass die verantwortlichen Stellen den ihnen zustehenden Einschätzungs- und Entscheidungsspielraum offensichtlich verkannt oder verletzt hätten.
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Die hier angegriffenen Maßnahmen erscheinen daher auch mit Blick auf die konkret vorgebrachten, die Antragstellerin schwer belastenden Umstände in der Gesamtbetrachtung nicht unzumutbar, um einen möglichst weitgehenden Gesundheits- und Lebensschutz zu ermöglichen, zu dem der Staat aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit in Art. 2 Abs. 2 GG prinzipiell auch verpflichtet ist (vgl. BVerfGE 77, 170 214>; 85, 191 212>; 115, 25 44 f.>). Wiederum ist zu berücksichtigen, dass die angegriffenen Regelungen von vornherein befristet sind, im Hinblick auf die Ausgangsbeschränkungen zahlreiche Ausnahmen vorsehen und bei der Ahndung von Verstößen im Einzelfall im Rahmen des Ermessens individuellen Belangen von besonderem Gewicht Rechnung zu tragen ist. Dazu kommt hier, dass angesichts der Umstände, die nicht durch die angegriffenen Bayerischen Verordnungen bedingt sind, auch bei Erlass einer Anordnung nicht zu erwarten ist, dass die Antragstellerin in der Lage wäre, in ihren Reisebüros derzeit namhafte Umsätze insbesondere mit (Auslands-)Reisen zu erzielen. Dem stehen schon die weitgehende Einstellung des Flugverkehrs sowie umfangreiche pandemiebedingte Einreisebeschränkungen anderer Länder entgegen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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