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BVerfG 08.11.2017 - 2 BvR 809/17
BVerfG 08.11.2017 - 2 BvR 809/17 - Stattgebender Kammerbeschluss: Rechtsschutzgarantie (Art 19 Abs 4 S 1 GG) gebietet Bejahung des Rechtsschutzinteresses eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers für fachgerichtlichen Eilrechtsschutz auch dann, wenn ein Abschiebungstermin gem § 59 Abs 1 S 8 AufenthG (juris: AufenthG 2004) nicht angekündigt werden darf und daher ungewiss ist - zudem keine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache im Falle eines Antrags auf Verpflichtung, im Asylfolgeverfahren von einer Mitteilung gem § 71 Abs 5 S 2 AsylG (juris: AsylVfG 1992) abzusehen bzw eine solche Mitteilung zu widerrufen - Gegenstandswertfestsetzung
Normen
Art 19 Abs 4 S 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 71 Abs 5 S 2 AsylVfG 1992, § 58 AufenthG 2004, § 59 Abs 1 S 8 AufenthG 2004, § 60 AufenthG 2004, § 37 Abs 2 S 2 RVG, § 80 Abs 5 VwGO, § 123 VwGO
Vorinstanz
vorgehend VG Gießen, 15. März 2017, Az: 7 L 1863/17.GI.A, Beschluss
vorgehend BVerfG, 11. April 2017, Az: 2 BvR 809/17, Einstweilige Anordnung
Tenor
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Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 15. März 2017 - 7 L 1863/17.GI.A - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.
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Der Beschluss wird aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht Gießen zurückverwiesen.
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Damit erledigt sich der Antrag auf Wiederholung der einstweiligen Anordnung.
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Das Land Hessen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren und für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten.
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Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) und für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 5.000 € (in Worten: fünftausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes im Asylfolgeverfahren.
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1. Der 1978 geborene Beschwerdeführer ist albanischer Staatsangehöriger. Er reiste erstmals 2015 nach Deutschland ein und stellte einen Asylantrag, der mit Bescheid vom 13. November 2015 als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde; die Abschiebung nach Albanien wurde angedroht. Eine Klage blieb mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6. Januar 2016 erfolglos. Der Beschwerdeführer reiste daraufhin freiwillig aus. Nach eigenen Angaben lebte er zwischenzeitlich in Albanien und verließ das Land im Herbst 2016 wieder. Nachdem er in Frankreich einen Asylantrag gestellt hatte, wurde er in Anwendung der Regelungen der Dublin III-VO nach Deutschland überstellt.
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Der vom Beschwerdeführer gestellte Folgeantrag wurde mit Bescheid vom 22. Februar 2017 als unzulässig abgelehnt. Es seien lediglich Gründe vorgetragen worden, die bereits im Erstverfahren geltend gemacht worden seien. Soweit der Beschwerdeführer vortrage, nunmehr als Transsexueller offen erkennbar zu sein, handele es sich nicht um einen neuen Sachverhalt, weil der Beschwerdeführer bereits im Erstverfahren geltend gemacht habe, als Homosexueller erkannt und verfolgt worden zu sein. Eine erneute Abschiebungsandrohung wurde nicht erlassen.
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2. Der Beschwerdeführer erhob Klage und beantragte die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Er habe sich nach dem Abschluss des Erstverfahrens und der Rückkehr nach Albanien entschlossen, nicht mehr ein Leben im Verborgenen zu führen, sondern seine sexuelle Orientierung offensiv nach außen zu tragen. Die Diskriminierungen und gewalttätigen Anfeindungen in Tirana hätten ihn bewogen, Albanien erneut zu verlassen. Er habe zum einen mit tätlichen Übergriffen zu rechnen, zum anderen könne er nicht davon ausgehen, in Albanien jemals eine Arbeit zu finden. Bereits zuvor sei er von seiner Familie verstoßen worden. Sein Bruder habe gedroht, ihn zu töten. Albanien sei das homophobste Land Europas; die Situation sich offen bekennender Transsexueller müsse im Hauptsacheverfahren durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden. Ursprünglich habe er sich zwar bereits zu seiner sexuellen Orientierung bekannt, sei aber noch nicht für jedermann sichtbar dementsprechend aufgetreten; die Menschen auf der Straße hätten ihn nicht als einen Transgender erkennen können. Insoweit lägen neue Gründe vor, die im Erstverfahren noch nicht überprüft worden seien.
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Das Verwaltungsgericht lehnte das vorläufige Rechtsschutzbegehren mit Beschluss vom 15. März 2017 ab. Soweit die gestellten Anträge sich gegen die Bundesrepublik Deutschland richteten, seien sie unzulässig. Für den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gelte dies deshalb, weil eine erneute Abschiebungsandrohung nicht erlassen worden sei. Der Antrag nach § 123 VwGO sei wegen einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache unbegründet; ferner fehle es am Rechtsschutzinteresse, weil es eine unmittelbare Rechtsschutzmöglichkeit gegenüber der Ausländerbehörde gebe. Der gegen die Ausländerbehörde gerichtete Antrag sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil eine Abschiebung für den laufenden Monat nicht mehr anstehe; im Übrigen sei auch dieser Antrag wegen unzulässiger Vorwegnahme der Hauptsache unbegründet.
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II.
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1. Der Beschwerdeführer hat am 10. April 2017 Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der er die Verletzung seines Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 GG rügt.
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Der Beschluss des Verwaltungsgerichts verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG. Das Verwaltungsgericht habe sämtliche Anträge als unzulässig abgelehnt. Die Begründung, es fehle am Rechtsschutzbedürfnis, weil nach der Mitteilung der zuständigen Ausländerbehörde eine Abschiebung nicht unmittelbar bevorstehe, erscheine grob unbillig. Da ein möglicher Abschiebungstermin gemäß § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG nicht mehr mitgeteilt werde, würde dies im Ergebnis dazu führen, dass in regelmäßigen Abständen Anträge nach § 123 VwGO gestellt werden müssten. Dies könne einem in der Regel unbemittelten Beschwerdeführer aber nicht zugemutet werden. Stelle er aber nicht in regelmäßigen Abständen entsprechende Anträge, so bleibe es dem Zufall überlassen, ob die einmalige Antragstellung zur rechten Zeit erfolge. Schließlich verwehre das Verwaltungsgericht auch für den Fall eines rechtzeitigen Antrags unter Hinweis auf die unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache eine Prüfung in der Sache. Im Ergebnis werde er damit jedes Rechtsschutzes beraubt.
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Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 11. April 2017 stattgegeben und die Abschiebung des Beschwerdeführers vorläufig untersagt.
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2. Die Akten des Ausgangsverfahrens und der Asylverfahren haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Land Hessen hat von seinem Recht zur Äußerung Gebrauch gemacht.
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III.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.
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1. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährt nicht nur das formelle Recht, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 93, 1 13>; stRspr).
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Gewährleistet ist der Rechtsweg im Rahmen der jeweiligen Prozessordnungen, so dass der Weg zu den Gerichten, insbesondere auch zur inhaltlichen Überprüfung einer Verwaltungsentscheidung, von der Erfüllung und dem Fortbestand bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht werden darf (vgl. BVerfGE 9, 194 199 f.>; 10, 264 267 f.>; 27, 297 310>; 35, 65 72 f.>; 40, 272 274>; 77, 275 284>). Die dem Gesetzgeber obliegende normative Ausgestaltung des Rechtswegs muss aber das Ziel dieser Rechtsgewährleistung, nämlich den wirkungsvollen Rechtsschutz, auch tatsächlich verfolgen und ermöglichen. Sie muss im Hinblick darauf geeignet und angemessen sowie für den Rechtsuchenden zumutbar sein (BVerfGE 77, 275 284>). Der Zugang zu den Gerichten und zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 40, 272 274 f.>; 78, 88 99>; 88, 118 124>). Entsprechendes gilt auch innerhalb des jeweils eingeleiteten Verfahrens, soweit es darum geht, sich dort effektiv Gehör verschaffen zu können (vgl. BVerfGE 81, 123 129>). Der gerichtlichen Durchsetzung des materiellen Anspruchs dürfen auch hier nicht unangemessen hohe verfahrensrechtliche Hindernisse in den Weg gelegt werden (vgl. BVerfGE 53, 115 128>). Durch die Art und Weise der Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften darf ein Gericht nicht den Anspruch auf gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts unzumutbar verkürzen (vgl. BVerfGE 84, 366 369 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2007 - 2 BvR 542/07 -, NVwZ 2008, S. 417).
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Aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ergeben sich auch die Anforderungen an die Auslegung und Anwendung der jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen über den Eilrechtsschutz (vgl. BVerfGE 49, 220 226>; 77, 275 284>). Dieser muss darauf ausgerichtet sein, dass der Rechtsschutz sich auch im Eilverfahren nicht in der bloßen Möglichkeit der Anrufung eines Gerichts erschöpft, sondern zu einer wirksamen Kontrolle in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht führt (vgl. BVerfGE 40, 272 275>; 61, 82 111>; 67, 43 58>; BVerfGK 1, 201 204 f.>). Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verlangt, dass irreparable Folgen, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme eintreten können, soweit als möglich ausgeschlossen werden (BVerfGE 93, 1 13> m.w.N.; stRspr). Im Einzelfall kann auch der Erlass einer einstweiligen Anordnung, die die Hauptsache zugunsten des Antragstellers vorwegnimmt, zulässig und geboten sein (vgl. BVerfGE 79, 69 77 f.>; BVerfGK 1, 201 206>; 7, 403 409>, mit zahlreichen weiteren Nachweisen, sowie für einstweilige Anordnungen des Bundesverfassungsgerichts selbst, die nur unter besonders engen Voraussetzungen in Betracht kommen, BVerfGE 34, 160 162 f.>; 108, 34 40>; 113, 113 122>; stRspr). Grundsätzlich ist es von Verfassungs wegen unerheblich, auf welchem Wege Eilrechtsschutz gewährt wird. Die konkrete Rechtsanwendung ist aber verfassungsrechtlich dann nicht mehr hinnehmbar, wenn sie dazu führt, dass der Betroffene ganz unabhängig von seinem Verhalten schon aus prozessualen Gründen grundsätzlich keine gerichtliche Sachprüfung vor Vollzug der Abschiebung mehr erreichen kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 16. März 1999 - 2 BvR 2131/95 -, InfAuslR 1999, S. 256 259>; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juli 2003 - 2 BvR 796/03 -, juris, Rn. 4).
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2. Diesen Maßstäben wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht gerecht.
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a) Soweit das Verwaltungsgericht dem Beschwerdeführer das Rechtsschutzinteresse mit der Begründung abgesprochen hat, eine Abschiebung stehe im laufenden Monat nicht mehr an, wird dadurch die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht vereinbarer Weise erschwert. Da das Bundesamt keine erneute Abschiebungsandrohung erlassen hatte (§ 71 Abs. 5 AsylG), blieb die ursprüngliche Abschiebungsandrohung vollziehbar. Der Termin der Abschiebung durfte dem Beschwerdeführer gemäß § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG nicht mehr angekündigt werden, nachdem die ursprünglich gesetzte Ausreisefrist abgelaufen war. In dieser Situation kann das Rechtsschutzbedürfnis für einen vorläufigen Rechtsschutzantrag regelmäßig nicht verneint werden. Gerade weil der Termin der Abschiebung nicht bekanntgegeben wird, hat der Beschwerdeführer grundsätzlich jederzeit ein rechtliches Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung, mit der die Abschiebung vorläufig untersagt wird. Etwas anderes wird typischerweise auch dann nicht gelten, wenn die Abschiebung nicht unmittelbar bevorsteht, zum Beispiel weil noch nicht alle tatsächlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Abschiebung erfüllt sind und etwa Passersatzpapiere noch nicht vorliegen. Keinesfalls ist es gerade der Sinn des § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG, dem ausreisepflichtigen Ausländer die Möglichkeit zu nehmen, eine vollziehbar angeordnete Abschiebung durch einen gerichtlichen Eilantrag zu verhindern. Im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten vor der nicht mehr anzukündigenden Abschiebung bleibt es ihm vielmehr jederzeit unbenommen, gegen diese beim Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz zu begehren. Das Rechtsschutzinteresse mit der Begründung zu versagen, dass die Ausländerbehörde mitgeteilt hatte, eine Abschiebung werde im laufenden Monat - also zum Entscheidungszeitpunkt am 15. März 2017: in den nächsten 16 Tagen - nicht erfolgen, ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar und führt zu einer unzumutbaren Erschwerung des Rechtsschutzes. Der Beschwerdeführer hätte, um seine Rechte zu wahren und eine rechtzeitige Entscheidung vor dem Beginn des nächsten Monats zu ermöglichen, "auf Verdacht" umgehend nach der ablehnenden Entscheidung einen erneuten Antrag stellen müssen. Es bedarf keiner weiteren Begründung, dass das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nicht verneint werden kann, wenn der Antragsteller denselben Antrag nach der Ablehnung zur Wahrung seiner Rechte umgehend erneut stellen müsste.
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Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass umgekehrt auch dann, wenn der Eilantrag erst kurzfristig anlässlich der Abschiebung gestellt wird, das Rechtsschutzbedürfnis nicht mit der Begründung verneint werden darf, der Betroffene habe die Eilbedürftigkeit selbst herbeigeführt (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 14. September 2017 - 2 BvQ 56/17 - juris, Rn. 14).
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b) Soweit das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, einer Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stehe das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen, wird dadurch ebenfalls die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unzumutbar erschwert. Diese Auffassung würde in entsprechenden Konstellationen zu einer generellen Verweigerung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Abschiebung führen, was mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht vereinbar wäre. Der Beschwerdeführer hat im fachgerichtlichen Verfahren beantragt, die Bundesrepublik Deutschland im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, von einer Mitteilung an die Ausländerbehörde nach § 71 Abs. 5 AsylG abzusehen beziehungsweise eine solche zu widerrufen; hilfsweise die Ausländerbehörde im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, von Abschiebemaßnahmen abzusehen. Damit geht es ihm offenkundig lediglich um eine vorläufige Regelung für den Zeitraum bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens. Eine Abschiebung nach diesem Zeitpunkt bleibt in jedem Fall möglich. Der Beschwerdeführer begehrt nicht mehr, als vorläufig so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn die Behörde über seinen Folgeantrag noch nicht entschieden hätte (vgl. § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG). Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, dass die Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG an die Auslegung und Anwendung der jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen über den Eilrechtsschutz auch auf den verwaltungsprozessualen Grundsatz des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache zurückwirken und diesen im Einzelfall begrenzen (vgl. BVerfGE 79, 69 77 f.>).
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c) Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts verletzt die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG dadurch, dass das auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach Ablehnung seines Folgeantrags gerichtete Begehren des Beschwerdeführers mit sämtlichen Anträgen als mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig oder wegen unzulässiger Vorwegnahme der Hauptsache unbegründet angesehen wurde. Diese Handhabung verkennt grundsätzlich den Sinn der Rechtsschutzgarantie. Sie führt dazu, dass der Beschwerdeführer ganz unabhängig von seinem Verhalten schon aus prozessualen Gründen eine gerichtliche Sachprüfung vor dem Vollzug der Abschiebung nicht mehr erreichen kann, und ermöglicht damit gerade nicht, irreparable Folgen auszuschließen, wie sie durch die Vollziehung einer Abschiebung eintreten können. In ihrer Zusammenschau verhindern die Begründungserwägungen des Verwaltungsgerichts in verfassungsrechtlich nicht tragfähiger Weise, dass der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen zur Sache überhaupt gehört wird, und vereiteln damit den Rechtsschutz. Insoweit beruht der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts auch auf dem Grundrechtsverstoß.
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IV.
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Die Kammer hebt nach § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG den Beschluss auf und verweist die Sache an das Verwaltungsgericht zur erneuten Entscheidung zurück.
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V.
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Das Land Hessen hat dem Beschwerdeführer gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen zu erstatten. Die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. dazu auch BVerfGE 79, 365 366 ff.>).
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