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BVerfG 29.09.2015 - 1 BvR 1125/14
BVerfG 29.09.2015 - 1 BvR 1125/14 - Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung der Rechtswahrnehmungsgleichheit (Art 3 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 3 GG) durch Versagung von Verfahrenskostenhilfe trotz ungeklärter Rechtslage - Geltendmachung von Kindesunterhalt im Eilverfahren - Zur Frage der Bedarfsdeckung durch Berufsausbildungsbeihilfe - Gegenstandswertfestsetzung
Normen
Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 113 Abs 1 S 2 FamFG, § 246 Abs 1 FamFG, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG, § 56 Abs 1 SGB 3, § 114 Abs 1 S 1 ZPO
Vorinstanz
vorgehend AG Düsseldorf, 19. Februar 2014, Az: 271 F 236/13, Beschluss
Tenor
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1. Der Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 19. Februar 2014 - 271 F 236/13 (Entscheidung über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe) - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
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Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
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2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die Hälfte seiner notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten. Insoweit erledigt sich sein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts W. Im Übrigen wird dem Beschwerdeführer für das Verfassungsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt W. beigeordnet.
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3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft insbesondere eine im Wege der einstweiligen Anordnung getroffene gerichtliche Entscheidung zum Kindesunterhalt.
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1. a) Der im Januar 1991 geborene Beschwerdeführer, der bisher über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, schloss im Juli 2013 einen Ausbildungsvertrag ab. Die Ausbildung begann Anfang August 2013. Die vereinbarte monatliche Brutto-Ausbildungsvergütung im 1. Lehrjahr betrug 406,40 €, wobei sich ein Netto-Auszahlungsbetrag in Höhe von 282,04 € ergab. Darüber hinaus wurden von dem Ausbildungsbetrieb verschiedene Sachleistungen gewährt, deren Wert von diesem mit insgesamt 214 € angegeben wurde. Der Beschwerdeführer bezog zudem Kindergeld in Höhe von monatlich 184 €.
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b) Im Juli 2013 beantragte der Beschwerdeführer bei der Bundesagentur für Arbeit die Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe gemäß § 56 SGB III, die ihm mit Bescheid vom 14. November 2013 in Höhe von monatlich 244 € - im Hinblick auf fehlende Einkommensnachweise seines Vaters aber nur vorläufig - bewilligt wurde. Im Oktober 2013 hatte der Beschwerdeführer seinen Vater außergerichtlich aufgefordert, Kindesunterhalt zu zahlen, was dieser ablehnte.
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c) Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer bei dem Amtsgericht, seinen Vater im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, an ihn laufenden monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 294 € zu bezahlen. Zugleich beantragte er die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts. Dabei ging der Beschwerdeführer von einem Bedarf in Höhe von 760 € monatlich aus, der lediglich in Höhe des Kindergeldes von 184 € sowie der Netto-Ausbildungsvergütung in Höhe von 282,04 € gedeckt sei, nicht aber in Höhe der gewährten Sachleistungen sowie der gezahlten Berufsausbildungsbeihilfe, die nur eine subsidiäre Sozialleistung sei. Der Vater des Beschwerdeführers beantragte die Zurückweisung des Antrags, wobei er auf die dem Beschwerdeführer gewährten Sachleistungen sowie die Berufsausbildungsbeihilfe verwies, die seinen Bedarf decken würden.
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d) Das Amtsgericht wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit angegriffenem Beschluss vom 19. Februar 2014 zurück. Dem Beschwerdeführer stehe grundsätzlich ein Anspruch auf Kindesunterhaltsleistungen gegen seinen Vater zu. Sein Bedarf belaufe sich auf monatlich 760 €. Dieser Bedarf sei "bei Beurteilung im Rahmen der summarischen Prüfung eines einstweiligen Anordnungsverfahrens unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen in einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in einem Unterhaltsverfahren gedeckt". Der Beschwerdeführer erhalte neben der Unterhaltsbeihilfe in Höhe von 244 € das Kindergeld in Höhe von 184 € und eine Nettovergütung in Höhe von 282,04 € durch seinen Ausbildungsbetrieb. Darüber hinaus setze das Gericht Beträge für Sachleistungen des Ausbildungsbetriebs von 25 € und 50 € als bedarfsdeckend an. Das ergebe eine Gesamtsumme von 785,04 €. Im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens sei insbesondere unter Berücksichtigung des Schuldnerinteresses ein Sicherungsbedürfnis des Antragstellers in Höhe der ausgezahlten Ausbildungsbeihilfe in Höhe von 244 € zu verneinen. Ein etwaiges Sicherungsbedürfnis des Antragstellers müsse hinter die Interessen des Schuldners zurücktreten. Dies gelte insbesondere unter dem Aspekt, dass die Ausbildungsbeihilfe derzeit gezahlt werde, die auszahlende Stelle prüfe, ob ein entsprechender Anspruch bestehe und diese Prüfung noch nicht erfolgt sei, weil das Einkommen des Vaters noch nicht vollständig mitgeteilt und belegt sei.
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Mit angegriffenem Beschluss vom gleichen Tage wurde der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Zur Begründung der Erfolglosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung wurde pauschal auf den Beschluss in der Sache Bezug genommen.
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e) Die hiergegen gerichtete Gehörsrüge blieb erfolglos.
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2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 103 Abs. 1 GG. Die angegriffenen Entscheidungen seien willkürlich. Das Gericht sei in Verkennung der Sonderregelung des § 246 Abs. 1 FamFG davon ausgegangen, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung eine Interessenabwägung zwischen den Interessen von Unterhaltsschuldner und -gläubiger und damit ein besonderes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden erfordere. Trotz mehrfacher Darlegung der Rechtslage sei das Gericht in seiner Entscheidung auf diesen Umstand in keiner Weise eingegangen. Dies begründe zugleich einen Gehörsverstoß.
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3. Die Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen und der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Äußerung. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.
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II.
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1. Soweit es die Entscheidung des Gerichts in der Sache betrifft, wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Entscheidung in der Sache verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot. Es erscheint im Ergebnis nicht schlechterdings unvertretbar, die an den Beschwerdeführer gezahlte Berufsausbildungsbeihilfe - worauf die angegriffene Entscheidung zunächst abzustellen scheint - unterhaltsrechtlich als bedarfsdeckendes Einkommen anzusehen. Auch die später anklingende alternative Begründung, im Hinblick auf die Zahlung der Berufsausbildungsbeihilfe sei ein Rechtschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verneinen, erscheint nicht schlechterdings unvertretbar.
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2. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde an und gibt ihr statt, soweit der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen wurde, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine der Verfassungsbeschwerde stattgebende Kammerentscheidung sind insoweit gegeben. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.
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Die Entscheidung des Gerichts im Verfahrenskostenhilfeverfahren verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG (Rechtswahrnehmungsgleichheit).
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a) Maßstab für die verfassungsrechtliche Kontrolle gerichtlicher Entscheidungen über Prozess- beziehungsweise Verfahrenskostenhilfeanträge ist Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG, die eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes gebieten. Verfassungsrechtlich ist es dabei unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint, wie dies § 114 ZPO (vorliegend in Verbindung mit § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG) vorsieht. Die Auslegung und Anwendung des § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO obliegt in erster Linie den zuständigen Fachgerichten. Das Bundesverfassungsgericht kann dann eingreifen, wenn die angegriffene Entscheidung auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Rechtsschutzgleichheit beruht und die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht in einer den Unbemittelten benachteiligenden Weise überspannt werden (vgl. BVerfGE 81, 347 356 ff.>). Das Gebot einer Gleichstellung Unbemittelter wird dann verfehlt, wenn die Prüfung der Erfolgsaussichten dazu führt, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Prozesskostenhilfeverfahren zu verlagern und dieses an die Stelle des (Bemittelten ohne Weiteres offenstehenden) Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Hauptsacheverfahren eröffnet nämlich den Beteiligten ungleich bessere Möglichkeiten, ihren Rechtsstandpunkt zu entwickeln, darzustellen und in Auseinandersetzung mit der Gegenseite und den Gerichten zu vertiefen, und so das Gericht zu veranlassen, seine ursprüngliche Rechtsmeinung zu überdenken. Prozesskostenhilfe ist daher auch dann zu gewähren, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 4. Februar 2004 - 1 BvR 1715/02 -, juris, Rn. 23 f.).
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b) Daran gemessen hat das Amtsgericht die Anforderungen an die Erfolgs-aussichten des Antrags des Beschwerdeführers überspannt und damit die Bedeutung des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit verkannt, indem es der Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag Rechtsansichten zugrunde gelegt hat, die nicht als im vom Gericht vertretenen Sinne geklärt angesehen werden können.
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aa) Das gilt sowohl für den Fall, dass das Amtsgericht - was nicht ganz zweifelsfrei zu erkennen ist - davon ausgegangen sein sollte, die vom Beschwerdeführer beabsichtigte Rechtsverfolgung habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil sein unterhaltsrechtlicher Bedarf aufgrund der an ihn gezahlten Berufsausbildungsbeihilfe gedeckt sei, jedenfalls soweit es das Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffe.
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Diese Auffassung ist zwar einfachrechtlich nicht schlechterdings unvertretbar. Die Rechtslage ist jedoch nicht in diesem Sinne geklärt. Ob eine an einen Unterhaltsberechtigten gezahlte Sozialleistung zu einer Minderung oder Aufhebung der unterhaltsrechtlichen Bedürftigkeit führt, wird vor allem von Charakter und Funktion der jeweiligen Leistung abhängig gemacht. Als subsidiär, also als gegenüber der gesetzlichen Unterhaltspflicht nachrangig und damit nicht im unterhaltsrechtlichen Sinne bedarfsdeckend, gilt eine Sozialleistung dann, wenn der Unterhaltsanspruch von Gesetzes wegen oder im Wege der Überleitung auf den Sozial-leistungsträger übergeht (vgl. Born, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 1602 Rn. 27). Für die dem Beschwerdeführer nach dem SGB III gezahlte Berufsausbildungsbeihilfe liegt es danach nahe, mit der bisher ergangenen Rechtsprechung zu differenzieren: Wird die Berufsausbildungsbeihilfe als Vorauszahlung geleistet, dürfte es sich um eine nicht bedarfsdeckende subsidiäre Sozialleistung handeln, da gemäß § 68 Abs. 2 SGB III ein Anspruch der oder des Auszubildenden auf Unterhaltsleistungen gegen die Eltern bis zur Höhe des anzurechnenden Unterhaltsanspruchs mit der Zahlung der Berufsausbildungsbeihilfe auf die Agentur für Arbeit übergeht; nur im Falle einer endgültigen Bewilligung dürfte die Berufsausbildungsbeihilfe als bedarfsdeckendes Einkommen der oder des Auszubildenden anzurechnen sein (vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 24. November 1987 - 8 UF 106/87 -, SchlHA 1988, S. 53; OLG Oldenburg, Urteil vom 30. Juni 1988 - 14 UF 195/87 -, BeckRS 2010, 26302; jeweils zu der vergleichbaren Vorgängervorschrift des § 40 AFG).
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bb) Das Gericht hat die Anforderungen an die Erfolgsaussichten des Antrags des Beschwerdeführers aber auch dann objektiv überspannt und damit die Bedeutung des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit verkannt, wenn es davon ausgegangen sein sollte, die an den Beschwerdeführer gezahlte Berufsausbildungsbeihilfe habe das rechtliche Bedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung entfallen lassen. Auch insoweit kann die Rechts-lage nicht als im vom Gericht zugrunde gelegten Sinne geklärt angesehen werden.
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Vielmehr ist nach der Spezialregelung des § 246 Abs. 1 FamFG, wonach das Gericht die Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt durch einstweilige Anordnung abweichend von § 49 FamFG regeln kann, ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden in Unterhaltssachen nicht erforderlich. Sinn und Zweck dieser Ausnahmevorschrift ist die Annahme, dass einem Anspruch auf laufenden Unterhalt die Eilbedürftigkeit immanent ist, da dieser der Deckung des laufenden Lebensunterhalts dient (vgl. Pasche, in: Münchener Kommentar zum FamFG, 2. Aufl. 2013, § 246 Rn. 5). Zudem sollte die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens - anders als noch vor dem Inkrafttreten des FamFG - grundsätzlich entbehrlich werden. Der Gesetzgeber wollte eine vereinfachte Erledigung von Unterhaltsverfahren erreichen und die Gerichte entlasten (vgl. Pasche, in: Münchener Kommentar zum FamFG, 2. Aufl. 2013, § 246 Rn. 2). Nach der Intention des Gesetzgebers sollten die Rechte des Unterhaltsschuldners (allein) dadurch gesichert werden, dass er nach § 52 FamFG die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens erzwingen und gemäß § 54 FamFG die Aufhebung oder Abänderung der Entscheidung des Eilverfahrens beantragen kann (vgl. Pasche, in: Münchener Kommentar zum FamFG, 2. Aufl. 2013, § 246 Rn. 5; BTDrucks 16/6308, S. 260). Der nicht erfüllte Unterhaltsanspruch des Gläubigers reicht daher als Anordnungsgrund aus (allgemeine Auffassung; vgl. Schmitz, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl. 2011, Rn. 403; Pasche, in: Münchener Kommentar zum FamFG, 2. Aufl. 2013, § 246 Rn. 5; Giers, in: Keidel, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 246 Rn. 4). Dass gleichwohl das rechtliche Bedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung entfiele, wenn der Unterhaltsberechtigte Sozialleistungen bezieht, liegt nicht nahe und kann jedenfalls nicht als geklärt gelten.
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Zwar entspricht es allgemeiner Auffassung, dass jede einstweilige Anordnung auf Unterhalt neben dem Bestehen eines Unterhaltsanspruchs auch ein besonderes Regelungs- beziehungsweise Rechtsschutzbedürfnis voraussetzt. Dieses fehlt nach der bisher im Schrifttum vertretenen Auffassung jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen und ist immer dann schon gegeben, wenn - wie auch vorliegend - zwischen den Beteiligten des Unterhaltsverhältnisses Streit über die Höhe des Unterhalts besteht und der Unterhaltspflichtige dem Unterhaltsverlangen nicht nachkommt (vgl. Schmitz, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl. 2011, Rn. 403; Giers, in: Keidel, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 246 Rn. 4; Borth/Grandel, in: Musielak/Borth, FamFG, 4. Aufl. 2013, § 246 Rn. 8). Die Rechtslage kann darum gerade nicht in dem Sinne als geklärt angesehen werden, dass das Rechtsschutzbedürfnis für die einstweilige Anordnung von Unterhalt durch den Bezug von Sozialleistungen entfiele.
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3. Der Beschluss des Amtsgerichts vom 19. Februar 2014 bezüglich der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
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4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für das Verfassungsbeschwerdeverfahren erledigt sich insoweit, als das Land Nordrhein-Westfalen zur Kostenerstattung verpflichtet wird (vgl. BVerfGE 105, 239 252>). Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 366 ff.>).
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