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BVerfG 30.11.2011 - 1 BvR 3269/08, 1 BvR 656/10
BVerfG 30.11.2011 - 1 BvR 3269/08, 1 BvR 656/10 - Erstattung der notwendigen Auslagen bei Erledigung der Verfassungsbeschwerde wegen Wegfalls der Beschwer in der Hauptsache - Billigkeitsentscheidung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde – hier: Gleichbehandlungsaspekte bei der Befreiung von Rundfunkgebühren
Normen
Art 3 Abs 1 GG, § 34a Abs 3 BVerfGG, § 6 Abs 1 S 1 Nr 3 RdFunkGebStVtr HA, § 6 Abs 3 RdFunkGebStVtr HA, § 24 SGB 2
Vorinstanz
vorgehend BVerwG, 22. Oktober 2008, Az: 6 PKH 26/08, Beschluss
vorgehend Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, 23. Juli 2008, Az: 4 Bf 141/07, Urteil
vorgehend VG Hamburg, 29. März 2007, Az: 10 K 2418/06, Urteil
vorgehend Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, 5. Februar 2010, Az: 4 Bf 26/10.Z, Beschluss
vorgehend Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, 5. Januar 2010, Az: 4 Bf 276/09.Z, Beschluss
vorgehend VG Hamburg, 7. Juli 2009, Az: 10 K 2336/07, Urteil
Tenor
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1. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.
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2. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für die Verfassungsbeschwerdeverfahren auf insgesamt 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerden betreffen die Befreiung von Rundfunkgebühren.
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1. Die Beschwerdeführerin erhielt für sich und ihre minderjährige Tochter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II). Für die Zeit von Juli 2005 bis November 2006 erhielt sie einen befristeten Zuschlag gemäß § 24 SGB II teilweise in geringerer Höhe als die zu zahlenden Rundfunkgebühren. Die Beschwerdeführerin beantragte wiederholt für verschiedene Zeiträume die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht, fügte den Anträgen einen Bescheid über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) bei und machte eine besondere Härte im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV geltend. Die Rundfunkanstalt lehnte die Anträge durch angegriffene Bescheide ab und gab Widersprüchen hiergegen nicht statt.
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Eine erste Klage gegen einen Teil der Bescheide wurde vom Verwaltungsgericht durch angegriffenes Urteil abgewiesen, weil keiner der Befreiungstatbestände des § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV vorliege und sich ein besonderer Härtefall nach § 6 Abs. 3 RGebStV nicht daraus ergebe, dass der Zuschlag nach § 24 SGB II geringfügig niedriger sei als die Rundfunkgebühr. Die nach Zulassung der Berufung und Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingelegte Berufung wurde durch angegriffenes Urteil des Oberverwaltungsgerichts zurückgewiesen, weil die Befreiungsvoraussetzungen nicht vorlägen und die Versagung der Rundfunkgebührenbefreiung keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf den Sozialstaatsgrundsatz, die Informationsfreiheit oder den allgemeinen Gleichheitssatz begegne. Den Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision lehnte das Bundesverwaltungsgericht durch angegriffenen Beschluss ab, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision mangels grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht vorlägen. Die hiergegen erhobene Anhörungsrüge wurde durch das Bundesverwaltungsgericht abgelehnt.
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Eine zweite, gegen weitere Bescheide der Rundfunkanstalt gerichtete Klage wurde vom Verwaltungsgericht durch angegriffenes Urteil ebenfalls abgewiesen, weil aufgrund der erhaltenen Zuschläge eine Gebührenbefreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RGebStV nicht in Betracht komme, ein Härtefall nach § 6 Abs. 3 RGebStV nicht vorliege und eine verfassungskonforme Auslegung dieser Härtefallregelung mangels Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, das Sozialstaatsprinzip oder die Informationsfreiheit nicht geboten sei. Den Antrag der Beschwerdeführerin, ihr Prozesskostenhilfe für ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil zu gewähren, wurde durch angegriffenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts abgelehnt, weil die Rechtsverfolgung insbesondere mangels ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Die hiergegen erhobene Anhörungsrüge wurde durch angegriffenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts zurückgewiesen.
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2. Die Beschwerdeführerin hat nach beiden Ausgangsverfahren eine Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie rügt eine Verletzung ihrer Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 1 Abs. 1 und 3, Art. 2, Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2, Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Art. 6 Abs. 1, 2 und 4, Art. 19 Abs. 2 und 4, Art. 20 Abs. 1 und 2 sowie Art. 103 Abs. 1 GG. Sie stehe schlechter als die Empfänger von Arbeitslosengeld II, die von den Rundfunkgebühren befreit seien. Zwar könne die Vereinfachung des Verfahrens ein Grund für eine Differenzierung sein, dies dürfe aber nicht dazu führen, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Informationsfreiheit und in ihrem Existenzminimum verletzt werde. Darüber hinaus sei die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt, zumal ihr Existenzminimum ohnehin schon durch nicht im Regelsatz enthaltene Kosten gemindert sei.
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3. Zu beiden Verfassungsbeschwerden hatten die Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg und die Rundfunkanstalt Gelegenheit zur Äußerung. Zur ersten Verfassungsbeschwerde hatte außerdem das Bundesministerium der Justiz Gelegenheit zur Äußerung. Die Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg hat sich dahingehend geäußert, dass kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 oder Art. 19 Abs. 4 GG vorliege und im Wesentlichen die Argumente des Oberverwaltungsgerichts wiederholt. Die Rundfunkanstalt hat die Beschwerdeführerin von den Rundfunkgebühren nach Zustellung der Verfassungsbeschwerden rückwirkend befreit und dies mit den - nicht weiter substantiierten - Besonderheiten des vorliegenden Falles trotz der seinerzeit zutreffenden Ablehnung eines besonderen Härtefalles im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV begründet.
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Die Beschwerdeführerin hat im Hinblick auf die nachträgliche Befreiung die Verfassungsbeschwerden für erledigt erklärt und die Festsetzung des Gegen-standswertes und die Anordnung der Auslagenerstattung beantragt. Das Bundesministerium der Justiz, die Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg und die Rundfunkanstalt hatten Gelegenheit zur Äußerung. Die Rundfunkanstalt hat mitgeteilt, dass der Antrag auf Auslagenerstattung unbegründet sei, weil sie die rückwirkende Befreiung nicht im Hinblick auf spezifisch verfassungsrechtliche Gewährleistungen, sondern aufgrund der einfachgesetzlichen Regelung und der besonderen Umstände der Beschwerdeführerin getroffen habe. Im Hinblick hierauf sei sie jedoch bereit, die Kosten des Verfahrens auf der Basis des Mindestgegenstandswertes zu übernehmen.
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I.
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Der Beschwerdeführerin sind ihre notwendigen Auslagen in den Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
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1. Über die Erstattung der der Beschwerdeführerin entstandenen notwendigen Auslagen ist gemäß § 34a Abs. 3 BVerfGG nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden, nachdem diese ihre Verfassungsbeschwerden für erledigt erklärt hat (vgl. BVerfGE 85, 109 114>; 87, 394 397>; BVerfGK 3, 326 327>). Dabei kann insbesondere dem Grund, der zur Erledigung geführt hat, maßgebliche Bedeutung zukommen (vgl. BVerfGE 85, 109 114>; 87, 394 397>; BVerfGK 3, 326 327>). Zwar findet eine Beurteilung der Erfolgsaussichten analog den Verfahrensordnungen der einzelnen Gerichtszweige (vgl. § 91a ZPO, § 161 Abs. 2 VwGO, § 138 Abs. 1 FGO) im Verfassungsbeschwerdeverfahren in der Regel nicht statt (vgl. BVerfGE 33, 247 264 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Oktober 1996 - 2 BvR 1308/96 -, juris). Bedenken dagegen, dass im Falle einer Erledigung der Verfassungsbeschwerde über die Auslagenerstattung aufgrund einer nur überschlägigen Beurteilung der Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde entschieden und dabei zu verfassungsrechtlichen Zweifelsfragen aufgrund einer lediglich kursorischen Prüfung Stellung genommen werden müsste (vgl. BVerfGE 33, 247 264 f.>; 85, 109 115>), greifen jedoch nicht durch, wenn die Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde im Rahmen der Entscheidung nach § 34a Abs. 3 BVerfGG unterstellt werden kann oder wenn die verfassungsrechtliche Lage bereits geklärt ist (vgl. BVerfGE 85, 109 115 f.>; BVerfGK 3, 326 327>).
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2. Nach diesen Maßstäben entspricht es der Billigkeit, die Erstattung der der Beschwerdeführerin durch die für erledigt erklärten Verfassungsbeschwerden entstandenen notwendigen Auslagen durch die Freie und Hansestadt Hamburg anzuordnen.
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a) Allerdings folgt dies nicht schon daraus, dass die Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerden unterstellt werden könnte, weil die Rundfunkanstalt die Beschwerdeführerin nachträglich von den Rundfunkgebühren befreit und damit ihr Begehren als berechtigt anerkannt hätte (vgl. dazu BVerfGE 85, 109 115>; 87, 394 397>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Mai 1997 - 2 BvR 1692/96 -, juris). Denn die Rundfunkanstalt geht in der Sache weiterhin von einem verfassungsgemäßen Vorgehen aus und hat nur aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles von der Möglichkeit einer Befreiung Gebrauch gemacht.
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b) Die Billigkeitsentscheidung über die Auslagenerstattung ist nicht allein anhand der - nicht eindeutigen - Erklärung der Rundfunkanstalt zu treffen, die Kosten des Verfahrens "auf der Basis des ... Mindeststreitwertes" übernehmen zu wollen. Denn als anhörungsberechtigte Dritte im Sinne des § 94 Abs. 3 BVerfGG ist die Rundfunkanstalt schon nicht Beteiligte des Verfahrens oder berechtigt, Anträge zu stellen (vgl. BVerfGE 55, 132 133>) und damit erst recht nicht befugt, über die Auslagenerstattung zu disponieren. Die nicht eindeutige Erklärung der Rundfunkanstalt hat auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführerin entfallen lassen.
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c) Die Entscheidung über die Auslagenerstattung orientiert sich vielmehr an der Erfolgsaussicht der Hauptsachen, weil die verfassungsrechtliche Lage durch die vom Bundesverfassungsgericht formulierten Anforderungen an eine zulässige Typisierung durch den Gesetzgeber und deren Grenzen (vgl. etwa BVerfGE 100, 138 174>; 103, 310 319>; 112, 268 280 f.>) bereits geklärt ist. Hiernach entspricht die Anordnung der Auslagenerstattung der Billigkeit, weil die Verfassungsbeschwerden Aussicht auf Erfolg hatten. Jedenfalls soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG rügt, waren die Verfassungsbeschwerden zulässig und offensichtlich begründet. Die angegriffenen Entscheidungen verstießen gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
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aa) Art. 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Bei der Anwendung des Gleichheitssatzes ist daher zunächst zu fragen, ob eine Person oder Gruppe durch die als gleichheitswidrig angegriffene Vorschrift anders (schlechter) gestellt wird als eine andere Personengruppe, die man ihr als vergleichbar gegenüberstellt (vgl. BVerfGE 22, 387 415>; 52, 277 280>). Das Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 17>; 110, 412 431>). Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt, einem anderen Personenkreis die Begünstigung aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 110, 412 431>; 121, 108 119>). Die Beschwerdeführerin wird als Empfängerin eines Zuschlages zum Arbeitslosengeld II gegenüber solchen Empfängern von Arbeitslosengeld II, die keinen derartigen Zuschlag erhalten, schlechter gestellt. Während diese nach § 6 Abs. 1 RGebStV auf Antrag von den Rundfunkgebühren befreit sind, wurde der Beschwerdeführerin durch die angegriffenen Entscheidungen weder nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RGebStV noch aufgrund eines besonderen Härtefalles nach § 6 Abs. 3 RGebStV eine Rundfunkgebührenbefreiung gewährt. Beide Personengruppen sind als Empfänger von Arbeitslosengeld II miteinander vergleichbar.
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bb) Diese Differenzierung war jedenfalls in dem Zeitraum nicht gerechtfertigt, in dem der Zuschlag nach § 24 SGB II geringer war als die zu zahlenden Rundfunkgebühren. Art. 3 Abs. 1 GG schließt nicht jede Differenzierung aus und ist nur dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 99, 165 178>; 112, 50 67>; 117, 272 300 f.>; 122, 151 174>; stRspr). Derartige, die ungleiche Behandlung rechtfertigende Umstände liegen hier jedoch nicht vor.
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Eine solche Rechtfertigung ergibt sich nicht schon daraus, dass die Beschwerdeführerin Zuschläge zum Arbeitslosengeld II erhielt. Denn anders als die Vergleichsgruppe der Empfänger von Arbeitslosengeld II ohne Zuschlag musste die Beschwerdeführerin in dem Zeitraum, in dem diese Zuschläge geringer waren als die zu zahlenden Rundfunkgebühren, zur Zahlung der Rundfunkgebühren auf den Regelsatz des Arbeitslosengeldes II zurückgreifen.
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Die ungleiche Behandlung der Beschwerdeführerin gegenüber Empfängern von Arbeitslosengeld II ohne Zuschlag findet ihre sachliche Rechtfertigung ebenfalls nicht in der Möglichkeit, aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zu generalisieren, zu typisieren und zu pauschalieren (vgl. BVerfGE 100, 138 174>; 103, 310 319>; 112, 268 280>). Die Auslegung und Anwendung der § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und § 6 Abs. 3 RGebStV durch die Ausgangsgerichte, insbesondere die restriktive Anwendung der Härtefallregelung in § 6 Abs. 3 RGebStV, wird den vom Bundesverfassungsgericht formulierten Voraussetzungen einer zulässigen Typisierung nicht gerecht. Hierzu ist unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erforderlich, dass die mit ihr verbundenen Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, sie lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (vgl. BVerfGE 100, 138 174>; 103, 310 319>; stRspr). Der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität kann die bei der typisierenden Regelung auftretenden Ungleichbehandlungen dabei nur dann rechtfertigen, wenn bei einer Gleichbehandlung erhebliche verwaltungstechnische Schwierigkeiten entstehen würden, die nicht durch einfachere, die Betroffenen weniger belastende Regelungen behoben werden könnten (vgl. BVerfGE 100, 195 205>; 103, 225 235>).
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Die mit der Generalisierung und Pauschalierung in § 6 Abs. 1 Nr. 3 RGebStV verbundene Härte des Einsatzes eines Teils des Regelsatzes für die Zahlung der Rundfunkgebühren ließe sich bereits ohne erhebliche verwaltungstechnische Schwierigkeiten beseitigen, indem den Empfängern von Arbeitslosengeld II mit Zuschlag nach § 24 SGB II auf Antrag eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht in der Höhe erteilt wird, in der die Rundfunkgebühren den Zuschlag übersteigen. Dies wäre nicht mit einem deutlich höheren Verwaltungsaufwand verbunden als die vollständige Befreiung von Rundfunkgebühren bei Fehlen eines Zuschlages oder die Ablehnung der Rundfunkgebührenbefreiung und würde keine erheblichen verwaltungstechnischen Schwierigkeiten verursachen (vgl. auch VG Berlin, Urteil vom 28. März 2007 - 27 A 126.06 -, juris). Die Rundfunkanstalten müssten weder eine allgemeine Einkommensprüfung vornehmen noch wären die Aspekte einer Richtigkeitsgewähr der Einkommensprüfung durch die Fachbehörden und der Einheit der Rechtsordnung berührt. Denn die Feststellung der Befreiungsvoraussetzungen war bei der Beschwerdeführerin als Empfängerin eines Zuschlages nach § 24 SGB II für die Rundfunkanstalt ohne weiteres möglich und nur mit unwesentlichem Berechnungsaufwand verbunden. Nach § 6 Abs. 2 RGebStV hat ein Antragsteller die Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht durch die Vorlage des entsprechenden Bescheides über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II nachzuweisen. Aus diesen von der Beschwerdeführerin im Ausgangsverfahren vorgelegten Bescheiden ergab sich, dass ein befristeter Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 24 SGB II bewilligt wurde und in welcher Höhe sowie für welchen Zeitraum dies erfolgte. Hieraus ließ sich ohne großen Berechnungsaufwand feststellen, ob, in welcher Höhe und über welchen Zeitraum die Rundfunkgebühren den Zuschlag überstiegen.
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Fehlt damit schon eine der kumulativ erforderlichen Voraussetzungen für eine zulässige Pauschalierung, Generalisierung und Typisierung, kann es dahinstehen, ob eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen ist und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Beides dürfte indes zu verneinen sein. Dass eine nicht unwesentliche Anzahl von Personen betroffen ist, lassen schon die zahlreichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren vermuten, die sich mit dieser Problematik des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RGebStV befassen. Darüber hinaus liegt für die Beschwerdeführerin ein intensiver Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor. Hierfür ist insbesondere die Beitragsbelastung maßgeblich (vgl. BVerfGE 63, 119 128>; 84, 348 360>). Diese besteht aus der Differenz zwischen dem die Rundfunkgebühr unterschreitenden Zuschlag und der Rundfunkgebühr. Zwar ist dieser Betrag absolut nicht sehr hoch, er stellt aber eine intensive Belastung der Beschwerdeführerin dar, da ihr für ihre Lebensführung lediglich die vom Gesetzgeber zur Deckung des Existenzminimums konzipierten Regelleistungen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II (vgl. BVerfGE 125, 175 228>) zur Verfügung stehen und deshalb das Fehlen nur geringer Beträge eine spürbare Belastung darstellt. Aus diesen Gründen steht es der Intensität der Ungleichbehandlung ebenfalls nicht entgegen, dass die Dauer der Belastung auf höchstens zwei Jahre begrenzt ist. Zugleich ist das Interesse der Beschwerdeführerin am Empfang von Rundfunksendungen durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG geschützt (vgl. BVerfGE 90, 27 32>).
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Aufgrund der mit der Pauschalierung in § 6 Abs. 1 Nr. 3 RGebStV verbundenen Härten ist die Anwendung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages durch das Verwaltungs- und das Oberverwaltungsgericht nicht mehr mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, ohne dass der Rundfunkgebührenstaatsvertrag selbst verfassungswidrig wäre. Denn § 6 Abs. 3 RGebStV sieht unbeschadet der Fälle der Gebührenbefreiung nach § 6 Abs. 1 RGebStV in besonderen Härtefällen eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht vor und ermöglicht es dem Rechtsanwender damit, die Empfänger von Arbeitslosengeld II, die einen Zuschlag nach § 24 SGB II erhalten, in dem Umfang, in dem die Rundfunkgebühren den Zuschlag übersteigen, von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien, obwohl die Voraussetzungen von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RGebStV nicht vorliegen.
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II.
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Die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandwerts beruht auf § 14 Abs. 1, § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 366 ff.>).
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