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BFH 11.11.2022 - VIII B 97/21
BFH 11.11.2022 - VIII B 97/21 - (Schätzung eines Unsicherheitsabschlags von den geltend gemachten Betriebsausgaben bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG)
Normen
§ 4 Abs 3 EStG 2002, § 162 Abs 1 S 1 AO, § 162 Abs 2 S 1 AO, § 4 Abs 3 EStG 2009, Art 103 Abs 1 GG, § 96 Abs 2 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 93 Abs 3 FGO, § 76 Abs 1 FGO, § 283 ZPO, EStG VZ 2005, EStG VZ 2006, EStG VZ 2007, EStG VZ 2008, EStG VZ 2009, EStG VZ 2010, EStG VZ 2011
Vorinstanz
vorgehend FG Nürnberg, 14. April 2021, Az: 3 K 791/20, Urteil
Leitsatz
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NV: Kann der Steuerpflichtige im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG seine Betriebsausgaben nicht durch Vorlage von Belegen nachweisen, ist das Finanzamt im Wege der Schätzung nach § 162 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 AO zur Vornahme eines pauschalen Unsicherheitsabschlags von den geltend gemachten Aufwendungen befugt. Die Schätzungsbefugnis nach dieser Vorschrift hängt nicht davon ab, dass der Steuerpflichtige zu einer förmlichen Aufzeichnung seiner Betriebseinnahmen und -ausgaben verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteil vom 12.12.2017 - VIII R 6/14, BFH/NV 2018, 606).
Tenor
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Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 14.04.2021 - 3 K 791/20 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Gründe
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Die Beschwerde ist unbegründet. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) gerügten Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor oder sind nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen hinreichend dargelegt worden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Auch der geltend gemachte schwerwiegende Rechtsanwendungsfehler des Finanzgerichts (FG) ist nicht gegeben.
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1. Ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist insbesondere nicht deswegen gegeben, weil das FG dem Antrag der Kläger auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (vgl. die nachgereichten Schriftsätze u.a. vom 29.04.2021) nicht entsprochen hat.
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a) Die Wiedereröffnung des Verfahrens nach Schluss der mündlichen Verhandlung steht grundsätzlich im Ermessen des Gerichts (§ 93 Abs. 3 Satz 2 FGO). Die mündliche Verhandlung muss insbesondere dann nicht wiedereröffnet werden, wenn ein Beteiligter nachträglich Tatsachen vorträgt, die er bereits in der mündlichen Verhandlung hätte vorbringen können. Denn im finanzgerichtlichen Verfahren können nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, Angriffs- und Verteidigungsmittel grundsätzlich nicht mehr vorgebracht werden (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29.04.2005 - VIII B 128/03, BFH/NV 2005, 1823, und vom 12.11.1993 - VIII R 17/93, BFH/NV 1994, 492). In den Fällen, in denen das FG die Wiedereinsetzung der mündlichen Verhandlung aufgrund eines nachgereichten Schriftsatzes nicht für geboten hält, hat es die dafür maßgeblichen Erwägungen in der Entscheidung zum Ausdruck zu bringen, damit die Prozessbeteiligten nachprüfen können, ob ihr Recht auf Gehör gewahrt worden ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 25.04.1996 - VIII B 30/95, BFH/NV 1997, 118; BFH-Urteil vom 29.11.1985 - VI R 13/82, BFHE 145, 125, BStBl II 1986, 187).
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b) Diesem Erfordernis ist im Streitfall genügt. Das FG hat sich mit dem Vorbringen der Kläger in den vorgenannten Schriftsätzen auseinandergesetzt und die Gründe, die zur Ablehnung der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung geführt haben, offengelegt. Ein Verfahrensfehler kann auch nicht darin gesehen werden, dass das FG die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Rahmen der ihm zustehenden Ermessensausübung trotz der in den nachgereichten Schriftsätzen gestellten Beweisanträge der Kläger abgelehnt hat. Nach der Rechtsprechung des BFH braucht die mündliche Verhandlung nicht wiedereröffnet zu werden, wenn ein Beteiligter, obwohl er dazu Gelegenheit gehabt hätte, seiner Mitwirkungspflicht in der mündlichen Verhandlung nicht nachgekommen ist und deshalb erst nachträglich geeignete Beweismittel bezeichnet, obwohl ihm die Beweisbedürftigkeit seines Vortrags schon seit längerem bekannt war (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 08.10.2003 - VII B 321/02, BFH/NV 2004, 499, und vom 13.11.2001 - IX B 89/01, BFH/NV 2002, 511; BFH-Urteil vom 05.11.1985 - VIII R 103/80, BFH/NV 1987, 160). Da die in der mündlichen Verhandlung vom 14.04.2021 anwaltlich vertretenen Kläger keine Beweisanträge gestellt haben, sondern sich unter Stellung eines Klageantrags zur Sache eingelassen haben, durfte das FG daher im Rahmen des ihm insoweit eröffneten Ermessens von der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zum Zwecke weiterer Beweiserhebung absehen. Abgesehen davon hat das FG in der mündlichen Verhandlung vom 14.04.2021 nach Erörterung des Sach- und Streitstands darauf hingewiesen, dass nach seiner Auffassung die Arbeitsverhältnisse mit den Söhnen einem Fremdvergleich nicht standhielten, die betriebliche Nutzung der genutzten Räumlichkeiten nur teilweise plausibel sei und auch vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes ausgegangen werden könne. Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Schriftsätze, die sich --wie hier-- mit Fragen beschäftigen, die bereits Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, braucht das FG aber grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2004, 499, und in BFH/NV 2002, 511).
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c) Es ist auch weder dargelegt noch erkennbar, dass im Streitfall die Voraussetzungen für einen Schriftsatznachlass gemäß § 283 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO vorlagen. § 283 ZPO setzt voraus, dass sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären kann, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 23.02.2007 - III B 105/06, BFH/NV 2007, 1163, und vom 18.09.2009 - IV B 140/08, BFH/NV 2010, 220). Die Kläger haben jedoch nicht vorgetragen, dass der Beklagte und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) im Termin zur mündlichen Verhandlung neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel vorgebracht hat. Das FG hat dem Antrag auf Gewährung einer Schriftsatzfrist auch nicht konkludent entsprochen, indem es beschlossen hat, die Entscheidung nicht vor dem 03.05.2021 zuzustellen. Dies diente --wie das FG in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat und von den Klägern in ihrer Beschwerde nicht bestritten worden ist-- lediglich dazu, dem Klägervertreter wegen des in der mündlichen Verhandlung erörterten gerichtlichen Erledigungsvorschlags Gelegenheit zur Rücksprache mit den Klägern zu geben.
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2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers in Gestalt einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) zuzulassen. Die Rüge der Kläger, das FG habe die ihm obliegende Pflicht zur Sachaufklärung dadurch verletzt, dass es davon abgesehen hat, die Akten aus dem Strafverfahren beizuziehen, ist nicht ordnungsgemäß erhoben.
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Eine ordnungsgemäße Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) setzt nach ständiger Rechtsprechung Ausführungen des Beschwerdeführers dazu voraus, welche Tatsachen das FG hätte aufklären oder welche Beweise es hätte erheben müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 13.01.2006 - VIII B 7/04, BFH/NV 2006, 914; BFH-Urteil vom 23.04.2014 - VII R 41/12, BFHE 245, 493, BStBl II 2015, 117). Substantiierten Vortrag in diesem Sinne enthält die Beschwerdeschrift nicht. Die Kläger haben weder in den Strafakten befindliche Unterlagen konkret bezeichnet noch im Einzelnen dargelegt, aus welchen Teilen der Strafakten sich welche gegen eine den Klägern zur Last gelegte Steuerhinterziehung sprechenden Tatsachen ergeben, die das FG wegen der unterlassenen Beiziehung der Strafakten unberücksichtigt gelassen hat. Die Kläger haben in ihrer Beschwerde auch nicht hinreichend aufgezeigt, welches genaue Ergebnis eine entsprechende Aktenbeiziehung hätte erwarten lassen und inwiefern dieses --auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG-- zu einer für die Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können. Die allgemeine Behauptung, dass das FG auf der Grundlage der beizuziehenden Akten nicht von der Schlüssigkeit der Feststellungen der Steuerfahndung hätte ausgehen können und demzufolge anders entschieden hätte, ist hierfür nicht ausreichend (vgl. BFH-Beschluss vom 20.06.2001 - I B 118/00, BFH/NV 2001, 1583).
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3. Die Kläger machen ferner zu Unrecht geltend, das FG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG-- i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO) verletzt, indem es ihren Vortrag, die gegen sie geführten Strafverfahren seien gemäß § 153 bzw. § 153a der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt worden, nicht beachtet habe.
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a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO verpflichtet das FG, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen, in Erwägung zu ziehen und sich mit dem entscheidungserheblichen Kern des Vorbringens auseinanderzusetzen (sog. Beachtenspflicht). Er verpflichtet das Gericht aber nicht, sich mit Ausführungen der Beteiligten auseinanderzusetzen, auf die es für die Entscheidung nicht ankommt. Das Gericht ist ferner nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist erst verletzt, wenn das Gericht Sachverhalt und Sachvortrag, auf den es ankommen kann, nicht nur nicht ausdrücklich bescheidet, sondern bei seiner Entscheidung überhaupt nicht berücksichtigt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 26.02.2019 - VIII B 133/18, BFH/NV 2019, 574, und vom 13.03.2015 - X B 138/14, BFH/NV 2015, 982).
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b) Danach stellt es keinen Verstoß gegen das rechtliche Gehör dar, dass das FG das Vorbringen der Kläger zur Einstellung der gegen sie geführten Strafverfahren in der Begründung seines Urteils nicht eingehender behandelt hat. Besteuerungs- und Strafverfahren sind nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung in § 393 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) voneinander unabhängig und ihren jeweiligen Verfahrensordnungen unterworfen. Hängt die Rechtmäßigkeit eines Bescheids davon ab, dass der objektive oder subjektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung vorliegt, so hat das Gericht hierüber im Besteuerungsverfahren gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden (BFH-Beschluss vom 29.01.2008 - VIII B 37/07, juris). Selbst ein Freispruch oder die Einstellung eines Strafverfahrens nach Maßgabe der strafprozessualen Vorschriften in §§ 153, 153a StPO hindert das FG wegen der Eigenständigkeit des Besteuerungs- gegenüber dem Strafverfahren nicht daran, wie im Streitfall aufgrund eigener Feststellungen zur vollen Überzeugung vom Vorliegen des objektiven und subjektiven Tatbestands einer Steuerhinterziehung zu gelangen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28.10.2008 - VIII B 62/07, juris; vom 21.12.2007 - VIII B 56/07, BFH/NV 2008, 805, und vom 04.05.2005 - XI B 230/03, BFH/NV 2005, 1485). Das FG war aus diesem Grund daher nicht verpflichtet, sich mit dem diesbezüglichen Vorbringen der Kläger in den Entscheidungsgründen näher zu befassen.
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4. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ergibt sich entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht aus der fehlenden Möglichkeit zur Einsicht in die Akten des Strafverfahrens (§ 78 Abs. 1 FGO). Denn der Gehörsanspruch begründet lediglich das Recht der Beteiligten, in die dem FG vorliegenden Gerichtsakten einschließlich der beigezogenen Akten Einsicht zu nehmen. Kein Anspruch besteht auf Einsichtnahme in Akten, die vom FG nicht beigezogen wurden und ihm folglich nicht vorliegen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 16.07.2012 - IX B 67/12, BFH/NV 2012, 1637, und vom 16.08.1999 - VII B 131/99, BFH/NV 2000, 78). Soweit die Kläger darüber hinaus geltend machen, nur bei rechtzeitiger Herausgabe und Übersendung der beschlagnahmten und sichergestellten Belegordner wäre es ihnen möglich gewesen, eine substantiierte Stellungnahme zu den geltend gemachten Betriebsausgaben abzugeben und insbesondere deren betriebliche Veranlassung nachzuweisen, wird auch damit eine Gehörsverletzung nicht aufgezeigt. Für die Dauer des Strafverfahrens bestand gemäß der ausdrücklichen Regelung in § 147 Abs. 1 StPO i.V.m. § 385 Abs. 1 AO wegen der Gefahr des Beweismittelverlusts kein Anspruch auf Herausgabe der sichergestellten Beweismittel, sondern lediglich ein Recht auf Besichtigung am Ort der amtlichen Verwahrung (vgl. MüKoStPO/Thomas/Kämpfer, 1. Aufl., § 147 Rz 37 f., m.w.N.). Dieses Recht konnte von den anwaltlich vertretenen Klägern, wie das FA mit Schriftsatz vom 05.05.2021 mitgeteilt hat und auch von den Klägern der Sache nach bestätigt worden ist (vgl. S. 4 ihres Schriftsatzes vom 07.05.2021), jederzeit wahrgenommen werden. Hinreichende Anhaltspunkte, dass diese Möglichkeit der Einsichtnahme in die im amtlichen Gewahrsam befindlichen Beweismittel --ggf. unter Anfertigung von Kopien-- nicht ausreichend gewesen wäre, um sich über den entscheidungsrelevanten Verfahrensstoff zu informieren, sind weder hinreichend substantiiert dargelegt noch sonst ersichtlich.
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5. Auch soweit die Kläger mit der Beschwerde geltend machen, das FG habe den Grundsatz "in dubio pro reo" verletzt, liegt der geltend gemachte Verfahrensfehler nicht vor. Denn der --grundsätzlich auch im finanzgerichtlichen Verfahren zu beachtende (BFH-Beschluss vom 29.01.2002 - VIII B 91/01, BFH/NV 2002, 749, m.w.N.)-- Grundsatz "in dubio pro reo" greift nur ein, so lange Zweifel nicht zu beheben sind. Er untersagt dem FG indes nicht, wie im Streitfall aufgrund vielfältiger Feststellungen aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu der vollen Überzeugung zu gelangen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), dass der Tatbestand einer Steuerhinterziehung zu bejahen ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 18.11.2013 - X B 237/12, BFH/NV 2014, 369, und vom 26.11.2020 - VI B 29/20, BFH/NV 2021, 443). Abgesehen davon wird im Besteuerungsverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz durch die (erweiterten) Mitwirkungspflichten der Beteiligten begrenzt. Zwar müssen auch im Besteuerungsverfahren die subjektiven und objektiven Voraussetzungen der Steuerhinterziehung dem Grunde nach mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festzustellen sein (BFH-Urteil vom 07.11.2006 - VIII R 81/04, BFHE 215, 66, BStBl II 2007, 364); hinsichtlich der Höhe der hinterzogenen Einkünfte hat das FG jedoch bei einer Verletzung der Mitwirkungspflicht --anders als im Strafverfahren-- eine eigene Schätzungsbefugnis (vgl. BFH-Beschluss vom 09.03.2011 - X B 153/10, BFH/NV 2011, 965, Rz 8).
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Das FG durfte daher die Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2005 bis 2010 ohne Verstoß gegen den "in dubio pro reo"-Grundsatz schätzen, da die Kläger für die in diesem Zeitraum geltend gemachten Betriebsausgaben keine Aufzeichnungen oder Belege vorgelegt hatten und sich solche auch nicht aus dem parallel laufenden Strafverfahren, das nur für die Jahre 2011 bis 2015 geführt worden war (vgl. S. 2 des Schriftsatzes von XY vom 24.07.2020), ergaben. Das Fehlen einer Verpflichtung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen oder -ausgaben führt nicht zu einem anderen Ergebnis, denn dies bedeutet nicht, dass das FA die erklärten Gewinne oder Verluste stets ungeprüft hinnehmen muss. Auch wenn der Kläger nicht verpflichtet war, seine Betriebseinnahmen und -ausgaben aufzuzeichnen und entsprechende Belege aufzubewahren, so trägt er doch wie jeder andere Steuerpflichtige die Gefahr, dass das FA oder das FG die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen können und deshalb die Voraussetzungen für eine Schätzung gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AO erfüllt sind. Es ist anerkannt, dass Betriebsausgaben nur insoweit berücksichtigt werden können, als sie der Steuerpflichtige auf Verlangen durch Vorlage von Belegen nachweist (BFH-Urteil vom 15.04.1999 - IV R 68/98, BFHE 188, 291, BStBl II 1999, 481, unter II.3., m.w.N.; vgl. auch BFH-Urteil vom 25.08.2009 - I R 88, 89/07, BFHE 226, 296, BStBl II 2016, 438, unter C.II. bbb). Die (ggf. freiwillige und im eigenen Interesse liegende) Aufbewahrung aller Belege ist im Regelfall notwendige Voraussetzung für den Schluss, dass die geltend gemachten Betriebsausgaben als durch den Betrieb veranlasst angesehen werden können (BFH-Beschluss vom 07.02.2008 - X B 189/07, juris, unter 3.c; BFH-Urteil vom 12.12.2017 - VIII R 6/14, BFH/NV 2018, 606, Rz 56 f.).
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6. Soweit dem Vorbringen der Kläger die sinngemäße Rüge zu entnehmen ist, das FG habe den vorliegenden Sachverhalt zu Unrecht dahin gewürdigt, dass der von den Klägern geltend gemachte Betriebsausgabenabzug den Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirkliche, vermag dies ebenfalls nicht die Zulassung der Revision zu rechtfertigen, da die Grundsätze der Tatsachen- und Beweiswürdigung revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen eines mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten Verfahrensmangels entzogen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28.09.2001 - V B 77/00, BFH/NV 2002, 359, und vom 25.10.2000 - VII B 196/00, juris).
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7. Soweit dem Vorbringen der Kläger auch Einwände gegen die Richtigkeit der vom FG vorgenommenen Schätzung der Besteuerungsgrundlagen zu entnehmen sind, vermögen diese im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren die Zulassung der Revision regelmäßig nicht zu begründen (vgl. BFH-Beschluss vom 19.01.2011 - X B 68/10, BFH/NV 2011, 818, m.w.N.).
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a) Die Rüge der falschen Rechtsanwendung und tatsächlichen Würdigung des Streitfalls durch das FG im Rahmen einer Schätzung ist im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren grundsätzlich unbeachtlich (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 13.12.2013 - X B 46/13, BFH/NV 2014, 488).
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b) Nur ausnahmsweise kann eine Zulassung der Revision erforderlich sein, wenn dem FG ein Rechtsanwendungsfehler von einigem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung unterlaufen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 01.03.2019 - X B 45/18, BFH/NV 2019, 545, Rz 33, m.w.N., und vom 16.06.2009 - V B 131/08, BFH/NV 2009, 1678). Dies kann auch bei einer Entscheidung des FG zur Rechtmäßigkeit einer Schätzung der Fall sein, wenn das Schätzungsergebnis schlechthin unvertretbar ist, weil es wirtschaftlich unmöglich ist und sich als offensichtlich realitätsfremd darstellt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 21.07.2017 - X B 167/16, BFH/NV 2017, 1447, Rz 17, m.w.N.). Im Streitfall ist ein solcher offensichtlicher Rechtsfehler nicht gegeben. Das FG hat hinreichend dargelegt, weshalb es die pauschale Kürzung der von den Klägern in den Streitjahren geltend gemachten Betriebsausgaben unter Berücksichtigung eines Unsicherheitsabschlags in Höhe von 15 % der vom FA gekürzten Betriebsausgaben für sachgerecht gehalten hat. In den Jahren 2011 bis 2016 seien Betriebsausgaben in erheblicher Höhe zu Unrecht von den Klägern geltend gemacht worden. Die Höhe und Zusammensetzung der im gesamten Zeitraum geltend gemachten Betriebsausgaben hätten keinen großen Schwankungen unterlegen. Auch wesentliche Sachverhaltsänderungen, insbesondere hinsichtlich der bereits in den Streitjahren bestehenden Dauersachverhalte (z.B. die an die Söhne der Kläger gezahlten Arbeitslöhne oder die Mietaufwendungen für die Notfallpraxis, die steuerlich nicht anzuerkennen seien), hätten nicht vorgelegen. Diese Ausführungen des FG lassen einen schwerwiegenden Rechtsfehler nicht erkennen. Unabhängig von der Frage, ob es zusätzlicher Ausführungen zu den weiteren geltend gemachten Betriebsausgaben bedurft hätte, ist die vorgenommene Schätzung jedenfalls nicht offensichtlich realitätsfremd. Die vom FA vorgenommene anteilige Kürzung der Betriebsausgaben auch für die Streitjahre unter Berücksichtigung eines Unsicherheitsabschlags in Höhe von 15 % erscheint im gegebenen Gesamtzusammenhang denkbar und möglich. Darüber hinaus ist zu beachten, dass auch eine (Rudimentär-)Begründung einer Schätzung, der es an der erforderlichen Tiefe fehlt, noch nicht zu einer offenkundig willkürlichen Schätzung führt. Vielmehr läge in einem solchen Fall lediglich ein "schlichter" Rechtsanwendungsfehler vor, der nicht zur Revisionszulassung berechtigt (BFH-Beschluss vom 28.06.2019 - X B 76/18, BFH/NV 2019, 1113, Rz 14).
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8. Entgegen der Auffassung der Kläger liegt auch kein Verfahrensmangel i.S. des § 119 Nr. 6 FGO in Gestalt eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht vor.
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a) Der Sinn der Begründungspflicht nach § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO liegt darin, den Prozessbeteiligten die Kenntnis darüber zu vermitteln, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Urteil beruht. Diesem Zweck genügt eine Begründung nur dann nicht, wenn den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen; dies ist der Fall, soweit die Begründung des Urteilsspruchs überhaupt oder in Hinsicht auf einen selbständigen prozessualen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel fehlt oder wenn die Entscheidungsgründe nur aus inhaltsleeren Floskeln bestehen oder missverständlich und verworren sind (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17.01.1994 - VIII R 50/93, BFH/NV 1994, 646).
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b) Danach ist ein Begründungsmangel im Streitfall nicht erkennbar. Die Kläger machen geltend, das FG habe lediglich auf den Fahndungsbericht Bezug genommen, ohne eigene Feststellungen zu dem geltend gemachten Betriebsausgabenabzug zu treffen. Das FG hat seine diesbezügliche Würdigung jedoch ausführlich begründet (vgl. S. 21 ff. des Urteils). Die Ausführungen des FG lassen mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, aufgrund welcher Erwägungen es zu dem von ihm gefundenen Ergebnis gelangt ist. Die Kläger konnten anhand der gegebenen Begründung die Entscheidung des FG auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen.
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9. Von einer weiteren Begründung und insbesondere einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen.
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10. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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