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BFH 27.07.2022 - II R 10/19
BFH 27.07.2022 - II R 10/19 - Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für die Vergnügungsteuer bei Geldspielautomaten
Normen
§ 1 VergnStG BE 2009, § 5 VergnStG BE 2009, § 7 VergnStG BE 2009, § 9 VergnStG BE 2009, § 147 Abs 1 Nr 5 AO, § 150 Abs 1 S 3 AO, § 158 AO, § 162 AO, § 240 Abs 1 ZPO, § 85 Abs 1 InsO, § 85 Abs 2 InsO, § 178 Abs 3 InsO, § 184 Abs 2 InsO, § 76 Abs 1 S 1 FGO, § 96 Abs 1 S 1 Halbs 2 FGO, § 118 Abs 2 FGO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 13. Juni 2017, Az: 6 K 6146/16, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Betreiber von Geldspielautomaten im Land Berlin haben für Zwecke der Vergnügungsteuer wenigstens vollständige Zählwerkausdrucke nach Maßgabe des Berliner Vergnügungsteuergesetzes zu erstellen und aufzubewahren.
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2. NV: Die Pauschalbesteuerung nachweislich manipulierter Automaten ist eine Mindestbesteuerung und schließt die Schätzung unter den allgemeinen Schätzungsvoraussetzungen nicht aus.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 13.06.2017 - 6 K 6146/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
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A.
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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitzeitraum als Automatenaufsteller gewerblich tätig und betrieb an verschiedenen Standorten in Berlin eine Vielzahl von Spielautomaten mit "manipulationssicherem" Zählwerk mit Geldgewinnmöglichkeit. Er meldete die Steuer nach dem Gesetz über eine Vergnügungsteuer in Berlin vom 20.10.2009 in der im Streitzeitraum geltenden Fassung --VgStG- (Gesetz- und Verordnungsblatt --GVBl-- 2009, 479) an und erklärte für die Monate August 2012 bis einschließlich Oktober 2014 Einspielergebnisse zwischen … € und gut … € monatlich. Die vorgelegten Zählwerkausdrucke weisen die Einspielergebnisse unter "Saldo (2)" aus. Sie sind im internen Speicher der Spielautomaten gespeichert und werden revolvierend nach zweimaligem Auslesen gelöscht. Sog. "Statistikstreifen" bewahrte der Kläger nicht auf.
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Das Finanzamt … (FA X) führte am 27.09.2012, 25.04.2013, 18.06.2013 und 19.03.2014 Vergnügungsteuer-Nachschauen gemäß § 9 VgStG durch, im Rahmen derer es Automaten jeweils für den aktuellen und den vorhergehenden Monat auslas. Zudem wurde das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen (Steuerfahndungsstelle) tätig. Die Finanzämter trafen verschiedene Feststellungen. Bei einer Reihe von Automaten hätten die angemeldeten Erlöse nur 20 bis 40 % der tatsächlich erzielten Erlöse betragen. Teilweise habe der Kläger am Tag der Nachschau, ca. sechs Stunden vor der Auslesung durch das FA X, Auslesebelege mit deutlich höheren Einwürfen erstellt, als sie für die Vor- und Folgemonate angegeben sind. Bei einer laufenden Nachschau habe der Kläger in … Automaten, während die Beamten auf die Öffnung warteten, die Speicherinhalte durch zwei unmittelbar aufeinanderfolgende Auslesungen gelöscht.
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Während einer Durchsuchung im Strafverfahren am 15.10.2014 las die Steuerfahndung für September 2014 aus insgesamt … von vorgefundenen … Geldspielautomaten ein Einspielergebnis von … € aus, während der Kläger am 23.10.2014 eine Bemessungsgrundlage von … € für insgesamt … Geldspielautomaten erklärte. Für den erst begonnenen Monat Oktober 2014 habe die Auslesung bereits einen Wert ergeben, der über demjenigen der späteren Erklärung des Klägers für den gesamten Monat Oktober 2014 lag.
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Mit auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) gestützten Änderungsbescheiden vom 23.12.2015 setzte der mittlerweile zuständige Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt -FA-) im Wege einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen die Vergnügungsteuer für die Monate August 2012 bis August 2014 und Oktober 2014 in der Weise fest, dass es das Doppelte der erklärten Einspielergebnisse zugrunde legte. Für den Monat September 2014 setzte es ein Gesamteinspielergebnis von … € an (etwa 297 % des erklärten Ergebnisses unter Berücksichtigung der nicht ausgelesenen Geldspielautomaten).
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Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat das Finanzgericht (FG) nach einer mündlichen Verhandlung, in der der Kläger die Beiziehung der Strafakten beantragte, die Klage abgewiesen. Das FA habe die Besteuerungsgrundlagen dem Grunde und der Höhe nach zutreffend nach § 162 AO geschätzt. Die in den Spielhallen des Klägers befindlichen Automaten, für die er Vergnügungsteuer-Voranmeldungen abgegeben habe, seien dem Kläger zuzurechnen. Angesichts der durch die Finanzverwaltung ausgelesenen Daten stehe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Angaben des Klägers zu seinen Einnahmen unrichtig seien und der Kläger trotz grundsätzlicher Manipulationssicherheit der Geldspielautomaten über eine Manipulationssoftware (Zapper) den über das Auslesegerät gesteuerten Zählwerkausdruck manipuliert habe. Dies rechtfertige ferner den Schluss, dass der Kläger in den nicht überprüften Monaten ebenfalls manipuliert habe. Im Übrigen sei die Buchführung auch formell fehlerhaft, weil der Kläger die Statistikstreifen ähnlich Registrierkassenstreifen hätte aufbewahren müssen. Im Umfang sei die Schätzung nicht zu hoch, sondern zu niedrig. Für September 2014 habe das FA bei den nicht ausgelesenen Geräten sehr geringe Durchschnittseinnahmen hinzugeschätzt. Angesichts der für diesen Monat nachgewiesenen Diskrepanzen sei die Hinzuschätzung für die anderen Monate um nur 100 % moderat. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2017, 1859 veröffentlicht.
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Mit seiner Revision macht der Kläger die Verletzung von §§ 147 Abs. 1 Nr. 5, 162 AO sowie Verfahrensmängel in Gestalt unzureichender Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) geltend.
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Hinsichtlich der nicht ausgelesenen Monate habe das FG unzulässig die Schätzung auf ihre Voraussetzungen dem Grunde nach erstreckt. Bei Geldspielautomaten, die von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt als manipulationsfest zertifiziert worden seien, könne die sachliche Richtigkeit der Zählwerkausdrucke nur durch Nachweise im Einzelfall beanstandet werden. Die --fehlenden-- Statistikstreifen seien jedenfalls bei zertifizierten Geldspielautomaten keine Aufzeichnungen i.S. des § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO, da insoweit die Zählwerkausdrucke ausreichten. Ausreichende Anhaltspunkte gegen die inhaltliche Richtigkeit der Zählwerkausdrucke gebe es nicht.
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Außerdem habe das FG in zweierlei Hinsicht den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt. Zum einen hätte es die Akten des Strafverfahrens beiziehen müssen, das den hier streitigen Sachverhalt betreffe. Zum anderen hätte es die sich aufdrängende Prüfung vornehmen müssen, ob bei denjenigen Geräten, bei denen keine Abweichungen festgestellt worden seien, tatsächlich ein Adapter zwischengeschaltet gewesen sei.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Vorentscheidung, die Bescheide vom 23.12.2015 und die Einspruchsentscheidung vom 23.06.2016 betreffend Vergnügungsteuer für August 2012 bis Oktober 2014 aufzuheben.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Während des Revisionsverfahrens wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet. Ausweislich einer Rückstandsaufstellung des FA sind die hier streitigen Steuern vollständig beglichen. Die Insolvenzverwalterin hat erklärt, sie könne das Verfahren nicht aufnehmen, da es sich um einen Passivprozess handele. Das FA habe weitere Forderungen in einer die streitgegenständlichen Beträge übersteigenden Höhe angemeldet, so dass eine Aufrechnungslage bestehe und der Masse nichts zufließen könne. Das FA hat die Aufnahme erklärt. Im Rahmen eines folgenden Schriftverkehrs hat der Kläger geäußert, er habe seiner Betreibungslast durch Widerspruch im Insolvenzverfahren genügt, so dass das Verfahren fortzusetzen sei.
Entscheidungsgründe
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B.
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Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Die Schätzung des FG ist im Rahmen des wirksam aufgenommenen Revisionsverfahrens (dazu I.) nicht zu beanstanden (dazu II.).
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I.
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Der Senat hat trotz des noch anhängigen Insolvenzverfahrens in der Sache zu entscheiden.
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1. Der zunächst durch Insolvenzeröffnung nach § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 240 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochene Rechtsstreit ist wirksam aufgenommen und fortzusetzen.
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a) Ist eine Steuerschuld bereits getilgt, liegt ein Aktivprozess i.S. des § 85 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) vor, denn nach Begleichung der Schuld ist der Prozess auf Erstattung gerichtet (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10.12.2019 - VIII R 2/17, BFHE 267, 361, BStBl II 2020, 679, Rz 22, und vom 26.01.2022 - XI R 19/19 (XI R 12/17), Rz 24, jeweils m.w.N.). Die Tilgung der Steuerschuld im Streitfall ist durch die Rückstandsaufstellung belegt und unstreitig. Nicht erheblich ist, ob das FA mit Gegenforderungen gegen den Erstattungsanspruch aufrechnen könnte. Dies betrifft allein die Frage der Erfüllung des Erstattungsanspruchs. Ebenfalls dahinstehen kann, welche Forderungen das FA zur Tabelle angemeldet hat.
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b) Den Aktivprozess können nach § 85 Abs. 2 InsO nach Ablehnung der Aufnahme durch den Insolvenzverwalter sowohl der Schuldner als auch der Gegner aufnehmen. Das FA hat die Aufnahme ausdrücklich, der Kläger mindestens konkludent erklärt.
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2. Ein Rechtsverlust hinsichtlich der streitgegenständlichen Steuern nach Maßgabe der §§ 174 ff. InsO (namentlich §§ 178 Abs. 3, 184 Abs. 2 Satz 2 InsO) ist schon deshalb nicht eingetreten, weil diese Vorschriften nach ihrer gesetzessystematischen Stellung nur auf das Verfahren zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger und damit auf den Passivprozess anwendbar sind.
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II.
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Das FG hat zu Recht auf die als Bemessungsgrundlage der Vergnügungsteuer dienenden Einspielergebnisse im gesamten Streitzeitraum Hinzuschätzungen vorgenommen. Die Höhe der Schätzung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
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1. Das VgStG regelt die Erhebung der Vergnügungsteuer im Land Berlin. Es ist nach dem Streitzeitraum durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Vergnügungsteuergesetzes vom 17.12.2020 (GVBl 2020, 1484) geändert worden, jedoch nach der nunmehr in § 11 Abs. 2 enthaltenen Übergangsvorschrift für Steueranmeldungszeiträume, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes liegen, in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung anzuwenden.
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a) Nach § 1 Abs. 1 VgStG wird eine Vergnügungsteuer u.a. für den Aufwand für die Benutzung von Spielautomaten mit Geldgewinnmöglichkeit u.a. in Spielhallen und an der Öffentlichkeit zugänglichen Orten erhoben. Die Steuer beträgt grundsätzlich gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 VgStG je Spielautomat und angefangenem Kalendermonat für Spielautomaten mit manipulationssicherem Zählwerk mit Geldgewinnmöglichkeit 20 % des Einspielergebnisses. Die Regelung ist verfassungsgemäß (BFH-Urteil vom 25.04.2018 - II R 43/15, BFHE 261, 468, BStBl II 2018, 681). Abweichend davon wird nach § 5 Abs. 5 Satz 1 VgStG für Geldgewinnspielautomaten mit manipulationssicherem Zählwerk, die nachweislich manipuliert wurden, der in § 1 Abs. 1 bezeichnete Aufwand mindestens mit bestimmten Pauschalbeträgen (§ 5 Abs. 4 VgStG) besteuert. Gemäß § 5 Abs. 5 Satz 2 VgStG bleibt § 162 AO unberührt.
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b) Steuerschuldner ist nach § 2 Abs. 1 VgStG der Aufsteller, Besteuerungszeitraum nach § 4 VgStG der Kalendermonat.
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c) Nach § 7 Abs. 1 VgStG ist bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Kalendermonats (Steueranmeldungszeitraum) eine Steueranmeldung abzugeben, der alle Zählwerkausdrucke für den jeweiligen Kalendermonat beizufügen sind. § 7 Abs. 2 Satz 2 VgStG schreibt Mindestangaben für die Zählwerkausdrucke vor, zu denen namentlich (Nr. 8 bis 13) die zur Ermittlung des Einspielergebnisses erforderlichen Veränderungen des Geldbestands gehören. Die Anmeldung ist eine Steueranmeldung gemäß § 150 Abs. 1 Satz 3 AO, die gemäß § 168 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht.
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2. Die Schätzung der Einspielergebnisse auf Grundlage von § 162 Abs. 1 Satz 1 AO ist nicht durch § 5 Abs. 5 VgStG ausgeschlossen. Sie ist zulässig, wenn keine Zählwerkausdrucke vorgelegt werden, die den Vorgaben des § 7 Abs. 2 Satz 2 VgStG entsprechen. Das Gleiche gilt, soweit nach den Umständen des Einzelfalls Anlass besteht, die sachliche Richtigkeit vorgelegter, auch formell ordnungsgemäßer, Zählwerkausdrucke zu beanstanden.
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a) Nach § 162 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Die Anwendung des § 162 AO ist auch bei Geldgewinnspielautomaten mit manipulationssicherem Zählwerk eröffnet. § 5 Abs. 5 VgStG ist nicht so zu verstehen, dass bei derartigen Geräten die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nur bei nachgewiesener Manipulation zulässig wäre, so dass dahingestellt bleiben kann, welchen Beweismaßes es insoweit bedarf.
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aa) Zwar bezieht sich die Vorbehaltsklausel in § 5 Abs. 5 Satz 2 VgStG zugunsten des § 162 AO dem Kontext nach nur auf Geldgewinnspielautomaten mit manipulationssicherem Zählwerk, die nachweislich manipuliert wurden. Für diese Fälle stellt § 5 Abs. 5 Satz 2 VgStG klar, dass die Mindestbesteuerung eine --höhere-- Schätzung nach § 162 AO nicht sperrt, sofern deren Voraussetzungen vorliegen.
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bb) Für alle anderen Fälle, insbesondere für Automaten ohne manipulationssicheres Zählwerk sowie Automaten, die nicht nachweislich manipuliert wurden, trifft § 5 Abs. 5 Satz 1 VgStG keine Aussage, so dass es ebenfalls bei der allgemeinen Schätzungsmöglichkeit bleibt. § 5 Abs. 5 Satz 1 VgStG möchte ersichtlich eine zusätzliche Besteuerungsgrundlage schaffen, nicht allgemeine abgabenrechtliche Möglichkeiten einschränken. Wenn der Landesgesetzgeber für die Vergnügungsteuer die Anwendung des § 162 AO für Automaten ohne manipulationssicheres Zählwerk oder Automaten, die nicht nachweislich manipuliert wurden, hätte ausschließen wollen, hätte er dies ausdrücklich regeln müssen. Aus der aktuellen Fassung des § 5 Abs. 5 VgStG ergibt sich kein Hinweis auf ein gegenteiliges Verständnis.
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b) Nach § 162 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 AO ist zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann. Steuergesetze, nach denen Bücher und Aufzeichnungen zu führen sind, sind neben §§ 140 bis 148 AO auch spezialgesetzliche Vorschriften (vgl. BFH-Urteil vom 12.12.2017 - VIII R 5/14, BFH/NV 2018, 602, Rz 33 f.). Aufzeichnungen für Zwecke der Vergnügungsteuer sind bei Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit zumindest die in § 7 Abs. 2 Satz 2 VgStG genannten Zählwerkdaten, die in Gestalt von Zählwerkausdrucken aufzuzeichnen und nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO aufzubewahren sind. Ob sich die Aufzeichnungspflicht auch auf sog. "Statistikstreifen" bezieht, von denen weder amtsbekannt noch festgestellt ist, ob und welche Informationen sie über den Pflichtinhalt der Zählwerkausdrucke nach § 7 Abs. 2 Satz 2 VgStG hinaus bieten, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.
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c) Nach § 162 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 AO ist ferner zu schätzen, wenn die formell ordnungsgemäße Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung wegen materieller Mängel nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden. Bei Geldgewinnspielautomaten mit manipulationssicherem Zählwerk ist ungeachtet anderer Fehlerquellen jedenfalls zu schätzen, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass die Daten beim Auslesevorgang durch eine zwischen den Automaten und den Druckvorgang geschaltete Manipulationssoftware verfälscht wurden und deshalb die Zählwerkausdrucke nicht die tatsächlich im Gerät aufgezeichneten Daten wiedergeben.
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aa) Nach § 158 AO sind die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass ist, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Dasselbe gilt für Aufzeichnungen aufgrund anderer Vorschriften. Bei formell ordnungsmäßiger Buchführung besteht eine Vermutung zugunsten der sachlichen Richtigkeit der Buchführung (vgl. BFH-Urteil vom 25.03.2015 - X R 20/13, BFHE 249, 390, BStBl II 2015, 743, Rz 33, 63). In diesem Falle kann ihr Ergebnis nur verworfen werden, soweit die Würdigung des Sachverhalts ergibt, dass die Buchführung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sachlich unrichtig ist. Die objektive Beweislast für die steuererhöhenden Tatsachen trägt das FA (vgl. BFH-Urteil vom 24.06.1997 - VIII R 9/96, BFHE 183, 358, BStBl II 1998, 51, unter 1.a).
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bb) Zählwerkausdrucke, die den Vorgaben des § 7 Abs. 2 Satz 2 VgStG entsprechen, können grundsätzlich die Vermutung der sachlichen Richtigkeit für sich in Anspruch nehmen. Gleichwohl kann die Würdigung im Einzelfall ergeben, die Ausdrucke seien sachlich unrichtig, weil sie nicht die technisch vorschriftsgemäß gespeicherten Zählwerkdaten spiegeln. Das gilt auch, falls die Physikalisch-Technische Bundesanstalt Geräte als "manipulationsfest zertifiziert" hat. Die damit angesprochene Bauartzulassung von Geldspielgeräten setzt nach § 13 der Spielverordnung in der im Streitzeitraum anwendbaren Neufassung der Bekanntmachung vom 27.01.2006 (BGBl I 2006, 280) zwar u.a. voraus, dass das Spielgerät eine Kontrolleinrichtung beinhaltet, die sämtliche Einsätze, Gewinne und den Kasseninhalt zeitgerecht, unmittelbar und auslesbar erfasst (Nr. 8) und dass das Spielgerät und seine Komponenten der Funktion entsprechend nach Maßgabe des Standes der Technik zuverlässig und gegen Veränderungen gesichert gebaut sind (Nr. 9). Abgesehen davon jedoch, dass es regelmäßig allein eine Frage technischer Versiertheit ist, Kontrolleinrichtungen zu umgehen und gleichwohl solche Veränderungen vorzunehmen (wovon auch § 5 Abs. 5 Satz 1 VgStG ausgeht), muss die Unrichtigkeit eines Zählwerkausdrucks nicht auf einer Manipulation des Zählwerks beruhen. Der Ausdruck der im Zählwerk erfassten Daten setzt eine Datenübertragung über ein Auslesegerät auf einen Drucker voraus. Sowohl eine wissentlich oder unwissentlich falsche Programmierung des Auslesegeräts als auch zusätzlich zwischengeschaltete Komponenten mit entsprechender Software können bewirken, dass andere Daten ausgedruckt werden, als sie im Zählwerk ordnungsgemäß erfasst und gespeichert wurden.
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d) Die Entscheidung über die Höhe der Schätzung obliegt wegen der Verweisung des § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO auf §§ 158, 160, 162 AO dem FG. Es sind nach § 162 Abs. 1 Satz 2 AO alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Die gewonnenen Schätzergebnisse müssen schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein und der Wirklichkeit möglichst nahekommen. Da die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen zu den tatsächlichen Feststellungen i.S. von § 118 Abs. 2 FGO gehört, kann der BFH die Schätzung durch das FG nur daraufhin überprüfen, ob sie überhaupt zulässig ist und ob das FG anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze beachtet hat (vgl. BFH-Urteil vom 29.05.2008 - VI R 11/07, BFHE 221, 182, BStBl II 2008, 933, unter II.2.b aa).
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3. Nach diesen Maßstäben weisen die Hinzuschätzungen der Einspielergebnisse dem Grund und der Höhe nach keine Rechtsfehler auf.
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a) Soweit das FG die Spielautomaten in dem vorliegenden Umfang dem Kläger zugerechnet hat, ist diese Würdigung Teil der tatsächlichen Feststellungen i.S. des § 118 Abs. 2 FGO und mangels zulässiger und begründeter Revisionsgründe revisionsrechtlich bindend. Das FG hat die Beiziehung der Strafakten verfahrensfehlerfrei abgelehnt. Die Aufklärungspflicht des Gerichts aus § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO erstreckt sich nicht auf die Erforschung des Sachverhalts ohne bestimmten Anlass "ins Blaue hinein". Beweisermittlungsanträge oder Beweisausforschungsanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken soll, legen eine Beweisaufnahme nicht nahe (vgl. BFH-Beschluss vom 02.09.2016 - IX B 66/16, BFH/NV 2017, 52, Rz 6 f.). Der Kläger hatte nicht dargelegt, welche Spielgeräte an welchen Standorten, für die er selbst Vergnügungsteuer angemeldet hatte, ihm nicht zuzurechnen sein sollten.
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b) Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das FG die Aufzeichnungen des Klägers der Besteuerung nicht zugrunde gelegt, weil Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden (§ 162 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 AO). Es kann deshalb offenbleiben, ob darüber hinaus ein formeller Aufzeichnungsmangel i.S. des § 162 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 AO vorlag, sei es in Gestalt fehlender Speicherung der Zählwerkdaten in den Spielautomaten selbst, sei es in Gestalt fehlender Aufbewahrung von "Statistikstreifen".
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aa) Soweit es die Monate August und September 2012, März bis Juni 2013, Februar und März 2014 sowie September und Oktober 2014 betrifft, sind die Aufzeichnungen nachweislich falsch. Das FA hat für diese Monate Einspielergebnisse ausgelesen, die zu einem erheblichen Teil von den erklärten Daten abweichen. Das FG ist im Rahmen der ihm obliegenden tatsächlichen Würdigung, an die der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, zu der Überzeugung gelangt, dass die Auslesungen der Finanzverwaltung korrekt durchgeführt wurden und deshalb die wirklichen Verhältnisse abbilden. Dieser Rückschluss ist denklogisch nicht fehlerhaft. Die Rüge des Klägers, es fehle ein Manipulationsnachweis, geht ins Leere, weil das FG die Überzeugung gewonnen hat, dass eine Manipulation stattgefunden hat. Es hat sich dabei in nicht zu beanstandender Weise auf die in Gegenwart der Finanzbeamten durch rasches zweimaliges Auslesen der Daten bewirkte Löschung der Daten im Speicher gestützt. Im Übrigen wäre der Nachweis, dass der Kläger beim Erstellen der von ihm vorgelegten und von den Daten der Finanzverwaltung abweichenden Zählwerkausdrucke konkrete Manipulationshandlungen vorgenommen habe, ggf. welche, auch nicht erforderlich. Wurde die Auslesung bei Nachschau oder Außenprüfung korrekt durchgeführt, ist es gleichgültig, welcher von mehreren denkbaren Gründen dazu führt, dass die Zählwerkausdrucke des Klägers falsche Daten abbilden. Welche konkreten Erkenntnisse den Strafakten zu entnehmen sein sollten, teilt der Kläger nicht mit, so dass auch insoweit das FG dem Antrag auf Beiziehung dieser Akten nicht folgen musste.
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bb) Ferner hat das FG ebenfalls ohne Rechtsfehler von der nachgewiesenen Unrichtigkeit der vorgelegten Zählwerkausdrucke in zehn von zehn Prüfungsmonaten auf die Unrichtigkeit der vorgelegten Zählwerkausdrucke in den weiteren 17 Monaten des Streitzeitraums geschlossen. Die Überlegung des FG, dies sei wahrscheinlich und realitätsnah, ist nicht zu beanstanden. Auch wenn nach § 4 VgStG der Besteuerungszeitraum der jeweilige Monat ist, muss der Nachweis der Unrichtigkeit nicht für jeden einzelnen Monat erbracht werden. Vielmehr ist die Schätzung auch für die dazwischenliegenden Monate gerechtfertigt, wenn in entsprechenden Abständen Unrichtigkeiten nachgewiesen wurden. Im Streitfall sind über den gesamten Zeitraum hinweg bei jeder Prüfung, worauf das FG maßgebend abgestellt hat, nachweislich unrichtige Aufzeichnungen vorgelegt worden. Bei einer Besteuerung nach Jahresabschnitten bestünden keine Bedenken gegen eine Hinzuschätzung für das gesamte Jahr. Die weitere Begründung des FG, die Schätzung sei auch wegen Aufzeichnungsmängeln gerechtfertigt, bedarf keiner näheren Erörterung, da sie die vorstehende selbständig tragende Begründung unberührt lassen.
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c) Der Höhe nach ist gegen die Hinzuschätzung nichts zu erinnern. Das FG hat im Wesentlichen aus den in den Prüfungsmonaten festgestellten Abweichungen zwischen angemeldeten und durch das FA ausgelesenen Einspielergebnissen eine Hochrechnung vorgenommen und hat diese zutreffend angesichts der Feststellungen für September 2014 für maßvoll erachtet. Diese nach Art eines inneren Betriebsvergleichs vorgenommene Schätzung begegnet keinen Bedenken.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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5. Der Senat entscheidet nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.
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