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BFH 13.06.2020 - VIII B 149/19
BFH 13.06.2020 - VIII B 149/19 - Zur Akteneinsicht in den Kanzleiräumen des Prozessbevollmächtigten
Normen
§ 78 Abs 3 S 1 FGO vom 05.07.2017, Art 19 Abs 4 GG, Art 103 Abs 1 GG, § 96 Abs 2 FGO, § 102 FGO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht des Saarlandes, 19. August 2019, Az: 2 K 1182/16, Beschluss
Leitsatz
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1. NV: Die Kanzleiräume des Prozessbevollmächtigten sind keine Diensträume i.S. des § 78 Abs. 3 Satz 1 FGO (vgl. BFH-Beschluss vom 04.07.2019 - VIII B 51/19, BFH/NV 2019, 1235).
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2. NV: In Ausnahmefällen kann der Anspruch der Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs und Waffengleichheit einen Anspruch auf Akteneinsicht in den Kanzleiräumen des Prozessbevollmächtigten begründen. Die Entscheidung, Akteneinsicht ausnahmsweise auch außerhalb von Diensträumen zu gewähren, ist eine am Einzelfall zu beurteilende Ermessensentscheidung des FG. Im Rahmen des erforderlichen Abwägungsprozesses ist der vom Gesetzgeber in § 78 Abs. 3 FGO gesteckte Ermessensrahmen und hierbei insbesondere das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen einer Akteneinsicht in und außerhalb von Diensträumen zu beachten (vgl. BFH-Beschluss vom 04.07.2019 - VIII B 51/19, BFH/NV 2019, 1235).
Tenor
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Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Finanzgerichts des Saarlandes vom 19.08.2019 - 2 K 1182/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) wurden in ihrer beim Finanzgericht (FG) erhobenen Klage wegen Einkommensteuer 2012 zunächst von einer Steuerberatungsgesellschaft als Prozessbevollmächtigte vertreten, bei der der jetzige Prozessbevollmächtigte als Rechtsanwalt und freier Mitarbeiter tätig war. Nachdem die Klage durch Gerichtsbescheid vom 26.03.2019 abgewiesen worden war und die Kläger die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hatten, begehrte die Prozessbevollmächtigte am 06.05.2019 Akteneinsicht in der Weise, ihr die Akten für drei Werktage auszuhändigen.
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Das FG verwies in einem Schreiben der zuständigen Berichterstatterin darauf, dass die Übersendung der Akten in die Kanzleiräume der Prozessbevollmächtigten gemäß § 78 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht in Betracht komme und schlug vor, in der Geschäftsstelle des FG Einsicht in die Akten zu nehmen. Als der jetzige Prozessbevollmächtigte hiervon Gebrauch machen wollte, wurde ihm die Möglichkeit zur Akteneinsicht in der Geschäftsstelle unter Aufsicht eingeräumt. Dies lehnte der jetzige Prozessbevollmächtigte als unzumutbar ab. Am 23.05.2019 wurde ihm im Rahmen der ersten mündlichen Verhandlung, die hierfür zeitweilig unterbrochen wurde, die Akteneinsicht in der Gerichtsbibliothek ohne Aufsicht ermöglicht. Er erklärte nach Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, er habe angesichts des Aktenumfangs und der Kürze der für die Einsichtnahme zur Verfügung stehenden Zeit nicht in der Weise Einsicht nehmen können, dass eine Stellungnahme noch im Termin möglich sei, und beantragte, gemäß § 78 FGO eine vollständige Kopie der Akten zu fertigen. Das FG hob den Termin daraufhin auf. Es übersandte an die damalige Prozessbevollmächtigte 327 kopierte Seiten.
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Der jetzige Prozessbevollmächtigte bestellte sich in einem Schriftsatz vom 29.05.2019 zunächst zum weiteren Prozessbevollmächtigten und teilte in einem weiteren Schriftsatz vom 23.07.2019 mit, ihm seien die Handakten einschließlich der vom FG übersandten Kopien überlassen worden. Die frühere Prozessbevollmächtigte legte das Mandat am 02.09.2019 nieder.
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Der jetzige Prozessbevollmächtigte übersandte die übernommenen Kopien mit dem Hinweis, diese seien nicht ordnungsgemäß und zum Teil nicht lesbar, an das FG zurück. Das FG übermittelte ihm über das besondere elektronische Anwaltspostfach daraufhin eine eingescannte Fassung der FG-Akte, der Rechtsbehelfsakte und der Einkommensteuerakte (Band 3). Zudem wies das FG auf die weiterhin bestehende Möglichkeit hin, die Originalakten beim FG einzusehen.
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Mit Schriftsatz vom 09.08.2019 beantragte der Prozessbevollmächtigte die Akteneinsicht im Wege der Übersendung der vollständigen Originalakten in die Diensträume seiner Kanzlei. Zur Begründung führte er an, es bestünden Zweifel an der Vollständigkeit und Folgerichtigkeit der eingescannten und elektronisch übermittelten Aktenkopie, da er 178 Seiten erhalten habe, obwohl die FG-Akte nur 169 Seiten umfasse. Zudem machte der Prozessbevollmächtigte deutlich, dass er den bisherigen Verfahrensablauf als unzumutbar empfinde, da das FG ihm die Einsicht in die Originalakte entweder nur unter Aufsicht bei der Gerichtsgeschäftsstelle oder ohne Aufsicht in einem engen zeitlichen Rahmen während der ersten mündlichen Verhandlung ermöglicht habe und ihm weder ordnungsgemäße Kopien übersandt noch ordnungsgemäß eingescannte Unterlagen elektronisch übermittelt habe.
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Das FG lehnte die Gewährung der Akteneinsicht durch Übersendung der vollständigen Originalakte des Gerichts in die Kanzleiräume des Prozessbevollmächtigten durch Beschluss vom 19.08.2019 ab.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kläger, der das FG nicht abgeholfen und die es dem Bundesfinanzhof (BFH) zur Entscheidung vorgelegt hat.
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Die Kläger machen geltend, die Originalakten seien ausnahmsweise in die Kanzlei des Prozessbevollmächtigten zur Einsicht zu übersenden. Eine Gefahr, dass das Steuergeheimnis durch die Übersendung der Akten in die Kanzleiräume verletzt werde, bestehe aufgrund der Verpflichtung des Prozessbevollmächtigten zur Berufsverschwiegenheit nicht. Ein Ausnahmetatbestand, der die Übersendung der Akten in die Kanzleiräume rechtfertige, sei aufgrund des Verfahrensablaufs gegeben. Neben den Restriktionen, die das FG für die Akteneinsicht des Prozessbevollmächtigten in die Originalakte aufgestellt habe, sei auch die übrige Verfahrensführung für die Kläger nicht zumutbar und habe zu einem Ablehnungsgesuch gegenüber der beim FG zuständigen Berichterstatterin geführt. Aufgrund des während des Verfahrens entstandenen Misstrauens sei dem Prozessbevollmächtigten die Möglichkeit der Akteneinsicht in den Kanzleiräumen zu gewähren, damit er die Originalakten mit der gebotenen Ruhe und Sorgfalt auswerten könne.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Beschwerde ist unbegründet.
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1. Die Beschwerde ist statthaft. Die Entscheidung über die Art und Weise der Gewährung von Akteneinsicht ist nach § 128 Abs. 1 FGO beschwerdefähig; sie stellt keine prozessleitende Verfügung i.S. von Abs. 2 der Vorschrift dar (vgl. BFH-Beschlüsse vom 04.07.2019 - VIII B 51/19, BFH/NV 2019, 1235; vom 28.11.2019 - X B 132/19, BFH/NV 2020, 377).
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2. Die Beschwerde ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss des FG über die Ablehnung des Antrags auf Akteneinsicht in den Kanzleiräumen des Prozessbevollmächtigten verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
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Die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 FGO sind nicht erfüllt. Es handelt sich bei den Kanzleiräumen des Prozessbevollmächtigten nicht um Diensträume i.S. des § 78 Abs. 3 FGO (siehe unter 2.b). Auch besteht --ausnahmsweise-- kein Anspruch der Kläger auf die Gewährung einer Akteneinsicht in den Kanzleiräumen des Prozessbevollmächtigten aufgrund des bisherigen Verfahrensablaufs (siehe unter 2.c).
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a) Nach § 78 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FGO in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung (Art. 22 Nr. 8, Art. 33 Abs. 1 des Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 05.07.2017, BGBl I 2017, 2208) können die Beteiligten die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen und sich durch die Geschäftsstelle auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge, Ausdrucke und Abschriften erteilen lassen. Gemäß § 78 Abs. 3 FGO wird, wenn die Prozessakten --wie vorliegend-- in Papierform geführt werden, die Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt (Satz 1). Die Akteneinsicht kann, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, auch durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf gewährt werden (Satz 2).
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b) Diensträume in diesem Sinne sind nicht nur die Diensträume des Gerichts, sondern Räumlichkeiten, die vorübergehend oder dauernd dem öffentlichen Dienst zur Ausübung dienstlicher Tätigkeiten dienen und über die ein Träger öffentlicher Gewalt das Hausrecht ausübt. Die Kanzleiräume des Prozessbevollmächtigten sind hingegen keine Diensträume i.S. des § 78 Abs. 3 FGO. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Ausführungen im Senatsbeschluss in BFH/NV 2019, 1235, Rz 10 bis 12 Bezug (ebenso BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2020, 377, Rz 10, 11; vom 06.09.2019 - III B 38/19, BFH/NV 2020, 91, Rz 8 bis 10).
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c) Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, in dem dem Prozessbevollmächtigten die Akteneinsicht in dessen Kanzleiräumen zu gewähren ist.
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aa) Die Neufassung des § 78 Abs. 3 Satz 1 FGO schließt nicht jedwede Akteneinsicht außerhalb von Diensträumen aus. Vielmehr bleibt die Übersendung von Akten in die Geschäftsräume eines Prozessbevollmächtigten zum Zwecke der dortigen Einsichtnahme nach wie vor möglich. Sie ist allerdings nicht der Regelfall, sondern bleibt auf eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt. Die Entscheidung, Akteneinsicht ausnahmsweise auch außerhalb von Diensträumen zu gewähren, ist eine am Einzelfall zu beurteilende Ermessensentscheidung. Dabei sind die für und gegen eine Aktenversendung sprechenden Interessen gegeneinander abzuwägen, d.h. das dienstliche Interesse an einem geordneten Geschäftsgang einerseits (beispielsweise Gefahr von Aktenverlusten bzw. -beschädigungen oder gar -manipulationen, Schutz von potenziellen Beweismitteln [Steuererklärungen mit Originalbelegen], jederzeitige Verfügbarkeit der Akten sowie Wahrung des Steuergeheimnisses gegenüber Dritten) mit dem Interesse an der Ersparnis von Zeit und Kosten im Falle der Gewährung der Akteneinsicht außerhalb von Diensträumen andererseits. Im Rahmen dieses Abwägungsprozesses ist der vom Gesetzgeber in § 78 Abs. 3 FGO gesteckte Ermessensrahmen und hierbei insbesondere das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen einer Akteneinsicht in und außerhalb von Diensträumen zu beachten. Hieraus folgt, dass Unbequemlichkeiten, die regelmäßig mit den ungünstigeren Rahmenbedingungen für eine ungestörte Akteneinsicht außerhalb von Diensträumen verbunden sein können (z.B. räumliche Enge, Fahrt- und Zeitaufwand), keine Ausnahme von der Regel des § 78 Abs. 3 Satz 1 FGO nach sich ziehen können (s. zum Ganzen BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2019, 1235, Rz 19; in BFH/NV 2020, 377, Rz 16; offen gelassen im BFH-Beschluss in BFH/NV 2020, 91, Rz 9).
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bb) Im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gegen eine vom FG getroffene, die Akteneinsicht außerhalb von Diensträumen ablehnende Entscheidung ist der BFH nicht auf eine Überprüfung der Ermessensentscheidung des FG beschränkt. § 102 FGO gilt nur für die gerichtliche Überprüfung von Ermessensentscheidungen von Behörden, nicht dagegen für eine solche gerichtlicher Entscheidungen. Demzufolge ist der BFH als Beschwerdegericht selbst Tatsachengericht und somit gehalten, eigenes Ermessen auszuüben (BFH-Beschluss in BFH/NV 2020, 377, Rz 18).
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cc) Nach diesen Maßstäben kommt die Aktenübersendung in die Kanzlei des Prozessbevollmächtigten nicht in Betracht.
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aaa) Das FG hat in der angefochtenen Entscheidung auch die Möglichkeit, von Verfassungs wegen ausnahmsweise Akten in die Kanzleiräume des Prozessbevollmächtigten zur Einsicht zu übersenden, gesehen. Es hat die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalls verneint, weil weder eine körperliche Behinderung des Bevollmächtigten gegeben sei noch die Akten außergewöhnlich umfangreich seien.
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bbb) Dem pflichtet der Senat im Ergebnis bei.
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Allerdings dürfen die vom FG angeführten Umstände für eine ausnahmsweise Aktenübersendung in Kanzleiräume nicht im Sinne abschließender Regelbeispiele verstanden werden. Wann ein Ausnahmefall im Sinne der vorstehenden Grundsätze anzunehmen ist, hängt stets von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab und ist nach den unter 2.c aa dargelegten Kriterien im Rahmen eines Abwägungsprozesses zu entscheiden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2020, 377, Rz 16).
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Die von den Klägern in der Beschwerdebegründung angeführten Umstände der Berufsverschwiegenheit des Prozessbevollmächtigten und dessen persönliche Zuverlässigkeit begründen nach dem oben dargelegten Regel-Ausnahmeverhältnis keinen Ausnahmefall (BFH-Beschluss in BFH/NV 2020, 377, Rz 19).
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Auch der von den Klägern geltend gemachte Umstand, durch die Handhabung des Antrags auf Akteneinsicht während des Verfahrens sei ein so tiefgreifendes Misstrauen an der Gewährung rechtlichen Gehörs durch das FG entstanden, dass die Akteneinsicht in den Kanzleiräumen des Bevollmächtigten zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes zuzulassen sei, begründet keinen Ausnahmefall. Eine --über den Wortlaut des § 78 Abs. 3 Satz 1 FGO hinausgehende-- Möglichkeit der Akteneinsicht außerhalb von Diensträumen ist unter Berücksichtigung der Vorgaben des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) aus dem Anspruch der Prozessbeteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) sowie aus der zu achtenden Waffengleichheit der Beteiligten anzuerkennen (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2019, 1235, Rz 14 ff.; in BFH/NV 2020, 377, Rz 15). Im Streitfall ist aber nicht ersichtlich, dass dem Prozessbevollmächtigten der Kläger die Akteneinsicht in seinen Kanzleiräumen zur Gewährung ausreichenden rechtlichen Gehörs und zur Gewährleistung von Waffengleichheit zu ermöglichen ist.
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Soweit sich die Kläger darauf stützen, dem Prozessbevollmächtigten sei die Akteneinsicht nur in unzumutbarer Weise unter Aufsicht in der Geschäftsstelle des FG ermöglicht worden, ist darin keine unzulässige Gängelung des Bevollmächtigten zu erkennen. Denn ein Prozessbevollmächtigter hat auch als Berufsträger keinen Anspruch darauf, dass eine Akteneinsicht in Diensträumen ohne Beisein einer/eines dortigen Bediensteten stattfindet (BFH-Beschluss in BFH/NV 2020, 377, Rz 23, 25). Zudem hat das FG jeweils flexibel auf die Akteneinsichtsanträge des Prozessbevollmächtigten reagiert und diesem die Akten sowohl in kopierter Form gemäß § 78 Abs. 1 Satz 2 FGO als auch in digitalisierter Form zur Verfügung gestellt, obwohl es zu Letzterem nicht gemäß § 78 Abs. 3 Satz 2 FGO verpflichtet gewesen wäre (BFH-Beschluss in BFH/NV 2019, 1235, Rz 16, m.w.N.). Ferner hat es zur Gewährung ausreichenden rechtlichen Gehörs und weiteren Sachvortrags aufgrund des Vortrags des Prozessbevollmächtigten, die Akteneinsicht habe bislang nicht in der gebotenen Weise stattfinden können, zweimal die mündliche Verhandlung vertagt. Schließlich ist für den Senat aufgrund des Verfahrensablaufs kein Umstand --außerhalb der hinzunehmenden Unbequemlichkeiten-- ersichtlich, aufgrund dessen der Prozessbevollmächtigte nicht in der Lage sein könnte, den Akteninhalt durch eine Einsichtnahme in den Diensträumen des FG vollständig zu erfassen und in der Sache umfassend und abschließend vortragen zu können. Denn ihm wurden Kopien und Dateien der FG-Akte, der Rechtsbehelfsakte und der Einkommensteuerakte (Band 3) zur Verfügung gestellt und zu den geäußerten Zweifeln an der Vollständigkeit der übermittelten Unterlagen von der Berichterstatterin mitgeteilt, die Einkommensteuerakte umfasse 51 Seiten und sei vollständig kopiert sowie eingescannt worden. Weitere Zweifelsfragen an der Vollständigkeit und Folgerichtigkeit der ihm übersandten Kopien und eingescannten Unterlagen kann der Prozessbevollmächtigte durch eine Akteneinsicht in den Diensträumen des FG abschließend mittels eines Abgleichs der ihm vorliegenden Unterlagen und der Originalakten klären.
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 2 FGO.
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