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BFH 12.03.2020 - V R 20/19
BFH 12.03.2020 - V R 20/19 - Steuerhinterziehung bei Ausfuhrlieferung
Normen
§ 6a UStG 2005, § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 UStG 2005, § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 UStG 2005, Art 138 EGRL 112/2006, Art 146 EGRL 112/2006, § 4 Nr 1 Buchst a UStG 2005, Art 325 Abs 1 AEUV, § 379 Abs 1 S 1 Nr 1 AO, Art 267 AEUV, UStG VZ 2013
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 19. Februar 2019, Az: 8 K 2906/16, Urteil
Leitsatz
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Das Ausstellen einer unterfakturierten Zweitrechnung führt nicht dazu, die Steuerfreiheit für die Ausfuhrlieferung aufgrund einer vom Abnehmer zu Lasten des Steueraufkommens eines Drittstaats begangenen Steuerhinterziehung zu versagen .
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 19.02.2019 - 8 K 2906/16 aufgehoben.
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Der Umsatzsteuerbescheid 2013 vom 27.08.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2016 ist dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um 171.383,19 € gemindert wird.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) lieferte im Streitjahr 2013 Kraftfahrzeuge aus dem Inland in die Türkei an dort ansässige Abnehmer. Sie nahm dabei die Steuerfreiheit für Ausfuhrlieferungen nach § 6 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Anspruch.
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Mit Änderungsbescheid vom 27.08.2015 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung die Steuer abweichend fest, indem es keine Steuerfreiheit für die Ausfuhrlieferung von 20 Kraftfahrzeugen für Umsätze in Höhe von 1.132.400 € gewährte. Das FA ging davon aus, dass die Fahrzeuge über eine Spedition zwar tatsächlich in die Türkei geliefert worden seien, die Steuerfreiheit aber im Hinblick auf die Missbrauchsrechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) zu versagen sei, da sich die Klägerin aktiv an einem Betrugsmodell beteiligt habe. Sie habe die Begehung von Steuerverkürzungen im Empfangsstaat durch die Erteilung unterfakturierter Zweitrechnungen, die das Entgelt im Vergleich zu den zutreffenden Erstrechnungen nicht vollständig ausgewiesen hätten, ermöglicht. In der Türkei seien mit diesen Rechnungen die Sonderverbrauchsteuer ÖTV (Özel Tüketim Vergisi) und die Umsatzsteuer KDV (Katma Deger Vergisi) bei der Einfuhr hinterzogen worden. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte nur in Bezug auf ein Fahrzeug Erfolg und wurde mit Einspruchsentscheidung vom 18.10.2016 für die übrigen 19 Kraftfahrzeuge als unbegründet zurückgewiesen.
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Ebenso wies das Finanzgericht (FG) die hiergegen eingelegte Klage als unbegründet ab. Nach seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2019, 1236 veröffentlichten Urteil sind die 19 Kraftfahrzeuge zwar nachweislich in die Türkei an ausländische Abnehmer i.S. von § 6 Abs. 2 UStG geliefert worden, so dass es unerheblich sei, ob Ausfuhrlieferungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 UStG vorlägen. Die Geschäftsführer der Klägerin hätten aber für jedes der 19 Kraftfahrzeuge sowohl eine Rechnung, die unstreitig in der Buchführung der Klägerin zutreffend verbucht worden sei ("erste" Rechnung) sowie eine weitere --unterfakturierte-- Rechnung ("zweite" Rechnung), die mit der ersten Rechnung bis auf den Rechnungsbetrag und den Zusatz "PRO" hinter der Rechnungsnummer in 15 Fällen weitestgehend identisch war, erstellt. Vier der 19 unterfakturierten "zweiten" Rechnungen seien, da der Zusatz "PRO" fehlte, von einer Endrechnung überhaupt nicht zu unterscheiden gewesen. Werde durch die Ausstellung zusätzlicher, unterfakturierter Rechnungen über Ausfuhrlieferungen von Kraftfahrzeugen in die Türkei, die dem türkischen Zoll bei der Zollabfertigung als Handelsrechnungen vorgelegt wurden, bezweckt, die eingeführten Kraftfahrzeuge durch die Verletzung türkischer Steuergesetze auf dem türkischen Markt billiger zu verkaufen, liege in der Türkei eine Hinterziehung von Umsatzsteuer anlässlich des Imports und eine Hinterziehung der türkischen Sonderverbrauchsteuer ÖTV vor. Die Geschäftsführer der Klägerin seien Mittäter. Entsprechend der EuGH-Rechtsprechung zu innergemeinschaftlichen Lieferungen seien die Ausfuhrlieferungen nicht steuerfrei, da die Klägerin wusste oder hätte wissen müssen, dass die von ihr bewirkten Umsätze mit einer Steuerhinterziehung der Erwerber verknüpft war.
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Gegen das FG-Urteil wendet sich die Klägerin mit der Revision. Die Lieferungen seien als Ausfuhrlieferungen steuerfrei. Alle Fahrzeuge seien unstreitig aus dem Inland in die Türkei gelangt. Auf die Besteuerung der Einfuhr im Drittland komme es für die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung nicht an. Dies entspreche dem Bestimmungslandprinzip. Eine Versagung ergebe sich auch nicht aus der EuGH-Rechtsprechung. Diese beziehe sich beim Missbrauch nur auf innergemeinschaftliche Lieferungen, nicht aber auch auf Ausfuhrlieferungen. Dies werde nachträglich durch § 25f UStG bestätigt, der keine Versagung der Steuerfreiheit nach § 6 UStG anordne. Anders als bei der innergemeinschaftlichen Lieferung und dem innergemeinschaftlichen Erwerb bestehe keine Korrelation zwischen Ausfuhrlieferung und Einfuhr. Die türkischen Einfuhrabgaben und Steuern seien keine Steuer i.S. des unionsrechtlichen Mehrwertsteuersystems. Das Missbrauchsverbot habe keinen primärrechtlichen Charakter. Das Steueraufkommen von Drittländern werde nicht geschützt. Es gehe vielmehr um die Eigenmittel der Union. Die Steuerfreiheit sei auch nicht zum Schutz vor Wettbewerbsverzerrungen zu versagen, da sich diese auf den türkischen Markt beschränkten. Die Versagung der Steuerfreiheit sei auch unverhältnismäßig, da der Unternehmer bei Annahme einer Steuerpflicht die Steuerbelastung nicht auf den Abnehmer überwälzen könne. Weiter sei das Territorialitätsprinzip verletzt. Der Systemkonformität der Steuerfreiheit komme Vorrang zu. Es sei auch offen, welche Anforderungen an die Feststellung einer Steuerhinterziehung oder eines Missbrauchs im Drittstaat zu stellen seien. Bereits tatbestandlich liege kein Missbrauch vor. In der Türkei seien keine Verfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet worden. Unterfakturierte Rechnungen führten nicht zu einer Mittäterschaft. Es fehle an einer Verkürzung türkischer Mehrwertsteuer im Hinblick auf den Vorsteuerabzug der türkischen Händler. Der Einfuhr in die Türkei lägen auch Herstellerangaben zugrunde. Dies gelte auch für die ÖTV. Die Besteuerung erfolge auf der Grundlage offizieller Listenpreise. Bei der ÖTV handele es sich zudem um eine Sonderverbrauchsteuer. Sie, die Klägerin, habe durch die unterfakturierten Rechnungen keinen Vorteil erlangt. Auch im Inland seien keine Strafverfahren eingeleitet worden. Das FG habe auch gegen die Pflicht zur Sachaufklärung nach § 76 Abs. 1 Satz 1 sowie gegen § 96 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verstoßen.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG und den Umsatzsteuerbescheid 2013 vom 27.08.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2016 aufzuheben, so dass die Umsatzsteuer um 171.383,19 € gemindert wird.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen, hilfsweise eine Vorlage an den EuGH.
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Die Geschäftsführer der Klägerin hätten gewusst, dass die Lieferungen mit Steuerhinterziehungen der türkischen Erwerber in der Türkei verknüpft gewesen seien, was sie durch die Ausstellung unterfakturierter Rechnungen zur Vorlage an den türkischen Zoll bewusst gefördert hätten. Das ausländische Recht gehöre nicht zum Bundesrecht i.S. von § 118 Abs. 1 FGO. Die Versagung der Steuerfreiheit durch Beteiligung an einer Steuerhinterziehung erfordere nach der EuGH-Rechtsprechung keine Auswirkung auf das gemeinsame Mehrwertsteuersystem. Es sei nicht zwischen innergemeinschaftlichen Lieferungen und Ausfuhrlieferungen zu unterscheiden, wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ergebe. In beiden Fällen ergebe sich die Steuerfreiheit aus der Besteuerung mit Umsatzsteuer im Bestimmungsland. Hieran fehle es bei einer Steuerhinterziehung im Bestimmungsland. Die Versagung der Steuerfreiheit sei auch verhältnismäßig, da die Klägerin bösgläubig gehandelt habe. Auf den Ort der Entstehung eines Steuerschadens komme es nicht an. Die Versagung der Steuerfreiheit beruhe nicht auf einem weiteren zusätzlichen Tatbestandsmerkmal. Im Übrigen liege ein Betrug zum Nachteil des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems vor, da die Klägerin aufgrund der Unterfakturierung die Fahrzeuge zu wesentlich günstigeren Konditionen absetzen konnte, als die Konkurrenz, die sich hieran nicht beteiligte. Zudem sei die Türkei bezüglich des unternehmerischen Wettbewerbs als Bestandteil des Binnenmarkts zu behandeln, da die Türkei Teil der Europäischen Zollunion sei. Mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren der Zollunion sei es unvereinbar, Verhaltensweisen zu dulden, die eine Verfälschung des Wettbewerbs bezweckten. Es liege auch eine Steuerhinterziehung i.S. von § 370 Abs. 6 der Abgabenordnung (AO) vor. Abweichendes ergebe sich auch nicht durch die erst nach dem Streitjahr in Kraft getretene Neuregelung in § 25f UStG. Hilfsweise sei eine Vorlage an den EuGH erforderlich, der entscheiden solle, ob das Unionsrecht einer Praxis entgegensteht, die die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung versagt, wenn sich der Lieferer vorsätzlich an einer im Drittland begangenen Steuerhinterziehung beteiligt hat, die nicht unmittelbar das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gefährdet. Es liege auch kein Verfahrensfehler vor. Mit der Revision könne nicht geltend gemacht werden, dass die Vorentscheidung auf einer fehlerhaften Anwendung ausländischen Rechts beruhe.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Entgegen dem Urteil des FG führt das Ausstellen einer unterfakturierten Zweitrechnung nicht dazu, die Steuerfreiheit für die Ausfuhrlieferung aufgrund einer vom Abnehmer zu Lasten des Steueraufkommens eines Drittstaats begangenen Steuerhinterziehung zu versagen, da hierdurch das Vorliegen der gesetzlichen Befreiungsvoraussetzungen in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 UStG nicht in Frage gestellt wird.
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1. Ausfuhrlieferungen sind gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG unter den in § 6 UStG bezeichneten Voraussetzungen steuerfrei.
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a) Die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung setzt gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG voraus, dass der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG, befördert oder versendet hat. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG ist die Lieferung für den Fall, dass der Abnehmer befördert oder versendet hat, steuerfrei, wenn er ein ausländischer Abnehmer ist.
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Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 146 Abs. 1 Buchst. a und b MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten "die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer oder für dessen Rechnung nach Orten außerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden" (Buchst. a) und "die Lieferungen von Gegenständen, die durch den nicht in ihrem jeweiligen Gebiet ansässigen Erwerber oder für dessen Rechnung nach Orten außerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden" (Buchst. b).
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b) Der Unternehmer hat diese Voraussetzungen nach § 6 Abs. 4 UStG nachzuweisen, wobei sich der Umfang der dabei beizubringenden Nachweise nach den §§ 8 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStDV) bestimmte. Nach § 8 Abs. 1 UStDV hatte der Unternehmer für den sog. Ausfuhrnachweis durch Belege nachzuweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet hat, wobei sich diese Voraussetzung aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben musste. Im Beförderungsfall handelte es sich dabei um eine zollrechtliche Ausfuhranmeldung im elektronischen Ausfuhrverfahren oder eine Ausfuhrbestätigung der Grenzzollstelle (§ 9 Abs. 1 UStDV). Im Versendungsfall bestand der Ausfuhrnachweis in der zollrechtlichen Ausfuhranmeldung im elektronischen Ausfuhrverfahren, in einem Versendungsbeleg oder einer Spediteurbescheinigung (§ 10 Abs. 1 UStDV). Sonderregelungen bestanden für die Ausfuhr von Fahrzeugen (§ 9 Abs. 2 und § 10 Abs. 2 UStDV). Zusätzlich buchmäßig aufzuzeichnen war insbesondere der Name und die Anschrift des Abnehmers (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UStDV).
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Unionsrechtliche Grundlage für diese Nachweise ist Art. 131 MwStSystRL. Danach wird die Steuerbefreiung "unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften und unter den Bedingungen angewandt, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung dieser Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch festlegen".
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2. Es steht der Steuerfreiheit nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 UStG nicht entgegen, wenn der Lieferer bei der Ausstellung einer z.B. unterfakturierten Zweitrechnung für die Ausfuhrlieferung wusste oder hätte wissen müssen, dass der Abnehmer mit dem gelieferten Gegenstand eine Steuerhinterziehung zu Lasten des Steueraufkommens eines Drittstaats begeht. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 UStG ist keine derartige Voraussetzung zu entnehmen. Sie ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des EuGH.
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a) Nach der EuGH-Rechtsprechung ist entsprechend dem Grundsatz der steuerrechtlichen Neutralität --ebenso wie bei anderen Steuerbefreiungen-- die Ausfuhrlieferung steuerfrei, wenn sie die materiellen Voraussetzungen hierfür erfüllt; dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt hat (EuGH-Urteil Unitel vom 17.10.2019 - C-653/18, EU:C:2019:876, Rz 28, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2019, 1103).
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b) Ausnahmefälle, die dazu berechtigen, hiervon abzuweichen (vgl. EuGH-Urteil Unitel, EU:C:2019:876, Rz 29, HFR 2019, 1103), liegen nicht vor.
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aa) Die Ausfuhrlieferung ist zum einen steuerpflichtig, wenn der Verstoß gegen eine formelle Anforderung den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt sind (EuGH-Urteil Unitel, EU:C:2019:876, Rz 30, HFR 2019, 1103). Denn hier steht nicht fest, dass die materiellen Voraussetzungen vorliegen. Umgekehrt wird der sichere Nachweis, dass der gelieferte Gegenstand nach Orten außerhalb der Union versandt wurde und das Gebiet der Union physisch verlassen hat, nicht dadurch in Frage gestellt, dass der tatsächliche Empfänger nicht identifiziert wird (EuGH-Urteil Unitel, EU:C:2019:876, Rz 32, HFR 2019, 1103).
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Ebenso wie die fehlende Identifizierung dieses Empfängers ist auch das Ausstellen von Rechnungen der hier vorliegenden Art nicht geeignet, die materiellen Voraussetzungen der Ausfuhrlieferung und damit die Beförderung oder Versendung des gelieferten Gegenstands in das Drittlandsgebiet (s. oben unter II.1.a) in Frage zu stellen.
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bb) Zum anderen kann die vorwerfbare Beteiligung an einer Steuerhinterziehung zur Versagung einer Steuerfreiheit führen.
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(1) Nach der Rechtsprechung des EuGH kann sich ein Steuerpflichtiger, der sich vorsätzlich an einer das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdenden Steuerhinterziehung beteiligt hat, für die Zwecke der Mehrwertsteuerbefreiung nicht auf den Grundsatz der Steuerneutralität berufen, so dass es nicht gegen das Unionsrecht verstößt, von einem Wirtschaftsteilnehmer zu fordern, dass er in gutem Glauben handelt und alle Maßnahmen ergreift, die vernünftigerweise verlangt werden können, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt. Sollte der Steuerpflichtige gewusst haben oder hätte er wissen müssen, dass der von ihm bewirkte Umsatz mit einer Steuerhinterziehung des Erwerbers zu Lasten des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems verknüpft war, und hat er nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um diese zu verhindern, müsste ihm der Anspruch auf Mehrwertsteuerbefreiung versagt werden (EuGH-Urteil Unitel, EU:C:2019:876, Rz 33, HFR 2019, 1103).
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Für den Fall, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung bei der Ausfuhr nach Art. 146 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL und damit die Verbringung der Gegenstände aus dem Zollgebiet nachgewiesen sind, weist der EuGH aber darauf hin, dass für eine solche Lieferung keine Mehrwertsteuer geschuldet wird und grundsätzlich keine Gefahr eines Steuerbetrugs oder finanzieller Verluste mehr besteht, der die Besteuerung des Umsatzes rechtfertigen kann (EuGH-Urteil Unitel, EU:C:2019:876, Rz 35, HFR 2019, 1103, unter Bezugnahme auf das EuGH-Urteil BDV Hungary Trading vom 19.12.2013 - C-563/12, EU:C:2013:854, Rz 40, HFR 2014, 182).
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(2) Danach führt das Ausstellen einer unterfakturierten Zweitrechnung für eine Ausfuhrlieferung nicht zu einer das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdenden Steuerhinterziehung, wie sich aus den zwischen den Steuerbefreiungen für innergemeinschaftliche Lieferungen und für Ausfuhrlieferungen bestehenden Unterschieden ergibt.
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(a) Die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung dient der Verlagerung des Steueraufkommens in den Mitgliedstaat des innergemeinschaftlichen Erwerbs und hat dabei insbesondere die Funktion, die Durchsetzung der Erwerbsbesteuerung sicherzustellen. So ist die Steuerfreiheit nicht allgemein, sondern nur erwerberbezogen und damit "ad personam" zu gewähren, wenn der Erwerb des gelieferten Gegenstandes nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt. Damit setzt die Steuerfreiheit voraus, dass die innergemeinschaftliche Lieferung beim Erwerber die Verpflichtung zur Vornahme der Erwerbsbesteuerung (im Inland vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 1a UStG) begründet. Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 139 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL, wonach die Steuerbefreiung nicht für die Lieferungen von Gegenständen an Steuerpflichtige oder nichtsteuerpflichtige juristische Personen gilt, deren innergemeinschaftliche Erwerbe von Gegenständen gemäß Art. 3 Abs. 1 MwStSystRL nicht der Mehrwertsteuer unterliegen.
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Der EuGH umschreibt die danach bestehende Korrespondenz dahingehend, dass "mit jedem innergemeinschaftlichen Erwerb, der im Mitgliedstaat des Bestimmungsorts der Versendung oder Beförderung von Gegenständen (…) besteuert wird, eine innergemeinschaftliche Lieferung einhergehen [muss], die im Mitgliedstaat des Beginns der Versendung oder Beförderung (…) befreit ist. Die Bestimmungen zum innergemeinschaftlichen Erwerb und zur innergemeinschaftlichen Lieferung haben daher dieselbe Bedeutung und dieselbe Reichweite" (EuGH-Urteil AREX CZ vom 19.12.2018 - C-414/17, EU:C:2018:1027, Rz 45, HFR 2019, 230).
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Im Hinblick auf diese Korrespondenz, bei der die vom Lieferer beizubringenden Angaben und Nachweise insbesondere dazu dienen, die Durchsetzung der Erwerbsbesteuerung sicherzustellen, ist es gerechtfertigt, aus dem Erfordernis einer Lieferung an einen zur Erwerbsbesteuerung verpflichteten Abnehmer nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG auch abzuleiten, dass sich der Abnehmer der Verpflichtung zur Vornahme der Erwerbsbesteuerung nicht durch Steuerhinterziehung entziehen darf, so dass dem Lieferer, dem dies bekannt ist oder bekannt sein muss, die Steuerfreiheit entsprechend den subjektiven Vorgaben des EuGH (s. oben unter II.2.b bb (1)) zu versagen ist (vgl. Wäger, Umsatzsteuer-Rundschau 2020, 45 ff., 50).
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(b) Demgegenüber besteht bei Ausfuhrlieferungen keine aus dem Tatbestand der Steuerfreiheit ableitbare Korrespondenz zwischen der Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung und der Besteuerung im Drittstaat.
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(1) Hierauf kommt es bereits deshalb nicht an, da die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung unstreitig auch dann zu gewähren ist, wenn eine Besteuerung der Einfuhr im Drittstaat nicht vorgesehen ist. Hiergegen sprechen zudem die praktischen Schwierigkeiten, die sich aus der Anwendung eines den innergemeinschaftlichen Umsätzen vergleichbaren Korrespondenzprinzips im Hinblick auf Ausfuhrlieferungen in Drittländer ergeben.
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(2) In Übereinstimmung hiermit geht der EuGH davon aus, dass bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen für die Ausfuhrlieferung grundsätzlich keine Gefahr eines Steuerbetrugs oder finanzieller Verluste besteht, die eine Besteuerung rechtfertigen (EuGH-Urteil Unitel, EU:C:2019:876, Rz 35, HFR 2019, 1103). Soweit der EuGH zusätzlich darauf verweist, dass der Begehungsort einer betrügerischen Handlung in einem Drittstaat nicht ausreicht, um das Vorliegen irgendeines Betrugs zum Nachteil des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems auszuschließen (EuGH-Urteil Unitel, EU:C:2019:876, Rz 37, HFR 2019, 1103), folgt hieraus nicht, dass betrügerische Handlungen in einem Drittstaat zum Verlust der Steuerbefreiung für die Ausfuhrlieferung führen, sondern fordert nur dies eine Prüfung, ob sich aus Handlungen in einem Drittstaat eine Schädigung des unionalen Steueraufkommens ergibt. So könnte es z.B. sein, wenn derartige Handlungen darauf abzielen, betrügerisch einen Vorsteuerabzug in der Union zu erlangen. Demgegenüber folgt aus der Verkürzung von Einfuhrumsatzsteuer in einem Drittstaat kein Nachteil für das gemeinsame Mehrwertsteuersystem.
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(3) Bestätigt wird dies dadurch, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 325 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Betrügereien und sonstige gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtete rechtswidrige Handlungen mit Maßnahmen zu bekämpfen haben, die wirksam und abschreckend sind, wobei die finanziellen Interessen der Union auch die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer umfassen (EuGH-Urteil Scialdone vom 02.05.2018 - C-574/15, EU:C:2018:295, Rz 27, HFR 2018, 591). Hierzu gehört ersichtlich nicht das Steueraufkommen von Drittstaaten.
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(4) Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem Bestehen einer Zollunion mit der Türkei (vgl. hierzu Beschluss Nr. 1/95 des Assoziationsrats EG-Türkei vom 22.12.1995, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1996 Nr. L 35/1). Hierdurch wird die Türkei nicht zum Teil des Binnenmarkts, wie sich bereits aus der Anwendung von § 6 UStG anstelle von § 6a UStG im Streitfall ergibt. Im Übrigen steht es dem FA frei, den zuständigen türkischen Behörden auf der Grundlage der hierfür einschlägigen gesetzlichen Regelungen alle Informationen zu übermitteln, die dort für die Abgabenerhebung erforderlich sind. Demgegenüber besteht auch in einer Zollunion keine Grundlage dafür, zollrechtliche Verstöße zwingend mit steuerrechtlichen Sanktionen bewehren zu müssen.
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c) Vorsorglich weist der erkennende Senat darauf hin, dass mit der Gewährung der Steuerfreiheit für die Ausfuhrlieferung trotz unterfakturiert erteilter Zweitrechnungen dieses Verhalten entgegen der Auffassung des FA, das insoweit auf eine Wettbewerbsgefährdung zu Lasten des redlichen Geschäftsverkehrs hinweist, nicht sanktionslos bleiben würde. Zwar gehört die Kopie der für die Lieferung unter den Bedingungen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG zu erteilenden Rechnung bei der Ausfuhrlieferung --anders als bei der innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 17a Abs. 2 Nr. 1 UStDV)-- nicht zum Belegnachweis (vgl. §§ 9, 10 UStDV), gleichwohl ist auch bei der Ausfuhrlieferung das Entgelt buchmäßig aufzuzeichnen (§ 13 Abs. 2 Nr. 4 UStDV). Obwohl die Höhe des Entgelts für die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 UStG unerheblich ist, kommt dem Entgelt dabei dann Bedeutung zu, wenn die in Anspruch genommene Steuerfreiheit zu versagen ist. So ist es z.B., wenn der gelieferte Gegenstand das Inland nicht verlässt oder im Fall des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG die Ansässigkeit des Abnehmers nicht nachgewiesen werden kann. Im Hinblick hierauf kann jede vorsätzlich oder leichtfertig für eine Ausfuhrlieferung unterfakturiert ausgestellte Rechnung zu einer Steuergefährdung nach § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO führen und entsprechend zu ahnden sein. Darüber sowie über eine zusätzliche Anwendung von § 379 Abs. 1 Satz 2 AO ist hier indes nicht zu entscheiden.
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Die somit ggf. ordnungswidrigkeitsrechtlich vorzunehmende Sanktionierung verhindert, dass der Lieferer, der z.B. unterfakturierte Rechnungen erteilt, hierdurch Wettbewerbsvorteile zum Nachteil von Konkurrenten erhält, die sich gesetzeskonform verhalten.
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3. Die hiergegen gerichteten Einwendungen des FA greifen nicht durch.
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a) Das FA verweist für die von ihm angenommenen Steuerpflicht der Ausfuhrlieferung auf das EuGH-Urteil Netto Supermarkt vom 21.02.2008 - C-271/06 (EU:C:2008:105, Rz 22 f., HFR 2008, 408), berücksichtigt dabei aber nicht, dass der EuGH hier lediglich seine zur innergemeinschaftlichen Lieferung ergangene Rechtsprechung wiedergibt und hieraus für die in dieser Rechtssache streitige Ausfuhrlieferung ableitet, dass es gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstieße, "wenn ein Mitgliedstaat, der die Voraussetzungen für die Befreiung einer Ausfuhrlieferung nach einem Ort außerhalb der Gemeinschaft festgelegt hat (…), den Lieferer später zur Zahlung der auf diese Lieferung entfallenden Mehrwertsteuer verpflichten könnte, wenn sich herausstellt, dass infolge eines vom Abnehmer begangenen Betrugs, von dem der Lieferer weder Kenntnis hatte noch haben konnte, die Befreiungsvoraussetzungen tatsächlich nicht vorlagen" (EuGH-Urteil Netto Supermarkt, EU:C:2008:105, Rz 26, HFR 2008, 408). Hieraus folgert der EuGH, dass der Lieferer auf die Rechtmäßigkeit des Umsatzes, den er tätigt, vertrauen können muss, ohne Gefahr zu laufen, sein Recht auf Befreiung von der Mehrwertsteuer zu verlieren, wenn er, wie im Ausgangsverfahren, selbst bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns außerstande ist, zu erkennen, dass die Voraussetzungen für die Befreiung in Wirklichkeit nicht gegeben waren, weil die vom Abnehmer vorgelegten Ausfuhrnachweise gefälscht waren (EuGH-Urteil Netto Supermarkt, EU:C:2008:105, Rz 27, HFR 2008, 408).
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Aus dem EuGH-Urteil Netto Supermarkt (EU:C:2008:105, HFR 2008, 408) ergibt sich somit nur, dass dem gutgläubigen Lieferer, der --wie in dieser Rechtssache entscheidungserheblich-- die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung in Anspruch nimmt, ohne erkennen zu können, dass die hierfür nach dem Befreiungstatbestand erforderliche Beförderung in das Drittlandsgebiet aufgrund einer Täuschung durch den Abnehmer nicht vorliegt, die Steuerfreiheit gleichwohl zu gewähren ist. Dem Urteil ist demgegenüber nichts für den Umkehrfall zu entnehmen, dass eine Beförderung in das Drittlandsgebiet vorliegt und der Lieferer in Bezug auf einen Umstand, der nicht zum gesetzlich bestimmten Befreiungstatbestand gehört, bösgläubig ist.
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b) Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem EuGH-Urteil Vinš vom 28.03.2019 - C-275/18 (EU:C:2019:265, Rz 33 f., HFR 2019, 446). Danach kann "sich ein Steuerpflichtiger, der sich vorsätzlich an einer das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdenden Steuerhinterziehung beteiligt hat, für die Zwecke der Mehrwertsteuerbefreiung nicht auf den Grundsatz der Steuerneutralität berufen (…)" (EuGH-Urteil Vinš, EU:C:2019:265, Rz 33, HFR 2019, 446). Dass der EuGH dann in dieser die Steuerfreiheit einer Ausfuhrlieferung betreffenden Rechtssache hierzu ergänzt, dass "nichts in den Akten des Gerichtshofs darauf hin[weist], dass die Versagung der im Ausgangsverfahren fraglichen Steuerbefreiung auf dem Vorliegen einer solchen Steuerhinterziehung beruht" (EuGH-Urteil Vinš, EU:C:2019:265, Rz 34, HFR 2019, 446), beschränkt sich auf die bloße Verneinung einer Steuerhinterziehung für den Streitfall, ohne dass hieraus weitergehend abzuleiten ist, dass eine das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdende Steuerhinterziehung hier überhaupt gegeben sein kann.
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c) Zudem beruft sich das FA zu Unrecht auf das Senatsurteil vom 28.05.2009 - V R 23/08 (BFHE 226, 177, BStBl II 2010, 517). Der erkennende Senat hat hier entschieden, dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralität nicht nur bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, sondern wegen rechtssystematischer Gemeinsamkeiten auch bei Ausfuhrlieferungen zu beachten ist und hat die sich hieraus ergebenden Schlussforderungen in Bezug auf die den Unternehmer treffenden Nachweispflichten gezogen. Derartige Gemeinsamkeiten ändern indes nichts an den im Übrigen bestehenden Unterschieden, wie sie sich aus der Korrespondenz zwischen innergemeinschaftlicher Lieferung und innergemeinschaftlichem Erwerb ergeben, an der es bei Ausfuhrlieferungen fehlt (s. oben unter II.2.b bb (2)).
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4. Von einer Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH sieht der erkennende Senat ab. Insbesondere im Hinblick auf das EuGH-Urteil Unitel (EU:C:2019:876, HFR 2019, 1103) bestehen keine Zweifel an der zutreffenden Auslegung des Unionsrechts.
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5. Danach ist das Urteil des FG aufzuheben und der Klage stattzugeben. Entgegen dem Urteil des FG begründet die Unterfakturierung einer für eine Ausfuhrlieferung erteilten Zweitrechnung im Zusammenhang mit einer in Bezug auf den gelieferten Gegenstand begangenen Steuerhinterziehung (nur) zu Lasten des Steueraufkommens eines Drittstaats nicht die Steuerpflicht dieser Lieferung.
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Die gesetzlichen Befreiungsvoraussetzungen von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 UStG liegen vor. Es ist insbesondere zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die gelieferten Fahrzeuge in die Türkei befördert oder versendet wurden. Im Hinblick hierauf kommt es auf die weiteren Details des Transports und einer Anwendung von § 10 UStDV nicht an (vgl. zur entsprechenden Sachbehandlung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen Senatsurteil vom 26.09.2019 - V R 38/18, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BStBl II 2020, 112, Rz 17, und zur übereinstimmenden Bedeutung des Beleg- und Buchnachweises bei Ausfuhrlieferungen und bei innergemeinschaftlichen Lieferungen Senatsurteil in BFHE 226, 177, BStBl II 2010, 517, Rz 20).
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6. Auf die geltend gemachten Verfahrensfehler kommt es somit nicht an.
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7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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