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BFH 11.12.2019 - XI R 16/18
BFH 11.12.2019 - XI R 16/18 - EuGH-Vorlage zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft
Normen
§ 2 Abs 1 UStG 2005, § 2 Abs 2 Nr 1 UStG 2005, § 2 Abs 2 Nr 2 UStG 2005, § 13a Abs 1 UStG 2005, § 41 AO, § 73 AO, Art 4 Abs 1 EWGRL 388/77, Art 4 Abs 4 UAbs 1 EWGRL 388/77, Art 4 Abs 4 UAbs 2 EWGRL 388/77, Art 21 Abs 1 Buchst a EWGRL 388/77, Art 21 Abs 3 EWGRL 388/77, § 2 Abs 2 Nr 2 UStG 1951, Art 4 Anh A Nr 2 EWGRL 228/67, UStG VZ 2005
Vorinstanz
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, 6. Februar 2018, Az: 4 K 35/17, Urteil
nachgehend EuGH, 1. Dezember 2022, Az: C-141/20, Urteil
Leitsatz
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Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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1. Sind Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 i.V.m. Art. 21 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG dahingehend auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat gestatten, anstelle der Mehrwertsteuergruppe (des Organkreises) ein Mitglied der Mehrwertsteuergruppe (den Organträger) zum Steuerpflichtigen zu bestimmen?
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2. Falls die Frage 1 verneint wird: Sind Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 i.V.m. Art. 21 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG insoweit berufbar?
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3. Ist bei der nach Rz 46 des EuGH-Urteils Larentia + Minerva (EU:C:2015:496, Rz 44 f.) vorzunehmenden Prüfung, ob das in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG enthaltene Erfordernis der finanziellen Eingliederung eine zulässige Maßnahme darstellt, die für die Erreichung der Ziele der Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung erforderlich und geeignet ist, ein strenger oder ein großzügiger Maßstab anzulegen?
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4. Sind Art. 4 Abs. 1, Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG dahingehend auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat gestatten, im Wege der Typisierung eine Person als nicht selbständig i.S. des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG anzusehen, wenn sie in der Weise finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines anderen Unternehmers (Organträgers) eingegliedert ist, dass der Organträger seinen Willen bei der Person durchsetzen und dadurch eine abweichende Willensbildung bei der Person verhindern kann?
Tenor
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I. Dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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1. Sind Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 in Verbindung mit (i.V.m.) Art. 21 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) dahingehend auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat gestatten, anstelle der Mehrwertsteuergruppe (des Organkreises) ein Mitglied der Mehrwertsteuergruppe (den Organträger) zum Steuerpflichtigen zu bestimmen?
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2. Falls die Frage 1 verneint wird: Sind Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 i.V.m. Art. 21 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG insoweit berufbar?
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3. Ist bei der nach Rz 46 des EuGH-Urteils Larentia + Minerva vom 16.07.2015 - C-108/14 und C-109/14 (EU:C:2015:496, Rz 44 f.) vorzunehmenden Prüfung, ob das in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes enthaltene Erfordernis der finanziellen Eingliederung eine zulässige Maßnahme darstellt, die für die Erreichung der Ziele der Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung erforderlich und geeignet ist, ein strenger oder ein großzügiger Maßstab anzulegen?
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4. Sind Art. 4 Abs. 1, Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG dahingehend auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat gestatten, im Wege der Typisierung eine Person als nicht selbständig im Sinne des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG anzusehen, wenn sie in der Weise finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines anderen Unternehmers (Organträgers) eingegliedert ist, dass der Organträger seinen Willen bei der Person durchsetzen und dadurch eine abweichende Willensbildung bei der Person verhindern kann?
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II. Das Revisionsverfahren wird bis zu einer abschließenden Entscheidung des EuGH ausgesetzt.
Tatbestand
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I. Sachverhalt
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Die Beteiligten streiten darüber, ob im Jahr 2005 (Streitjahr) eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft zwischen der (A) als Organträgerin und der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) als Organgesellschaft bestand.
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Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die durch notarielle Urkunde vom 29.08.2005 errichtet wurde. Gesellschafter der Klägerin sind A (zu 51 %) und die (C e.V.) zu 49 %. A ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. C e.V. ist ein eingetragener Verein (Vereinsregister des Amtsgerichts). Alleiniger Geschäftsführer der Klägerin war im Streitjahr (E), der zugleich alleiniger Geschäftsführer der A und geschäftsführender Vorstand des C e.V. war.
- 3
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Vor der Gründung der Klägerin waren dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) zwei Entwürfe des Gesellschaftsvertrags zur Stellungnahme im Hinblick auf das Vorliegen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft vorgelegt worden. Hierbei handelte es sich um den Gesellschaftsvertrag "Stand ..." (Version 1) und den Gesellschaftsvertrag "Stand ..." (Version 2). Mit Schreiben vom 29.12.2004 teilte das FA mit, dass nur die Version 2 die Anforderungen an die finanzielle Eingliederung erfülle.
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Am 29.08.2005 notariell beurkundet wurde jedoch Version 1. § 7 Abs. 2 dieses Gesellschaftsvertrags enthielt zur Gesellschafterversammlung folgende Regelung:
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"Die Gesellschafterversammlung wird gebildet aus den Mitgliedern des Hilfswerksausschusses der A und des Hauptausschusses des C e.V. Jeder Gesellschafter hat 7 Stimmen und entsendet in die Gesellschafterversammlung bis zu 7 Vertreter/innen, die für diese Gesellschaft ausschließlich ehrenamtlich tätig sind. Vorbehaltlich der nachfolgenden Regelungen hat jeder/e Vertreter/in eine Stimme und entscheidet nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen und ist dabei nicht an Vorgaben des ihn entsendenden Gesellschafters gebunden.
Eine Ausnahme gilt nur für Entscheidungen, die unmittelbar das jeweils von einem Gesellschafter der Gesellschaft zur Verfügung gestellte Anlagevermögen betreffen; in diesem Fall können die Stimmen nur pro Gesellschafter einheitlich abgegeben werden und die Vertreter/innen sind an die Anweisungen des entsendenden Gesellschafters gebunden. Können sie sich untereinander nicht einigen, gelten alle 7 Stimmen des betroffenen Gesellschafters als in der Weise abgegeben, wie die Mehrheit der von ihm entsandten Vertreter/innen abgestimmt hat."
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Die Klägerin wurde am 17.10.2005 unter Verweis auf den am 29.08.2005 geschlossenen Gesellschaftsvertrag (in der Version 1) in das Handelsregister eingetragen.
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In der gemeinsamen Sitzung des Hilfswerkausschusses der A, des Hauptausschusses des C e.V. und der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 01.12.2005 beschlossen der Hilfswerkausschuss und der Hauptausschuss jeweils einstimmig, den Beschluss der Geschäftsführung zu genehmigen und den Gesellschaftsvertrag der Klägerin "gemäß Version 2 abzuändern". Zur Begründung der Änderung enthielt die Niederschrift die Angabe, dass aufgrund der sich abzeichnenden Probleme mit dem FA, die Organschaft der A nicht zuerkennen zu wollen, der Gesellschaftsvertrag gemäß Version 2 abgeändert werden müsse. Eine notarielle Beurkundung und Eintragung in das Handelsregister unterblieben jedoch zunächst. Erst in der Gesellschafterversammlung vom 09.12.2010 (Nr. ... der Urkundenrolle des Notars X für 2010) bestätigten die Erschienenen den Beschluss vom 01.12.2005. § 7 Abs. 2 Unterabs. 2 des Gesellschaftsvertrags wurde gemäß der Version 2 wie folgt abgeändert (Änderungen unterstrichen):
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"Eine Ausnahme gilt nur für Entscheidungen, die unmittelbar das jeweils von einem Gesellschafter der Gesellschaft zur Verfügung gestellte Anlagevermögen betreffen oder für die ein Gesellschafter einheitliche Stimmabgabe beantragt. In diesem Fall können die Stimmen nur pro Gesellschafter einheitlich abgegeben werden und die Vertreter/innen sind an die Anweisungen des entsendenden Gesellschafters gebunden. Können sie sich untereinander nicht einigen, gelten alle 7 Stimmen des betroffenen Gesellschafters als in der Weise abgegeben, wie die Mehrheit der von ihm entsandten Vertreter/innen abgestimmt hat. Bei einheitlicher Stimmabgabe werden die Stimmen gemäß dem Gesellschaftsanteil gewertet."
- 9
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Im Rahmen einer Außenprüfung bei der Klägerin nahm der Prüfer an, dass es im Streitjahr an einer finanziellen Eingliederung der Klägerin in das Unternehmen der A gefehlt habe. A sei zwar mit 51 % mehrheitlich am Gesellschaftskapital der Klägerin beteiligt gewesen, habe aber aufgrund der Regelungen in § 7 des Gesellschaftsvertrags nicht über eine Stimmrechtsmehrheit verfügt und sei damit nicht in der Lage gewesen, Beschlüsse bei der Klägerin durchzusetzen. Die im Streitjahr von der Klägerin erzielten Umsätze zum Regelsteuersatz gegenüber Dritten (... €) und aus den Leistungen gegenüber A (... €) seien damit bei der Klägerin als Unternehmerin zu erfassen. In Höhe von insgesamt 10.412 € stehe ihr der Vorsteuerabzug zu.
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Am 30.12.2013 reichte die Klägerin beim FA eine Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr ein, die einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (§ 168 Satz 1 der Abgabenordnung --AO--). Das FA folgte der Auffassung des Prüfers und hob mit Bescheid vom 30.05.2014 den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
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Am 30.06.2014 legte die Klägerin Einspruch gegen den Bescheid ein. Im Laufe des Einspruchsverfahrens zog das FA gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 AO A zum Einspruchsverfahren hinzu.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 03.02.2017 wies das FA den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zwischen der Klägerin und A bestehe keine Organschaft, da die Voraussetzungen der finanziellen Eingliederung nicht erfüllt seien. Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der EuGH eine finanzielle Eingliederung in Form eines Über- und Unterordnungsverhältnisses für die Anerkennung einer Organschaft nicht mehr voraussetze.
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Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (FG) gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2018, 1138 veröffentlichten Urteil vom 06.02.2018 - 4 K 35/17 statt, indem es die Umsatzsteuer auf 0 € festsetzte. Das FA habe zu Unrecht das Vorliegen einer Organschaft zwischen der Klägerin als Organgesellschaft und A als Organträgerin abgelehnt. Die finanzielle Eingliederung ergebe sich zwar (noch) nicht aus der --im Streitjahr noch nicht wirksamen-- Version 2 des § 7 Abs. 2 Unterabs. 2 des Gesellschaftsvertrags. Die Version 2 sei gemäß § 54 Abs. 3 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung erst mit der Eintragung der Abänderung des Gesellschaftsvertrags in das Handelsregister rechtlich wirksam geworden und für die Beurteilung des für die finanzielle Eingliederung maßgeblichen Stimmrechts komme es auf die im (Außen-)Verhältnis gegenüber Dritten geltenden Regelungen des Gesellschaftsvertrags an.
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Die Klägerin sei jedoch auch auf der Grundlage der Version 1 des § 7 Abs. 2 Unterabs. 2 des Gesellschaftsvertrags finanziell in das Unternehmen der A eingegliedert gewesen. Der EuGH habe mit Urteil Larentia + Minerva vom 16.07.2015 - C-108/14 und C-109/14 (EU:C:2015:496, Bundessteuerblatt --BStBl-- II 2017, 604, Rz 44 f.) entschieden, dass ein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft keine notwendige Voraussetzung für die Bildung einer Mehrwertsteuergruppe im Sinne (i.S.) der Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Richtlinie 2006/112/EG) sei. Die Mehrheitsbeteiligung der A an der Klägerin ermögliche die rechtssichere Bestimmung der A als Organträgerin, da C e.V. als Minderheitsgesellschafter von der Stellung als Organträger ausgeschlossen sei. Im Hinblick auf den unionsrechtlichen Rechtfertigungsgrund der Verhinderung von Missbräuchen sowie der Vermeidung der Steuerhinterziehung oder -umgehung sei im Streitfall weder vorgetragen noch aus den vorliegenden Steuerakten erkennbar, dass derartige Verhaltensweisen der an der Organschaft beteiligten Gesellschaften vorlägen. Das über die Mehrheitsbeteiligung hinausgehende Erfordernis einer Stimmrechtsmehrheit gehe damit über das hinaus, was im Streitfall zur Erreichung dieser Ziele geeignet und erforderlich sei.
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Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--). Es macht geltend, die für eine Organschaft erforderliche finanzielle Eingliederung liege nicht vor.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Sie verteidigt die angefochtene Vorentscheidung. Hilfsweise trägt sie vor, die Unwirksamkeit des Beschlusses vom 01.12.2005 sei gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 AO unbeachtlich.
Entscheidungsgründe
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II. Maßgebliche Rechtsvorschriften
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1. Nationales Recht
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a) § 2 UStG lautet auszugsweise wie folgt:
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"(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,
1. soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind;
2. wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. …"
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b) Die rechtliche Begründung dafür, dass bei Vorliegen der Eingliederungsmerkmale die Organgesellschaft nicht selbständig ist, war noch deutlicher in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 und 2 UStG 1934/1951 (Bundesgesetzblatt --BGBl-- I 1951, 791), zuletzt in der Fassung (i.d.F.) des Elften Gesetzes zur Änderung des UStG vom 16.08.1961 (BGBl I 1961, 1330) erkennbar (vergleiche --vgl.-- dazu zum Beispiel --z.B.-- Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 02.08.1979 - V R 111/77, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFHE-- 128, 557, BStBl II 1980, 20, Rz 8 ff.; vom 17.02.1982 - II R 136/79, BFHE 135, 348, BStBl II 1982, 416, Rz 12). Dort hieß es:
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"(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt, …
2. wenn eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, dass sie keinen eigenen Willen hat (Organgesellschaft). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert ist."
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Dieser Wortlaut findet sich in wesentlichen Teilen heute noch in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 und 2 des österreichischen UStG.
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c) § 13a Abs. 1 UStG sieht auszugsweise vor:
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"(1) Steuerschuldner ist in den Fällen
1. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und des § 14c Abs. 1 der Unternehmer; …"
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d) § 73 AO regelt in der im Streitjahr geltenden Fassung:
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"Eine Organgesellschaft haftet für solche Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich."
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2. Unionsrecht:
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Zwar ist zwischen den Beteiligten materiell das Vorliegen einer Organschaft in den Jahren 2005 bis 2010 streitig, in denen zur Beurteilung die Richtlinie 77/388/EWG i.d.F. vor Inkrafttreten der Richtlinie 2006/69/EG des Rates vom 24.07.2006 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG hinsichtlich bestimmter Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung oder -umgehung, zur Vereinfachung der Erhebung der Mehrwertsteuer sowie zur Aufhebung bestimmter Entscheidungen über die Genehmigung von Ausnahmeregelungen (Richtlinie 2006/69/EG), die Richtlinie 77/388/EWG i.d.F. der Richtlinie 2006/69/EG und die Richtlinie 2006/112/EG anzuwenden sind. Streitjahr des vorliegenden Verfahrens ist allerdings lediglich das Jahr 2005. Allein maßgeblich ist deshalb im Streitfall die Richtlinie 77/388/EWG i.d.F. vor Inkrafttreten der Richtlinie 2006/69/EG. Diese bestimmte im Streitjahr:
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"ABSCHNITT IV STEUERPFLICHTIGER
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Artikel 4
(1) Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis. …
(4) Der in Absatz 1 verwendete Begriff 'selbständig' schließt die Lohn- und Gehaltsempfänger und sonstige Personen von der Besteuerung aus, soweit sie an ihren Arbeitgeber durch einen Arbeitsvertrag oder ein sonstiges Rechtsverhältnis gebunden sind, das hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsentgelts sowie der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers ein Verhältnis der Unterordnung schafft.
Vorbehaltlich der Konsultation nach Artikel 29 steht es jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln. …
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ABSCHNITT XII STEUERSCHULDNER
Artikel 21 Steuerschuldner gegenüber dem Fiskus
(1) Im inneren Anwendungsbereich schuldet die Mehrwertsteuer:
a) der Steuerpflichtige, der eine steuerpflichtige Lieferung von Gegenständen durchführt bzw. eine steuerpflichtige Dienstleistung erbringt, mit Ausnahme der unter den Buchstaben b) und c) genannten Fälle. ...
(3) In den Fällen nach den Absätzen 1 und 2 können die Mitgliedstaaten bestimmen, dass eine andere Person als der Steuerschuldner die Steuer gesamtschuldnerisch zu entrichten hat."
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III. Beurteilung nach nationalem Recht
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Bei isolierter Beurteilung des Streitfalls nach nationalem Recht wäre die Revision begründet; die Vorentscheidung wäre aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die für eine Organschaft nach nationalem Recht erforderliche finanzielle Eingliederung in Form der Mehrheit der Stimmrechte liegt nicht vor.
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1. Nach nationalem Recht ist es für die Annahme einer Organschaft i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG auch nach Ergehen des EuGH-Urteils Larentia + Minerva (EU:C:2015:496, BStBl II 2017, 604) unverändert weiter erforderlich, dass ein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft als "untergeordneter Person" besteht (siehe --s.-- insoweit bislang BFH-Beschlüsse vom 11.12.2013 - XI R 38/12, BFHE 244, 94, BStBl II 2014, 428, Rz 65; vom 11.12.2013 - XI R 17/11, BFHE 244, 79, BStBl II 2014, 417, Rz 60), auch wenn dies mittlerweile teilweise --ohne jede inhaltliche Änderung in Bezug auf die Eingliederungsmerkmale-- als Eingliederung mit Durchgriffsrechten bezeichnet wird (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 02.12.2015 - V R 15/14, BFHE 252, 158, BStBl II 2017, 553, Rz 34).
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a) Der Organträger muss nach nationalem Recht weiterhin (vgl. BFH-Urteile in BFHE 252, 158, BStBl II 2017, 553, Rz 19 ff., 42; vom 12.10.2016 - XI R 30/14, BFHE 255, 467, BStBl II 2017, 597, Rz 21, m.w.N.) finanziell über die Mehrheit der Stimmrechte bei der abhängigen juristischen Person verfügen (finanzielle Eingliederung), wirtschaftlich mit der Organgesellschaft verflochten sein (wirtschaftliche Eingliederung) und die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung auch rechtlich wahrnehmen können (organisatorische Eingliederung).
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b) Die für eine finanzielle Eingliederung erforderliche Mehrheit der Stimmrechte aus Anteilen an der Organgesellschaft muss über 50 % der Stimmrechte betragen, sofern keine höhere qualifizierte Mehrheit für Beschlüsse in der Organgesellschaft erforderlich ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 135, 348, BStBl II 1982, 416, Rz 16; vom 22.11.2001 - V R 50/00, BFHE 197, 319, BStBl II 2002, 167, unter II.1.a, Rz 13 f.; vom 19.05.2005 - V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a dd, Rz 27; vom 14.02.2008 - V R 12/06, V R 13/06, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH/NV-- 2008, 1365, unter II.2.e, Rz 22; vom 29.10.2008 - XI R 74/07, BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256, unter II.1.b, Rz 16; vom 22.04.2010 - V R 9/09, BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597, Rz 12; vom 01.12.2010 - XI R 43/08, BFHE 232, 550, BStBl II 2011, 600, Rz 28; vom 02.12.2015 - V R 25/13, BFHE 251, 534, BStBl II 2017, 547, Rz 29; vom 15.12.2016 - V R 14/16, BFHE 256, 562, BStBl II 2017, 600, Rz 29; siehe auch --s.a.-- BFH-Beschlüsse vom 26.02.1998 - V B 97/97, BFH/NV 1998, 1267, unter II.1. und 2., Rz 8 f., 11; vom 16.12.2010 - V B 46/10, BFH/NV 2011, 857, Rz 14). Eine Sperrminorität (von z.B. 50 % der Stimmrechte) reicht nicht aus (vgl. BFH-Urteil vom 08.08.2013 - V R 18/13, BFHE 242, 433, BStBl II 2017, 543, Rz 24 und 29).
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2. Ausgehend von dieser nationalen Rechtsprechung fehlt es im Streitfall an einer finanziellen Eingliederung der Klägerin in die A.
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a) A hält zwar eine sogenannte (sog.) Mehrheitsbeteiligung an der Klägerin (zu diesem Merkmal nicht eindeutig BFH-Urteil vom 02.12.2015 - V R 12/14, BFH/NV 2016, 437, Rz 22), aber sie verfügt nicht über die für eine finanzielle Eingliederung nach den Ausführungen unter III.1.b erforderliche Mehrheit der Stimmrechte.
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b) Zutreffend hat das FG angenommen, dass sich aus dem erst im Jahr 2010 in notarieller Form bestätigten Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 01.12.2005 für Umsätze ab diesem Zeitpunkt nichts anderes ergibt.
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aa) Ist ein Rechtsgeschäft unwirksam, so ist dies zwar nach § 41 Abs. 1 Satz 1 AO für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten in das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Dies gilt jedoch nach § 41 Abs. 1 Satz 2 AO nicht, soweit sich aus den Steuergesetzen etwas anderes ergibt.
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bb) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ergibt sich jedoch bei der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft etwas anderes aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG. Der BFH hat für eine finanzielle Eingliederung trotz § 41 Abs. 1 Satz 1 AO sowohl formnichtige (später vollzogene) Anteilsübertragungen als auch mündliche Treuhandabreden nicht genügen lassen (vgl. BFH-Urteil vom 30.04.2009 - V R 3/08, BFHE 226, 144, BStBl II 2013, 873, Rz 36). Poolvereinbarungen sind steuerrechtlich nur in Satzungsform anzuerkennen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2016, 437, Rz 24). Gleiches gilt für "Stimmbindungsvereinbarungen" und "Stimmrechtsvollmachten" (vgl. BFH-Urteil in BFHE 251, 534, BStBl II 2017, 547, Rz 29). Ebenso ist bei der organisatorischen Eingliederung, die durch einen Beherrschungsvertrag begründet werden kann, für den Beginn der Organschaft erforderlich, dass dieser wirksam geworden ist, was die Eintragung im Handelsregister voraussetzt (vgl. BFH-Urteil vom 10.05.2017 - V R 7/16, BFHE 258, 181, BStBl II 2017, 1261, Rz 20 f.). Im vorliegenden Zusammenhang gilt, wie das FG zu Recht angenommen hat, nichts anderes.
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IV. Zur Anrufung des EuGH
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Allerdings hat das FG im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass ungeachtet der bereits vorhandenen Klärung durch den Tenor Ziffer 2 des EuGH-Urteils Larentia + Minerva (EU:C:2015:496, BStBl II 2017, 604) unionsrechtlich zweifelhaft ist, ob an dieser Deutung der Eingliederungsvoraussetzungen mit der Begründung festgehalten werden kann, das Erfordernis der Über- und Unterordnung (Eingliederung mit Durchgriffsrechten) sei aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Vermeidung von Missbräuchen und Steuerhinterziehung und -umgehung erforderlich. Der vorlegende Senat ersucht insoweit um weitere Klärung zu den unionsrechtlichen Maßstäben, wie die erforderliche Prüfung vorzunehmen ist (dazu A.)
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Darüber hinaus hält es der Senat für erforderlich, dem EuGH die Frage zur Prüfung vorzulegen, ob die deutsche Organschaftsregelung über Art. 4 Abs. 1, Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG gerechtfertigt werden kann (dazu B.).
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A. Vorlagefragen zu Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG
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1. Der EuGH hat in der Rechtssache Larentia + Minerva (EU:C:2015:496, BStBl II 2017, 604) unter 2. unter anderem entschieden, dass Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die die in dieser Bestimmung vorgesehene Möglichkeit, eine Mehrwertsteuergruppe zu bilden, allein den Einheiten vorbehält, die mit dem Organträger dieser Gruppe durch ein Unterordnungsverhältnis verbunden sind, es sei denn, dass diese Anforderung eine Maßnahme darstellt, die für die Erreichung der Ziele der Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung erforderlich und geeignet sind, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.
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2. Die Folgerechtsprechung des BFH stellt sich wie folgt dar:
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a) Der BFH ist im Urteil in BFHE 252, 158, BStBl II 2017, 553 davon ausgegangen, im maßgeblichen Kontext des nationalen Rechts (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG) sei weiterhin das Merkmal der Über- und Unterordnung (nunmehr bezeichnet als Eingliederung mit Durchgriffsrechten) erforderlich (Rz 34). Ohne ein unionsrechtlich zulässiges, im nationalen Recht fehlendes Antragserfordernis (Rz 24, 35) sei der Grundsatz der Rechtssicherheit zu beachten (Rz 33). Nach nationalem Recht werde die Steuerschuld auf den Organträger verlagert (Rz 18), der sicherstellen können müsse, dass die Umsätze des im Organkreis zusammengefassten Unternehmens ordnungsgemäß versteuert werden (Rz 36). Der Organträger habe die Aufgabe als "Steuereinnehmer" für den gesamten Organkreis wahrzunehmen (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 256, 562, BStBl II 2017, 600, Rz 16). Er sei Steuerschuldner für alle Leistungen, die die Unternehmensteile des Organkreises gegenüber Dritten erbringen, ihm seien die von der Organgesellschaft gegenüber Dritten ausgeführten Umsätze zuzurechnen und die vom Organkreis geschuldete Steuer sei einheitlich in einem gegenüber dem Organträger zu erlassenden Steuerbescheid festzusetzen.
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b) Die Prüfung im Kontext des nationalen Rechts muss auch nach Auffassung des vorlegenden Senats (vgl. dazu bereits BFH-Urteil vom 22.02.2017 - XI R 13/15, BFHE 257, 160, Rz 45, m.w.N.) berücksichtigen, dass nach nationalem Recht die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit der in das Unternehmen des Organträgers eingegliederten Organgesellschaft nicht selbständig ausgeübt wird; die eingegliederte Organgesellschaft ist kein Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG. Die Organgesellschaft wird unselbständiger Teil des Unternehmens des Organträgers, sodass beide Gesellschaften als ein Unternehmen zu behandeln sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG). Grundsätzlich werden jegliche Umsätze der Organgesellschaften einschließlich der Verwirklichung der Entnahmetatbestände und der übrigen Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 UStG dem Organträger zugerechnet. Dieser ist Schuldner der auf diese Umsätze entfallenden Umsatzsteuer. Er hat alle Pflichten zu erfüllen, die sich aus § 18 UStG für den Unternehmer ergeben. Er allein gibt Voranmeldungen und Jahreserklärungen für die gesamte Organschaft ab. Die Organgesellschaft hat grundsätzlich keine Steuererklärungspflicht. Dies erfordert, dass der Organträger diese Aufgabe auch tatsächlich wahrnehmen kann, was z.B. bei einem Verhältnis der Über- und Unterordnung der Fall ist.
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3. Die unter IV.A.2. angeführten Rechtsfolgen des nationalen Rechts, die diese Auffassung begründen könnten, könnten indes ihrerseits den unionsrechtlichen Rechtsfolgen des Bestehens einer Mehrwertsteuergruppe in seiner Auslegung durch den EuGH widersprechen:
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a) Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG setzt, wenn ein Mitgliedstaat von ihm Gebrauch macht, zwingend voraus, dass die nationale Umsetzungsregelung einen einzigen Steuerpflichtigen vorsieht und dass dem Konzern nur eine Mehrwertsteuernummer zugeteilt wird (EuGH-Urteil Ampliscientifica und Amplifin vom 22.05.2008 - C-162/07, EU:C:2008:301, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2008, 534, Rz 20).
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b) Zwar ergibt sich daraus zunächst noch nicht, dass dies eine bestimmte Person sein müsste. Der EuGH hat jedoch später im Tenor des Urteils Skandia America (USA) vom 17.09.2014 - C-7/13 (EU:C:2014:2225, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 1031) entschieden, dass die Mehrwertsteuergruppe, wenn eine solche besteht, die Mehrwertsteuer schuldet. Die Mitglieder der Mehrwertsteuergruppe bilden einen einzigen Steuerpflichtigen (EuGH-Urteil Skandia America (USA), EU:C:2014:2225, HFR 2014, 1031, Rz 28; s.a. EuGH-Urteil Kommission/Irland vom 09.04.2013 - C-85/11, EU:C:2013:217, Zeitschrift für das gesamte Mehrwertsteuerrecht --MwStR-- 2013, 238, Rz 40 und 48). Den beteiligten Personen, insbesondere Gesellschaften, ist gestattet, nicht mehr als getrennte Mehrwertsteuerpflichtige, sondern zusammen als ein Steuerpflichtiger behandelt zu werden (vgl. EuGH-Urteil Ampliscientifica und Amplifin, EU:C:2008:301, UR 2008, 534, Rz 19). Die Verschmelzung zu einem einzigen Steuerpflichtigen schließt es aus, dass die Mitglieder der Gruppe (also auch der Organträger) weiterhin Mehrwertsteuererklärungen abgeben und innerhalb wie außerhalb ihres Konzerns weiterhin als Steuerpflichtige angesehen werden, da nur der einzige Steuerpflichtige befugt ist, diese Erklärungen abzugeben (EuGH-Urteile Ampliscientifica und Amplifin, EU:C:2008:301, UR 2008, 534, Rz 19; Skandia America (USA), EU:C:2014:2225, HFR 2014, 1031, Rz 29). Die zugunsten eines Mitglieds der Gruppe erbrachten Dienstleistungen sind für Mehrwertsteuerzwecke nicht als zugunsten dieses Mitglieds, sondern vielmehr als zugunsten seiner Mehrwertsteuergruppe erbracht anzusehen (EuGH-Urteil Skandia America (USA), EU:C:2014:2225, HFR 2014, 1031, Rz 29); jene gilt zugleich als der Empfänger dieser Dienstleistungen (EuGH-Urteil Skandia America (USA), EU:C:2014:2225, HFR 2014, 1031, Rz 35). Die Mehrwertsteuer wird (dort: gemäß der Ausnahmeregelung des Art. 196 der Richtlinie 2006/112/EG) von der Mehrwertsteuergruppe geschuldet (EuGH-Urteil Skandia America (USA), EU:C:2014:2225, HFR 2014, 1031, Rz 37). Steuerpflichtiger und Steuerschuldner ist damit unionsrechtlich die Mehrwertsteuergruppe (nach nationalem Recht: der Organkreis) und nicht ein Mitglied der Mehrwertsteuergruppe (nach nationalem Recht: der Organträger).
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c) In der deutschen steuerrechtlichen Literatur wird daraus teilweise abgeleitet, dass § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG auch insoweit richtlinienwidrig sei (vgl. z.B. Birkenfeld, UR 2014, 120, 126).
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4. Ist aber der Kontext des nationalen Rechts, in dem die Prüfung vorzunehmen ist, seinerseits unionsrechtswidrig, stellt sich die Frage, ob der Senat die erforderliche Prüfung weiter in diesem Kontext (Steuerschuldner ist der Organträger) vornehmen darf, oder ob der Senat sie dann in den Grenzen der unionsrechtlich eingeräumten Befugnis für die Mitgliedstaaten ("zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln") vornehmen muss. Zweifelhaft ist aus Sicht des vorlegenden Senats, ob überhaupt --und wenn ja unter welchen Voraussetzungen-- ein Mitgliedstaat von der in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG (entsprechend Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG) angeordneten Rechtsfolge abweichen darf. Daraus ergibt sich die erste Vorlagefrage.
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a) Es kommt in Betracht, dass aufgrund der Ausführungen des EuGH in Rz 41 und 42 des Urteils Larentia + Minerva (EU:C:2015:496, BStBl II 2017, 604) auch schon im Streitjahr eine abweichende Bestimmung eines anderen Steuerpflichtigen als der Mehrwertsteuergruppe unter Abweichung von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG zulässig sein könnte, um missbräuchliche Praktiken oder Verhaltensweisen zu verhindern und Steuerhinterziehung oder -umgehung zu vermeiden, so dass zulässigerweise von ihr im Rahmen der dem Senat obliegenden Prüfung auszugehen wäre.
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b) Dagegen könnte das EuGH-Urteil Skandia America (USA) (EU:C:2014:2225, HFR 2014, 1031) sprechen, wonach die Mehrwertsteuergruppe, falls eine solche besteht, die Mehrwertsteuer schuldet, sowie Rz 20 des EuGH-Urteils Ampliscientifica und Amplifin (EU:C:2008:301, UR 2008, 534), wonach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG zwingend voraussetzt, dass die nationale Umsetzungsregelung einen einzigen Steuerpflichtigen vorsieht.
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c) Außerdem könnte gegen eine Befugnis der Mitgliedstaaten zur Bestimmung eines anderen Steuerpflichtigen Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG sprechen. Eine Befugnis der Mitgliedstaaten, statt des unionsrechtlich bestimmten Steuerpflichtigen eine andere Person zum Steuerschuldner zu bestimmen, geht daraus nicht hervor. Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG erlaubt es nur, weitere Personen zu Gesamtschuldnern zu bestimmen.
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d) Der vorlegende Senat vermag außerdem noch nicht zu erkennen, inwiefern es der Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen oder der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung dienen könnte, statt der Mehrwertsteuergruppe nur ein Gruppenmitglied als Steuerschuldner anzusehen, da sich aus einer Steuerschuldnerschaft der Mehrwertsteuergruppe nach Auffassung des vorlegenden Senats ergäbe, dass alle Mitglieder der Mehrwertsteuergruppe die Steuer gemeinsam, das heißt als Gesamtschuldner, schulden. Daher ist zweifelhaft, ob dieser Rechtfertigungsgrund überhaupt eine Abweichung erlaubt.
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e) Dass --trotz laufender Reformüberlegungen des deutschen Gesetzgebers-- bisher eine Mehrwertsteuergruppe in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) als Gesellschaftsform (noch) nicht zivilrechtlich vorgesehen ist, ist aus Sicht des vorlegenden Senats insoweit nicht von Belang.
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aa) Eine Mehrwertsteuergruppe ist nach den Überlegungen der Kommission eine für Mehrwertsteuerzwecke geschaffene "fiktive Einrichtung”, wobei dem ökonomischen Wesensgehalt Vorrang vor der Rechtsform gegeben wird, und stellt eine besondere Form eines Steuerpflichtigen dar, die nur im Hinblick auf die Mehrwertsteuer besteht und --nur im Hinblick auf die Mehrwertsteuer-- Vorrang vor Rechtsformen hat, die z.B. auf dem Zivilrecht oder dem Gesellschaftsrecht basieren (Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Option der Mehrwertsteuergruppe gem. Art. 11 MwStSystRL vom 02.07.2009 - KOM (2009) 325 endgültig, UR 2009, 632, Tz 3.2). Schon dies belegt den Vorrang des Umsatzsteuerrechts vor dem Zivilrecht. Ein Mitgliedstaat kann sich nach Auffassung des vorlegenden Senats seiner unionsrechtlichen Verpflichtung, so sie denn besteht, nicht dadurch entziehen, dass er dafür in seinem Zivilrecht keine Regelungen vorsieht, sondern müsste sie schaffen.
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bb) Außerdem verleiht Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG (insbesondere der Begriff "wer") dem Begriff "Steuerpflichtiger" einen weiten Anwendungsbereich mit dem Schwerpunkt auf der Selbständigkeit der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in dem Sinne, dass auch Einrichtungen ohne Rechtspersönlichkeit, die objektiv die Kriterien dieser Bestimmung erfüllen, als Mehrwertsteuerpflichtige gelten (vgl. in diesem Sinne EuGH-Urteile Gmina Wrocław vom 29.09.2015 - C-276/14, EU:C:2015:635, HFR 2015, 1087, Rz 28; Nigl u.a. vom 12.10.2016 - C-340/15, EU:C:2016:764, UR 2016, 873, Rz 27; anderer Ansicht wohl BFH-Urteil vom 22.11.2018 - V R 65/17, BFHE 263, 90, Rz 20). Anstelle einer Rechtsfähigkeit ist zu prüfen, ob der Betroffene seine Tätigkeiten im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung ausübt, und ob er das mit der Ausübung dieser Tätigkeiten einhergehende wirtschaftliche Risiko trägt (vgl. EuGH-Urteile Heerma vom 27.01.2000 - C-23/98, EU:C:2000:46, UR 2000, 121, Rz 18; van der Steen vom 18.10.2007 - C-355/06, EU:C:2007:615, BFH/NV 2008, Beilage 1, 48, Rz 23). Dies ist bei der Mehrwertsteuergruppe aufgrund der in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Eigenschaft als Steuerpflichtiger, die nach Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG zur Steuerschuldnerschaft der Mehrwertsteuergruppe für die Umsätze der Gruppenmitglieder führt, der Fall. Eine zivilrechtliche Rechtsfähigkeit ist hierfür unerheblich.
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cc) Im Übrigen sind in der nationalen Rechtsprechung bereits Grundsätze entwickelt worden (vgl. dazu die Ausführungen unter IV.A.6.), die herangezogen werden können, bis der deutsche Gesetzgeber eine gesetzliche Regelung für die Mehrwertsteuergruppe geschaffen hat, was er derzeit erwägt.
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5. Sollte es nach der Antwort des EuGH auf die Vorlagefrage 1 unionsrechtlich unzulässig sein, dass ein Mitgliedstaat ein Gruppenmitglied anstelle der Mehrwertsteuergruppe zum Steuerpflichtigen bestimmt, ist aus Sicht des vorlegenden Senats weiterhin unionsrechtlich zweifelhaft, ob sich ein Einzelner auf die Unionsrechtswidrigkeit der nationalen Rechtsfolge berufen kann. Besteht kein Berufungsrecht, könnte im Rahmen der dem Senat obliegenden Prüfung trotz der gegebenenfalls (ggf.) bestehenden Richtlinienwidrigkeit von der nationalen Rechtslage auszugehen sein. Daraus ergibt sich die zweite Vorlagefrage.
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a) Gegen ein Berufungsrecht spricht, dass der EuGH im Tenor Ziffer 3 des EuGH-Urteils Larentia + Minerva (EU:C:2015:496, BStBl II 2017, 604) entschieden hat, dass bei Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG nicht davon ausgegangen werden kann, dass er unmittelbare Wirkung hat, so dass Steuerpflichtige dessen Inanspruchnahme gegenüber ihrem Mitgliedstaat geltend machen könnten, falls dessen Rechtsvorschriften nicht mit dieser Bestimmung vereinbar wären und nicht in mit ihr zu vereinbarender Weise ausgelegt werden könnten. Damit ist Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG nach Auffassung des EuGH (auf der Tatbestandsseite) nicht berufbar.
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b) Allerdings könnte auf der Rechtsfolgenseite deshalb etwas anderes gelten, weil diese nach Rz 20 des EuGH-Urteils Ampliscientifica und Amplifin (EU:C:2008:301, UR 2008, 534) möglicherweise unionsrechtlich zwingend ist.
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c) Außerdem könnte sich der Einzelne auf Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG berufen können; denn aus der Bestimmung eines abweichenden Steuerpflichtigen ergibt sich die Bestimmung eines abweichenden Steuerschuldners.
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d) Der vorlegende Senat weist dazu vorab darauf hin, dass das nationale Recht insoweit nicht richtlinienkonform auslegbar sein dürfte (vgl. BFH-Urteil vom 10.08.2016 - XI R 41/14, BFHE 255, 300, BStBl II 2017, 590, Rz 30). § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG sieht ausdrücklich vor, dass die Organgesellschaft "in das Unternehmen des Organträgers" eingegliedert ist, woraus folgt, dass der Unternehmer, in dessen Unternehmen die Organgesellschaft eingegliedert ist, der Organträger ist.
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6. Außerdem ist im Rahmen der Prüfung, ob die nationale Voraussetzung der finanziellen Eingliederung erforderlich i.S. der Rz 45 f. des EuGH-Urteils Larentia + Minerva (EU:C:2015:496, BStBl II 2017, 604) ist, unionsrechtlich zweifelhaft, wie streng der Maßstab ist, der bei der Prüfung der Erforderlichkeit der nationalen Abweichung anzulegen ist. Darauf bezieht sich die dritte Vorlagefrage.
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a) Sollte der Mitgliedstaat Deutschland berechtigt sein, abweichend vom Unionsrecht den Organträger zum Steuerpflichtigen zu bestimmen (Antwort auf Vorlagefrage 1), oder sollte sich der Einzelne nicht auf die mögliche Unionsrechtswidrigkeit des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG berufen können (Antwort auf Vorlagefrage 2), hat der Senat zu beurteilen, ob das Kriterium der finanziellen Eingliederung auch dann zur Vermeidung von Missbräuchen und Steuerhinterziehungen oder -umgehungen gerechtfertigt ist, obwohl der Organträger seine Rechte im Zusammenhang mit der Pflicht zur Steuerzahlung für die Organgesellschaft auch mit Hilfe einer Klage gegen diese Gesellschaft durchsetzen kann.
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b) Dies ist --je nachdem, ob ein strenger oder ein großzügiger Maßstab anzulegen ist-- zu bejahen oder zu verneinen.
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aa) Wie der vorlegende Senat bereits dargelegt hat (siehe oben unter IV.A.2.a), geht die Rechtsprechung des BFH davon aus, dass der Umstand der Über- und Unterordnung --neben den Erwägungen zur Rechtssicherheit und zur Verwaltungsvereinfachung beziehungsweise (bzw.) Vermeidung von Verwaltungsarbeiten in der Wirtschaft-- für die Erreichung der Ziele der Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung geeignet und erforderlich ist, damit der Organträger als Steuerpflichtiger seine sich daraus ergebenden steuerrechtlichen Pflichten wahrnehmen kann. Kann er seinen Willen bei der Organgesellschaft nicht durchsetzen, ist es denkbar, dass die Organgesellschaft ihm nicht die hierfür erforderlichen Informationen oder die Mehrwertsteuer, die sie vereinnahmt hat, zur Verfügung stellt. Dies könnte bei großzügiger Sichtweise die deutsche Regelung rechtfertigen.
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bb) Allerdings wird in der deutschen Literatur darauf hingewiesen, dass der BFH dabei zu Unrecht außer Betracht lasse, dass der Organträger seine Rechte gerichtlich gegen die Organgesellschaft durchsetzen kann (vgl. z.B. Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz 915, 993; s.a. Korf, MwStR 2016, 257).
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cc) So steht dem Organträger gegen die Organgesellschaft (und ggf. auch der Organgesellschaft gegen den Organträger) nach nationalem Zivilrecht ein finanzieller Ausgleichsanspruch zu, so dass derjenige Beteiligte am Organkreis, aus dessen Umsätzen die zu zahlende Umsatzsteuer herrührt, im Innenverhältnis der Organschaft die Steuerlast zu tragen hat (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs vom 19.01.2012 - IX ZR 2/11, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2012, 527, Rz 28 und 36; vom 29.01.2013 - II ZR 91/11, DStR 2013, 478, Rz 10 f.; BFH-Urteile vom 23.09.2009 - VII R 43/08, BFHE 226, 391, BStBl II 2010, 215, Rz 30; vom 14.03.2012 - XI R 28/09, BFH/NV 2012, 1493, Rz 37 ff.; BFH-Beschluss vom 20.02.2018 - XI B 129/17, BFH/NV 2018, 641, Rz 28). Deshalb könnte die Regelung bei strenger Sichtweise nicht erforderlich sein.
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c) Der vorlegende Senat verkennt nicht, dass der EuGH in Rz 46 des EuGH-Urteils Larentia + Minerva (EU:C:2015:496, BStBl II 2017, 604) die vorzunehmende Prüfung den nationalen Gerichten auferlegt hat. Allerdings kann der vorlegende Senat die ihm obliegende Prüfung erst dann unionsrechtlich zweifelsfrei vornehmen, wenn entschieden ist, welcher Maßstab bei der Prüfung der Erforderlichkeit anzulegen ist.
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aa) In der Rechtssache Kommission/Schweden (Urteil vom 25.04.2013 - C-480/10, EU:C:2013:263, MwStR 2013, 276) musste der EuGH diese Prüfung im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens in gewisser Weise selbst vornehmen. Er konnte es dort jedoch aus verfahrensrechtlichen Gründen dabei bewenden lassen, auszuführen, dass die Kommission nicht überzeugend nachgewiesen habe, dass die vom Königreich Schweden getroffene Maßnahme im Hinblick auf den Kampf gegen Steuerhinterziehung und -umgehung nicht begründet wäre. Dies könnte für ein sehr großzügiges Verständnis der Abweichungsbefugnis der Mitgliedstaaten sprechen.
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bb) Ansonsten knüpft der EuGH jedoch im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in ständiger Rechtsprechung bei der Überprüfung von Handlungen der Union oder der Mitgliedstaaten daran an, ob eine Regelung über das hinausgeht, was zur Erreichung des verfolgten Ziels (zwingend) erforderlich ist (vgl. z.B. EuGH-Urteile Di Maura vom 23.11.2017 - C-246/16, EU:C:2017:887, HFR 2018, 79, Rz 25; Avon Cosmetics vom 14.12.2017 - C-305/16, EU:C:2017:970, HFR 2018, 182, Rz 44; Menci vom 20.03.2018 - C-524/15, EU:C:2018:197, HFR 2018, 423, Rz 46 ff., 52; EN.SA. vom 08.05.2019 - C-712/17, EU:C:2019:374, HFR 2019, 634, Rz 33; A-PACK CZ vom 08.05.2019 - C-127/18, EU:C:2019:377, UR 2019, 554, Rz 26 und 27). Dies könnte für eher strenge bis sehr strenge Anforderungen an die Erforderlichkeit sprechen.
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cc) Jedoch ist möglicherweise zu berücksichtigen, dass Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG eine Ausnahme vom Grundsatz des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG ist. Gegenausnahmen, die abweichend von der Ausnahmeregelung zur allgemeinen Regel zurückführen, sind auch bei Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG nicht eng, sondern weit auszulegen (vgl. EuGH-Urteile Isle of Wight Council u.a. vom 16.09.2008 - C-288/07, EU:C:2008:505, HFR 2008, 1192, Rz 60; SALIX Grundstücks-Vermietungsgesellschaft vom 04.06.2009 - C-102/08, EU:C:2009:345, BStBl II 2017, 873, Rz 67 f.), was wiederum für eine eher großzügige Prüfung der Erforderlichkeit spricht.
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dd) Überdies bedarf der Klärung, inwieweit der Grundsatz der Rechtssicherheit oder der Zweck der Verwaltungsvereinfachung bei der Prüfung berücksichtigt werden darf.
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(1) Der EuGH hat diese allgemeinen Rechtsgrundsätze in Rz 46 seines Urteils Larentia + Minerva (EU:C:2015:496, BStBl II 2017, 604) nicht genannt; hinzu kommt, dass die Organschaft nach nationalem Recht nicht der Verwaltungsvereinfachung dient, sondern der "Vermeidung unnötiger Verwaltungsarbeit in der Wirtschaft" (vgl. ausführlich zu beiden Punkten Lange, UR 2016, 297, 299, 302).
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(2) Der vorlegende Senat neigt außerdem --unabhängig von diesen Erwägungen-- zu der Auffassung, dass der allgemeine Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit sowie der Zweck der Organschaft (ob nun Verwaltungsvereinfachung oder "Vermeidung unnötiger Verwaltungsarbeit in der Wirtschaft") inhaltliche Anforderungen an die Eingliederung grundsätzlich nicht rechtfertigen können. Denn würde man z.B. für eine finanzielle Eingliederung keine Stimmrechtsmehrheit verlangen, sondern eine Anteilsmehrheit genügen lassen, wäre dieses Merkmal mindestens genauso rechtssicher feststellbar wie eine Stimmrechtsmehrheit. Eine Verwaltungsvereinfachung bzw. "Vermeidung unnötiger Verwaltungsarbeit in der Wirtschaft" träte genauso ein. Gleiches gälte, wenn man eine Organschaft zwischen Schwestergesellschaften zulassen würde, indem man z.B. eine Anteilsmehrheit eines Dritten an beiden Gesellschaften genügen lassen würde. Auch dies ließe sich rechtssicher feststellen und führte zu Vereinfachungen. Ein Festhalten am Erfordernis der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung rechtfertigen diese allgemeinen Rechtsgrundsätze und Zwecke folglich ohnehin nicht.
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ee) Die vom vorlegenden Senat zu prüfende Frage, ob es zur Vermeidung von Missbräuchen und Steuerhinterziehungen oder -umgehungen erforderlich ist, im Rahmen der finanziellen Eingliederung zu verlangen, dass der Organträger nicht nur über eine Anteilsmehrheit, sondern über eine Stimmrechtsmehrheit an der Organgesellschaft verfügen muss, kann der vorlegende Senat ohne eine weitere unionsrechtliche Präzisierung, die dem EuGH obliegt, daher noch nicht in unionsrechtlich zweifelsfreier Weise vornehmen.
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B. Vorlagefrage zu Art. 4 Abs. 1, Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG
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Dem vorlegenden Senat erscheint es jedoch erforderlich, eine weitere Vorlagefrage zu Art. 4 Abs. 1 und Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG zu stellen; denn der nationale Begründungsansatz der Organschaft setzt begrifflich, systematisch und historisch am Merkmal der Selbständigkeit an und könnte daher auch als zulässige Auslegung bzw. Typisierung durch Art. 4 Abs. 1 oder Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG gerechtfertigt sein. Daraus folgt die vierte Vorlagefrage, die völlig unabhängig von den Vorlagefragen 1 bis 3 gestellt wird.
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1. Die deutsche Organschaft wurde ursprünglich richterrechtlich vom Reichsfinanzhof (RFH) entwickelt.
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a) Sie beruhte auf der --im aktuellen nationalen Recht der Republik Österreich noch begrifflich enthaltenen-- Annahme, dass die Organgesellschaft "keinen eigenen Willen" habe. Die Unselbständigkeit einer gewerblichen Tätigkeit liege vor, "wenn die tätige Person im wirtschaftlichen Organismus des gewerblichen Unternehmens eines anderen bei Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung dieses anderen" stehe (vgl. RFH-Urteil vom 06.10.1920 - II A 141/20, Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Reichsfinanzhofs --RFHE-- 3, 290, 291, 294). Die Auffassung, dass die bürgerlich-rechtliche Selbständigkeit zu beachten sei, wurde später aufgegeben (vgl. RFH-Urteil vom 26.09.1927 - V A 417/27, RFHE 22, 69) und in der Folgezeit verlangt, dass die finanzielle, organisatorische und wirtschaftliche Selbständigkeit aufgegeben worden sei (vgl. RFH-Urteil vom 03.11.1933 - V A 867/32, RFHE 34, 320, 321 ff.) bzw. eine finanzielle, organisatorische und wirtschaftliche "Abhängigkeit" bestehe (vgl. RFH-Urteil vom 23.02.1934 - V A 480/33, RFHE 36, 39, 41 ff.).
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b) Erst im Jahr 1934 wurde die Rechtsprechung vom deutschen Gesetzgeber erstmals in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 1934 (Reichsgesetzblatt --RGBl-- I 1934, 942) dahingehend kodifiziert, dass eine Tätigkeit unselbständig ausgeübt wird, wenn eine juristische Person dem Willen derart untergeordnet ist, dass sie keinen eigenen Willen hat. § 17 der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen (RGBl I 1938, 1935) legte einige Jahre später zusätzlich fest, dass eine juristische Person keinen eigenen Willen hat, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des beherrschenden Unternehmers eingegliedert ist. Die weitere Rechtsentwicklung ergibt sich aus den Ausführungen zu II. dieses Beschlusses.
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2. Die ursprüngliche Begründung des RFH zur Unselbständigkeit bei fehlendem "eigenen Willen" weist aus Sicht des vorlegenden Senats deutliche Parallelen zu den Überlegungen auf, die der EuGH in den --nach Ergehen der Vorlagebeschlüsse in BFHE 244, 94, BStBl II 2014, 428 und in BFHE 244, 79, BStBl II 2014, 417 sowie nach dem EuGH-Urteil Larentia + Minerva (EU:C:2015:496, BStBl II 2017, 604) ergangenen-- EuGH-Urteilen Gmina Wrocław (EU:C:2015:635, HFR 2015, 1087, Rz 30 ff.) und Saudacor vom 29.10.2015 - C-174/14 (EU:C:2015:733, UR 2015, 901, Rz 60, 63 und 67) bei der Prüfung der Selbständigkeit angestellt hat.
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a) Dort hat der EuGH auf ein bestehendes Unterordnungsverhältnis (vgl. EuGH-Urteil Gmina Wrocław, EU:C:2015:635, HFR 2015, 1087, Rz 33, 34 und 36) sowie auf eine organschaftliche Verbindung (EuGH-Urteil Saudacor, EU:C:2015:733, UR 2015, 901, Rz 67) abgestellt.
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b) Auch bei der Prüfung, ob eine natürliche Person selbständig i.S. des Art. 4 Abs. 1, Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG ist, geht es um eine "Unterordnung" (vgl. EuGH-Urteile Heerma, EU:C:2000:46, UR 2000, 121, Rz 18; van der Steen, EU:C:2007:615, BFH/NV 2008, Beilage 1, 48, Rz 18 ff.; IO vom 13.06.2019 - C-420/18, EU:C:2019:490, UR 2019, 576, Rz 32, 38 f.).
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c) In vergleichbarer Weise verfährt der EuGH bei der Prüfung, ob eine Zweigniederlassung als "eigener" Steuerpflichtiger anzusehen ist (vgl. z.B. EuGH-Urteile FCE Bank vom 23.03.2006 - C-210/04, EU:C:2006:196, HFR 2006, 624, Rz 33, 25 f.; Skandia America (USA), EU:C:2014:2225, HFR 2014, 1031, Rz 23, 25 f.; TGE Gas Engineering vom 07.08.2018 - C-16/17, EU:C:2018:647, HFR 2018, 846, Rz 41; Morgan Stanley & Co International vom 24.01.2019 - C-165/17, EU:C:2019:58, HFR 2019, 242, Rz 35). Diese Prüfung ist auch schon im Zusammenhang mit der Frage rechtlicher Selbständigkeit erfolgt (vgl. EuGH-Urteil DFDS vom 20.02.1997 - C-260/95, EU:C:1997:77, UR 1997, 179, Rz 25 f.).
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3. Unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils Gmina Wrocław (EU:C:2015:635, HFR 2015, 1087, Rz 35) ist es aus Sicht des vorlegenden Senats jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass sich die unionsrechtliche Rechtfertigung für die vom Mitgliedstaat Deutschland aufgestellten (sehr strengen) Kriterien der Unterordnung für das Bestehen einer Organschaft zwar nicht --wie bisher vom BFH angenommen-- in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG findet, sondern in Art. 4 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG finden könnte. Möglicherweise lassen es Art. 4 Abs. 1 oder Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG zu, dass der Mitgliedstaat Deutschland die Organgesellschaft --wie im Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG vorgesehen-- aufgrund der Unterordnung unter den Organträger als nicht selbständig i.S. des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG ansieht. Dann hat der Mitgliedstaat Deutschland auch zutreffend den Organträger zum (einzigen) Steuerpflichtigen i.S. des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG bestimmt.
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a) Nach Ansicht des erkennenden Senats ist der frühere deutsche § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG 1951 (und der heute noch gültige § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 des österreichischen UStG) in Tatbestand und Rechtsfolge mit dem Unionsrecht vereinbar: Eine Person, die "keinen eigenen Willen" hat, ist nicht selbständig i.S. des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG (und daher kein Steuerpflichtiger), weil sie in einem Verhältnis der Unterordnung zu einer übergeordneten Person steht (vgl. auch Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG sowie die unter IV.B.2. aufgeführte Rechtsprechung des EuGH). Deshalb dürfen die Mitgliedstaaten aus Sicht des vorlegenden Senats Personen, die keinen eigenen Willen haben und dadurch in einem Verhältnis der Unterordnung stehen, mangels Selbständigkeit nicht als Steuerpflichtige ansehen, sondern müssen die Umsätze der übergeordneten Person zurechnen.
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b) Die aus Sicht des vorlegenden Senats unionsrechtlich zweifelhafte Frage ist, ob die Mitgliedstaaten auf dieser Grundlage berechtigt sind, im Wege der Typisierung zu konkretisieren, in welchen Fällen typischerweise davon auszugehen ist, dass eine Person "keinen eigenen Willen" hat und damit nicht selbständig i.S. des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG ist. Diesen Weg beschreiten heute § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 des deutschen (und noch plastischer § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 des österreichischen) UStG.
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c) Eine derartige Befugnis zur Typisierung wird dem nationalen Gesetzgeber durch das Verfassungsrecht Deutschlands zugebilligt, da Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. So darf der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bei der Ordnung von Massenerscheinungen die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt; eine solche Typisierung ist zulässig, solange die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen und sie außerdem keinen atypischen Fall als Leitbild wählt, sondern sich realitätsgerecht am typischen Fall orientiert (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts --BVerfGE-- 123, 1, BStBl II 2009, 1035, Rz 55; vom 29.03.2017 - 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106, BStBl II 2017, 1082, Rz 106 ff.). Darauf hat das BVerfG auch im Zusammenhang mit der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft hingewiesen (vgl. BVerfG-Urteil vom 20.12.1966 - 1 BvR 320/57, 1 BvR 70/63, BVerfGE 21, 12, BStBl III 1967, 7, Rz 59 und 60, 114 ff., 121).
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d) Ebenso hat der EuGH anerkannt, dass die Aufstellung allgemeiner Regeln, die von den Wirtschaftsteilnehmern leicht angewandt und von den zuständigen nationalen Behörden einfach kontrolliert werden können, für einen Gesetzgeber ein legitimes Ziel darstellt, auch wenn diese Regeln mit einer gewissen Ungenauigkeit verbunden sind (vgl. EuGH-Urteile Sopora vom 24.02.2015 - C-512/13, EU:C:2015:108, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2015, 643, Rz 35 und 36; RPO vom 07.03.2017 - C-390/15, EU:C:2017:174, MwStR 2017, 312, Rz 57 f., 60). Da es sich bei der Festlegung, wer Steuerpflichtiger ist, um eine Regelung handelt, die sich finanziell belastend auswirken kann, müssen die Betroffenen in der Lage sein, den Umfang der ihnen auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen, bevor sie ein Geschäft abschließen (vgl. EuGH-Urteile Halifax u.a. vom 21.02.2006 - C-255/02, EU:C:2006:121, BFH/NV 2006, Beilage 3, 260, Rz 72; Teleos u.a. vom 27.09.2007 - C-409/04, EU:C:2007:548, BStBl II 2009, 70, Rz 48).
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e) Die vom Mitgliedstaat Deutschland vorgenommene Typisierung der fehlenden Selbständigkeit könnte daher unionsrechtlich zulässig sein. Denn wenn die deutschen Gerichte die --aufgrund von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG erforderliche-- Prüfung, ob eine juristische Person oder (rechtsfähige oder nicht rechtsfähige) Personenvereinigung keinen eigenen Willen hat und daher nach dem Gesamtbild der Verhältnisse unselbständig ist, ohne Anknüpfung an gesetzlich definierte und von der Rechtsprechung ausgelegte Tatbestandsmerkmale vornehmen würden, könnte dies dazu geeignet sein, die handelnden Personen über ihre steuerrechtlichen Pflichten im Unklaren zu lassen.
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f) Der vorlegende Senat verkennt nicht, dass es sich bei dem Merkmal der Selbständigkeit in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG um einen unionsrechtlichen Begriff handelt, was die Frage aufwirft, ob eine mögliche Befugnis zur Typisierung auch dem nationalen Gesetzgeber zusteht. Auch könnte Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG es ausschließen, den Begriff der Selbständigkeit weitergehend oder abweichend national zu typisieren. Allerdings könnte die deutsche Typisierung aber auch die hierfür geltenden Grenzen einhalten, da das Verhältnis der Unterordnung auch unionsrechtlich nach der Rechtsprechung des EuGH (s. zu IV.B.2.) für die Frage der Selbständigkeit bedeutsam ist; denn eine Unterordnung indiziert die fehlende Selbständigkeit.
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g) Dafür könnte eine systematische Auslegung sprechen; denn Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, der keine Mitgliedstaaten-Option enthält und auch "sonstige Personen" sowie ein "sonstiges Rechtsverhältnis" umfasst, stellt ebenfalls auf ein "Verhältnis der Unterordnung" ab. Dies könnte einen allgemeinen Rechtsgedanken zum Ausdruck bringen, der nach der Rechtsprechung des EuGH (s. zu IV.B.2.) auch dann gilt, wenn die übergeordnete Person kein "Arbeitgeber" ist. Entsprechend haben die Rechtsprechung des RFH und des BFH früher bei Einhaltung der Eingliederungsvoraussetzungen bereits auch Personenvereinigungen über § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG als unselbständig angesehen (sog. "organschaftsähnliches Verhältnis", vgl. BFH-Urteil vom 19.11.1964 - V 245/61 S, BFHE 81, 506, BStBl III 1965, 182; aufgegeben durch BFH-Urteil vom 07.12.1978 - V R 22/74, BFHE 127, 262, BStBl II 1979, 356).
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Überdies könnte hierfür die historische Auslegung sprechen: Aus Anhang A Nr. 2 zu Art. 4 der Zweiten Richtlinie 67/228/EWG des Rates vom 11.04.1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Struktur und Anwendungsmodalitäten des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems (Richtlinie 67/228/EWG) könnte abzuleiten sein, dass die Organschaft --jedenfalls unter Geltung der Richtlinie 67/228/EWG-- ein Fall der fehlenden Selbständigkeit war. Bei Schaffung der Richtlinie 67/228/EWG schienen nach Auffassung der Kommission (Begründung zum Richtlinienvorschlag, KOM (65) 144 endg., S. 7 f., zu Art. 2) keine größeren Nachteile vorhanden zu sein, wenn bestimmte Mitgliedstaaten "weiterhin" die Organschaft als einen einzigen Steuerpflichtigen ansehen. Anhang A der Richtlinie 67/228/EWG insgesamt scheint dazu gedient zu haben, unter anderem die Organschaftsregelung Deutschlands unionsrechtlich derart zu legitimieren, dass Deutschland seine Regelung zur Organschaft unverändert beibehalten darf. Dies könnte auch heute noch von Bedeutung sein.
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Schließlich spricht Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG nicht gegen diese Auslegung; insbesondere verliert die Regelung nicht ihren Zweck: Zwischen der darin vorgesehenen modernen Gruppenbesteuerung (gemeinsame Umsatzbesteuerung gleichgeordneter Gruppenmitglieder) und der deutschen Organschaft bestehen, wie gezeigt, sowohl tatbestandlich als auch rechtsfolgentechnisch derart gravierende Unterschiede, dass es sinnvoll erscheint, den Mitgliedstaaten eine Möglichkeit zur Einführung dieser modernen Gruppenbesteuerung im Wege der Option zu eröffnen, ohne ihnen daneben eine Typisierung des Merkmals der Selbständigkeit zu verbieten.
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C. Entscheidungserheblichkeit
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Sämtliche Vorlagefragen sind entscheidungserheblich.
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1. Der Senat benötigt die Antworten auf die Fragen 1 bis 3, um die ihm nach Rz 46 des EuGH-Urteils Larentia + Minerva (EU:C:2015:496, BStBl II 2017, 604, Rz 44 f.) obliegende Prüfung vornehmen zu können. Wäre die bisherige Inhaltsbestimmung der finanziellen Eingliederung nicht gerechtfertigt, wäre die Revision zurückzuweisen. Ist dies nicht der Fall, ist die Revision begründet und die Klage auf der Grundlage des nationalen Rechts abzuweisen.
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2. Die Antwort auf Frage 4 benötigt der Senat, um unionsrechtlich zweifelsfrei eine alternative Rechtfertigung der deutschen Organschaft über Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG (ggf. i.V.m. Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG) prüfen zu können. Bestünde diese alternative Rechtfertigung, wäre die Revision begründet und die Klage unabhängig von den Antworten auf die Fragen 1 bis 3 ohne Prüfung des Erforderlichkeitskriteriums der Vermeidung von Missbräuchen und Steuerhinterziehungen oder -umgehungen abzuweisen.
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D. Rechtsgrundlage der Anrufung, Nebenentscheidungen
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1. Rechtsgrundlage für die Anrufung des EuGH ist Art. 267 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
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2. Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf § 121 Satz 1 i.V.m. § 74 FGO.
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