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BFH 12.06.2019 - XI B 71/18
BFH 12.06.2019 - XI B 71/18 - (Dauer der Ablaufhemmung; "Stattfinden" der Schlussbesprechung i.S. des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO)
Normen
§ 171 Abs 4 S 3 AO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 201 AO, § 194 Abs 1 AO
Vorinstanz
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 13. April 2018, Az: 6 K 2031/16, Urteil
Leitsatz
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NV: Eine Schlussbesprechung hat erst i.S. des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO "stattgefunden", wenn die zuletzt von der Finanzbehörde anberaumte Besprechung beendet ist.
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 13.04.2018 - 6 K 2031/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, hatte mit ihrer Klage gegen die --aufgrund einer bei ihrer Rechtsvorgängerin (ebenfalls einer GmbH & Co. KG) durchgeführten Außenprüfung ergangenen-- Änderungsbescheide wegen Umsatzsteuer 1996 bis 2000 vom 06.05.2008 Festsetzungsverjährung geltend gemacht. Die Schlussbesprechung i.S. des § 201 der Abgabenordnung (AO) habe spätestens am 15.12.2003 stattgefunden mit der Folge, dass mit Ablauf des Jahres 2007 Festsetzungsverjährung eingetreten sei; bei der späteren Besprechung am 22.03.2004 habe es sich nicht um eine Schlussbesprechung i.S. des § 201 AO gehandelt.
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Das Hessische Finanzgericht (FG) wies die Klage mit Urteil vom 13.04.2018 - 6 K 2031/16 als unbegründet ab und ließ die Revision nicht zu.
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Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, mit der sie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), das Erfordernis einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) sowie Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend macht.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Soweit die Klägerin Zulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 FGO den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügend dargelegt hat, liegen diese nicht vor.
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1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen.
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a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache oder des Erfordernisses einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts als Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer mit der Rechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen. Insbesondere sind Ausführungen dazu erforderlich, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist. Liegt zu der vom Beschwerdeführer herausgestellten Rechtsfrage bereits höchstrichterliche Rechtsprechung vor, so gehört zu der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit eine fundierte Stellungnahme dazu, weshalb diese Rechtsprechung noch nicht zu einer hinreichenden Klärung geführt habe oder aufgrund welcher neuen Entwicklung sie nunmehr erneut in Frage gestellt werden müsse. Allein der Umstand, dass zu einer bestimmten Rechtsfrage noch keine Entscheidung des BFH vorliegt, rechtfertigt noch nicht die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 20.10.2015 - IV B 80/14, BFH/NV 2016, 168, Rz 7; vom 26.09.2017 - XI B 65/17, BFH/NV 2018, 240, Rz 12 ff.). Dies gilt entsprechend für die Variante der Rechtsfortbildung.
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b) Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt vorliegend eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Fortbildung des Rechts nicht in Betracht.
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aa) Die Klägerin sieht die "Kriterien der Schlussbesprechung im Sinne des § 201 AO in Verbindung mit deren Bedeutung für die Festsetzungsverjährungsfrist nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO" als klärungsbedürftig an. Zu klären sei, "inwieweit teilweise fehlende oder noch nicht abgeschlossene Teilprüfungen des steuerlichen Sonderbetriebsvermögens der steuerlichen Mitunternehmer Einfluss auf den Zeitpunkt der Schlussbesprechung nach § 201 AO haben" bzw. sinngemäß, ob diese "Teilprüfungen" in Bezug auf andere Prüfungsgegenstände --hier die Umsatzsteuer-- geeignet sind, "den Zeitpunkt des Beginns der Festsetzungsverjährungsfrist nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO hinauszuschieben".
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bb) Nach den Feststellungen des FG, an die der erkennende Senat in einem anschließenden Revisionsverfahren gebunden wäre (§ 118 Abs. 2 FGO), hatte das FA bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Außenprüfung für die Kalenderjahre 1996 bis 2000 betreffend gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer sowie wegen Einheitswert des Betriebsvermögens zum 01.01.1997 angeordnet. Das FG hat entschieden, die maßgebliche Vorschrift des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO lasse sich ohne weiteres dahingehend auslegen, dass eine Schlussbesprechung i.S. dieser Vorschrift erst dann "stattgefunden hat", wenn die zuletzt von der Finanzbehörde anberaumte Besprechung beendet ist. Dies sei im Streitfall am 22.03.2004 bzw. am 02.04.2004 der Fall gewesen; zum Zeitpunkt der Besprechung am 15.12.2003 und auch in der Zeit bis zum 31.12.2003 habe das Prüfungsergebnis i.S. des § 201 AO noch nicht vorgelegen.
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cc) Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, weil sie so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat (vgl. zur fehlenden Klärungsbedürftigkeit in einer solchen Konstellation z.B. BFH-Beschluss vom 25.09.2018 - III B 160/17, BFH/NV 2019, 40, Rz 17, m.w.N.).
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dd) Der BFH konnte es in seinem Urteil vom 26.06.2014 - IV R 51/11 (BFH/NV 2014, 1716, Rz 42) für einen Fall, in dem zwei Besprechungen über Prüfungsergebnisse erfolgt waren, noch dahingestellt sein lassen, auf welche der beiden Besprechungen zur Berechnung der Frist des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO abzustellen ist, weil beide Besprechungen im selben Kalenderjahr stattgefunden hatten.
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ee) Im Streitfall ist, wie das FG zutreffend entschieden hat, das Tatbestandsmerkmal des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO "Schlussbesprechung stattgefunden hat" erst mit dem 22.03.2004 bzw. dem 02.04.2004 erfüllt.
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(1) Schlussbesprechung ist die Besprechung "über das Ergebnis der Außenprüfung" (§ 201 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Außenprüfung kann eine oder --wie im Streitfall-- mehrere Steuerarten und einen oder --wie im Streitfall-- mehrere Besteuerungszeiträume umfassen (§ 194 Abs. 1 Satz 2 AO), bei einer Personengesellschaft --wie im Streitfall-- umfasst sie die steuerlichen Verhältnisse der Gesellschafter insoweit, als diese Verhältnisse für die zu überprüfenden einheitlichen Feststellungen von Bedeutung sind (§ 194 Abs. 1 Satz 3 AO); zu diesen Verhältnissen zählt auch das von der Klägerin in der Beschwerdebegründung angeführte Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer.
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(2) Der BFH hat mit seinem Urteil vom 26.04.2017 - I R 76/15 (BFHE 258, 210, BStBl II 2017, 1159, Leitsatz 1) entschieden, dass auch sog. qualifizierte Prüfungshandlungen, die nur ein Prüfungsjahr betreffen, dazu führen, dass die Außenprüfung insgesamt --also auch bezogen auf andere Prüfungsjahre-- als nicht unmittelbar nach dem Prüfungsbeginn unterbrochen i.S. des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO gilt. Bestimmend hierfür ist das "Verständnis der einheitlichen Außenprüfung", das der Vorschrift des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO zugrunde zu legen ist (BFH-Urteil in BFHE 258, 210, BStBl II 2017, 1159, Rz 31).
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(3) Es ist weder von der Klägerin, die sich nicht mit dem BFH-Urteil in BFHE 258, 210, BStBl II 2017, 1159 auseinandergesetzt hat, dargelegt worden noch ist sonst etwas dafür ersichtlich, dass der Bestimmung des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO, die eine Schlussbesprechung über das Ergebnis der Außenprüfung (§ 201 Abs. 1 Satz 1 AO) erfordert, ein anderes Verständnis als das der "einheitlichen Außenprüfung" zugrunde zu legen wäre. Ein anderes Verständnis böte gerade keine Gewähr dafür, dass --was die Klägerin auf Seite 9 der Beschwerdebegründung zu Recht fordert-- Fristbeginn und Fristablauf zweifelsfrei erkennbar, belegbar und nachvollziehbar wären.
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2. Das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Ihr diesbezüglicher Vortrag genügt nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO, weil sie bereits keine Divergenzentscheidung benannt hat, die zu dem angefochtenen FG-Urteil im Rechtsgrundsätzlichen in Widerspruch stünde (vgl. zu diesem Erfordernis z.B. BFH-Beschluss vom 27.11.2017 - III B 179/16, BFH/NV 2018, 350, Rz 12).
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3. Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO hat die Klägerin entweder nicht schlüssig geltend gemacht oder sie liegen nicht vor.
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a) Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten ist nur dann ein Zulassungsgrund, wenn er gleichzeitig eine Verletzung des § 96 Abs. 1 FGO und damit einen Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO darstellt. Ein solcher Verfahrensfehler liegt vor, wenn das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, der dem schriftlichen oder protokollierten Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht oder wenn es eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt gelassen hat und die angefochtene Entscheidung darauf beruht. Von der Sachverhaltsfeststellung zu unterscheiden ist die Würdigung des festgestellten Sachverhalts. Wird diese angegriffen, so handelt es sich grundsätzlich um die Rüge eines materiell-rechtlichen Fehlers, die die Zulassung der Revision nicht rechtfertigt (vgl. hierzu z.B. BFH-Beschluss vom 22.10.2015 - I B 94/14, BFH/NV 2016, 748, Rz 8, m.w.N.).
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b) Mit der Rüge, das FG habe verkannt, dass aus dem Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter keine für die Klägerin umsatzsteuerrechtlich relevanten Sachverhalte zu ermitteln waren, stellt diese die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung infrage, was die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht zu begründen vermag (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 05.01.2017 - VI B 8/16, BFH/NV 2017, 602, Rz 10, m.w.N.).
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c) Wird die Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO gerügt, muss dargelegt werden, weshalb sich auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen. Dies erfordert nicht nur die genaue Angabe des Beweisthemas und der Beweismittel, die das Gericht nicht berücksichtigt hat. Geboten ist darüber hinaus die Darlegung, welches Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme nach Auffassung des Klägers erbracht hätte und wieso dieses Ergebnis zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 07.08.2018 - IX B 118/17, BFH/NV 2018, 1155, Rz 9).
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Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht.
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d) Die von der Klägerin nur "vorsorglich" erhobene Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) ist nicht schlüssig.
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Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor dem FG am 13.04.2018 (Bl. 442 bis 455 FG-Akte) wurde die rechtliche Einordnung der Besprechungen u.a. vom 15.12.2003 und vom 22.03.2004 eingehend mit den Beteiligten erörtert.
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4. Der Senat sieht von einer weitergehenden Begründung ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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