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BFH 01.04.2019 - II B 64/18
BFH 01.04.2019 - II B 64/18 - Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungsgelds
Normen
§ 82 FGO, § 380 ZPO
Vorinstanz
vorgehend FG Nürnberg, 30. Mai 2018, Az: 4 K 26/16, Beschluss
Leitsatz
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NV: Bei der Bemessung des Ordnungsgelds gegen einen zum Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme nicht erschienenen Zeugen ist auch zu berücksichtigen, ob das Nichterscheinen des Zeugen zu einer Verzögerung des Rechtsstreits geführt hat .
Tenor
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Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Finanzgerichts Nürnberg vom 30. Mai 2018 4 K 26/16 dahingehend geändert, dass das Ordnungsgeld auf 600 € herabgesetzt wird.
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Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Verfahrens tragen der Beschwerdeführer zu 75 % und die Staatskasse zu 25 %.
Tatbestand
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I.
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Am 28. März 2018 wurde der Beschwerdeführer vom Finanzgericht (FG) als Zeuge zum Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 24. Mai 2018 geladen. Er wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall des unentschuldigten Nichterscheinens ein Ordnungsgeld nach § 82 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 380 der Zivilprozessordnung (ZPO) festzusetzen ist.
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Im Termin zur mündlichen Verhandlung erschien der Beschwerdeführer nicht. Der Prozessvertreter des Klägers erklärte im Termin zur mündlichen Verhandlung, dass der Beschwerdeführer ihn am Morgen des Verhandlungstags angerufen habe. Er habe mitgeteilt, dass er "auf Mallorca Schwierigkeiten habe" und daher den Termin nicht wahrnehmen könne. Zuvor hatte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16. April 2018 über seinen Anwalt dem FG mitgeteilt, dass er zu dem streitigen Beweisthema nichts aussagen könne. Er bat darum, ihn von der Zeugenpflicht zu entbinden. Das FG lehnte dies mit Verfügung vom 25. April 2018 ab.
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Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2018 wurden die erschienenen Zeugen vernommen. Im Anschluss an den Termin erging am 30. Mai 2018 der Beschluss, den Beschwerdeführer und einen weiteren, zum Termin am 24. Mai 2018 nicht geladenen Zeugen zu vernehmen.
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Wegen des Nichterscheinens zum Termin am 24. Mai 2018 setzte das FG durch Beschluss vom 30. Mai 2018 gegen den Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld in Höhe von 800 € fest. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit der Beschwerde.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Beschwerde ist teilweise begründet. Sie führt zur Herabsetzung des gegen den Beschwerdeführer festgesetzten Ordnungsgelds.
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1. Die öffentlich-rechtliche Pflicht des ordnungsgemäß geladenen Zeugen, zum Termin zu erscheinen, hat im Falle seines Ausbleibens zur Folge, dass dem Zeugen die dadurch verursachten Kosten auferlegt werden und gegen ihn ein Ordnungsgeld oder Ordnungshaft festgesetzt wird (§ 82 FGO i.V.m. § 380 ZPO; vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. September 2013 XI B 111/12, BFH/NV 2013, 1944, Rz 6). Diese Maßnahmen sind gesetzlich zwingend vorgeschrieben. Sie entfallen nur, wenn der Zeuge das Ausbleiben --zumindest nachträglich-- genügend entschuldigt (§ 82 FGO i.V.m. § 381 ZPO).
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Im Streitfall hatte das FG den Beschwerdeführer ordnungsgemäß als Zeugen geladen (§ 82 FGO i.V.m. § 377 Abs. 2 ZPO). Die von ihm vorgetragenen Gründe für sein Fernbleiben rechtfertigen nicht die vollständige Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Die Versäumung eines Termins durch einen ordnungsgemäß geladenen Zeugen ist nach ständiger Rechtsprechung nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe genügend entschuldigt (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 1944, Rz 8, m.w.N.).
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Derartige Gründe hat der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht, auch nicht nachträglich. Soweit er --nach eigenen Angaben im guten Glauben-- davon ausgegangen ist, dass seine Aussage nicht mehr erforderlich sei, entschuldigt dies sein Ausbleiben nicht. Das FG hatte dem Beschwerdeführer über dessen Anwalt ausdrücklich mitgeteilt, dass er von der Pflicht zur Zeugenaussage nicht entbunden sei.
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2. Das vom FG festgesetzte Ordnungsgeld von 800 € ist zu hoch.
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a) Maßgebend für die nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmende Höhe des Ordnungsgelds, das 5 € bis 1.000 € betragen darf (Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch), sind insbesondere die Bedeutung der Rechtssache sowie der Zeugenaussage für die Entscheidung, ferner die Schwere der Pflichtverletzung und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zeugen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 1944, Rz 10, m.w.N.). Ferner ist bei der Festsetzung der Höhe des Ordnungsgelds zu berücksichtigen, ob sich der Rechtsstreit durch das Nichterscheinen des Zeugen verzögert hat. § 380 ZPO dient auch der Verhinderung pflichtwidriger Verfahrensverzögerungen; der Rechtsstreit soll im Interesse des effektiven Rechtsschutzes nach Möglichkeit in einem Haupttermin erledigt werden (vgl. Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 30. August 2016 8 W 62/16, Monatsschrift für Deutsches Recht 2017, 171).
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b) Das FG hat die Festsetzung des Ordnungsgelds am oberen Rand des gesetzlichen Rahmens damit begründet, dass die Aussage des Beschwerdeführers für den Ausgang des Verfahrens eine erhebliche Bedeutung habe. Der Beschwerdeführer habe zudem keine konkreten Gründe benannt, weshalb er an der mündlichen Verhandlung nicht habe teilnehmen können. Auch im Nachgang zur mündlichen Verhandlung habe er sein Nichterscheinen nicht ordnungsgemäß entschuldigt. Er habe seine Pflichten als Zeuge bewusst verletzt. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers ließen eine Festsetzung eines Ordnungsgelds in Höhe von 800 € zu.
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c) Diese Ermessenserwägungen allein tragen die Festsetzung des Ordnungsgelds in Höhe von 800 € nicht. Das FG hat das Verschulden des Beschwerdeführers zwar hinreichend gewürdigt und auch berücksichtigt, dass sich das Verfahren durch das Nichterscheinen des Beschwerdeführers verzögert hat. Nicht berücksichtigt hat es allerdings, dass zu dem neuen Beweistermin ein weiterer --im ursprünglichen Beweisbeschluss vom 15. Mai 2018 nicht vorgesehener Zeuge-- geladen wurde, auch wenn dieser später aus anderen Gründen wieder abgeladen wurde. Insoweit war nach Auffassung des FG zunächst ohnehin ein weiterer Termin zur Beweisaufnahme erforderlich.
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Andererseits ist das Verschulden des Beschwerdeführers nicht so gering einzuschätzen, dass von einem Ordnungsgeld insgesamt abzusehen wäre (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 1944, Rz 11, m.w.N.). Der Senat hält deshalb unter Berücksichtigung der gesamten Umstände ein Ordnungsgeld in Höhe von 600 € für angemessen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Soweit die (außergerichtlichen) Kosten nicht vom Beschwerdeführer zu tragen sind, fallen sie der Staatskasse zur Last (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. Januar 1986 IX B 5/85, BFHE 145, 314, BStBl II 1986, 270, und in BFH/NV 2013, 1944, Rz 14). Zwar vertritt der Bundesgerichtshof (BGH) für die Zivilgerichtsbarkeit die Auffassung, dass eine Kostenentscheidung nicht veranlasst sei, weil die Auslagen des Zeugen zu Lasten der nach dem Schlussurteil kostenpflichtigen Partei gingen (vgl. z.B. BGH-Beschluss vom 22. Juni 2011 I ZB 77/10, Rz 23, m.w.N. auch zu anderen Auffassungen in der Literatur und Rechtsprechung). Diese Auffassung ist jedoch auf das finanzgerichtliche Verfahren, in dem das FG den Sachverhalt von Amts wegen erforscht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), nicht zu übertragen. Mit diesem Verfahren, in dem Zeugen --von Auslandssachverhalten abgesehen-- nicht von einer beweisbelasteten Partei gestellt werden müssen, ist es nicht vereinbar, dem im Hauptsacheverfahren unterlegenen Beteiligten die außergerichtlichen Kosten des Zeugen im Beschwerdeverfahren gegen die Ordnungsgeldfestsetzung des FG im Ergebnis aufzuerlegen.
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