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BFH 06.02.2019 - VIII B 103/18
BFH 06.02.2019 - VIII B 103/18 - Rüge eines Verstoßes gegen die Grundordnung des Verfahrens im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Münster, 13. Dezember 2017, Az: 11 K 1430/14 E,G, Urteil
Leitsatz
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NV: Verfahrensmängel, die --wie die Verletzung der Grundordnung des Verfahrens bei Missachtung der Vorgreiflichkeit eines Feststellungsverfahrens-- im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen wären, müssen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unter genauer Angabe der den Mangel ergebenden Tatsachen gerügt werden .
Tenor
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Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 13. Dezember 2017 11 K 1430/14 E,G wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Gründe
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Die Beschwerde ist teilweise unzulässig, teilweise unbegründet und im Ergebnis als unbegründet zurückzuweisen.
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1. Die Beschwerde ist nicht wegen eines Verstoßes des Finanzgerichts (FG) gegen die Grundordnung des Verfahrens und damit wegen eines Verfahrensfehlers gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) begründet, da die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) einen solchen Fehler hätten rügen müssen.
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Das FG hat im Rahmen der Klage gegen die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre (2007 und 2008) über die Zuordnung von Einkünften aus Provisionen zu einem gewerblichen Einzelunternehmen oder zu den Sonderbetriebseinnahmen des Klägers bei verschiedenen Personengesellschaften entschieden.
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Inwieweit über die Steuerpflicht dieser Einnahmen und über deren Zuordnung im Streitfall vorgreiflich in einem gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheid für die Einkünfte bei den in Betracht kommenden Personengesellschaften zu entscheiden und das Klageverfahren vom FG gemäß § 74 FGO auszusetzen gewesen wäre, kann jedoch im Streitfall offenbleiben. Zwar hat das FG grundsätzlich ein Verfahren betreffend einen Folgebescheid (hier: die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre) gemäß § 74 FGO auszusetzen, wenn in ihm Einwendungen erhoben werden, über die in einem Grundlagenbescheid (hier: gesonderte und einheitliche Feststellung) zu entscheiden ist. Dabei spielt es grundsätzlich auch keine Rolle, ob der Grundlagenbescheid --wie im Streitfall vom FG für die verschiedenen Gesellschaften festgestellt-- bereits ergangen und gegebenenfalls auch angefochten ist oder ob ein solcher erst noch ergehen muss (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- Urteil vom 15. März 2017 I R 41/16, BFHE 258, 246, Rz 14). Verfahrensmängel, die --wie die hier im Raum stehende Verletzung der Grundordnung des Verfahrens-- im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen wären, müssen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde aber unter genauer Angabe der den Mangel ergebenden Tatsachen geltend gemacht werden (BFH-Beschluss vom 1. August 2008 VIII B 154/07, juris, unter II.2.a; s.a. BFH-Beschluss vom 13. Oktober 2009 X B 67/09, juris). Die Kläger haben in der Beschwerde einen solchen Verfahrensfehler aber weder ausdrücklich noch konkludent gerügt.
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2. Die Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen der geltend gemachten Abweichungen des FG-Urteils von den von den Klägern benannten vermeintlichen Divergenzentscheidungen gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen.
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a) Die behauptete Abweichung der Vorentscheidung zum BFH-Urteil vom 8. Juni 2000 IV R 39/99, BFHE 192, 494, BStBl II 2000, 670 liegt schon mangels vergleichbarer Sachverhalte nicht vor. Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenz gehört neben der Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits des Weiteren auch eine Begründung, dass es sich im Streitfall und in der Divergenzentscheidung um vergleichbare Sachverhalte und eine jeweils identische Rechtsfrage handelt; durch den vom BFH aufgestellten Rechtssatz muss der Sachverhalt des FG als mitentschieden gelten (BFH-Beschluss vom 12. Juni 2008 XI B 201/07, juris, unter b).
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Dies ist nicht der Fall. Gegenstand des BFH-Urteils in BFHE 192, 494, BStBl II 2000, 670 war die Frage, ob Schuldzinsen des dortigen Klägers nach dessen Ausscheiden aus einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft im Zusammenhang mit einer betrieblichen Verbindlichkeit des Klägers standen und betrieblich veranlasst waren. Der Kläger jenes Streitfalls hatte Honorare veruntreut, die der Gesellschaft zustanden, dies jedoch später offengelegt und eine kreditfinanzierte Ausgleichszahlung an seine früheren Mitgesellschafter geleistet. Zu entscheiden war, ob die Ausgleichszahlung auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhte und damit betrieblich oder als Schadensersatzverpflichtung privat veranlasst war. Im Streitfall geht es jedoch darum, ob Provisionszahlungen, die der Kläger erhalten hat, weil er Mandanten der Steuerberatungssozietät, an der er beteiligt war, Beteiligungen an einer spanischen Kommanditgesellschaft zur Kapitalanlage vermittelte, als Sonderbetriebseinnahmen bei der Sozietät zu erfassen sind. Nach welchen abstrakten Abgrenzungskriterien zu entscheiden ist, ob eine Ausgleichszahlung des "untreuen Gesellschafters" betrieblich oder privat veranlasst ist, stellt aber eine andere Rechtsfrage dar als die im Streitfall erhebliche Frage, nach welchen abstrakten Kriterien abzugrenzen ist, ob Einnahmen als Sonderbetriebseinnahmen eines Mitunternehmers bei einer Mitunternehmerschaft oder in einem von diesem betriebenen Einzelunternehmen erzielt werden.
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b) Soweit die Kläger eine Abweichung des FG-Urteils vom BFH-Urteil vom 22. Juni 2006 IV R 56/04, BFHE 214, 226, BStBl II 2006, 838 rügen, legen sie keine Divergenz dar. Sie arbeiten zwar einen abstrakten Rechtssatz dieses BFH-Urteils zum Umfang der Sonderbetriebseinnahmen eines Mitunternehmers heraus. Jedoch übersehen die Kläger, dass es sich bei dem bezeichneten abweichenden Rechtssatz in der vermeintlichen Divergenzentscheidung um einen Rechtssatz handeln muss, der entscheidungserheblich ist und diese Entscheidung trägt (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Juni 2008 XI B 201/07, juris, unter a). Daran fehlt es. Der BFH hob die Vorentscheidung in der vermeintlichen Divergenzentscheidung in BFHE 214, 226, BStBl II 2006, 838 ausschließlich wegen eines Verfahrensfehlers auf. Der von den Klägern angeführte Rechtssatz unter II.4.a des BFH-Urteils in BFHE 214, 226, BStBl II 2006, 838 war nicht tragend dafür, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben. Der BFH gab in der bezeichneten Passage dieser Entscheidung lediglich Hinweise, wie das FG im zweiten Rechtsgang zu entscheiden habe, wenn es einen bestimmten Sachverhalt feststellen würde.
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c) Auch die Rüge, das FG sei unbewusst von einem Rechtssatz in der Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg vom 6. September 2016 6 K 6064/14 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2016, 1862) abgewichen, ist nicht begründet.
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Eine Abweichung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ist zwar --wie die Kläger vortragen-- nicht nur anzunehmen, wenn das FG einen Rechtssatz ausdrücklich abweichend von einem Rechtssatz des BFH formuliert, sondern es genügt, wenn das FG eine Rechtsfrage in fallbezogenen Rechtsausführungen abweichend entscheidet und sich dies aus den Entscheidungsgründen hinreichend deutlich ergibt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 19. Juni 2013 III B 79/12, BFH/NV 2013, 1422, Rz 13). Auch in diesem Fall verlangt eine Divergenz aber, dass das FG in rechtsgrundsätzlicher Weise von dem Rechtssatz in der behaupteten Divergenzentscheidung abweicht.
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Dies ist nicht erkennbar. Das FG hat sich unter A.II.4.b der Vorentscheidung dem rechtlichen Maßstab des FG Berlin-Brandenburg im Urteil in EFG 2016, 1862 zum Umfang der Einnahmen eines Mitunternehmers und zum abstrakten Maßstab, nach dem Sonderbetriebseinnahmen eines Mitunternehmers anzunehmen sind, vollinhaltlich angeschlossen. Die von den Klägern geltend gemachte Abweichung betrifft ausschließlich die tatsächliche Würdigung des Streitfalls im Rahmen der Subsumtion unter diesen Maßstab. Das FG stellt dabei nicht --wie die Kläger meinen-- fallbezogen für die Annahme von Sonderbetriebseinnahmen die abstrakte Voraussetzung auf, dass für diese eine "irgendwie geartete Beziehung zum Gesamthandsgewinn oder zum Gesellschaftszweck" der Mitunternehmerschaft (hier: der Steuerberatungssozietät) vorliegen müsse, sondern hebt wie das FG Berlin-Brandenburg im Urteil in EFG 2016, 1862 auf eine wertende Zuordnung ab. Auf dieser Grundlage prüft es bezogen auf den Streitfall nacheinander, ob die Provisionseinnahmen des Klägers für die den Mandanten vermittelten Kommanditbeteiligungen dem Gesamthandsgewinn oder den Sonderbetriebseinnahmen des Klägers bei der Steuerberatungssozietät zuzuordnen sind und verneint dies jeweils.
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d) Die behauptete Divergenz des FG-Urteils zum BFH-Urteil vom 18. Oktober 2011 IX R 15/11, BFHE 235, 428, BStBl II 2012, 205 wird nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügend dargelegt.
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Gegenstand der vermeintlichen Divergenzentscheidung ist u.a. der tragende Rechtssatz, dass bei Einbringung eines Grundstücks gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft mit Vermietungseinkünften Anschaffungsvorgänge insoweit verwirklicht werden, als sich die nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) zuzurechnenden Anteile der Gesellschafter an dem Grundstück gegenüber den bisherigen Beteiligungsquoten erhöhen. Es wird von den Klägern bereits nicht schlüssig erläutert, in welcher Weise das FG einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt haben könnte, der von diesem Rechtssatz im BFH-Urteil in BFHE 235, 428, BStBl II 2012, 205 abgewichen ist.
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Das FG hat für den Senat unter A.I.2.b der Vorentscheidung bindend gemäß § 118 Abs. 2 FGO festgestellt, dass der Kläger die Provisionen aufgrund seiner Rechtsbeziehung zur ...-AG erhalten hat. Eine Leistungs- und Rechtsbeziehung zu den aus Sicht des Klägers vermögensverwaltenden Personengesellschaften ...-GbR oder der spanischen Kommanditgesellschaft bestand demnach im Hinblick auf die gewährten Provisionen nicht. Das FG hat in der Vorentscheidung auch weder abstrakte Ausführungen zur Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO noch zur Anwendung der Bruchteilsbetrachtung bei Anschaffungsvorgängen vermögensverwaltender Personengesellschaften gemacht; auch aus den fallbezogenen Ausführungen des FG ist die behauptete Abweichung nicht ersichtlich.
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3. Schließlich ist die Zulassung der Revision auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO zur Rechtsfortbildung erforderlich.
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a) Der Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO setzt als Spezialfall des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Darlegung und das Vorliegen einer hinreichend bestimmten und im Allgemeininteresse liegenden klärungsbedürftigen und klärbaren Rechtsfrage voraus. Zur Klärungsbedürftigkeit muss der Beschwerdeführer substantiiert ausführen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist. Vor allem sind, sofern zu dem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, eine grundlegende Auseinandersetzung damit sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie gegebenenfalls einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung BFH-Beschluss vom 22. Februar 2017 III B 113/16, BFH/NV 2017, 919, Rz 2).
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b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Zwar werfen die Kläger die Frage auf, ob es sich bei Einnahmen eines Mitunternehmers aus Handlungen, die selber nicht vom Gesellschaftsvertrag gedeckt sind, jedoch ihren Keim in der Tätigkeit der Mitunternehmerschaft haben, um Sonderbetriebseinnahmen handelt. Es ist schon zweifelhaft, ob sie hiermit überhaupt eine abstrakte Rechtsfrage darlegen und nicht lediglich spezifische Umstände eines Einzelfalls beschreiben. Jedenfalls fehlt es an der erforderlichen Erläuterung der Klärungsbedürftigkeit dieser "Rechtsfrage". Die Kläger setzen sich weder mit der vorhandenen Rechtsprechung noch mit dem Fachschrifttum zu den bislang anerkannten Grundsätzen der Zuordnung von Einnahmen zu den Sonderbetriebseinnahmen eines Mitunternehmers grundlegend auseinander.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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